Ex-Häftlinge berichten über Nächte im Knast
JVA-Bedienstete: Berichterstattung ist eine massive Beleidigung
Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Nachts holen sich die Wärterinnen Häftlinge zum Sex“. Es geht um fragwürdige Zustände in deutschen Justizvollzugsanstalten. Grundlage für die Berichterstattung sind die Aussagen von zwei ehemaligen Häftlingen. Diese behaupten, dass die Vollzugsbeamten mit den Häftlingen in verschiedenster Weise kooperieren. Den Presserat erreichen in diesem Fall drei Beschwerden. Einer von ihnen kritisiert die unkommentierte Übernahme der Aussagen zweier Ex-Häftlinge. Deren Behauptungen seien zu bezweifeln. Die Zeitung erwecke den Eindruck, als seien sie wahr. Im Übrigen würden die Persönlichkeitsrechte der beiden Informanten durch die Nennung ihrer Namen verletzt. Ein anderer Leser kritisiert die reißerische Aufmachung. Die Redaktion hätte die Informationen der beiden Ex-Häftlinge nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Beamtinnen würden zudem in ihrer Würde verletzt. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten betont, dass die Bezeichnung der Justizvollzugsbediensteten als „Wärter“ abfällig sei. Mit der Überschrift und der gesamten Aufmachung des Beitrages würden nicht nur die Bediensteten beleidigt, sondern auch die große Mehrheit der Gefangenen. Die Überschrift „Nachts holen sich die Wärterinnen Häftlinge zum Sex“ sei eine massive Beleidigung des gesamten Justizvollzugssystems und insbesondere der dort tätigen 8000 Frauen. Die Behauptungen der Häftlinge seien schlichtweg nur böswillig und fernab von der Realität. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung greift der Beitrag eine aktuelle und weite Teile der Bevölkerung interessierende Frage auf. Auslöser sei die spektakuläre Flucht zweier Häftlinge aus der JVA Aachen gewesen. Die Redaktion habe mit mehreren Strafgefangenen gesprochen und nicht nur mit den im Bericht erwähnten. Als das Verhältnis einer Beamtin mit einem Gefangenen bekannt geworden sei, habe man diesen in eine andere JVA verlegt. (2009)