Fingiertem Leserbrief aufgesessen
Zeitung reagierte schnell und entschuldigte sich für den Fehler
Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, in dem einem Bürgermeisterkandidaten mangelnde Sensibilität für Interessenskonflikte vorgeworfen wird. Die Ehefrau des Bürgermeisterkandidaten und Beschwerdeführers sei in der Verwaltung für die Wahlen zuständig. Der Brief ist mit vollem Namen und Adresse gekennzeichnet. Der Anwalt des Kommunalpolitikers wendet sich an den Deutschen Presserat, weil sein Mandant den Leserbrief für gefälscht hält. Nach entsprechender Recherche teilt die Zeitung mit, dass sie einem fingierten Brief aufgesessen sei. Sie entschuldigt sich. Kurz darauf geht ein Redakteur des Blattes in der Kolumne „Die Woche im Blick“ nochmals auf den Brief ein und erläutert den Vorgang. Der Beschwerdeführer sieht sich und seine Ehefrau in Misskredit gebracht. Er kritisiert, dass die Zeitung ungeprüft schwere Beschuldigungen veröffentlicht hat. Gleichzeitig hält er die Klarstellung für nicht ausreichend. Die Zeitung hat sich weder bei ihm noch bei seiner Frau entschuldigt. Die Chefredaktion der Zeitung hat nach eigener Auskunft mittlerweile zweimal mit dem Beschwerdeführer telefoniert, um zu klären, ob er trotz seiner erfolgreichen Wahl zum Bürgermeister das Beschwerdeverfahren weiterführen wolle. Das habe er bejaht. Der beanstandete Leserbrief sei einer von mehreren gewesen, die zum Thema Bürgermeisterwahl veröffentlicht worden seien. Insofern sei der Inhalt bei oberflächlichem Studium nicht völlig abwegig gewesen. Zweifel an der Identität der Verfasserin hätten nicht bestanden. Sofort nach Bekanntwerden der Fälschung habe die Redaktion den Sachverhalt auf der ersten Lokalseite richtig gestellt und sich in aller Öffentlichkeit für die Veröffentlichung entschuldigt. Drei Tage später habe der Redaktionsleiter nochmals Stellung bezogen und den Sachverhalt ein zweites Mal klargestellt. Aus Sicht der Redaktion sei der Vorgang höchst bedauerlich. Aufgrund der umgehenden Richtigstellung und der Entschuldigung habe er aber nicht zu einem für den Beschwerdeführer nachteiligen Wahlausgang geführt. Ein vom Beschwerdeführer festgestellter Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht liege – so die Zeitung – nicht vor, da die Redaktion vor Bekanntwerden der Fälschung keine Zweifel an der Identität der Verfasserin gehabt habe. Postleitzahl, Ort und Straße hätten keinen Grund zu Argwohn geboten, und auch der angegebene Name sei in der betreffenden Stadt zu finden. (2007)