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Bezeichnung „gesuchter Verbrecher“ zulässig

Boulevardzeitung hat den Betroffenen ausreichend anonymisiert

Ein Boulevardblatt und seine Online-Ausgabe berichten unter der Überschrift „In diesem Porsche starb ein gesuchter Verbrecher“ über einen tödlichen Verkehrsunfall. Der Verunglückte wird als „gesuchter Krimineller“ bezeichnet. Genannt werden sein Vorname, der abgekürzte Familienname und die berufliche Position. Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an, weil nach seiner Meinung das Gebot der Wahrhaftigkeit verletzt und nicht sorgfältig berichtet worden sei. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe nicht festgestanden, ob es sich bei dem Verunglückten um den von der Zeitung vermuteten Toten gehandelt habe. Erst später habe eine DNA-Probe Klarheit geschaffen. Durch die Nennung von Einzelheiten sei der Verunglückte leicht zu identifizieren gewesen. Dies verletze seine Persönlichkeitsrechte. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Formulierungen „gesuchter Verbrecher“ und „Krimineller“. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe es lediglich einen Haftbefehl gegeben. Die genannten Bezeichnungen verletzten deshalb das Gebot der Unschuldsvermutung. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht hingegen keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Tod des Fahrers und dessen Identität hätten zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht in Frage gestanden. Auf das Ergebnis der DNA-Probe sei es nicht angekommen, da die Identität des Verunglückten zweifelsfrei festgestanden habe. Die Persönlichkeitsrechte des Unfallopfers seien nicht verletzt worden. Der vollständige Name des Mannes sei von der Zeitung nicht genannt worden. . Die bloße Identifizierbarkeit verstoße angesichts der besonderen Umstände des Falles nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Toten. Der Unfall rage aus der Masse der üblichen Verkehrsunfälle in besonderer Weise hervor. Er sei auf ein extremes Fehlverhalten des Opfers selbst zurückzuführen. Der zuvor schon erlassene Haftbefehl rechtfertige das besondere öffentliche Interesse. Die Bezeichnung als „gesuchter Verbrecher“ sei durch den am gleichen Tag erlassenen Haftbefehl und den auf objektive Umstände gegründeten Tatverdacht gerechtfertigt. Das Wort „gesucht“ mache deutlich, dass über den so Bezeichneten nicht schon als Täter berichtet worden sei, sondern dass die Polizei lediglich nach ihm gefahndet habe. Dies habe dem Stand der Ermittlungen entsprochen und werde vom durchschnittlichen Leser auch so verstanden. (2007)