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Alte Delikte gehörten zum Bericht

Positive und differenzierte Darstellung nicht zu beanstanden

Grundsätzlich positiv berichtet eine Regionalzeitung über die bevorstehende Abschiebung einer Familie aus dem Kosovo. Die gute Integration der Familie wird gelobt, das Engagement der Bevölkerung gegen die Abschiebung hervorgehoben. Dennoch bezieht sich der Artikel an einer Stelle auf eine gegen den Familienvater verhängte Geldstrafe von 67 Tagessätzen. Nach Informationen der Zeitung soll er mehrfach Beihilfe zur illegalen Einreise nach Deutschland geleistet haben. Sie zitiert den Mann mit den Worten: “…das war 1994, ein dummer Fehler von mir, es tut mir leid”. Ein Leser der Zeitung bemängelt, der Familienvater werde öffentlich an den Pranger gestellt, obwohl die ihm vorgeworfenen Vergehen verjährt seien. Es liege keine Eintragung im Bundeszentralregister mehr vor. Die Preisgabe dieser Informationen sei nicht förderlich für das Bleibegesuch der Familie. Außerdem mutmaßt er, die Zeitung habe sich diese Informationen illegal beschafft. Der Leser ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung verweist darauf, dass sich die Redaktion von journalistischen Maßstäben habe leiten lassen, nicht jedoch von dem Gedanken, was der von der Ausweisung bedrohten Familie am ehesten helfe. Im Rahmen der Recherche habe die Zeitung den zuständigen Landrat befragt, der wörtlich erklärt habe, dass “die Kreisverwaltung nach wie vor keine legale Möglichkeit habe, der Familie … ein dauerhaftes Bleiberecht einzuräumen”. Auch spezielle Altfallregelungen hätten nicht genutzt werden können, “weil sie nur in Betracht kommen, wenn der Betroffene strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Die Zeitung habe daraufhin die Recherche fortgesetzt und sei auf die genannten Delikte gestoßen. Diese seine, obwohl sie 12 Jahre zurücklägen, erwähnt worden, weil sich die Kreisverwaltung bei ihrer ablehnenden Entscheidung auf diese bezogen habe. Insgesamt sei die Zeitung davon ausgegangen, zur umfassenden Bewertung dieses Asylfalles transparent zu machen, womit der Landrat eine Ablehnung des Bleiberechts konkret begründet habe. Daher sei es zum vollen Verständnis des Falles geboten gewesen, die alten Delikte zu erwähnen. (2006)