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Halloween: Mehr Saures als Süßes

Chefredakteurin schreibt Artikel über ihren verletzten Sohn

Es ist Halloween. Ein Oberstaatsanwalt hat Besuch von mehreren Kindern. Mehrere Berichte in der örtlichen Zeitung sind die Folge. Überschriften: „Horrortrip an Halloween – Mann verletzt Achtjährigen“ und „Staatsanwalt soll Jungen verletzt haben“. Die Zeitung bringt einen Leserbrief unter der Überschrift „Lehre für alle“, in dem das Verhalten des Mannes sehr kritisch bewertet wird. Schließlich veröffentlicht die Zeitung Kommentare. Hier Auszüge: „Mehr Saures als Süßes – Fliegende Eier und umgestürzte Blumenkübel – Trotzdem verlief die Halloween-Nacht recht ruhig“ und „Mann soll Kind angegriffen haben: Polizei ermittelt gegen Staatsanwalt – Ereignisse an Halloween beschäftigen auch die Anklagebehörde – Achtjähriger erlitt Kehlkopfprellung“. Unstrittig ist der Anlass für die Berichterstattung: Am Halloween-Abend kam es etwa gegen 18.30 Uhr zu Auseinandersetzungen zwischen dem Staatsanwalt – hier der Beschwerdeführer – und etwa zehn Kindern. Dabei wurde der Sohn der Chefredakteurin und Mit-Verlegerin der Zeitung verletzt. Nach Provokationen rannte der Beschwerdeführer den Kindern nach, um eines von ihnen zu stellen, festzuhalten, den Eltern zu übergeben und ihnen den Sachverhalt zu schildern. Wie es dann zu der Verletzung kam, wird von den Beteiligten unterschiedlich dargestellt. Der Staatsanwalt wirft der Zeitung, vor allem aber der Chefredakteurin vor, mit der Berichterstattung über einen längeren Zeitpunkt eigene Interessen zu verfolgen. Er spricht von einer Pressekampagne ihm gegenüber. Der erste Bericht über den Vorfall sei von der Chefredakteurin selbst geschrieben worden, ohne dass sie sich als Mutter des betroffenen Kindes zu erkennen gegeben habe. Damit habe sie das Transparenzgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex verletzt. Im Übrigen enthalte die Berichterstattung verschiedene Verstöße gegen Sorgfaltspflichten nach Ziffer 2 des Pressekodex. Insbesondere sei mit ihm kein unmittelbarer Kontakt aufgenommen worden. Die Redaktion habe vielmehr auf Umwegen versucht, an Informationen über ihn heranzukommen. Die Recherche sei insgesamt unzureichend. Der zweite Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf zurück, das Blatt habe eine Pressekampagne gegen den Oberstaatsanwalt betrieben. Vielmehr habe die Mutter des verletzten Kindes im Rahmen einer kritischen Nachbetrachtung des Halloween-Abends als Fallbeispiel das Erlebnis ihres Sohnes geschildert. Diese Schilderung habe sicher unter dem Eindruck ihres Schocks als Mutter gestanden. (2009)