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Altenheim-Leiter unter Mobbing-Verdacht

Die im Artikel getroffenen Aussagen waren nicht zu beanstanden

In einem Bericht zum Thema Mobbing greift eine Regionalzeitung Vorgänge in einem Altenheim auf. Die Aussagen von Betroffenen werden wiedergegeben, die schwere Vorwürfe gegen die Heimleitung erheben. Eine Reihe von Mitarbeitern habe gekündigt. Im Fall einer Ex-Mitarbeiterin ermittle die Berufsgenossenschaft wegen einer Forderung auf Schmerzensgeld wegen Mobbings. Die Zeitung zitiert aus einem medizinischen Gutachten über den Gesundheitszustand dieser Frau. Darin ist von “deutlichen Hinweisen auf arbeitsplatzbedingte Ursachen für eine jetzt im Vordergrund stehende psychische Erkrankung durch erhebliche psychische Belastungen seitens des Arbeitgebers” die Rede. Schließlich zitiert die Zeitung eine ehemalige Mitarbeiterin, ihr Verhältnis zur Heimleitung sei in die Brüche gegangen, als sie sich geweigert hatte, Interna aus der Mitarbeitervertretung preiszugeben. Danach sei sie “klein gemacht worden”. Ein Brief an den Träger des Altenheims habe nichts gebracht. Frustriert habe sie daraufhin gekündigt. Mit dem Artikel wird ein Symbolfoto abgedruckt, das eine nachgestellte Mobbing-Situation zeigt. Der Leiter der Einrichtung und der Träger kommen in dem Beitrag zu Wort. Beide streiten die Vorwürfe ab. Der Heimleiter beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er kritisiert die Art der Berichterstattung. Ein Redakteur habe ihn lediglich gefragt, ob er zu den Mobbing-Vorwürfen Stellung nehmen wolle. Konkrete Fragen habe er jedoch nicht gestellt. Vor allem zu den Kündigungen in den letzten Jahren hätte er sich geäußert, wenn er danach gefragt worden wäre. Der Beschwerdeführer kritisiert außerdem die Behauptung, die Berufsgenossenschaft ermittle wegen einer Forderung auf Schmerzensgeld. Dies entspreche nicht den Tatsachen, zumal die Genossenschaft dafür nicht zuständig sei. Der Redakteur sei den subjektiven Einschätzungen der Frau gefolgt und habe damit das Wahrheitsgebot missachtet. Dass die zitierte Mitarbeiterin “klein gemacht” worden sei, sei falsch. Das habe er auf Nachfrage ausräumen können. Schließlich wendet sich der Heimleiter gegen die Veröffentlichung des gestellten Mobbing-Fotos. Eine der dargestellten Frauen sehe seiner Ehefrau, die im Heim als Sozialarbeiterin arbeite, auf den ersten Blick ähnlich. Abschließend unterstellt der Beschwerdeführer dem Redakteur einen “Gefälligkeitsbericht” zugunsten der Frau, die den Beitrag im Wesentlichen prägt. Zitiert würden Frauen, die schon seit Jahren nicht mehr im Heim tätig seien. Es werde jedoch suggeriert, dass sich die kritisierten Vorfälle in letzter Zeit häuften. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, sie habe dem Heimleiter mehrmals angeboten, den Bericht aus seiner Sicht richtig zu stellen, falls sich diese als falsch oder irreführend erwiesen hätten. Das Angebot sei jedoch abgelehnt worden. Er räumt jedoch ein, dass eine stärkere Anonymisierung angesichts der Sensibilität des Themas ratsam gewesen wäre. Soweit in dem Artikel über eine ehemalige Mitarbeiterin berichtet werde, die an einer psychischen Erkrankung leide, habe der Autor die entsprechenden Informationen sowohl von der Betroffenen selbst als auch von ihrem Anwalt und durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erhalten. Zum Foto: Es handle sich um ein Agenturbild, das eine symbolhafte Aussage treffe. Die abgebildete Situation wirke schon auf den ersten Blick gestellt. Der Bildtext sei sehr allgemein gehalten. Der Vorwurf eines Gefälligkeitsberichts sowie die Kritik, der Bericht suggeriere, die Mobbing-Vorwürfe häuften sich in letzter Zeit, gründeten sich auf nicht bewiesene Vermutungen. (2006)