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Zeitung kritisiert ihr Konkurrenzblatt

Bürgermeisterin wurde Opfer einer vermeintlichen Kampagne

“Kleinkrieg mit der Bürgermeisterin” lautet die Überschrift eines Artikels, in dem sich eine Regionalzeitung mit der Bürgermeisterin einer Stadt beschäftigt. Von ihr heißt es, sie sei einer Kampagne ausgesetzt, die eine andere, namentlich genannte Zeitung, ausgelöst habe. Der Geschäftsführer und Chefredakteur dieses Blattes sieht eine ehrverletzende und durch wirtschaftliche Interessen begründete Berichterstattung. Die Konkurrenzzeitung habe schon mehrfach versucht, den Wettbewerber zu übernehmen. Man habe sich deshalb an das Kartellamt gewandt. Die derzeitige Berichterstattung sei quasi eine Retourkutsche. Der Geschäftsführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Regionalzeitung hält die Behauptung, die Berichterstattung seines Blattes sei durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst, für abwegig. Das Konkurrenzblatt sei ein langjähriger Kooperationspartner mit seiner Zeitung auf dem Anzeigensektor. Trotz der kritischen Berichterstattung sei diese Kooperation nicht aufgekündigt worden. Die Redaktion sei unbeeinflusst von wirtschaftlichen Interessen des Verlages. Die kartellrechtliche Problematik sei der Redaktion im Übrigen gar nicht bekannt gewesen, konnte also schon deshalb bei der Berichterstattung keine Rolle spielen. Die in dem kritisierten Artikel zitierte Bürgermeisterin, die bei zwischenzeitlich stattgefundenen Kommunalwahlen nicht mehr die Mehrheit bekommen habe, sei einer wochenlangen Kampagne des Konkurrenzblattes ausgesetzt gewesen. Sie sei in die Nähe von Korruption und Vorteilsnahme gerückt worden. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit sei wegen Haltlosigkeit von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Der Chefredakteur ist schließlich der Auffassung, dass sich auch Journalisten Kritik gefallen lassen müssen, wenn sie sich mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kritisch auseinandersetzen. Dies vor allem, wenn die Kritik – wie in diesem Fall – mit Fakten untermauert sei. (2006)