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Unter einem Vorwand zu Treffen gelockt

Fotos auch ohne Einwilligung des Betroffenen möglich

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Riskante Spitzeleien“. Der Artikel beschäftigt sich mit einem Ex-Agenten, der offensichtlich für den BND gearbeitet hat und mit einem ehemaligen Mitarbeiter des Magazins, der ebenfalls für den deutschen Auslandsnachrichtendienst tätig war. Der Ex-Agent wird mit vollem Namen genannt; sein Foto mit Augenbalken gedruckt. Der Anwalt des Mannes kritisiert, dass das Foto unter Verletzung der Recherchegrundsätze beschafft wurde. Der Beschwerdeführer sei unter einem Vorwand zu einem Treffen gelockt worden. Das Foto sei dort unter Verletzung seiner Privatsphäre gemacht worden. Im Verhalten des Magazins sieht der Anwalt einen eklatanten Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur des Magazins bezeichnet es als unbestritten, dass der Beschwerdeführer dem BND bei der Bespitzelung von Journalisten gegen Entgelt zu Diensten gewesen sei. Dies gehe aus der veröffentlichten Fassung des so genannten Schäfer-Berichtes hervor. In der Berichterstattung über diesen Bericht sei der Beschwerdeführer mit vollem Namen genannt worden. An dessen Person bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse. Er habe anderen Medien die Veröffentlichung von Fotos seiner Person gestattet. Somit stehe fest, so der Chefredakteur weiter, dass über den Beschwerdeführer identifizierbar berichtet werden durfte. Zum Entstehen des umstrittenen Fotos beruft sich der Chefredakteur auf Paragraf 23 des Kunsturheberrechts. Darin wird eine Ausnahme von dem Grundsatz definiert, dass Fotos stets nur mit Einwilligung der Betroffenen angefertigt werden können. Für Personen der Zeitgeschichte gelte dies nicht, und um eine solche handele es sich bei dem Beschwerdeführer. (2006)