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Anzeige sollte „redaktionell“ wirken

Redaktionelle Kontrollmechanismen funktionierten diesmal nicht

Die ganzseitige Anzeige eines Mobilfunk-Providers ist in einer Computer-Zeitschrift abgedruckt. Sie besteht aus einem zweispaltigen Textblock und einem einspaltigen Bildblock. Rechts oben über dem Bildblock ist der Hinweis „Anzeige“ zu sehen. Nach Auffassung eines Lesers, der sich an den Deutschen Presserat wendet, ist nicht klar erkennbar, dass es sich bei der Seite um eine Anzeige handelt. Der zweispaltige Bildblock könne ebenso gut ein redaktioneller Beitrag sein. Die Seite enthalte grafische Elemente, die die Zeitschrift auch sonst auf ihren redaktionellen Seiten verwende. Auch werde der Name des Blattes in der Anzeige viermal erwähnt. Der Beschwerdeführer äußert die Vermutung, die Gestaltung der Anzeige sei absichtlich so gewählt worden, damit der Leser nicht erkennen soll, dass es sich um Werbung handelt. Vielmehr solle ihm suggeriert werden, es handele sich um eine redaktionelle Leistung. Auch die Chefredaktion der Computerzeitschrift ist nicht glücklich mit der Gestaltung der Anzeige, so ihre Rechtsabteilung. Üblicherweise würden dem Chefredakteur alle kritischen Motive zu Prüfung vorgelegt. In diesem Fall jedoch war das nicht der Fall, weil der Anzeigenkunde die Seite nicht offen gelegt, sondern darauf verwiesen habe, dass es sich um eine schon mehrmals veröffentlichte und deshalb bekannte Gestaltung handele. Dies belegen Beispiele aus vorangegangenen Ausgaben, doch ist dort das Wort „Anzeige“ wesentlich größer gehalten. Auch sind dort andere grafische Elemente verwendet worden. Als die kritisierte Anzeige im Blatt stand, habe der Chefredakteur den Vorfall zum Thema in der Redaktionskonferenz gemacht und angeordnet, dass sich derartiges nicht wiederholen dürfe. Als Beleg dient eine korrekt gestaltete Anzeige aus einer folgenden Nummer, die erschien, als die Presseratsbeschwerde noch nicht vorlag. (2007)