Vermeintliche Genesung als „Wunder“ verkauft
Redaktion sieht ein, dass ihre Berichterstattung unzulässig ist
Eine Zeitschrift, die sich den Problemen von Prominenten und ähnlichen Themen verschrieben hat, berichtet über den Gesundheitszustand einer Darstellerin aus dem Comedy-Bereich. In einer Ausgabe berichtet das Blatt, die Dame sei so krank, dass sie im Rollstuhl sitzen müsse. Knapp zwei Monate später spricht die Zeitschrift von einem Wunder: Die Comedy-Künstlerin könne nun wieder gehen. Beide Berichte sind mit Fotos illustriert. Die angeblich Kranke lässt sich anwaltlich vertreten. Zunächst legt die Kanzlei Beschwerde gegen den ersten Bericht ein. Sie stellt klar, dass die TV-Künstlerin nicht im Rollstuhl sitze, sondern diesen nur gelegentlich im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen nutze. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) liege vor, indem die Zeitschrift die Privatsphäre der Schauspielerin verletzt habe. Die Zeitung habe ihr Privathaus mit einer Rollstuhlrampe fotografiert und dieses Bild veröffentlicht. Sie missachte dabei Richtlinie 8.2, die den besonderen Schutz des Aufenthaltes definiere. Zudem sieht der Anwalt einen Verstoß gegen Richtlinie 8.4, nach der Erkrankungen in die Geheimsphäre der Betroffenen fielen. Er kritisiert auch die folgende Berichterstattung. Die Zeitschrift spreche hier von einem „Wunder“. Sie nutze die ursprünglich falsche Berichterstattung in einer Art Fortführung der Geschichte, um nunmehr von einem Wunder zu sprechen. Dies sei jedoch nicht zutreffend. Für die Zeitschrift äußert sich deren Rechtsabteilung. Ausgangspunkt der Berichterstattung sei gewesen, dass man von der Comedy-Künstlerin seit anderthalb Jahren nichts mehr gehört habe. Eine laufende Tournee habe sie unterbrochen, was ihr Management mit „gesundheitlichen Problemen“ begründet habe. Nach Auffassung der Zeitschrift ist die Komikerin bundesweit so bekannt, dass ein öffentliches Interesse an ihr besteht. Dieses Interesse sei noch gewachsen, als die Schauspielerin sich von einem Tag auf den anderen zurückgezogen habe. Vor diesem Hintergrund habe sich die Redaktion zu einer Berichterstattung über die TV-Darstellerin entschlossen, die unter dem Leitmotiv „Was macht eigentlich…?“ gestanden habe. Im Zuge der Recherchen habe die Redaktion dann Informationen erhalten, die in die Berichterstattung eingeflossen seien. Mit Ausnahme der Behauptung, dass die Beschwerdeführerin im Rollstuhl sitze, beschäftige sich der Beitrag nicht konkret mit einer Erkrankung der Frau. Der Beitrag enthalte jedoch weitere Angaben zum privaten Umfeld und zu den privaten Lebensumständen der Beschwerdeführerin, so dass in diesem Fall von einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte gesprochen werden könne. Die Redaktion – so der Anwalt weiter – habe deshalb eingesehen, dass die Berichterstattung in weiten Teilen rechtswidrig gewesen sei. Folglich sei auch ohne gerichtliche Auseinandersetzung eine Regelung im Hinblick auf zivil- und presserechtliche Ansprüche der Beschwerdeführerin getroffen worden. Insbesondere habe die Zeitschrift eine umfangreiche Unterlassungserklärung abgegeben und eine freiwillige Geldentschädigung gezahlt. (2009)