Der Begriff „Killer“ steht für „Coolness“
Leser sieht Täter von Winnenden von Nachrichtenmagazin glorifiziert
Ein Nachrichtenmagazin macht seine Titelseite mit dem Amoklauf von Winnenden auf. Hauptüberschrift: „Der Amoklauf des Tim K. – Wenn Kinder zu Killern werden“. Titelbild ist ein Foto des Todesschützen. Ein Leser beschwert sich (BK2-91/09) darüber, dass der Täter unverhältnismäßig hervorgehoben und dadurch glorifiziert werde. Der Begriff „Killer“ sei im Amerikanischen nicht nur negativ besetzt, sondern stehe auch für „Coolness“. Die stark täterbezogene Aufmachung und Vernachlässigung der Opfer lasse die Angst vor Nachahmungstätern aufkommen, die ebenfalls eine Woche postmortalen Ruhms als Ausweg sehen könnten. Die Beschwerdeführerin im Fall BK2-92/09 sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Verletzung des postmortal geltenden Persönlichkeitsrechts stehe in keinem Verhältnis zum Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zumal der Informationswert einer solchen Bildveröffentlichung gegen Null tendiere. Sie sieht zudem Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) verletzt, da durch die Veröffentlichung das Risiko von Nachahmungstätern erhöht werde. Es sei bekannt, dass Täter einen Personenkult um derartige Attentäter pflegten und eine erhoffte Aufwertung durch eine solche sensationsheischende und personalisierende Berichterstattung für die Täter als wichtige Motivation wirke. Nach Darstellung der Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins sei grundsätzlich zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Der Täter von Winnenden habe sich selbst erschossen, so dass nur seine postmortalen Persönlichkeitsrechte betroffen sein könnten. Es sei unstreitig, dass die Abwägung in diesem Fall zugunsten des Informationsinteresses ausfalle. Tim K.´s Lebensbild werde untrennbar mit dem Amoklauf von Winnenden verbunden bleiben. Sämtliche Medien hätten sich ebenso entschieden und das Foto des Todesschützen veröffentlicht. Zu Ziffer 11: Die Redaktion habe sich im Vorfeld der Veröffentlichung damit auseinandergesetzt, ob die Berichterstattung die Gefahr von Nachahmungstaten erhöhen könnte. Nach reiflicher Überlegung habe sie sich dazu entschlossen, den Titel so zu gestalten, wie er dann an die Kioske und zu den Abonnenten kam. Als Information zu den einzelnen Überlegungen fügt die Rechtsabteilung das Interview mit einem Medienpsychologen bei, der sich mit den Vorwürfen des Beschwerdeführers beschäftigt. (2009)