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BILD-Zeitung berichtet unangemessen sensationell

Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat in seiner Sitzung am 21. November 2000 die BILD-Zeitung für ihre unangemessen sensationelle Berichterstattung über die Bergung eines ertrunkenen Kindes gerügt. Die Zeitung hatte am 14. August mit detaillierten Fotos die Bergungsaktion an einem Badesee in der Nähe von Gütersloh dargestellt und dabei unter anderem die Leiche des ertrunkenen Kindes abgebildet. Zur Begründung ihrer Entscheidung legten die Mitglieder des Publizistischen Selbstkontrollorgans die Ziffer 11 des Pressekodex zugrunde. Ziffer 11 verpflichtet die Presse, „auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität" zu verzichten, und grenzt in Richtlinie 11.3 die Berichterstattung über Unglücksfälle deutlich ein:

„Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen findet ihre Grenze im Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen der Angehörigen. Die vom Unglück Betroffenen dürfen grundsätzlich durch die Darstellung nicht ein zweites Mal zu Opfern werden."

Beschwerdeführer war die Kreispolizeibehörde von Gütersloh, die nach eigener Darstellung die Presse am Unglücksort ausdrücklich dazu aufgefordert hatte, auf Fotoaufnahmen zu verzichten. Die Entscheidung über eine weitere Beschwerde, die von den Eltern des Kindes gegen die BILD-Zeitung eingereicht wurde, vertagte das Gremium auf die kommende Sitzung. Der Grund: Die Zeitung hatte um einen Aufschub gebeten, weil sie nach eigenem Bekunden eine „einvernehmliche Regelung" mit den Beschwerdeführern anstrebt.

Außerdem rügte der Beschwerdeausschuss die Berliner Tageszeitung B.Z. für einen Artikel über den Unfall von Bundesverteidigungsminister Scharping bei seinem Besuch im Pentagon Anfang September. Das Blatt hatte aus einem Telefoninterview mit dem Sprecher der Verteidigungsministeriums, Detlef Puhl, einen Beitrag in der Ich-Form formuliert und in die Autorenzeile geschrieben: „Von Augenzeuge Detlef Puhl, Sprecher von Verteidigungsminister Rudolf Scharping." Der Beschwerdeausschuss wertete diese nicht autorisierte Darstellung als „groben Verstoß" gegen Ziffer 2 des Pressekodex, in der es heißt:

„Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden."

Auf jeden Fall, so der Presserat, hätte ein in der Ich-Form geschriebener Augenzeugenbericht von dem genannten Autor genehmigt werden müssen, analog zu Richtlinie 2.4 der Publizistischen Grundsätze, in der festgestellt wird: „Ein Interview ist auf jeden Fall journalistisch korrekt, wenn es vom Interviewten oder dessen Beauftragten autorisiert wurde."

Eine dritte, nicht öffentliche Rüge sprach der Presserat gegen eine regionale Tageszeitung in Süddeutschland aus, die kurz vor den Landratswahlen über die Vorstrafen des Ehemanns einer politischen Kandidatin berichtet hatte. Die Zeitung hatte aus einer strafrechtlichen Verurteilung des Ehemanns einen Makel der Kandidatin für das politische Amt gemacht. Diesen angeblichen Makel machte sie außerdem zur Schlagzeile eines Berichts dazu. Der Beschwerdeausschuss nahm vor allem Anstoß an den reißerischen Formulierungen in der Überschrift des Artikels. Dabei legte das Gremium Ziffer 8 des Pressekodex zugrunde. Darin wird die Presse verpflichtet, „das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen" zu achten.

In seiner letzten Sitzung in diesem Jahr verhängte der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats außerdem dreizehn Missbilligungen gegen verschiedene Zeitschriften und Tageszeitungen und sprach drei Hinweise wegen eines Verstoßes gegen den Pressekodex aus. Insgesamt zwölf Beschwerden wurden als unbegründet zurückgewiesen.

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