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Geplantes Datenschutzgesetz bedroht die Pressefreiheit

Das geplante Datenschutzgesetz bedroht die Pressefreiheit. Darauf haben die Sprecherin des Deutschen Presserats, Ursula Ernst-Flaskamp, und Lutz Tillmanns als dessen Geschäftsführer, bei einer Pressekonferenz in Berlin hingewiesen.

Seit Anfang Juli dieses Jahres kursiert ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums. Er sieht vor, daß sämtliche Redaktionen in Deutschland Datenschutzbeauftragte bestellen müssen, die den Umgang mit personenbezogenen Daten kontrollieren. Darüber hinaus besteht eine Auskunfts- und eine Berichtigungspflicht, die es ermöglichen, Veröffentlichungen über Personen zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren.

Bundesinnenminister Otto Schily hat diesen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vorbereitet. Er soll schon am 1. Dezember, also in knapp 2 Wochen, vom Bundeskabinett beschlossen und Mitte des kommenden Jahres bereits als Gesetz verkündet werden. "Wenn dieser Entwurf durchkommt, schwebt das Damoklesschwert der Datenschützer über der Arbeit von deutschen Journalisten", erklärte Ursula Ernst-Flaskamp.

- In jeder Redaktion müsse es künftig einen - von Weisungen freien - Datenschutz-beauftragten geben, der die Recherche der Journalisten, die redaktionelle Bearbeitung des Materials, die Archivierung und die Veröffentlichung auf den Datenschutz hin kontrolliert.

- Dieser Datenschutzbeauftragte könnte sich in Zweifelsfällen an die Aufsichtsbehörde wenden. Das sind, je nach Bundesland, mal die Landesdatenschutzbeauftragten, mal die Regierungspräsidenten.

- Redaktionen sollen dem Datenschutzbeauftragten Meldung machen über die Zweckbestimmung ihrer Rechercheaktivitäten.

- Jeder, über den berichtet wurde und sich damit in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt fühlt, soll Auskunft über die der Veröffentlichung zugrunde liegenden Daten verlangen können. Ausnahmen soll es nur in den Fällen geben, wo durch die Information auf die Person eines Verfasssers oder Gewährsmannes geschlossen werden kann.

- Journalisten- und Verlegerverbände sollen Verhaltensregeln, die sie ausarbeiten zum Umgang mit personenbezogenen Daten innerhalb der Redaktion, demnächst Aufsichtsbehörden vorlegen, welche sie „auf Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht überprüfen“ wollen.

- Die Presse soll bei unzulässiger oder unrichtiger Recherche, Redaktionsarbeit oder Veröffentlichung über die bereits gültigen zivil- und presserechtlichen Regelungen hinaus schadenersatzpflichtig werden. Dabei sieht der Gesetzentwurf einen Schadensersatzanspruch mit Beweislastumkehr vor. Die Zeitungen müssten im Einzelfall nachweisen, dass sie sorgfältig genug gearbeitet haben. Dieser „Negativbeweis“ kann in der Presse kaum geführt werden.

- Zu alledem will der Bundesgesetzgeber darüber hinausgehende Detailregelungen für die Medien - die oben genannten stellen nur das obligatorische Basiskonzept dar - den einzelnen Bundesländern überlassen. Die Länder könnten dann den Datenschutz zu Lasten der Presse weiter verschärfen.

Mit dem geplanten Auskunfts- und Berichtigungsanspruch zu Rechercheunterlagen in Redaktionen und Pressearchiven kann der Quellen- und Informantenschutz nach Darstellung von Ursula Ernst-Flaskamp praktisch nicht mehr gewährleistet, Recherchen behindert und Journalisten unter Druck gesetzt werden.

Die Bundesregierung habe bei ihrem Antritt vor gut einem Jahr in Aussicht gestellt, das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten zu verbessern, ergänzte Lutz Tillmanns, aber das Gegenteil geschehe zur Zeit. Das alles erinnere doch sehr an den vor zwei Jahren eingeführten Lauschangriff, so der Geschäftsführer des Deutschen Presserats.

Er bezeichnete die Gesetzesvorschläge zum Pressedatenschutz nicht nur "als überflüssig, sondern sogar als gefährlich". Der Deutsche Presserat stelle diesen Plänen ein gut funktionierendes Selbstregulierungs- und Selbstkontrollsystem gegenüber. Im Pressekodex seien ausführliche publizistische Grundsätze und Empfehlungen an die Redaktionen festgehalten. Sie gewährleisten, so Tillmanns, gerade auch die Einhaltung des Datenschutzes betroffener Bürgerinnen und Bürger. Das Regelungswerk, im übrigen eine Form des Datenschutz-Audits, mache deshalb datenschutzgesetzliche Verbotsregeln mit Erlaubnisvorbehalten überflüssig.

Der Presserat mache sich mit der Pressekonferenz in Berlin zum Wortführer der redaktionellen Unabhängigkeit der Medien. Gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, dem Deutschen Journalistenverband und der Industriegewerkschaft Medien halte man diese „Zensurmaßnahmen durch die Hintertür“ für einen Eingriff in die Pressefreiheit, "ja verfassungsrechtlich angreifbar", erklärte Tillmanns weiter.

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