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Presserat weist Beschwerden von Ministerpräsidentin Simonis zurück

Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat in seiner Sitzung am 11. Juli die Beschwerden der Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis gegen mehrere Zeitungen und Presseagenturen zurückgewiesen. Frau Simonis hatte nach dem Busunglück, das am 17. Mai in der Nähe von Eutin stattgefunden hatte, scharfe Angriffe gegen die Presse formuliert und gegen insgesamt vier Zeitungen und zwei Presseagenturen Beschwerde beim Deutschen Presserat erhoben. Sie warf den Medienvertretern vor, sie seien während der Rettungs- und Bergungsmaßnahmen mit gecharterten Hubschraubern in niedriger Höhe über die Unfallstelle geflogen. Dabei hätten sie den Einsatz der Rettungskräfte behindert, die Bergung der Verletzten beeinträchtigt und möglicherweise Beweismittel am Unfallort durch Aufwirbelungen vernichtet. Schließlich seien die Unfallopfer durch die Art der Recherche in ihrer Menschenwürde beeinträchtigt worden, so die Ministerpräsidentin.

Der Beschwerdeausschuss des publizistischen Selbstkontrollorgans fand jedoch weder in den Presseberichten selbst noch in dem von Frau Simonis vorgelegten Material hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen den Pressekodex, die einzelnen Journalisten oder Medien zugeordnet werden könnten. Zu prüfen hat der Deutsche Presserat lediglich Vorwürfe gegen Printmedien und Fotoagenturen. Dennoch nahm das Gremium die Beschwerden zum Anlass, noch einmal deutlich auf Ziffer 4 der Publizistischen Grundsätze hinzuweisen, die in der Richtlinie 4.1 Maßstäbe für die Recherche vorgibt. Darin heißt es: „Bei Unglücksfällen und Katastrophen beachtet die Presse, dass Rettungsmaßnahmen für Opfer und Gefährdete Vorrang vor dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit haben."

In seiner Sitzung sprach der Beschwerdeausschuss außerdem drei öffentliche und zwei nicht-öffentliche Rügen aus. Die öffentlichen Rügen standen alle im Zusammenhang mit Verstößen gegen Ziffer 2 des Pressekodex, der verlangt, dass „Informationen in Wort und Bild" sorgfältig auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen sind und „durch Bearbeitung, Überschrift und Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden" dürfen. Der Presserat rügte den BERLINER KURIER, weil er auf einer Großaufnahme von einer Trauerfeier eine junge Frau als angebliche Mitschülerin von Unfallopfern gezeigt hatte. In Wahrheit handelte es sich jedoch um eine Unfallzeugin, die sich um die Verletzten nach einem Busunglück in Brandenburg gekümmert hatte. Durch das Foto der weinenden Frau auf dem Friedhof, so der Presserat, sei außerdem die Intimsphäre der Abgebildeten (Ziffer 8) verletzt worden.

Gegen die Bremer Ausgabe der BILD-Zeitung sprach der Beschwerdeausschuss eine Rüge aus, weil sie das Foto und den vollen Namen eines Angeklagten veröffentlicht und den Mann als „Mörder" bezeichnet hatte, obwohl das Gerichtsverfahren gegen ihn noch nicht abgeschlossen ist. Außerdem, so der Presserat, wurde damit gegen Ziffer 13 des Pressekodex verstoßen, die vorschreibt, dass eine „Berichterstattung über schwebende Ermittlungs- und Gerichtsverfahren ... frei von Vorurteilen erfolgen" muss.

Die Zeitschrift COUPÉ wurde öffentlich gerügt, weil sie in einem Artikel unzulässig einen Zusammenhang zwischen dem Tragen von Badebekleidung und dem Entstehen der Darmkrankheit Morbus Crohn behauptet hatte. In dem Beitrag werde unangemessen sensationell über medizinische Themen berichtet und damit gegen Ziffer 14 des Pressekodex verstoßen, urteilte der Beschwerdeausschuss.

Zwei nicht-öffentliche Rügen sprach der Deutsche Presserat schließlich wegen eindeutiger Verstöße gegen Ziffer 8 der Publizistischen Grundsätze aus. Sie lautet:

„Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden."

In einem Fall hatte eine Tageszeitung über homosexuelle Neigungen eines prominenten Politikers berichtet und dabei auch die kompletten Namen von zwei angeblichen Liebhabern des Politikers genannt. In einem zweiten Fall hatte eine Tageszeitung über die Selbsttötung eines Beamten so berichtet, dass er und seine Witwe eindeutig identifizierbar waren. Erschwerend kam hinzu, dass die Zeitung über eine schwere Krankheit der Hinterbliebenen berichtet hatte, die angeblich den Selbstmord ausgelöst haben soll.

Von den insgesamt 31 Beschwerden, die dem Ausschuss des Deutschen Presserats in seiner gestrigen Sitzung vorlagen, wurden insgesamt 22 für begründet erklärt. Neben den fünf Rügen sprach der Beschwerdeausschuss neun Missbilligungen und sieben Hinweise wegen Verstößen gegen den Pressekodex aus. In einem Fall wurde keine Maßnahme beschlossen.

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