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Verstoß gegen Datenschutzrichtlinie missbilligt

Der zweite Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats, zuständig für Fragen des redaktionellen Datenschutzes, hat sich am Dienstag in Bonn konstituiert. Damit hat der Presserat ein neues Kapitel in seiner 45-jährigen Geschichte aufgeschlagen. Von nun an wird er auch die Selbstkontrolle beim Schutz persönlicher Daten übernehmen, die Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen bei ihrer Arbeit benötigen. Das zugrunde liegende Bundesdatenschutzgesetz wurde im Mai vom Deutschen Bundestag verabschiedet.

In seiner konstituierenden Sitzung wählte der Ausschuss Manfred Protze, Mitglied des Presserats und Redakteur bei dpa, zum Vorsitzenden. Zu seinem Stellvertreter wurde Georg Wallraf gewählt, Justiziar bei der Verlagsgruppe Handelsblatt und Mitglied des Presserats.

Der Beschwerdeausschuss hatte über eine erste Beschwerde zu entscheiden. Er sprach eine Missbilligung aus. Sie richtet sich gegen eine Zeitung, die ein Schreiben des Bundesgrenzschutzes im Faksimile veröffentlicht hatte, ohne den Namen der Unterzeichnerin unkenntlich zu machen. Das Blatt hatte den Bericht eines Mannes veröffentlicht, der als Verkäufer eines so genannten Straßenmagazins wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden war. Neben dem Artikel war das Faksimile des Anhörungsschreibens abgedruckt, aus dem Name, Amtsbezeichnung, Dienststelle und Telefonnummer der Polizeibeamtin zu ersehen waren, die den Brief unterschrieben hatte. Die Beamtin, deren Verhalten im übrigen nicht Gegenstand der Berichterstattung war, machte in ihrer Beschwerde an den Presserat geltend, dass durch die Veröffentlichung ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden sei. Der Presserat folgte der Beschwerdeführerin und missbilligte den Artikel unter Hinweis auf Ziffer 8 des Pressekodex. Sie lautet:

Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden.
Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.


Zu Beginn seiner Sitzung erörterte der Beschwerdeausschuss gemeinsam mit Experten aktuelle praktische Probleme und rechtliche Grundlagen des Datenschutzes in Redaktionen. Gesprächspartner waren u. a. der Datenschutzbeauftragte des Gruner+Jahr-Verlags, Henning Behrmann und der Datenschutzbeauftragte des ZDF, Christoph Bach. In der Diskussion mit den Experten wurde deutlich, dass der „Datenschutz keinen Vorwand liefern dürfe, um die Redaktionen und ihr Wissen auszuspionieren“, wie Manfred Protze als Vorsitzender des Beschwerdeausschusses sagte. Experten und Ausschuss waren sich außerdem einig, dass es keine Verwechslungen zwischen dem Datenschutz und den Rechten zum Schutz der Persönlichkeit geben dürfe. Regeln zum Persönlichkeitsschutz sind von Beginn an im Pressekodex verankert. Sie bilden bisher schon ein wichtiges Element der Spruchpraxis. Der Datenschutz sei eines von mehreren Mitteln zum Schutz der Persönlichkeitsrechte. Der Schutz der Persönlichkeit und der Würde des Einzelnen umfasse daher deutlich mehr als nur den Datenschutz, betonte Protze. Großes Gewicht wird der Presserat in Zukunft darauf legen, die Verlage und Redaktionen zum Thema Redaktionsdatenschutz zu beraten und regelmäßig über die aktuelle Situation des Datenschutzes in den Redaktionen öffentlich zu berichten.

Eine Neu-Regulierung für den Redaktionsdatenschutz war notwendig geworden, nachdem die Europäische Union 1995 die Datenschutzrichtlinie formuliert und damit auch die Basis für ein neues Bundesdatenschutzgesetz gelegt hatte. Nach Beratungen mit Experten verständigten sich Presserat, Verleger- und Journalistenverbände im vergangenen Jahr mit dem Innenministerium für den Bereich der Presse auf ein integriertes Modell der Selbstregulierung. Auf Basis langjähriger Erfahrungen des Deutschen Presserats wurden unter anderem die Publizistischen Grundsätze um Bestimmungen für den redaktionellen Datenschutz ergänzt.

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