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Vier Rügen - Mangelnde Sorgfalt im Vordergrund

Von insgesamt vier Rügen, die der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats in seiner Sitzung am 18. Juni ausgesprochen hat, waren zwei mit der mangelnden Berücksichtigung der journalistischen Sorgfaltspflicht begründet. In Ziffer 2 der Publizistischen Grundsätze heißt es:

Zur Veröffentlichungtimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.

So wurden die Nürnberger Nachrichten gerügt, weil sie in ihrer Ausgabe vom 28./29. März nur auf Grundlage eines anonymen Schreibens massive Beschuldigungen gegen den Bürgermeister einer fränkischen Gemeinde erhoben hatte. Wegen der Schwere der Vorwürfe stützte der Presserat seine Rüge außerdem auf Ziffer 9 des Pressekodex, in der die Veröffentlichung unbegründeter „Behauptungen und Beschuldigungen, insbesondere ehrverletzender Natur“ untersagt wird. Mit den gleichen Ziffern wurde auch eine Rüge gegen die Wetterauer Zeitung begründet. Sie hatte einen Leserbrief veröffentlicht, in dem der Leiter eines Bauamtes der Fälschung von Daten bezichtigt wurde. Tatsächlich waren die Vorwürfe jedoch bereits durch ein Gerichtsverfahren ausgeräumt worden. Wegen des Verstoßes gegen die Ziffer 8 des Pressekodex wurde die Neue Post gerügt. Ziffer 8 schreibt vor:

Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden.

Die Neue Post hatte am 24. April in einer Titelgeschichte behauptet, dass der Fernsehmoderator Günther Jauch befürchte, an Hautkrebs zu erkranken. Außerdem behauptete das Boulevardblatt, Jauchs Vater sei bereits an Krebs gestorben. Der Presserat folgte der Aussage des Beschwerdeführers, nach der es sich bei dieser „Veröffentlichung um eine haltlose Erfindung ohne jeden Realitätsbezug“ handelt. Tatsächlich hatte Jauch lediglich in einer Talkshow einmal scherzhaft vom „größten Sonnenbrand seines Lebens“ berichtet, den er sich während eines Urlaubs zugezogen hatte. Die vierte Rüge schließlich sprach der Beschwerdeausschuss auf der Grundlage von Ziffer 12 des Kodex gegen das Bibliser Blatt aus. In Ziffer 12 werden u.a. rassische, ethnische und religiöse Gruppen vor öffentlicher Diskriminierung geschützt. Die Zeitung hatte in ihrer Ausgabe vom 01.11.2001 unter anderem über Sinti und Roma behauptet, sie würden ihre Kinder zu strafbaren Handlungen erziehen, und daraus positive Rückschlüsse auf die Rassenverfolgung vor 1945 gezogen.

Ausführlich diskutierten die Mitglieder des Beschwerdeausschusses außerdem den Fall eines Wirtschaftsmagazins, das gemeinsam mit einem großen deutschen Kreditinstitut ein Aktienzertifikat entwickelt und in der Zeitschrift beworben hat. Sogar auf der Titelseite des Magazins wurde in herausgehobener Form auf den Fonds hingewiesen. Der Beschwerdeausschuss sah es als erwiesen an, dass die Bank im Zusammenhang damit 16.000 Exemplare des Blattes zu einem Vorzugspreis erworben hatte, um sie an ihre Kunden zu verteilen. Aufgrund dieses offensichtlichen Kopplungsgeschäfts sprach der Presserat eine Missbilligung gegen das Magazin nach Ziffer 7 des Pressekodex aus. Der so genannte Trennungsgrundsatz lautet:

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Grundsätzlich, so der Presserat, seien Kopplungsgeschäfte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht mit den Publizistischen Grundsätzen zu vereinbaren. Auch wenn das Anzeigenaufkommen bei manchen Presseunternehmen in jüngster Zeit teils um die Hälfte zurückgegangen sei, würden derartige Verstöße gegen den Pressekodex vom Presserat nicht geduldet.

In seiner dritten Sitzung in diesem Jahr sprach der Beschwerdeausschuss außerdem fünf weitere Missbilligungen und 17 Hinweise gegen verschiedene Zeitschriften und Tageszeitungen aus. Von insgesamt 50 behandelten Fällen wurden 27 Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

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