Pressemitteilungen und Aktuelles

Vorsicht bei Leserbriefkürzungen

Auf seiner sechsten Sitzung in diesem Jahr hat der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats am 11.12.2002 drei öffentliche Rügen ausgesprochen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wurde öffentlich gerügt, weil sie einen Leserbrief so gekürzt hatte, dass seine Aussage ins Gegenteil verkehrt wurde. Eingangs hatte der Leserbriefschreiber den Artikel, auf den er sich bezog, kurz zusammengefasst, um danach seine Kritik zu äußern. Dieser letzte Teil wurde jedoch bei der Veröffentlichung völlig weggekürzt, so dass der falsche Eindruck entstand, er stütze die Aussage des Artikels. In Ziffer 2 Richtlinie 2.6 Absatz 4 ist festgehalten:
Änderungen oder Kürzungen von Zuschriften namentlich bekannter Verfasser ohne deren Einverständnis sind grundsätzlich unzulässig. Kürzungen sind möglich, wenn die Rubrik Leserzuschriften einen ständigen Hinweis enthält, dass sich die Redaktion bei Zuschriften, die für diese Rubrik bestimmt sind, das Recht der sinnwahrenden Kürzung vorbehält....

Die BILD-Zeitung wurde zweimal aufgrund eines Verstoßes gegen die Persönlichkeitsrechte gerügt. So hatte die Zeitung über den Suizid eines Ingenieurs berichtet und die gebotene Zurückhaltung, die bei einer Berichterstattung über dieses Thema verlangt wird, vermissen lassen. Richtlinie 8.5 des Pressekodex sagt zu diesem Thema:
Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse handelt.

Der Artikel enthielt Angaben wie den Vornamen, den abgekürztem Nachnamen sowie das Alter und die Arbeitsstätte des Toten. Zudem wurde über das private Motiv der Tat spekuliert. Der Beschwerdeausschuss sah hierin eine grobe Verletzung der Ziffer 8 des Pressekodex gegeben und rügte die Berichterstattung.

In dem zweiten Fall hatte die BILD-Zeitung in einem Artikel über die Ermordung eines Kindes berichtet. Der vermutlich schuldunfähige Verdächtige wurde mit Foto, Vornamen und abgekürzten Nachnamen identifizierbar gemacht. Zudem wurde der Mann als "Killer" und "Schwein" bezeichnet. In Richtlinie 8.1 Abs. 4 des Pressekodex heißt es:

Die Nennung des vollständigen Namens und/oder die Abbildung von Tatverdächtigen, die eines Kapitalverbrechens beschuldigt werden, ist ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn dies im Interesse der Verbrechensaufklärung liegt und Haftbefehl beantragt ist oder wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen wird.

Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben.

Insgesamt sprach der Beschwerdeausschuss neben den drei Rügen noch drei Missbilligungen und vier Hinweise aus. Zehn Beschwerden wurden als unbegründet abgelehnt.

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