Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
„Besoffener Pole rastet mehrmals im Bahnhof aus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über einen Zwischenfall. Eine Passage in dem Beitrag lautet so: „Ein betrunkener Pole (35, 1,39 Promille) bittet abends drei DB-Sicherheitsleute im Hauptbahnhof, beim Kauf einer Fahrkarte zu helfen. Als er das Ticket in den Händen hält, rastet er aus, verlangt sein Geld zurück, schlägt um sich. Bundespolizisten nehmen ihn fest, bringen ihn zur Wache. Später darf er gehen, rastet wieder aus. In einer S-Bahn stößt er eine Frau grundlos zur Seite. Andere Reisende gehen dazwischen. Eine Frau wird von dem Polen im Gesicht getroffen. Der Schläger wird erneut festgenommen, dem Haftrichter vorgeführt.“ Ein Leser der Zeitung ist der Meinung, für den Tathergang sei es völlig irrelevant, ob der „Besoffene“ nun Pole, Ire, Jude, Deutscher oder Afrikaner sei. Er – ein Pädagogik-Professor - bemühe sich, bei seinen Studierenden gerade diese Frage deutlich zuzuspitzen: Wann ist Religion bzw. Nationalität wirklich relevant? Wann aber sei sie irrelevant und die Nennung im negativen Kontext begünstige das, was juristisch als „Volksverhetzung“ benannt sei? Genau dies geschehe im vorliegenden Fall. Die Rechtsvertretung der Zeitung widerspricht dem Vorwurf der Diskriminierung. Es gehe – anders, als der Beschwerdeführer zu suggerieren versuche – bei Ziffer 12 nicht darum, wann die Nennung der Nationalität „relevant“ sei oder nicht. Entscheidend sei in diesem Fall, dass selbst die ermittelnde Bundespolizei die Nationalität des wohnsitzlosen Mannes in ihrer Pressemitteilung – und das sogar in der Überschrift - erwähnt habe. Es wäre – auch presseethisch - nicht zu vertreten, die Redaktion zu verpflichten, hinter der behördlichen Presseerklärung zurückzubleiben.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Rechte Straftaten fast verdoppelt“ einen Artikel über eine Kriminalstatistik zu politisch motivierten Straftaten in Baden-Württemberg. Verglichen werden die Zahlen aus der ersten Jahreshälfte 2016 mit denen der ersten sechs Monate des Jahres 2015. Die jetzt genannten Zahlen widersprechen der Aussage in der Überschrift. Im Text heißt es, im ersten Halbjahr seien 745 rechtsextremistische Straftaten begangen worden. Im ersten Halbjahr 2015 seien es 521 Fälle gewesen. Ein Leser der Zeitung weist darauf hin, dass es nicht richtig sei, dass sich die rechten Straftaten „nahezu“ verdoppelt hätten. Laut der genannten Zahlen sei es eine Steigerung um 43 Prozent gewesen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung weist bedauernd darauf hin, dass dem diensthabenden Kollegen bei der Bearbeitung des Beitrages leider ein Fehler unterlaufen sei. Wahrscheinlich aus einer Ungenauigkeit heraus seien die politisch motivierten extremistischen Straftaten in der Überschrift mit den Taten aus rechtsextremistischen Motiven gleichgesetzt worden. Diese seien aber nur ein Teil des Ganzen, wie aus dem Artikel zu ersehen sei. Die rechten Straftaten hätten zwar zugenommen, sich aber nicht nahezu verdoppelt, wie in der Überschrift stehe. Diese sei falsch, der Fehler tue weh. Er sei in der Redaktionskonferenz ausführlich besprochen worden.
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Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Vermisstes neunjähriges Mädchen wieder aufgetaucht“. Es geht um ein als vermisst gemeldetes Kind, das wohlbehalten wieder aufgefunden worden sei. Zum Bericht gestellt ist ein Bild des Mädchens, das die Polizei im Zusammenhang mit der Suche verbreitet hatte. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Veröffentlichung des Fotos zu diesem Zeitpunkt die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletze. Da die Suche abgeschlossen sei, habe kein Anlass bestanden, das Bild erneut zu veröffentlichen. Der Chefredakteur stimmt dem Beschwerdeführer zu. Weder der Name noch das Foto des Mädchens hätten veröffentlicht werden dürfen. Er habe beides sofort löschen lassen. Die verantwortliche Redakteurin habe den Fehler eingesehen und bedauere ihn sehr. Er – der Chefredakteur – habe den Vorgang zum Anlass genommen, die Redaktion einmal mehr zu sorgfältiger Arbeit zu ermahnen.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online und gedruckt innerhalb von zwei Tagen über den Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 in den französischen Alpen. In mehreren Beiträgen sind Fotos von Opfern des Absturzes platziert. Im Beitrag werden deren Namen genannt und weitere persönliche Angaben gemacht. Ein Bericht enthält das gepixelte Foto der Halterner Schulklasse, deren Mitglieder Opfer der Katastrophe waren. Auf einem weiteren Foto ist eine Spanisch-Lehrerin zu sehen, die zu den Opfern gehören soll. Im Zusammenhang mit einem anderen Artikel zeigt die Zeitung erneut die Halterner Schulklasse mit gepixelten Gesichtern. Neben dem Bericht steht die Traueranzeige mit den vollen Namen der Opfer. Zu einem dritten Beitrag ist ein Foto mit drei Urlaubern gestellt, das von diesen vor dem Abflug in Barcelona auf Facebook veröffentlicht wurde. Zu sehen sind außerdem Fotos von einem Feuerwehrmann, einem spanischen Geschäftsmann, einem Dortmunder Uni-Dozenten, einer Mutter und ihres Sohnes, einem Steward und einem Paares aus Wuppertal. Alle Personen werden ungepixelt dargestellt. Genannt werden Vornamen und abgekürzte Nachnamen, Wohnort, teilweise das Alter und andere persönliche Details wie Beruf oder Reisegrund. Mehrere Beschwerdeführer sehen in den Veröffentlichungen Verstöße gegen den Schutz der Persönlichkeit und teilweise – im Hinblick auf die Angehörigen – Verstöße gegen Richtlinie 11.3 (Berichterstattung über Unglücksfälle). Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von einem würdevollen Umgang der Redaktion mit den Opfern. Es seien ausschließlich öffentlich zugängliche Fotos verwendet worden. Die Bilder der toten Schüler seien in ihrem Heimatort Haltern ausgestellt gewesen. Andere Fotos seien in ganz Europa veröffentlicht worden. Der Abdruck der Todesanzeige sei auch nicht zu beanstanden, da die Namen in Haltern ohnehin bekannt gewesen seien.
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„Schrecklicher Notruf: Sie hat mich aufgeschnitten“- unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über den aus den USA stammenden Mitschnitts eines Notrufs. In dem original wiedergegebenen Mitschnitt berichtet die Anruferin, dass sie schwanger sei und eine ihr unbekannte weibliche Person ihr den Bauch aufgeschnitten habe. Während des Gesprächs droht das Opfer mehrfach das Bewusstsein zu verlieren. Sie wird von der Notrufmitarbeiterin aufgefordert, den Tathergang und ihren Zustand zu beschreiben. Sie nennt ihren Vornamen, ihr Alter und ihre Adresse. Sie beschreibt ihre Verletzungen. Der Mitschnitt endet mit dem Eintreffen der Rettungskräfte. Die Zeitung illustriert ihren Bericht mit einem Porträtfoto der Anruferin. Ein Leser der Zeitung ist der Beschwerdeführer. Er sieht in dem Bericht und dem Mitschnitt des Notrufs Verletzungen der Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung). Die Wiedergabe der mit Stöhnen und Leid unterlegten Originalaufzeichnung des Notrufs einer lebensgefährlich verletzten Frau, der gerade das Kind aus dem Leib geschnitten worden sei, habe keinerlei Relevanz für den Bericht über das Verbrechen. Hier gehe es um Sensationssucht durch die Veröffentlichung der Stimme des Opfers. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Veröffentlichung des Notruf-Mitschnitts habe der Veranschaulichung eines ungewöhnlichen Verbrechens gedient, das weltweit Aufsehen erregt habe. Die Redaktion habe den Mitschnitt von amerikanischen Medien übernommen, wo es üblich sei, spektakuläre Mitschnitte von Notrufen zu veröffentlichen. Der vorliegende Mitschnitt diene der Dokumentation des besonnenen Vorgehens der Rettungskräfte. Die Beamtin, die den Anruf entgegengenommen habe, sei später offiziell ausgezeichnet worden. Der Notruf zeige, welchen tragischen Situationen die Mitarbeiter ausgesetzt seien. Das Opfer habe sich für deren Einsatz bedankt und sei damit einverstanden gewesen, dass der Mitschnitt veröffentlicht worden sei und ihre persönlichen Daten genannt würden.
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„Freundin des Todespiloten unterrichtet an Gesamtschule“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über die Partnerin des Germanwings-Piloten, der im März 2015 eine Maschine mit 150 Menschen an Bord in den französischen Alpen an einem Berg zerschellen ließ. Der Autor teilt mit, dass die Freundin des Piloten – mit dem Buchstaben G. vorgestellt - an einer Gesamtschule am Niederrhein Mathematik unterrichte. Sie habe mit ihrem Freund in einer Wohnung am Düsseldorfer Stadtrand gelebt. Die Namen von beiden seien noch am Türschild zu lesen. Angeblich kannten sie sich aus Montabaur, der Heimatstadt von Andreas L. Sie hätten Hochzeitspläne gehabt. In letzter Zeit habe es jedoch in der Beziehung gekriselt. Für die anstehende Trennung sei sein Kontrollwahn ein möglicher Grund gewesen. Er soll ihr sogar ihre Kleidung vorgeschrieben haben. Eine Trennung schließe auch ein Pizzabäcker namens Hassan nicht aus. Bei ihm hätten die beiden oft Pizza bestellt, mit Schinken, Broccoli und Zwiebeln, wie die Redaktion herausgefunden haben will. In den Wochen vor dem Absturz sei nur Andreas L. zu ihm gekommen, um zu bestellen. Auf einem beigestellten Foto ist der Balkon der Wohnung von Andreas L. und seiner Freundin G. zu sehen. Mehrere Beschwerdeführer sehen durch die Berichterstattung den Schutz der Persönlichkeit der Partnerin des Co-Piloten verletzt. Durch die Nennung vieler persönlicher Details sei sie identifizierbar und werde zusätzlich stigmatisiert. Die Redaktion der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Partnerin des Co-Piloten sei durch die im Artikel genannten Informationen nicht identifizierbar. Am Niederrhein gebe es mehr als 50 staatliche Gesamtschulen und darüber hinaus noch mehrere private. Durchschnittlich seien nach Auskunft der Bezirksregierung an jeder Schule 72 Lehrkräfte beschäftigt. Wegen der vielen Teilzeitkräfte sei diese Zahl in Wirklichkeit noch größer. Da mache der Hinweis auf eine angebliche Schwangerschaft, die noch gar nicht erkennbar sein müsse, die Identifizierung nicht möglich. Ebenso wenig tauge der Hinweis auf den Wohnort am Düsseldorfer Stadtrand zur Erkennbarkeit. Britische Medien hätten den vollen Namen der Frau genannt. Deren Identifizierbarkeit sei also nicht auf die jetzt beanstandete Berichterstattung, sondern auf andere zurückzuführen. Die Frage, ob überhaupt über die Partnerin des Germanwings-Piloten habe berichtet werden dürfen, steht für die Rechtsabteilung außer Frage. Die Tat des Mannes sei so ungeheuerlich gewesen, dass die Frage nach den Motiven auf ein großes öffentliches Interesse gestoßen sei. Da solche Motive auch im privaten Bereich liegen können, könne die Berichterstattung über diesen nicht unzulässig sein.
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Eine Zeitschrift, die sich vorzugsweise Themen aus der Welt der Berühmten, Reichen und Schönen widmet, befasst sich mit der norwegischen Prinzessin Mette-Marit. Die Rede ist dabei von einer Schock-Diagnose, denn die Prinzessin sei unheilbar krank. Palast-Kenner sprächen von einer „ausgewachsenen Depression“. Dafür gebe es keine Heilung, teilt die Redaktion mit. Sie zeigt auf ihrer Titelseite das Foto der weinenden Prinzessin. Ein Leser der Zeitschrift teilt mit, die Formulierung „unheilbar krank“ sei eine falsche und nicht belegte Tatsachenbehauptung. Auch werde durch die Berichterstattung die Prinzessin in ihrem Persönlichkeitsschutz verletzt. Außerdem sei die Aussage über die Unheilbarkeit von Depressionen geeignet, bei Lesern unbegründete Befürchtungen zu wecken. Das Foto auf der Titelseite stamme von der Trauerfeier für 77 Ermordete auf der Insel Utoya. Es sei nicht als Symbolfoto gekennzeichnet. Weder Verlag noch Redaktion der Zeitung nehmen zu der Beschwerde Stellung.
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Eine Zeitschrift, deren Aktivitäten man wohl am besten mit dem Spektrum des Regenbogens umschreibt, hat sich das Thema Mette-Marit vorgenommen. Die norwegische Prinzessin habe eine „Schock-Diagnose“ bekommen, wonach sie wegen schwerer Depressionen unheilbar krank sei. Das hätten so genannte Palast-Insider verbreitet. Die Redaktion stellt fest, dass eine Heilung ausgeschlossen sei. Zum Bericht gestellt ist ein Foto der weinenden Prinzessin. Ein Leser der Zeitschrift wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Tatsachenbehauptung, Mette-Marit sei unheilbar krank, sei falsch und unbelegt. Die Angaben über die angebliche Erkrankung der Prinzessin verletzten deren Persönlichkeitsschutz. Die Behauptung, Depressionen seien unheilbar, seien geeignet, bei Lesern unbegründete Befürchtungen zu wecken. Das Foto der weinenden Mette-Marit sei vor Jahren auf der Insel Utoya während der Trauerfeier für 77 ermordete Menschen aufgenommen worden. Die Redaktion habe auf diesen Umstand nicht hingewiesen und das Symbolfoto nicht als solches gekennzeichnet. Weder Verlag noch Redaktion nehmen zu der Beschwerde Stellung.
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Ein Behördenleiter in einer deutschen Großstadt verlässt sein Büro, besorgt sich den Schlüssel zum Konferenzzimmer, öffnet dort ein Fenster und stürzt sich – neun Stockwerke tief – in den Tod. Die örtliche Zeitung berichtet. Das Entsetzen in der Stadt über den Suizid des Mannes sei groß. Seit vielen Jahren habe er in den Diensten der Kommune gestanden, sei Leiter des Bürgerbüros und zuletzt des Ordnungsamtes gewesen. Auch habe er als Wahlleiter gewirkt. Der Artikel enthält ein Foto von der abgesperrten Unglücksstelle sowie ein Porträtfoto des Verstorbenen. Im Text wird sein Werdegang nachgezeichnet. Dabei wird auch erwähnt, dass er Vorstandsmitglied im Ortsverband einer Partei gewesen sei. Der Beschwerdeführer sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.7, des Pressekodex. Die Nennung des Namens sei auch nicht unter dem Aspekt gerechtfertigt, dass der Verstorbene am Ort vielleicht als eine Person der Zeitgeschichte bezeichnet werden könnte. Die Schilderung des Suizid-Ablaufs diene nur der Befriedigung voyeuristischer Neigungen. Der Beschwerdeführer spricht von verkaufsfördernder Sensationsmache. Er legt das Foto eines Verkaufsaufstellers der Zeitung bei. Darauf ist unter der Überschrift „Tragödie“ zu lesen: „Amtsleiter stürzt sich aus Bürgerbüro in den Tod“. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Verstorbene sei für die Stadt und ihre Umgebung eine relative Person der Zeitgeschichte gewesen. Er genieße daher einen geringeren Persönlichkeitsschutz als jemand, der in der Öffentlichkeit keine Rolle spiele. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das Zurückhaltungsgebot. Der Unglücksort befinde sich in einer belebten Straße der Stadt. Durch die Absperrungen und den Einsatz der Rettungskräfte habe der Vorgang große öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Ein Führungsmitglied des örtlichen Vereins „Angehörigengruppe um Suizid in …“ habe sich beim Autor des Artikels schriftlich für seine sensible und sachliche Berichterstattung bedankt. Lobend erwähnt werde dabei auch, dass der Autor auf den Begriff „Selbstmord“ gänzlich verzichtet habe.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über den Suizid eines Behördenleiters. Dieser habe sein Büro verlassen, sich den Schlüssel für das Konferenzzimmer besorgt, dort ein Fenster geöffnet und sei neun Stockwerke tief in den Tod gestürzt. Der Mann habe sich in vielfältiger Weise im öffentlichen Raum engagiert und sei weithin bekannt gewesen. Umso größer sei das Entsetzen in der Stadt und ihrer Umgebung über den Tod des Leiters des örtlichen Ordnungsamtes. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt, das den abgesperrten Unglücksort zeigt. Der Name des Verstorbenen wird ebenso genannt wie sein Alter. Den Beschwerdeführer stört vor allem, dass die Online-Ausgabe der Zeitung über den Suizid schon berichtet habe, als noch nicht alle unmittelbaren Familienangehörigen informiert gewesen seien. In der Presseerklärung der Stadt zum Tod ihres Mitarbeiters (sie liegt der Beschwerde bei) werde bewusst auf nähere Angaben verzichtet. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Sie verweist auf die vielfältigen Aktivitäten des Verstorbenen, die ihn in der Stadt und in ihrer Umgebung zu einer relativen Person der Zeitgeschichte gemacht hätten. Er genieße daher einen geringeren Persönlichkeitsschutz als jemand, der in der Öffentlichkeit keine oder eine wesentlich geringere Rolle gespielt habe als der Verstorbene. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das Zurückhaltungsgebot. Zudem habe sich der Suizid an einer belebten Straße der Stadt abgespielt. Absperrungen und der Einsatz der Rettungskräfte hätten für einen großen Aufmerksamkeitsgrad gesorgt. Zum Vorwurf der zu schnellen Berichterstattung teilt die Rechtsabteilung mit, eine freie Fotografin, die in der Nähe des Unglücksortes wohne, sei durch den Einsatz der Rettungskräfte auf den Vorgang aufmerksam geworden. Einen Hinweis der Redaktion habe es nicht gegeben. Es sei ein Widerspruch in sich, wenn der Beschwerdeführer die schnelle Berichterstattung der Zeitung kritisiere, die Berichterstattung der Stadt, die nur eine Stunde nach dem Ereignis erfolgt sei, jedoch lobe. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass der Verein „Angehörigengruppe um Suizid in …“ sich beim Autor des Beitrages schriftlich für die sensible und sachliche Berichterstattung bedankt habe. Der Verein bedankt sich auch dafür, dass in dem Bericht das stigmatisierend empfundene Wort „Selbstmord“ nicht vorkomme.
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