Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Frauenzeitschrift: „Amoktrips sind Männersache“

Die Online-Ausgabe einer Frauenzeitschrift veröffentlicht einen Text unter der Überschrift „Frauenquote fürs Cockpit!“. Vor dem Hintergrund der Germanwings-Katastrophe während des Fluges 4U9525 schreibt die Autorin, Amoktrips seien Männersache. Bei der Lufthansa seien 84 der Piloten Männer. Das solle die Fluggesellschaft ändern. 14 der 16 im Airbus zerschellten „Schüler“ seien Schülerinnen und die zwei „Lehrer“ seien Lehrerinnen. Die Opfer seien überwiegend Frauen. Die Selbstmordquote sei bei Männern viermal so hoch wie bei Frauen. Die Lufthansa könne also das Risiko, dass ihre Piloten das Flugzeug zu Selbstmord und vielfachem Mord missbrauchen, mit jeder Frau, die sie zur Pilotin mache, ganz erheblich reduzieren. Amokläufe und sogenannte Familienauslöschungen seien Verbrechen, die nahezu ausschließlich von Männern begangen würden. Für Amokflüge gelte dasselbe. Auf die naheliegende Lösung, nämlich die Frauenquote im Cockpit zu erhöhen, komme jedoch niemand. Der Grund dafür sei wohl der gleiche blinde Fleck, der aus den Schülerinnen Schüler und aus Lehrerinnen Lehrer gemacht habe. Zahlreiche Beschwerdeführer aus dem Leserkreis wenden sich gegen mehrere Passagen des Kommentars. Die Aussage, die Opfer des Germanwings-Unglücks seien überwiegend Frauen, sei nicht belegt. Dies werde aber durch die Hervorhebung der weiblichen Opfer suggeriert. Andere kritisieren, der Text sei eine sexistische und pauschale Diffamierung von Männern als Amokläufer. Weitere Beschwerdeführer kritisieren, männliche Piloten würden aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert, indem die Autorin ihnen unterstelle, potentielle Amokläufer zu sein. Ein Leser hält es für einen Verstoß gegen die Menschenwürde, dass ein solches Unglück für Thesen wie „Amoktrips sind Männersache“ instrumentalisiert werde. Eine andere in Beschwerdeform gefasste Meinung: Durch die Instrumentalisierung des Unglücks für feministische Zwecke würden die Angehörigen erneut zu Opfern gemacht. Die Redaktion erklärt, dass es sich im vorliegenden Fall um den Nachdruck eines Textes aus einem Blog handele. Darüber hinaus verweist sie lediglich auf einen Text in der folgenden Ausgabe. Darin heißt es, die Redaktion sei nur der Überbringer der schlechten Nachricht, dass es männerspezifische Gewalt gebe. Die Selbstmordrate bei Männern sei viermal so hoch wie bei Frauen. Daraus habe die Autorin den Schluss gezogen, dass mehr Pilotinnen im Cockpit mehr Sicherheit bedeuten würden. Die Stellungnahme schließt mit dem Hinweis, dass Männer eher dazu neigten, „andere mitzunehmen“, wenn sie sich das Leben nähmen.

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Germanwings: 140 Beschwerden beim Presserat

Im März 2015 fliegt ein Co-Pilot der Fluglinie Germanwings absichtlich 149 Menschen in den Tod. Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online mehrfach an mehreren Tagen über die Katastrophe. Etwa 140 Beschwerdeführer wenden sich mit Kritik an der Berichterstattung an den Presserat. Vor allem monieren sie die Veröffentlichung von unverfremdeten Fotos des Co-Piloten und die Nennung seines vollständigen Namens. Einige Beispiele: Da ist die Bezeichnung „Amok-Pilot“. Die Rede ist von Andreas L., doch zeigt die Zeitung ein unverfremdetes Bild des Mannes. Sie veröffentlicht ein Bild des Elternhauses von Andreas L. in Montabaur. Tags darauf wird der volle Name Andreas Lubitz (27) genannt. Im Text ist von dem „Massenmörder“ Lubitz die Rede. Das Interview mit einem Psychotherapeuten ist illustriert mit einem Foto von Lubitz ohne Verfremdung. “In unseren schlimmsten Albträumen hätten wir uns das nicht vorstellen können“ – dieses Zitat stammt aus einer Pressekonferenz der Lufthansa. Auch hier wird der volle Name genannt. In einem weiteren Bericht ist unter voller Namensnennung davon die Rede, der Co-Pilot habe seinen grausam Plan in die Tat umgesetzt. Dann berichtet die Zeitung über die polizeiliche Durchsuchung des Elternhauses des Piloten im Westerwald-Städtchen Montabaur. Weiter berichtet die Zeitung über die gesundheitlichen Probleme von Andreas L. Er sei am Tattag krankgeschrieben gewesen. Auch hier wieder der volle Name und ein unverfremdetes Bild. Die Zeitung fragt den Leiter der Kriminologischen Gesellschaft, ob die Bezeichnung „Massenmord“ im Zusammenhang mit der Germanwings-Katastrophe zutreffend sei. Auch hier wieder der volle Name und ein unverfremdetes Foto des Mannes. Fazit aller Berichte: die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Nennung des vollen Namens und die Veröffentlichung identifizierbarer Fotos. Ein großer Teil der Kritiker beanstandet, dass Andreas L. als Täter dargestellt wird, obwohl seine Schuld noch nicht mit letzter Klarheit festgestellt ist. Andere befürchten, durch die identifizierbare Darstellung der Eltern des Co-Piloten könnten diese Racheakten wütender Menschen ausgesetzt sein. Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht vom schwersten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wegen des bislang unbekannten Ausmaßes der Tragödie sei der Fall von größtem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Die Presse habe dabei eine vollumfassende Informations- und Chronistenpflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Die Identifizierbarkeit des mutmaßlichen Täters verstoße nicht gegen den Pressekodex. Begründung: Das Interesse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall entgegenstehende Interessen des Co-Piloten deutlich. Die Staatsanwaltschaft Marseille habe den vollen Namen des Co-Piloten öffentlich gemacht und ihm die alleinige Schuld am Absturz gegeben. Diese Einschätzung hätten die Medien wiedergeben können und müssen.

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Öffentliches Informationsinteresse überwiegt

Wiederholt berichtet die Online-Ausgabe einer Illustrierten über den Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 in den französischen Alpen. Der Name des Co-Piloten, der absichtlich die Maschine zum Absturz brachte und dabei 149 Menschen mit in den Tod riss, wird vollständig genannt. Fotos zeigen den Mann unverfremdet. Außerdem werden persönliche Daten genannt. Beispiel 1: Der Nachname wird abgekürzt; ein Foto des Co-Piloten wird unverfremdet gezeigt. Beispiel 2: Ein weiterer Artikel enthält kein Foto des Mannes. Sein Name wird abgekürzt. Im Beitrag wird sein Herkunftsort genannt und der Flugsportverein, in dem er Mitglied ist. Beispiel 3: Die Illustrierte nennt den vollständigen Namen des Co-Piloten. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Veröffentlichungen. Ihnen geht es um den Abdruck des Fotos des Co-Piloten, durch das er eindeutig identifizierbar wird. Die Namensnennung kritisieren mehrere Leser des Magazins, weil das Geschehen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht klar und die Schuldfrage damit nicht geklärt war. Ein anderer Beschwerdeführer kritisiert die Namensnennung, weil es sich um eine Selbsttötung gehandelt und es Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit gegeben habe. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitschrift kann es als gesichert angesehen werden, dass der Co-Pilot die Maschine absichtlich habe abstürzen lassen. Andreas Lubitz, dessen Namen die Staatsanwaltschaft Marseille genannt und sogar buchstabiert habe, habe die Maschine nach Mitteilung der Behörde wissentlich abstürzen lassen. Lubitz sei durch die Tragödie zu einer Person der Zeitgeschichte geworden. Infolgedessen überwiege das öffentliche Interesse seine Persönlichkeitsrechte und diejenigen seiner Angehörigen. Eine Vorverurteilung – so die Rechtsabteilung weiter – liege nicht vor. Es gebe keinen Zweifel, das Andreas Lubitz kein Opfer des Absturzes gewesen sei, sondern ihn bewusst herbeigeführt habe. Im Hinblick auf den Schutz der Angehörigen verweist die Rechtsvertretung auf die Tatsache, dass die Zeitschrift weder die genaue Adresse des elterlichen Wohnhauses genannt noch dieses erkennbar im Bild gezeigt habe. Die Nennung des Wohnortes Montabaur sei deshalb wichtig, weil Lubitz in dem dort ansässigen Luftsportclub seine Segelfluglizenz erworben habe. Es liege im öffentlichen Interesse zu erfahren, um wen genau es sich bei dem Co-Piloten handele.

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Opfer-Angehörige unverpixelt gezeigt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht mehrere Artikel zum Absturz der Germanwings-Maschine beim Flug 4U9525. In den darin enthaltenen Bilderstrecken werden die Angehörigen der Opfer unverpixelt gezeigt. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Zeitung wegen dieser Verfahrensweise. Sie sehen Verstöße gegen mehrere presseethische Grundsätze: Schutz der Persönlichkeit, Opferschutz (Richtlinie 8.4) und Berichterstattung über Unglücke und Katastrophen (Richtlinie 11.3). Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von der Germanwings-Katastrophe als einem Ereignis von größtem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Die Zeitung reklamiert dabei für die Presse und damit auch für sich eine „vollumfassende Informations- und Chronistenpflicht gegenüber der Öffentlichkeit.“ In der Redaktion habe es eine intensive Diskussion über die Art der Bilder-Präsentation gegeben. Ergebnis: Die Fotos seien aus dem Netz genommen worden. Sie seien exakt 53 Minuten lang online gewesen. Der durch die Fotos ausgelöste redaktionsinterne Prozess sei auch und besonders unter presseethischen Gesichtspunkten wichtig. Eine Sanktion des Presserats würde diese kritische Kultur grundlegend in Frage stellen.

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Berichterstattung ausnahmsweise zulässig

„Wer war Kopilot Andreas Lubitz?“ fragt die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung in der Überschrift zu einem Artikel über den Mann, der im März 2015 eine Germanwings-Maschine beim Flug 4U9525 mit voller Absicht hat abstürzen lassen. Der Co-Pilot wird mit vollem Namen und einem unverfremdeten Foto dargestellt. Es folgen in den nächsten Tagen Artikel über die Tragödie und den Co-Piloten – immer mit vollem Namen und unverfremdeten Fotos. Mehrere Beschwerdeführer vertreten die Meinung, dass an der Identität des Co-Piloten kein öffentliches Interesse bestehe. Auch weil der Verdacht auf verminderte Schuldfähigkeit aufgrund psychischer Probleme vorliege, müsse auf eine identifizierende Berichterstattung verzichtet werden. Einige Beschwerdeführer kritisieren auch, dass die Zeitung über einen möglichen Suizid identifizierend berichte. Die Rechtsvertretung der Zeitung zieht Richtlinie 8,1, Absatz 2, des Pressekodex heran. In diesem Fall überwiege das öffentliche Interesse die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen. Nach der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Marseille habe kein vernünftiger Zweifel mehr daran bestehen können, dass Andreas Lubitz den Absturz absichtlich herbeigeführt habe. Hinsichtlich der Unschuldsvermutung sei zu beachten – so die Rechtsvertretung weiter – dass es den formellen Abschluss eines Ermittlungsverfahrens nicht geben könne, da gegen einen Toten keine Ermittlungen durchgeführt werden könnten. Die Auswertung des Flugschreibers habe jedoch letzte Zweifel an der Täterschaft von Lubitz beseitigt.

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Auch der Autor ist Beschwerdeführer

„Er war glücklich über den Job bei Germanwings“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Wochenzeitung über den Co-Piloten der abgestürzten Maschine, die mit 150 Menschen an Bord in den französischen Alpen an einem Berg zerschellte. In dem Artikel werden persönliche Daten des Co-Piloten genannt, darunter sein Name, sein Alter, sein Herkunftsort und der Name seiner Schule. Mehrere Beschwerdeführer aus dem Leserkreis der Zeitung sehen in der Namensnennung einen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz des Piloten. Andere bemängeln die identifizierende Berichterstattung, weil zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die Schuld des Mannes noch nicht zweifelsfrei festgestanden habe. Ein Leser kritisiert die detaillierte Berichterstattung insofern, als durch die Details auch die Eltern des Co-Piloten identifizierbar würden und dadurch deren Persönlichkeitsschutz verletzt werde. Ein Beschwerdeführer sieht durch die Namensnennung lediglich Sensationsinteressen bedient. Die Bekanntgabe der Identität trage nicht zur Aufklärung des Falles bei. Auch der Autor des umstrittenen Beitrages tritt in diesem Fall als Beschwerdeführer auf. Er will vom Presserat wissen, ob es zulässig war, über den Co-Piloten identifizierend zu berichten. Nach Auffassung des Anwalts der Zeitung steht weitgehend fest, dass das Flugzeug vom Co-Piloten absichtlich zum Absturz gebracht worden sei. Aus Sicht der Redaktion sei der Co-Pilot durch seine Tat zur Person der Zeitgeschichte geworden. Sein Name sei publiziert worden, nachdem die Staatsanwaltschaft Marseille ihn bekanntgegeben und weltweit die Medien ihn verbreitet hätten. Auch sei die identifizierende Berichterstattung erforderlich, um eine Zuordnung dieses besonderen Ereignisses zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall sei auch von erheblicher Bedeutung, dass der Beruf des Piloten allgemein mit einem besonderen Vertrauensvorschuss verbunden sei. Bei der Abwägung, ob ein Name genannt werden dürfe, sei eine verantwortungsbewusste Diskussion innerhalb der Redaktion erforderlich. Erschließe sich diese dann aufgrund nachvollziehbarer Argumente dazu, über die Person identifizierbar zu berichten, könne kein Verstoß gegen presseethische Grundsätze vorliegen.

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Opfer-Angehörige unverfremdet gezeigt

„Wir bringen es auf eine traurige Liste“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung über den Absturz der Germanwings-Maschine beim Flug 4U9525. In der App für Smartphones findet sich dazu ein Foto, das trauernde Angehörige der Opfer des Flugzeugabsturzes unverfremdet zeigt. Ein Nutzer der App vermutet einen Verstoß gegen Richtlinie 8.4 des Pressekodex. Die Chefredaktion der Zeitung gibt dem Beschwerdeführer Recht. Das Foto hätte so nicht veröffentlicht werden dürfen. Es sei auch nicht Praxis der Redaktion, Fotos von Angehörigen von Katastrophenopfern zu veröffentlichen. Nachforschungen hätten ergeben, dass ein technischer Defekt bei der Ausspielung in die Smartphone-App passiert sein muss. Mittlerweile sei der Fehler behoben.

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Ausdrücklich auf den Pressekodex berufen

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht mehrere Artikel über die Germanwings-Katastrophe, bei der im März 2015 149 Menschen vom Co-Piloten absichtlich in den Tod geflogen worden waren. Der volle Name des Co-Piloten wird genannt, darüber hinaus sein Alter, sein Wohnort und Informationen über seine mögliche Krankengeschichte. Bei der Namensnennung beruft sich das Magazin ausdrücklich auf den Pressekodex, indem es eine entsprechende Anmerkung am Ende des jeweiligen Textes veröffentlicht. Diverse Beschwerdeführer aus dem Nutzerkreis des Online-Portals sehen in der Namensnennung einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit des Co-Piloten. Ein Beschwerdeführer begründet seine Intervention damit, dass der Fall noch nicht abschließend aufgeklärt sei. Noch sei unklar, ob eine Straftat vorliege. Ein anderer moniert, dass die Eltern des Co-Piloten durch die detaillierte Berichterstattung identifizierbar seien. Wiederum ein anderer Beschwerdeführer hält die Namensnennung im Hinblick auf Richtlinie 8.7 (Berichterstattung über Suizid) für problematisch. Dort ist bei Berichten über Selbsttötungen Zurückhaltung geboten. Nach Meinung der Rechtsabteilung des Verlages steht Richtlinie 8.7 einer identifizierenden Berichterstattung nicht entgegen, sondern gebiete lediglich Zurückhaltung. In diesem Fall gehe es noch nicht einmal um einen reinen Suizid, sondern vor allem um die Tötung von 149 Menschen. Bei dieser Sachlage müsse es möglich sein, über den Todespiloten identifizierend zu berichten. Zu anderen Beschwerden erklärt die Rechtsvertretung des Magazins, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung kein vernünftiger Zweifel mehr an der Schuld des Co-Piloten habe bestehen können. Auch sei zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen, dass der Co-Pilot am Tag der Tragödie krankgeschrieben gewesen sei und er dies seinem Arbeitgeber verschwiegen habe.

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Identität einer Künstlerin leicht herauszubekommen

Eine Leipziger Künstlerin befindet sich unter den Opfern des Germanwings-Absturzes, bei dem im Frühjahr 2015 150 Menschen in den französischen Alpen den Tod fanden. Das berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Sie beruft sich auf die Aussage eines Sprechers der Stadt. Die Redaktion nennt den Vornamen, den abgekürzten Nachnamen und das Alter der Frau. Außerdem wird aus Facebook-Eintragungen zitiert, in denen ihr Tod bedauert wird. Aus Facebook stammt auch das Foto, das dem Text beigestellt ist. Aus Sicht einer Leserin der Zeitung ermöglicht die Nennung des Vornamens und abgekürzten Nachnamens in Verbindung mit Angaben, in welchen Zeiträumen und in welchen Galerien die Künstlerin schon ausgestellt hat, eine schnelle Identifizierung. Das sei ein Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Die Rechtsvertretung der Zeitung stellt fest, bei der Betroffenen handele es sich über eine geschätzte und in der Kunstszene beachtete Künstlerin, deren Tod für Bestürzung und Anteilnahme gesorgt habe. An der örtlichen Kunsthochschule sei eine Gedenkstätte für sie errichtet worden. Zahlreiche andere Medien hätten über sie mit vollem Namen berichtet. Ein Nachruf in deutscher und englischer Sprache sei im Internet veröffentlicht worden. Auch sei kurz nach dem Germanwings-Absturz eine vollständige Namensliste der Opfer abrufbar gewesen.

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Bei 149 Opfern tritt der Suizid in den Hintergrund

Ein Online-Portal berichtet unter der Überschrift „Germanwings-Copilot – vom Opfer zum Täter“ über den Mann, der im März 2015 absichtlich eine Maschine in den französischen Alpen abstürzen ließ und 149 Menschen mit in den Tod riss. Die Redaktion nennt dessen vollen Namen, zeigt ein Foto von ihm und erwähnt seine Heimatstadt, Montabaur im Westerwald. Auch seine Hobbies Segelfliegen und Laufen werden genannt. Ein Nutzer des Portals sieht die Persönlichkeitsrechte des Co-Piloten verletzt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und des damaligen Kenntnisstandes sei es unnötig gewesen, diese Details mitzuteilen. Ein weiterer Nutzer erkennt grundsätzlich eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Co-Piloten. Nach Auffassung des Justiziariats des Verlages, von dem das Online-Portal betrieben wird, habe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestanden, dass Andreas Lubitz das mit insgesamt 150 Menschen besetzte Flugzeug mit voller Ansicht gegen einen Berg geflogen habe. Somit sei er für den Tod von 149 Menschen und sein eigenes Ende voll verantwortlich. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Marseille habe keine Zweifel offen gelassen. Gesicherte Beweismittel und Indizien hätten eine andere Interpretation nicht zugelassen. Die Rechtsvertretung betont das große öffentliche Interesse an diesem Geschehen, das in seiner Grausamkeit beispiellos sei und weltweit für Erschütterung gesorgt habe. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf gehabt zu erfahren, wer der Mann ist, der diese Tat begangen hat. Was die üblicherweise gebotene Zurückhaltung bei Suizid angehe, so trete dieser Aspekt vor dem Hintergrund von 149 Opfern in den Hintergrund. Die Redaktion habe sich bemüht, die Belastungen für die Hinterbliebenen des Co-Piloten so gering wie möglich zu halten. Für die Wahrung der Anonymität des Co-Piloten habe es angesichts der besonderen Schwere der Tat jedoch keinen Anlass gegeben.

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