Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Blick durchs Fenster des Ex-Abgeordneten

„Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Gegen ihn gebe es einen Anfangsverdacht auf Besitz kinderpornographischen Materials. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto, das von einem Mitarbeiter der Redaktion durch ein geöffnetes Fenster der Edathy-Wohnung aufgenommen wurde. Es zeigt einen Wohnraum mit Küchenzeile, ein Bücherregal und zwei Gemälde, auf denen männliche Akte zu sehen sind. Im Hintergrund ist ein Ermittlungsbeamter mit dem Rücken zum Fotografen zu sehen. Übereinstimmende Aussage von drei Lesern der Zeitung, die sich mit einer Beschwerde an den Presserat wenden: Die Veröffentlichung des Fotos von der Privatwohnung des Politikers sei vorverurteilend und voyeuristisch. Es sei auch unzulässig zu behaupten, die Durchsuchung sei wegen des mutmaßlichen Besitzes von kinderpornographischem Material erfolgt. Weder Staatsanwaltschaft noch Polizei hätten sich bislang in diesem Sinne geäußert. Das unautorisierte Fotografieren einer Privatwohnung lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass der Betroffene als Politiker eine Person der Zeitgeschichte sei. Das Eindringen in die Privatsphäre durch das Foto verletze die Menschenwürde Edathys und sei unlauter. Das Interesse der Öffentlichkeit habe gegenüber den Interessen des Betroffenen zurückzustehen. Der Rechtsanwalt der Zeitung stellt fest, dass der ehemalige Bundestagsabgeordnete erkennbar keinen Wert darauf gelegt habe, seine Wohnung als „privat“ erscheinen zu lassen. Klingelschild und Briefkasten trügen die Kennzeichnung „Sebastian Edathy, MdB“. Jeder zufällige Passant könne in die Fenster der ebenerdig gelegenen Wohnung schauen. Da der einstige Politiker auf dem Foto nicht zu sehen sei, scheide eine Persönlichkeitsverletzung aus. Das Privatleben und die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen sei nicht verletzt, wenn im Rahmen einer nicht nur zulässigen, sondern gebotenen Verdachtsberichterstattung ein Foto veröffentlicht werde, das lediglich den Blick in die Wohnung des Betroffenen freigebe, ein Blick, den jeder habe, der auf dem öffentlich zugänglichen Weg vor dem Haus unterwegs sei. Bei der Aufnahme des Bildes seien keine unlauteren Methoden angewendet worden.

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Blick durchs Fenster des Ex-Abgeordneten

„Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Gegen ihn gebe es einen Anfangsverdacht auf Besitz kinderpornographischen Materials. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto, das von einem Mitarbeiter der Redaktion durch ein geöffnetes Fenster der Edathy-Wohnung aufgenommen wurde. Es zeigt einen Wohnraum mit Küchenzeile, ein Bücherregal und zwei Gemälde, auf denen männliche Akte zu sehen sind. Im Hintergrund ist ein Ermittlungsbeamter mit dem Rücken zum Fotografen zu sehen. Übereinstimmende Aussage von drei Lesern der Zeitung, die sich mit einer Beschwerde an den Presserat wenden: Die Veröffentlichung des Fotos von der Privatwohnung des Politikers sei vorverurteilend und voyeuristisch. Es sei auch unzulässig zu behaupten, die Durchsuchung sei wegen des mutmaßlichen Besitzes von kinderpornographischem Material erfolgt. Weder Staatsanwaltschaft noch Polizei hätten sich bislang in diesem Sinne geäußert. Das unautorisierte Fotografieren einer Privatwohnung lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass der Betroffene als Politiker eine Person der Zeitgeschichte sei. Das Eindringen in die Privatsphäre durch das Foto verletze die Menschenwürde Edathys und sei unlauter. Das Interesse der Öffentlichkeit habe gegenüber den Interessen des Betroffenen zurückzustehen. Der Rechtsanwalt der Zeitung stellt fest, dass der ehemalige Bundestagsabgeordnete erkennbar keinen Wert darauf gelegt habe, seine Wohnung als „privat“ erscheinen zu lassen. Klingelschild und Briefkasten trügen die Kennzeichnung „Sebastian Edathy, MdB“. Jeder zufällige Passant könne in die Fenster der ebenerdig gelegenen Wohnung schauen. Da der einstige Politiker auf dem Foto nicht zu sehen sei, scheide eine Persönlichkeitsverletzung aus. Das Privatleben und die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen sei nicht verletzt, wenn im Rahmen einer nicht nur zulässigen, sondern gebotenen Verdachtsberichterstattung ein Foto veröffentlicht werde, das lediglich den Blick in die Wohnung des Betroffenen freigebe, ein Blick, den jeder habe, der auf dem öffentlich zugänglichen Weg vor dem Haus unterwegs sei. Bei der Aufnahme des Bildes seien keine unlauteren Methoden angewendet worden.

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Streit um Modalitäten beim Vorlesen

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels schreibt regelmäßig bundesweit einen Vorlesewettbewerb für Schüler aus. Bei der Regionalentscheidung in einem bayerischen Regierungsbezirk kommt es nach Darstellung der örtlichen Zeitung zu einem Eklat. Der Börsenverein habe das Ergebnis des Bezirksentscheids nach der Beschwerde des Vaters einer teilnehmenden Schülerin annulliert. Die Zeitung nennt Namen und Wohnort des Vaters. Der habe beklagt, dass nicht alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler gleiche Chancen gehabt hätten. Es geht um Details in den Wettbewerbsmodalitäten. Neben dem Bericht veröffentlicht die Zeitung einen Kommentar unter der Überschrift „Falsches Signal“. Darin wird der Mann als „enttäuschter Vater“ beschrieben, der nicht nur der Sache, sondern auch den Kindern schade. Dass der Börsenverein auf den fünfseitigen Beschwerdebrief des Vaters mit der Annullierung des Wettbewerbsergebnisses reagiert habe, bezeichnet der Kommentator als falsches Signal. Der Vater ist in diesem Fall auch der Beschwerdeführer. Er ist der Meinung, dass die Zeitung gegen mehrere Ziffern des Pressekodex verstoßen habe. Der Presserat weist in der Vorprüfung die Beschwerde als unbegründet zurück. Dagegen erhebt der Beschwerdeführer Widerspruch. Diesem gibt der Presserat statt, da nicht auszuschließen ist, dass die Zeitung gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 8 (Persönlichkeitsrechte) verstoßen hat. Die Frage, ob der Beschwerdeführer unter anderem durch seine schriftliche Beschwerde beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels in einer Weise öffentlich hervorgetreten ist, die zur Nennung seines Namens in der Zeitung berechtigt, bedarf der Klärung im Beschwerdeverfahren. Für die Zeitung nimmt ihr Leseranwalt Stellung, der zugleich Mitglied der Chefredaktion ist. Er überreicht außerdem Stellungnahmen von Redaktionsmitgliedern und einem freien Mitarbeiter, die mit dem Fall befasst waren. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass die Zeitung korrekt berichtet habe und auch im Kommentar keine Verfehlungen gegen den Pressekodex festzustellen seien.

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Man trifft sich bei einer guten Suppe

„Guten Tag, liebe Leser“ – unter dieser Rubrik veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Meinungsbeitrag mit dem Titel „Treffpunkt Suppenmacher“. Die Autorin schildert darin ihre eigenen positiven Erfahrungen mit einem Laden, der in einer Stadt des Verbreitungsgebietes besondere Suppen anbietet und offenbar stark frequentiert wird. Ein Leser der Zeitung erkennt in dem Beitrag einen Fall von Schleichwerbung. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass er in der Veröffentlichung keinen Verstoß gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte strikte Trennung von Redaktion und Werbung erkennen könne. Es würden keine Preise genannt. Die Autorin gehe auch nicht auf spezielle Angebote des Suppenmachers ein. Der schalte keine Anzeigen in der Zeitung, so dass von einem geschäftlichen Verhältnis keine Rede sein könne. Wenn dieser Artikel unerlaubte Werbung enthalte, dürfe auch kein Reisejournalist mehr über die vorzügliche Gastronomie auf Rügen oder auch kein Rezensent mehr über einen gelungenen Film schreiben. Die Autorin habe vielmehr das originelle Angebot eines lokalen Gastronomen beobachtet und in einer netten Lokalspitze verarbeitet.

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„Alterserscheinungen wie weggeblasen“

Ein Magazin berichtet über zwei Frauen, die Meeresalgentropfen eingenommen haben, um abzunehmen. Erfolgreich, wie sie der Redaktion berichten. Diese nennt den Namen des Präparats und gibt einen präzisen Hinweis darauf, wie es im Internet gefunden werden bzw. von einer Apotheke identifiziert werden kann. Im Text heißt es: „Nach Einnahme von Meeresalgen-Tropfen sind viele Frauen nicht mehr wiederzuerkennen: Angebliche Alterserscheinungen sind wie weggeblasen, die Figur wird besser, Kälteempfindlichkeit, trockenes, stumpfes Haar verschwinden, das ganze Leben macht wieder mehr Spaß! 60 % der über 30jährigen kann so geholfen werden!“ Ein Professor wird zitiert, nach dessen Auskunft „die Nutzer des Präparats viel weniger essen und die Nahrung schneller verbrennen – ohne Hunger, Diät oder Stress: der optimale Weg zur Schlankfigur!“ Der Text ist illustriert mit dem Foto einer jungen Frau im Bikini, die sich ein Maßband um die Taille hält und deren Haare vom Wind verweht sind. Hinter ihr ist eine blaue Wasserfläche mit sanften Wellen zu sehen. Der Beitrag ist nicht als Anzeige gekennzeichnet. Eine Leserin der Zeitschrift sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex, worin die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten definiert ist. Für den Leser sei nicht erkennbar, ob es sich um einen PR-Artikel oder eine Anzeige handele. Nirgendwo sei der Hinweis „Anzeige“ zu sehen. Auch gebe es keinen Unterschied in der grafischen Gestaltung zu den üblichen redaktionellen Beiträgen. Das Magazin lässt einen Rechtsanwalt Stellung nehmen. Er berichtet, dass der Verlag wegen dieser Veröffentlichung bereits vom „Verband sozialer Wettbewerb“ in Berlin angegriffen worden sei und eine Unterlassungserklärung abgegeben habe. Die Veröffentlichung hätte eigentlich als Anzeige gekennzeichnet werden sollen. Dass dies unterblieb, sei auf ein Versehen in der Druckerei zurückzuführen. Dort sei sichergestellt, dass ein solcher Fehler künftig nicht mehr passieren werde. Verlag und Redaktion bedauerten den Vorfall.

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Gerüchte um Krankheit des Limburger Bischofs

Der Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst ist Thema in der Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung. Unter der Zwischenzeile „Asperger-Syndrom als möglicher Ausweg“ heißt es: „In Rom wird sogar gemunkelt, Tebartz-van Elst sei krank; angeblich hat dessen Bruder Vertrauten gesagt, Franz-Peter leide unter dem Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus. Der Hinweis auf die Krankheit gilt manchen als möglicher Ausweg aus der Krise. Der Papst könnte Tebartz-van Elst für einige Zeit mit Blick auf seine angeschlagene Gesundheit zurückziehen und einen Administrator ´sede plena´ nach Limburg schicken, um den Bischof zu ersetzen, ohne ihm seinen Bischofssitz zu nehmen.“ Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Die Zeitung streue, dass Bischof Tebartz-van Elst an Asperger erkrankt sei. Diese unbegründete und offensichtlich nicht recherchierte Mutmaßung sei eine beabsichtigte Herabsetzung einer missliebigen Person. Dass dafür eine Krankheit als Mittel im Kampf gegen Personen eingesetzt werde, sei unanständig. Die Distanzierung im Artikel genüge nicht. Gerüchte, die man selbst in die Welt setze, könne man nicht entschuldigen, indem man sie als Gerüchte wieder einschränke. Die Geschäftsführung der Zeitung hält die Berichterstattung für zulässig. In dem angegriffenen Artikel werde zwar eine mögliche Erkrankung des Bischofs thematisiert, doch eher unter dem Gesichtspunkt, wie für Bischof, Bistum und Vatikan eine gesichtswahrende Lösung herbeigeführt werden könne. Insofern sei die konkrete Erkrankung als solche weniger von Relevanz als die Tatsache, dass eine – wie auch immer geartete - Krankheit die Möglichkeit biete, im Limburg einen neuen Bischof zu installieren, ohne den alten entfernen oder gar abberufen zu müssen. Die Zeitung habe die dem Bruder des Bischofs zugeschriebene Äußerung lediglich aufgegriffen, um mögliche Ausstiegsszenarien zu beschreiben. Die Geschäftsführung der Zeitung verkenne allerdings nicht, dass die Redaktion hätte deutlicher machen können, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weder der Bischof, der Pressesprecher des Bistums noch der Bruder des Bischofs zu einer Stellungnahme erreichbar gewesen seien. Im Fall des Limburger Bischofs sei zu berücksichtigen, dass dieser ausdrücklich und trotz wiederholter Anfragen erklärt habe, mit der Zeitung nicht mehr zu sprechen. Gleiches gelte für die Pressestelle des Bistums. Die Redaktion habe den Artikel drei Tage nach dessen Erscheinen um eine Stellungnahme des Bruders des Bischofs ergänzt. Aus dem Internet wurde der beanstandete Artikel nach einigen Wochen entfernt.

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In Rom kursieren Gerüchte um den Bischof

Eine überregionale Zeitung berichtet in zwei Artikeln über die Audienz des Bischofs von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, bei Papst Franziskus. In einem der Artikel heißt es: „Die (…Zeitung) berichtete, der Bruder des Bischofs, der Freiburger Psychiatrieprofessor Ludger Tebartz-van Elst, habe Vertrauten gesagt, Franz-Peter Tebartz-van Elst leide unter dem Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus. Das wies dieser am Sonntag in einer Erklärung zurück: „Als Bruder des Bischofs von Limburg und als Arzt kann ich aufgrund meiner Fachkenntnis und meiner Kenntnis der Biografie meines Bruders klar erklären, dass er weder an einem Asperger-Syndrom noch an einer anderen Variante von Autismus leidet.“ Ein Leser der Zeitung sieht mehrere Ziffern des Pressekodex durch die Berichterstattung verletzt. Die Zeitung streue, dass Bischof Tebartz-van Elst an Asperger erkrankt sei. Diese unbegründete, offenbar nicht recherchierte Mutmaßung sei eine beabsichtigte Herabsetzung einer missliebigen Person. Die Verwendung von Krankheiten als Mittel im Kampf gegen Personen sei nicht zulässig. Die Distanzierung im Artikel genüge nicht. Gerüchte, die man selbst in die Welt setze, könne man nicht entschuldigen, indem man sie als Gerüchte wieder einschränke. Die Geschäftsführung der Zeitung räumt ein, dass eine mögliche Erkrankung des Bischofs von Limburg thematisiert worden sei, doch eher unter dem Gesichtspunkt, wie für Bischof, Bistum und Vatikan eine gesichtswahrende Lösung herbeigeführt werden könnte. Insofern sei die konkrete Erkrankung als solche weniger relevant als die Tatsache, dass eine wie auch immer geartete Krankheit die Möglichkeit biete, in Limburg einen neuen Bischof zu installieren, ohne den alten entfernen oder gar abberufen zu müssen. In dem Artikel werde somit die dem Bruder des Bischofs zugeschriebene Äußerung lediglich aufgegriffen, um mögliche Ausstiegsszenarien zu beschreiben. Die Geschäftsführung verkenne nicht, dass die Redaktion hätte deutlicher machen können, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weder der Bischof, noch dessen Bruder oder der Pressesprecher des Bistums für eine Stellungnahme zu erreichen gewesen seien. Der Bischof habe jedoch bereits im Vorfeld der Veröffentlichung klargemacht, dass er mit der Zeitung nicht mehr sprechen werde. Gleiches gelte für die Pressestelle des Bistums. Die Meldung sei später für die Printausgabe der Zeitung ergänzt und um die Stellungnahme des Bruders erweitert worden.

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Ethnische Minderheit diskriminiert

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über ein Kind aus einer Roma-Familie in Irland, das seinen Eltern entzogen wurde. Der Verdacht besteht dem Bericht zufolge, das Kind könnte entführt worden sein. Ein DNA-Test – so die Zeitung weiter – habe ergeben, dass es sich um das leibliche Kind der betreffenden Eltern handele. Gleiches gelte auch für den Fall eines kleinen Jungen, der einer „Ausländer-Familie“ entzogen worden sei. Beide Kinder seien wieder zurück bei ihren Familien. Die Zeitung berichtet auch über den Fall „Maria“ in Griechenland. Hier wurde in einem „Roma-Lager“ ein Kind entdeckt, dessen Identität weiter unklar sei. Die Berichterstattung ist mit einer Fotostrecke illustriert. Die Fotos zeigen die kleine Maria in Griechenland und deren Lebenssituation im Roma-Camp. Der Bildtext zum ersten Foto lautet: „Der Fall der kleinen Maria aus einem griechischen Roma-Camp sorgte weltweit für Aufsehen – jetzt wurde das nächste Mädchen entdeckt.“ Zu einer Dorfansicht schreibt das Blatt: „In diesem Roma-Dorf in Griechenland wurde Maria gefunden, am Dienstag wurde ein Mädchen aus einer Siedlung nahe Dublin gerettet. Wie viele blonde und blauäugige Mädchen leben noch bei Roma-Familien in Europa – und warum?“ Ein Nutzer des Internet-Auftritts kritisiert den Beitrag und sieht in ihm neben einer falschen Berichterstattung die Diskriminierung einer ethnischen Minderheit. Die Zeitung berichte, dass in Irland ein Mädchen und ein Junge ihren Familien vorübergehend entzogen worden seien. Später habe sich herausgestellt, dass die angeblichen auch die tatsächlichen Eltern seien. In den Bildunterschriften werde aber das Gegenteil behauptet und schließlich eine Frage gestellt, die diskriminierend gegenüber den Roma sei („Wie viele blonde und blauäugige Mädchen etc.“) Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung für zulässig. Sie fügt ihrer Stellungnahme die Berichte anderer Zeitungen bei, die sich mit dem Thema befasst hätten. Bereits die Überschrift des kritisierten Artikels „Blondes Mädchen in Irland zurück bei Roma-Familie“ weise den Leser auf das wesentliche Thema der Berichterstattung hin. Ein Verstoß gegen Ziffer 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) liege nicht vor. Die bemängelten Bildunterschriften seien lediglich Ergebnis der Schlussfolgerungen der bestehenden Informationen, gepaart mit kritischem, hinterfragendem Journalismus. Die Zeitung bewerte die Beschreibung als „Roma“ nicht, sondern trage lediglich Fakten der öffentlichen Diskussion über etwaige vermeintliche Kindesentführungen zusammen. Schließlich stellt die Rechtsabteilung der Zeitung fest, dass nach ihrer Ansicht die Bildunterschrift „Wie viele blonde und blauäugige Mädchen leben noch bei Roma-Familien in Europa?“ nicht diskriminierend sei. Sie sei lediglich Ergebnis eines kritischen Journalismus und bezieht sich auf die Berichterstattung.

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Falsch und diskriminierend berichtet

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Blonde Mädchen tauchen bei Roma-Familien in ganz Europa auf“ Die Redaktion berichtet über ein Roma-Mädchen in Irland, das den Eltern weggenommen worden sei. Textpassage: „Auch in Irland hat die Polizei ein blondes Mädchen gefunden, das wohl von einer Roma-Familie entführt wurde. Die vermeintlichen Eltern hatten gefälschte Papiere vorgelegt.“ Der Fall wird in einen Zusammenhang gestellt mit dem Schicksal der kleinen Maria, einem Kind, das in einem griechischen Roma-Camp gefunden wurde. Ein DNA-Test hatte bestätigt, dass es nicht bei den leiblichen Eltern lebte. Ein Nutzer der Online-Ausgabe wirft der Redaktion vor, dass der in den Raum gestellte Verdacht ungerechtfertigt geäußert worden sei. Der kritisierte Beitrag sei nicht sorgfältig recherchiert und überdies diskriminierend. Das Magazin habe damit das rassistische Vorurteil „Zigeuner klauen Kinder“ transportiert. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Fall in Irland eine Entführung zugrunde gelegen habe. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins bittet den Presserat, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Andernfalls könnte die aktuelle Berichterstattung in erheblichem Maße gehemmt werden. Die Redaktion habe von einem Verdacht der irischen Behörden berichtet. Das Thema hätten alle großen Nachrichtenagenturen aufgegriffen. Zur Zeit der Veröffentlichung hätten keine Erkenntnisse vorgelegen, die gegen den Verdacht der Kindesentführung gesprochen hätten. Die bisherige Verdachtslage habe die Redaktion zutreffend geschildert. Recherchefehler seien ihr nicht vorzuwerfen. Unbegründet sei auch der Vorwurf der Diskriminierung. Zweifellos gebe es an der Nachricht, dass der Vorwurf der Entführung gerade gegenüber einer Roma-Familie erhoben worden sei, ein berechtigtes Informationsinteresse. Der Vorgang sei ohne diesen Hintergrund überhaupt nicht zu verstehen, weil dann das verbindende Element zwischen den Fällen in Griechenland und Irland, um die es im Artikel gehe, nicht mitgeteilt werden könne. Der Chefredakteur berichtet, dass die Redaktion über die spätere Widerlegung des Verdachts berichtet habe. Sie habe die Frage gestellt, ob hier „ein Fall von vorschneller Diskriminierung“ vorgelegen habe. Die Berichterstattung sei im Online-Angebot der Zeitschrift nicht mehr enthalten.

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„Der gesprungene Kick ist echt sexy“

Ein Boulevardblatt veröffentlicht gedruckt und online einen Artikel unter der Überschrift „Von der harten Hete zum schwulen Soapie“. Dabei geht es um einen jungen Schauspieler, der in einer TV-Soap einen schwulen Schüler spielt. Eine Mitarbeiterin berichtet von ihrem Treffen mit dem Darsteller. Am Ende des Beitrages heißt es: „Dass der schwule Soapie im echten Leben eine wirklich harte Hete ist, beweist er uns auch gleich am Set: Eric ist nämlich total sportlich, fährt Skateboard, geht ins Fitness-Studio und macht Kickboxen – der gesprungene Kick gegen den Boxsack ist schon echt sexy. Gut für mich, dass er im echten Leben auf Mädels steht…“. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Auf einer speziell auf Jugendliche und junge Erwachsene zugeschnittenen Seite würden negative Vorurteile bestätigt, üble Klischees bedient und soziale Zuschreibungen und Abgrenzungen vorgenommen. Diese dienten dazu, von einer sexuellen Minderheit – männliche Homosexuelle – ein Bild zu zeichnen, das die Angehörigen dieser Gruppe als weich, unsportlich, feminin und generell unmännlich und unattraktiv darstelle. Dem werde das Bild der sogenannten „harten Hete“ als sportlich-attraktives, männliches Ideal vorgeführt. Der Umstand, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit längst widerlegten Rollenbildern konfrontiert würden, mache die Wirkung eines solchen Artikels noch fataler. Der Beschwerdeführer bezeichnet den Beitrag als Lehrstück für subtilen Sexismus und Homophobie in den Medien. Die Rechtsabteilung des Verlages beantwortet die Beschwerde mit einer Stellungnahme des früheren Chefredakteurs der Zeitung. Danach bedauert die Zeitung die kritisierte Berichterstattung ausdrücklich. Interne Kontrollmechanismen hätten in diesem Fall leider versagt. Die Jugendseiten würden in der Regel von jungen Menschen ohne journalistischen Hintergrund konzipiert, geschrieben und schließlich auch umgesetzt. Damit sie authentisch blieben, sollten die Redakteure möglichst wenig eingreifen. Die Schlussabnahme obliege natürlich der Redaktion. Diese sonst selbstverständliche Regel habe diesmal nicht gegriffen. Die missglückte Berichterstattung sei mit den beteiligten Redakteuren und den Mitarbeitern aus der Jugendgruppe eingehend besprochen worden und sei auch ein beherrschendes Thema in der Gesamtkonferenz gewesen. Damit solle - so die Rechtsabteilung abschließend – verhindert werden, dass sich derartige Pannen wiederholen.

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