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Wie hat der Presserat entschieden?

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Entscheidungsjahr
7053 Entscheidungen

Asperger-Autisten nicht diskriminiert

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet über den Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) unter der Überschrift „Asperger-Autismus: Blind für die Emotionen anderer Menschen“. Der Beitrag konzentriert sich auf das Asperger-Syndrom, an dem der Amokläufer gelitten haben soll. Die Aussagen von ehemaligen Mitschülern Adam Lanzas wiesen darauf hin. Die Zeitschrift schreibt über den psychischen Zustand des Täters: „Sollte Adam Lanza tatsächlich an einer Form von Autismus gelitten haben, ist das noch lange keine Erklärung für seine grausamen Taten. Gleichwohl gab es bereits Amokläufer, bei denen auch Asperger-Autismus diagnostiziert worden war.“ Nach Erscheinen des Beitrages korrigiert die Redaktion den Beitrag. Sie fügt hinter den Beispielen für Mörder, die am Asperger-Syndrom litten, einen erläuternden Absatz ein. Darin warnt die Redaktion vor einem trügerischen Schluss: „Es wäre fatal, von diesen Einzelfällen aus einen kausalen Zusammenhang abzuleiten. Das Gegenteil ist der Fall.“ Dann zitiert die Redaktion aus dem Buch eines Jugendpsychiatrie-Professors, der davon ausgeht, dass autistische Menschen eine niedrigere Kriminalitätsrate hätten als nicht-autistische Menschen. Zusätzlich wird am Ende des Beitrages eine Anmerkung veröffentlicht. Darin informiert die Redaktion die Leser über die Ergänzungen im Text. Sie betont, dass eine Gleichsetzung von Menschen mit Autismus und Mördern nicht gemeint sei. Dies sei abwegig. Acht Leser beschweren sich beim Presserat über den Artikel. Der Hauptvorwurf: Ohne wissenschaftliche Grundlage, nur auf Basis eines Gerüchts über Adam Lanza, werde ein Zusammenhang zwischen Asperger-Patienten und der Veranlagung zu Gewalttaten suggeriert. Um dies zu erhärten, habe die Redaktion willkürlich aus der Kriminalgeschichte drei autistische Mörder herausgegriffen. Richtig sei, dass autistische Menschen nicht zu Gewalt neigten. Durch den Beitrag würden schwerbehinderte Menschen mit dem Asperger-Syndrom unnötig negativ dargestellt. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift stellt ihre Sicht der Dinge dar. Die Redaktion habe über sämtliche Gesichtspunkte berichtet, die auch nur ansatzweise in Betracht kommen könnten, solche Taten zu erklären: Übermäßiger Computerspielkonsum, Waffengewöhnung, Misshandlung oder – wie im vorliegenden Fall – auch eine psychische Störung. Schlüssige Antworten gebe es nicht. Unzulässig werde die Berichterstattung dadurch nicht. Und zwar erst recht nicht, wenn die Veröffentlichung über den Amoklauf und die Erwähnung des Asperger-Syndroms zum Anlass eines vertiefenden Beitrages im Gesundheitsressort genommen werde. Zudem werde – so die Rechtsabteilung weiter – über die konkrete Tatkonstellation hinausgehend kein Zusammenhang nach dem Motto „Menschen mit Asperger-Syndrom sind Amokläufer“ hergestellt. Die Zeitschrift verweist abschließend auf die grundsätzliche – eigentlich nicht erforderliche – Klarstellung im Artikel.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Haken signalisierte Abdruck-Wunsch

Unter der Überschrift „Nahverkehr geht an den Bedürfnissen vorbei“ veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief, der mit dem Namen des Einsenders unterzeichnet ist. Auch der Stadtteil, in dem der Verfasser des Leserbriefes wohnt, wird genannt. Der Mann kritisiert die Nennung seines Namens. Er habe den Brief über ein Kontaktformular der Zeitung im Internet abgesandt und am Ende seiner Anmerkungen um anonyme Veröffentlichung gebeten. Im Übrigen sei seine Einsendung sinnentstellend wiedergegeben worden. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion grundsätzlich keine anonymen Leserbriefe veröffentliche. Sie habe sich jedoch bei dem Einsender entschuldigt, dass seine Zuschrift mit Namensnennung veröffentlicht worden sei. Zwar habe er in der Internetmaske mit einem Klick in das entsprechende Feld einer Veröffentlichung zugestimmt. Im Brief habe sich jedoch der Hinweis mit dem Wunsch nach anonymem Abdruck befunden. Diesen Hinweis habe der bearbeitende Redakteur offensichtlich übersehen. Selbstverständlich habe der Brief – so der Chefredakteur – nicht mit Namensnennung erscheinen dürfen. Die Redaktion habe Vorkehrungen getroffen, solche Vorfälle in Zukunft auszuschließen. Alle Redakteure seien nochmals darauf hingewiesen worden, besonders auf Vermerke zu achten, die gegen eine Veröffentlichung sprechen.

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Ärztin wird von einer Zeitung falsch zitiert

Eine Lokalzeitung berichtet über eine drohende Grippewelle und zitiert Aussagen einer Ärztin des Gesundheitsamtes. Sie empfiehlt eine Grippeschutzimpfung. Zitat aus dem Bericht: „Aber auch ohne Impfungen könne man sich vor den Grippeviren schützen. Zum Beispiel mit pflanzlichen Arzneimitteln aus Rotem Sonnenhut (Echinacea purpurea). Außerdem helfe Vitamin D – zehn Minuten am Tag in die Sonne, das kurble die Vitamin-Produktion an.“ Die Zeitung zitiert die Ärztin indirekt weiter. Danach tue man sich auch Gutes mit Hühnersuppe, dem sogenannten „jüdischen Penicillin“. Beschwerdeführerin ist die zitierte Ärztin. Der Beitrag erwecke den Eindruck, als habe sie die Behandlung mit Echinacea empfohlen. Das sei nicht der Fall, da sie allergische Reaktionen auf die Pflanze beobachtet habe und ein Wirknachweis nicht erbracht sei. Der Begriff „jüdisches Penicillin“ sei ihr völlig unbekannt. Die beiden beanstandeten Textpassagen hätten nichts mit ihren Angaben zu tun, erweckten aber diesen Anschein. Die Ärztin vermutet einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Sie bitte den Presserat, die Beschwerde auch unter dem Aspekt der Verantwortung bei medizinischer Berichterstattung zu prüfen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Vorgang sei nicht zu beschönigen. Die von der Beschwerdeführerin kritisierten Textpassagen im Bericht eines freien Mitarbeiters stammten in der Tat nicht von ihr, sondern von jemand anderem. Dies habe der bearbeitende Redakteur im Nachhinein jedoch nicht erkennen können. Die Redaktion und der nebenberufliche Mitarbeiter bedauerten den Vorgang sehr. Die Redaktion habe beschlossen, sich mit der Ärztin mit dem Ziel in Verbindung zu setzen, die Geschichte im Blatt richtig zu stellen.

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„Klaus Dracula“ sitzt im Thailand-Knast

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online unter der Überschrift „Jetzt sitzt dieser Rentner (52) im Knast!“ über einen Mann, der unter dem Vorwurf der Entführung und Vergewaltigung Minderjähriger von der thailändischen Touristenpolizei festgenommen worden sei. Der Betroffene wird als „Klaus H. aus (…)“, Spitzname „Klaus Dracula“, bezeichnet. Die thailändische Polizei habe den Mann in der Stadt Chiang Mai im Norden des Landes festgenommen. Sie gehe davon aus, dass der Deutsche kleine Jungen entführt und vergewaltigt habe. Thailändische Medien berichteten von mindestens zwanzig Fällen. Ein Beamter der örtlichen Polizei wird mit diesen Worten zitiert: „Wir haben sein Haus durchsucht, Computer beschlagnahmt und ihn mit zwei Jungen festgenommen, die noch keine 15 Jahre alt waren.“ Ein Nachbar habe mitgeteilt, dass der Betroffene Mitbesitzer einer Bordellbar sei. Die Boulevardzeitung berichtet, dass man im Internet Informationen über den Mann finden könne. Er habe mehrere Websites und Shops unterhalten und unter anderem asiatische Spezialitäten vertrieben. Er stamme aus einer alten Kaufmannsfamilie, die hundert Jahre lang am Ort ein Modehaus betrieben habe. Der Betroffene habe aber lieber in Berlin in einer Punkband gespielt. Die Zeitung druckt ein Foto von der Festnahme in Thailand. Das Gesicht des Mannes ist gepixelt. Beschwerdeführer ist, vertreten durch seinen Anwalt, der Betroffene selbst. Er beklagt eine Vorverurteilung bei identifizierender Berichterstattung und bezieht sich dabei vor allem auf die Überschriften der drei Beiträge. Hinreichende Relativierungen und Klarstellungen eines tatsächlich ungeprüften und unzutreffenden Verdachts fänden sich in den Artikeln nicht. Die Rechtsvertretung de Zeitung teilt mit, dass die Staatsanwaltschaft in einem vom Beschwerdeführer angestrengten Ermittlungsverfahren gegen drei Redakteure der Zeitung zu dem Schluss gelangt sei, dass der Mandant des Beschwerdeführers zwar identifizierbar sei, jedoch eine zulässige Verdachtsberichterstattung vorliege. Eine Vorverurteilung habe sich die Redaktion nicht zuschulden kommen lassen, da in der Berichterstattung deutlich zum Ausdruck komme, dass der Betroffene Kinder entführt und vergewaltigt „haben soll“.

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Vorzeitig über einen „Mord“ berichtet

„So brutal war der Killer zu seiner Freundin“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie beschäftigt sich mit einem Mann, der Suizid begangen hat. Er sei Gegner von Stuttgart 21 gewesen und bei Protesten einmal mit der Polizei in Konflikt geraten. Die Zeitung bezeichnet ihn als „Killer“ und berichtet, dass die Freundin des Mannes ermordet worden sei. In deren Wohnung habe man viel Blut gefunden. Bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung war die Leiche der Frau jedoch nicht gefunden worden. Im Beitrag werden Fotos der beiden Personen veröffentlicht sowie Vornamen und abgekürzte Vornamen genannt. Eine Leserin der Zeitung ist der Auffassung, dass die beiden Personen identifizierbar seien. Auch habe die Zeitung die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt, da sie von Mord spreche, obwohl noch gar keine Leiche gefunden worden sei. Die Beschwerdeführerin kritisiert eine Vorverurteilung, da ein Verdächtiger als Täter dargestellt werde. Schließlich sieht sie eine Verunglimpfung von Stuttgart-21-Gegnern, da zu diesen ein unsachgemäßer Bezug hergestellt werde. Diesen Vorwurf weist die Rechtsabteilung der Zeitung zurück. Der Verdächtige sei unstreitig unter anderem im Zusammenhang mit Stuttgart 21 bei Demonstrationen öffentlich und gewalttätig in Erscheinung getreten. Die Geschichte um den Mord an seiner Freundin sei deshalb so aufwühlend, weil die Tat von einem Umweltaktivisten und Esoteriker an einem Opfer verübt worden sei, das sich in den gleichen Kreisen bewegt habe. Der Betroffene habe gegen Stuttgart 21 gekämpft und gemeinsam mit dem Opfer ein Meditationszentrum betrieben. Gleichzeitig sei er vermehrt gewalttätig geworden und habe dann sogar einen Mord verübt. Die Zeitung stelle diese beiden widersprüchlichen Persönlichkeiten des Betroffenen dar. Für eine Interpretation, dass es sich bei der Stuttgart-21-Bewegung um eine gewalttätige Gruppierung handele, ließen die Veröffentlichungen keinen Raum. Die Berichterstattung sei auch nicht vorverurteilend. Die Polizei sei bereits vor dem Erscheinen des ersten Berichtes aufgrund der gefundenen Blutmenge und dem Spurenbild am Tatort davon überzeugt gewesen, dass die Frau tot sei und ihr Freund sie getötet habe. Persönlichkeitsrechte seien – so die Rechtsabteilung – ebenfalls nicht verletzt worden. Die Veröffentlichung der abgekürzten Namen und der Fotos sei nicht zu beanstanden. Nach der Frau sei öffentlich gefahndet worden. Das wäre auch im Fall des Mannes geschehen, doch sei dessen Leiche tags darauf gefunden worden. Die Zeitung habe über einen Fall schwerster Kriminalität berichtet. Dieser berühre die Öffentlichkeit besonders. Aus diesem Grund habe die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen zugunsten der Presse ausfallen müssen.

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Fotos der beiden Toten veröffentlicht

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen drei Beiträge unter den Überschriften „S21-Aktivist tötet seine Freundin“, „Friedensaktivist bringt seine Freundin um“ sowie „So brutal war der Killer zu seiner Freundin“. Es heißt, dass der Mann – Gegner von Stuttgart 21 und bei Protesten einmal mit der Polizei in Konflikt geraten – seine Freundin umgebracht habe. Dies vermute die Polizei, da in der Wohnung des Opfers viel Blut gefunden worden sei. Die Leiche der Frau war jedoch zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht gefunden worden. Die Zeitung nennt Vornamen und abgekürzte Nachnamen und druckt Bilder der beiden jungen Leute ab. Ein Nutzer des Internetauftritts der Zeitung kritisiert in seiner Beschwerde die Identifizierbarkeit der beiden Personen. Das Blatt habe auch gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht verstoßen, indem sie von Mord spreche, obwohl die Leiche des mutmaßlichen Opfers noch gar nicht gefunden worden sei. Der Verdächtige werde als Täter dargestellt, für den Beschwerdeführer ein Fall von Vorverurteilung. Schließlich verunglimpfe die Zeitung pauschal die Stuttgart-21-Gegner, da sie zu diesen einen unsachgemäßen Bezug herstelle. Dieses Argument ist aus Sicht der Rechtsabteilung der Zeitung abwegig. Der verdächtige Mann sei zweifelsfrei im Zusammenhang mit Stuttgart-21-Demonstrationen öffentlich und gewalttätig in Erscheinung getreten. Die Geschichte um den Mord an seiner Freundin sei deshalb so aufwühlend, weil sie von einem Umweltaktivisten und Esoteriker begangen worden sei und sich sein Opfer in den gleichen Kreisen bewegt habe. Die Veröffentlichung der Fotos sei nicht zu beanstanden. Nach der Frau sei öffentlich gefahndet worden. Das gleiche hätte auch im Fall des Mannes geschehen sollen, doch sei dieser tot aufgefunden worden. Den Vorwurf der Vorverurteilung weist die Zeitung ebenfalls zurück. Die Polizei sei bereits vor der ersten Veröffentlichung aufgrund des Spurenbildes am Tatort davon überzeugt gewesen, dass die Frau tot sei und der Freund sie getötet habe. Es habe sich um einen Fall schwerster Kriminalität gehandelt, der die Öffentlichkeit besonders berührt habe. Aus diesem Grund habe die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen zugunsten der Presse ausfallen müssen.

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Zwei Päpste als „alte Säcke“ tituliert

Eine überregionale Tageszeitung druckt einen Kommentar unter der Überschrift „Junta-Kumpel löst Hitlerjunge ab“. Es geht um die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Papst Franziskus. Der neue Papst sei „ein reaktionärer alter Sack wie sein Vorgänger“. Passage aus dem Kommentar: „Alter Sack I. folgte Alter Sack II., Alter Sack II. aber folgte Alter Sack III., in einem fort, jahrein, jahraus. Ob dieser oder jene alte Sack nun eine Schwäche für die Schwachen (´katholische Soziallehre´) hatte oder sich lieber mit esoterischem Klimbim (´katholische Dogmatik´) beschäftigte, ist in etwa so relevant wie die Frage, ob er nebenher Briefmarken sammelte oder lieber doch Schmetterlinge.“ Im weiteren Verlauf des Textes schreibt der Autor, dass die katholische Kirche ein Recht auf ihre „alten Säcke“ und „schrulligen Rituale und lustigen Kostüme“ habe. Etwa zwanzig Leser und Institutionen wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie sehen mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Hier eine Zusammenfassung der häufigsten Vorwürfe: Das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, und seine Vorgänger würden als „reaktionäre alte Säcke“ beleidigt. Diese Formulierung sei ehrenrührig und verstoße gegen die Menschenwürde. Es handele sich um ein eindeutig beleidigendes Schimpfwort. Die Bezeichnung „reaktionär“ sei zudem eine ehrabschneidende Unterstellung. Der Text sei eine bewusste Herabsetzung einer religiösen Gemeinschaft und des Papsttums, ohne dass ein inhaltlicher oder aktueller politischer Zusammenhang bestehe. Die Formulierungen im Kommentar verletzten die religiösen Gefühle gläubiger Katholiken, ihre Glaubensgrundsätze und Werte. Die Formulierung „esoterischer Klimbim“ für die katholische Dogmatik sei eine Schmähung des Glaubens. Der Justiziar des Verlages nimmt zu den Beschwerden Stellung. Was die Bezeichnung des Papstes als „Junta-Kumpel“ angehe, habe die damalige Nachrichtenlage eine Nähe des damaligen Kardinals Bergoglio zur argentinischen Militärdiktatur vermuten lassen. Bis heute seien diese Vorwürfe nicht abschließend ausgeräumt, so dass der Redaktion keine Missachtung der Sorgfaltspflicht vorzuwerfen sei. Der Autor des Kommentars habe in gleichlautenden Briefen an etwa hundert Leser auf ein nach seiner Meinung bestehendes Missverständnis hingewiesen: Der Text sei ein Kommentar und auch als solcher ausgewiesen. Es sei ihm als Autor in der Sache nicht darum gegangen, Verachtung für die Katholiken und ihre Kirche zum Ausdruck zu bringen. Ziel sei vielmehr Respekt und Toleranz gewesen. Als Mittel hierzu habe der bewusst despektierliche Einstieg in den Text gedient. Er habe damit deutlich machen wollen, dass er von einem außerkirchlichen und atheistischen Standunkt aus für das Recht der katholischen Kirche eintrete, nichts anderes zu sein als die katholische Kirche. Zum anderen habe er – der Autor – mit dieser Einstiegspassage folgende These einem Praxistest unterziehen wollen: Die katholische Kirche habe es nach harten, oft blutigen Auseinandersetzungen akzeptiert, dass sie Kritik, Hohn und Spott ertragen müsse, sie also mit der modernen Gesellschaft besser zurechtkomme als manch andere religiöse Institution. Jeder Autor müsse so formulieren, dass ihn die Leser verstünden, so der Kommentator weiter in seinem Brief an kritische Leser. Ein Autor, der sich von allen missverstanden fühle, habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst etwas falsch gemacht.

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