Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
„Studenten schleppen kübelweise Nutella aus Mensa“ überschreibt die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung ihren Bericht über die Einführung des Brotaufstrichs Nutella in der Mensa der New Yorker Columbia-Universität und seinen massenhaften Verbrauch durch die Studenten. Im Bericht wird der Produktname „Nutella“ fünfmal genannt. Ein Foto zeigt großformatige Nutella-Gläser mit deutlich lesbarem Schriftzug. Ein weiterer Bericht erscheint unter der Überschrift „2000 gestohlene Nutella-Gläser entdeckt.“ Dabei geht es um das Auffinden von Diebesgut durch die Polizei in Hessen, die Schokocreme im Wert von rund 15.000 Euro sichergestellt habe. Auch dieser Beitrag ist mit einem Foto von Nutella-Gläsern illustriert. Ein Leser der Zeitung tritt als Beschwerdeführer auf, weil er in den Veröffentlichungen Fälle von Schleichwerbung sieht. Nach seiner Meinung handelt die Zeitung systematisch im Sinne des Herstellers von Nutella. Es falle auf, wie häufig die Zeitung im redaktionellen Teil werbliche Interessen bediene. Ein einmaliger Fehler der Redaktion sei somit auszuschließen. Die Sache habe System. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung stellt fest, der Beschwerdeführer unterstelle der Redaktion, für die Berichterstattung bezahlt worden zu sein bzw. dass die Veröffentlichung aufgrund eines direkten Kontaktes zum Herstellerunternehmen von Nutella zustande gekommen sei. Diese Vermutungen seien absurd und würden zudem im Text widerlegt. Im Übrigen handele es sich nicht um einen Bericht der Redaktion, sondern um einen Agenturtext, was am angegebenen Kürzel leicht zu erkennen sei. Die erste Meldung beziehe sich auf einen Text aus der renommierten „New York Times“, was ebenfalls im Beitrag erwähnt werde. In beiden Fällen handele es sich um zuverlässige Quellen, bei denen man die Einflussnahme durch ein Unternehmen ausschließen könne. Im Artikel den Markennamen Nutella durch einen neutralen Begriff wie Schokocreme zu ersetzen, wäre nicht nur lächerlich, sondern auch absurd und eine Verfälschung der Berichterstattung gewesen. Es sei davon auszugehen, dass das Verhalten der Studenten gerade darauf zurückzuführen gewesen sei, dass es sich um das Markenprodukt Nutella handelte und eben nicht um eine beliebige andere Schokoladencreme.
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Der für jagdliche Angelegenheiten zuständige Minister eines Bundeslandes besucht die Mitgliederversammlung einer Jägerschaft. Die örtliche Zeitung berichtet online über die Veranstaltung. Der Autor des Beitrages gibt jagdfreundliche Äußerungen des Ministers wieder. Der Journalist firmiert auf der Homepage der Jägerschaft als deren „Obmann für Öffentlichkeitsarbeit“. Seine E-Mail-Adresse bei der Zeitung ist dort ebenfalls angegeben. Auf der Homepage der Zeitung wird der Journalist als „Politikredakteur/Experte für Sicherheitspolitik“ geführt. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Sie können sich die jägerfreundlichen Äußerungen des Ministers nicht erklären und fordern ihn öffentlich auf, dazu Stellung zu nehmen. Dies hat der Minister getan und sich dabei von den kritisierten Zitaten distanziert. Die Beschwerdeführer legen ein entsprechendes Schreiben vor. Eine Verletzung der Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten) sehen die Beschwerdeführer darin, dass der Verfasser des Beitrags neben seiner Funktion als Redakteur des Ressorts Politik bei der Zeitung zugleich als Obmann für Öffentlichkeitsarbeit der Jägerschaft fungiert. Dies hätte den Lesern transparent gemacht werden müssen. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet in seiner Stellungnahme, die „Jägerfreundlichkeit“ des Ministers sei auch in anderen Medien Thema gewesen. Er sehe demnach keinen Grund, am Wahrheitsgehalt des kritisierten Berichts zu zweifeln. Aus der Tatsache, dass der Autor über eine Veranstaltung der Jägerschaft berichtet habe, obwohl er nebenberuflich als deren Obmann für Öffentlichkeitsarbeit fungiere, habe die Redaktion den Schluss gezogen, künftige Veranstaltungen der Jäger mit einem anderen Kollegen zu besetzen.
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Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Mann, der mehrere Jungen missbraucht haben soll. Der Sozialpädagoge habe sich über 16 Jahre lang in mindestens zwanzig Fälle an Kindern vergriffen, die ihm als Betreuer einer Jugendfreizeit in den Alpen anvertraut gewesen seien. Der Bericht ist mit einer Fotostrecke illustriert. Diese enthält zwei Bilder aus dem Fernsehen. Darauf sind der Mann und ein etwa zehn Jahre alter Junge zu sehen. Die Augenpartie des Mannes ist verpixelt. Die Bilder des Jungen, auf denen dieser frontal und im Profil zu sehen ist, sind nicht verfremdet. Ein Leser der Zeitung sieht darin einen Verstoß gegen dessen Persönlichkeitsrechte. Es sei unerheblich, ob das Kind ein Opfer des mutmaßlichen Kinderschänders sei oder nicht. Der Leser müsse diesen Eindruck bekommen. So werde das Kind als Missbrauchsopfer stigmatisiert. Es gehe in diesem Fall um einen massiven Eingriff in die Privatsphäre des Kindes. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, sie habe unter Hinweis auf den Paragrafen 6 der Beschwerdeordnung mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufgenommen, ihm die Umstände des Falles erklärt und für die kurzzeitige ungepixelte Veröffentlichung der Fotos des Jungen um Entschuldigung gebeten. Der Beschwerdeführer habe jedoch auf eine Weiterführung des Beschwerdeverfahrens nicht verzichten wollen. Trotz ihrer Entschuldigung weist die Zeitung den Vorwurf zurück, die Persönlichkeitsrechte des Jungen verletzt zu haben.
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Eine überregionale Zeitung veröffentlicht in ihrer Online-Ausgabe einen Kommentar mit der Überschrift „Alter Sack der Xte“. Es geht dabei um die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Papst. Der neue Pontifex – so der Autor – sei ein „reaktionärer alter Sack wie sein Vorgänger“. Textpassage: „Alter Sack I. folgte Alter Sack II. Alter Sack II. aber folgte Alter Sack III., in einem fort, jahrein, jahraus. Ob dieser oder jener alte Sack nun eine Schwäche für die Schwachen (`katholische Soziallehre`) hatte oder sich lieber mit esoterischem Klimbim (´katholische Dogmatik´) beschäftigte, ist in etwa so relevant wie die Frage, ob er nebenher Briefmarken sammelte oder lieber doch Schmetterlinge.“ Im weiteren Verlauf des Textes schreibt der Autor, dass die katholische Kirche „ein Recht auf ihre alten Säcke“ und „schrulligen Rituale und lustigen Kostüme“ habe. 29 Leser wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Hauptvorwürfe: Das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, und seine Vorgänger würden als „reaktionäre alte Säcke“ beleidigt. Diese Formulierung sei ehrenrührig und verstoße gegen die Menschenwürde: Es handele sich um ein beleidigendes Schimpfwort. Die Bezeichnung „reaktionär“ sei zudem eine ehrabschneidende Unterstellung. Der Text sei eine bewusste Herabsetzung einer religiösen Gemeinschaft und des Papsttums, ohne dass ein inhaltlicher oder aktueller politischer Zusammenhang bestehe. Die Formulierungen verletzten die religiösen Gefühle gläubiger Katholiken, ihre Glaubensgrundsätze und Werte. Die Formulierung „esoterischer Klimbim“ für die katholische Dogmatik sei eine Schmähung des Glaubens. Für die Zeitung nimmt deren Justiziar Stellung. Die Redaktion habe auf einer ganzen Seite Lesermeinungen zu dem Kommentar veröffentlicht. Was die Bezeichnung des neuen Papstes als „Junta-Kumpel“ angehe, habe die damalige Nachrichtenlage eine Nähe zur seinerzeitigen argentinischen Militärdiktatur vermuten lassen. Die Vorwürfe seien bis heute nicht abschließend ausgeräumt, so dass der Redaktion eine Missachtung der Sorgfaltspflicht nicht vorzuwerfen sei. Der Justiziar berichtet ferner, der Autor des Kommentars habe etwa hundert gleichlautende Briefe an Leser geschickt, die sich über den Beitrag beklagt hätten. Darin führt der Autor aus, dass der Kritik ein Missverständnis des Textes zugrunde liege. Dieser sei ein Kommentar und auch als solcher ausgewiesen. Ihm als Autor sei es nicht darum gegangen, Verachtung für die Katholiken und ihre Kirche zum Ausdruck zu bringen. Ziel sei vielmehr Respekt und Toleranz gewesen. Ein Mittel hierzu sei der bewusst despektierliche Einstieg in den Text gewesen. Er habe damit deutlich machen wollen, dass er von einem außerkirchlichen und atheistischen Standpunkt aus für das Recht der katholischen Kirche eintrete, nichts anderes zu sein als die katholische Kirche. Zum anderen habe er mit dieser Einstiegspassage folgende These einem Praxistest unterziehen wollen: Die katholische Kirche habe es nach harten, oft blutigen Auseinandersetzungen akzeptiert, dass sie Kritik, Hohn und Spott ertragen müsse, sie also mit der modernen Gesellschaft besser zurechtkomme als manche andere religiöse Institution.
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Online veröffentlicht eine Satire-Zeitschrift ein Foto unter der Überschrift „Endlich! Bischöfe erlauben Pille danach“. Der Beitrag erscheint in einer Rubrik namens „Elektro-Postkarte“. Auf der digital versendbaren Postkarte ist eine Frau zu sehen, die die Heilige Kommunion empfängt. 14 Leser der Zeitschrift beschweren sich beim Presserat. Hauptvorwurf: Das Blatt habe gegen die Ziffer 10 des Pressekodex verstoßen. Ziffer 10 steht unter dem Oberbegriff „Religion, Weltanschauung, Sitte“ und enthält diesen Satz: „Die Presse verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen“. Der Empfang der Heiligen Kommunion werde in der Postkarte als „Pille danach“ verhöhnt. Die Beschwerdeführer bezeichnen die Kommunion als Zentrum des Glaubens bzw. das Allerheiligste Altarsakrament. Das bedeute nichts Anderes als die Vereinigung mit dem Schöpfer. Verglichen werde dieser Akt mit einer todbringenden Pille. Die Veröffentlichung beleidige daher die Katholiken und verletze ihre religiösen Gefühle. Die Zeitschrift äußert sich nicht zu den Vorwürfen.
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Eine überregionale Zeitung berichtet online über den Prozess gegen einen Frankfurter Taxifahrer, der wegen Körperverletzung vor Gericht steht. Eingeleitet wird der Artikel mit der allgemeinen Feststellung, dass Taxifahren in Frankfurt relativ ungefährlich sei, wenn man sich an die goldene Regel halte, niemals in einen Wagen zu steigen, dessen Fahrer einen Turban trägt. Ein Mitglied der „Taxi Frankfurt eG“ ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Er sieht in der Turban-Aussage eine Diskriminierung. Es habe in den letzten Jahren keine einzige Beschwerde über einen Turban tragenden Taxifahrer gegeben. Nur wenige Fahrer trügen überhaupt einen Turban. Dies seien zumeist Sikhs, die die Kopfbedeckung aus religiösen Gründen trügen. Gerade diese verhielten sich mustergültig, wie man festgestellt habe. Insgesamt habe der ADAC den Taxifahrern in Frankfurt am Main – 75 Prozent davon hätten einen Migrationshintergrund – ein gutes Zeugnis ausgestellt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung um ein Beispiel aus einer regelmäßig erscheinenden und als solcher erkennbaren glossenartigen Kolumne aus der gedruckten Regionalausgabe handele. Dass es sich dabei in weiten Teilen um eine humoristische Überspitzung handele, sei eindeutig zu erkennen. Der Autor stelle in keiner Weise einen direkten oder indirekten Bezug zwischen der im Prozess behandelten Straftat des Taxifahrers und Turban tragenden Taxifahrern her. Vielmehr schildere er zu Beginn nur eine subjektive Erfahrung und berichte anschließend über den Prozess. Beide Veröffentlichungsteile beschäftigten sich mit dem Milieu des Frankfurter Taxigewerbes.
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Das Online-Portal einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Pole schlägt seiner Ex-Freundin den Schädel ein“. Auch im Text wird zweimal erwähnt, dass es sich bei dem Täter um einen Polen handelt. Als Motiv vermutet die Zeitung, dass die Frau die Beziehung zu dem Mann beendet habe. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten) verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, die Redaktion habe die Beschwerde zum Anlass genommen, den Beitrag kritisch zu prüfen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Nennung der Nationalität tatsächlich nicht erforderlich gewesen sei. Der kritisierte Beitrag sei sofort abgeändert worden und nur noch ohne die beanstandete Angabe abrufbar.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über die Bombenanschläge während des Boston-Marathons 2013. Die Überschrift lautet: „Jetzt spricht der tapfere Marathon-Opi (78)“. Im Mittelpunkt des Beitrages steht das persönliche Schicksal von Bill Iffrig, einem 78-jährigen Läufer. Es gibt Bilder von dem Moment, in dem eine der Bomben explodiert und der Mann von der Druckwelle zu Boden gerissen wird. Zum Beitrag gestellt ist eine 21-teilige Fotostrecke, die unter der Überschrift „Explosionen erschüttern Boston-Marathon“ die Auswirkungen des schrecklichen Geschehens dokumentieren. Zu sehen sind chaotische Szenen unmittelbar nach dem Anschlag und die anschließenden Rettungsaktionen. Die Fotostrecke enthält auch Aufnahmen, die zeigen, wie einzelne Opfer im Rollstuhl sitzend oder auf einer Trage liegend abtransportiert werden. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Fotostrecke. Die gezeigten Bilder dokumentierten das Geschehen in aller Deutlichkeit. Die Zeitung nehme keine Rücksicht darauf, dass Bilder von blutverschmierten und verletzten Menschen gezeigt würden. Diese Bilder seien für Kinder und Jugendliche im Internet frei zugänglich. Derart sensationelle Fotos dürften nach seiner – des Beschwerdeführers – Meinung nicht so zur Schau gestellt werden. Die Rechtsabteilung des Verlages spricht vom schwersten Attentat in den USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Es sei gut nachvollziehbar, dass bei einem so sensiblen Thema, welches mit Trauer, Wut und Unverständnis belegt sei, Kritik an der Berichterstattung aufkomme. Die Redaktion habe sich vor der Veröffentlichung gewissenhaft mit der Frage befasst, ob die Bilder presseethisch zu beanstanden seien. Das Geschehen sei von besonderem öffentlichen Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Die Presse habe in einem solchen Fall eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Die Berichterstattung über ein so schreckliches Ereignis bedeute für den Journalisten immer wieder eine Gratwanderung zwischen zurückhaltender, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. Die Redaktion habe sich bewusst dafür entschieden, keine Fotos von schwerverletzten oder mit dem Tod ringenden Menschen zu zeigen.
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Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Der Bomben-Horror von Boston“ über den Anschlag auf den Marathon-Lauf in der amerikanischen Stadt. Schwerpunkt des Textbeitrages sind die Folgen der Explosionen und die Ermittlungsarbeit der Polizei. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke, die unter der Überschrift „Explosionen erschüttern Boston-Marathon“ die Auswirkungen des schrecklichen Geschehens dokumentieren. Auf zwei Bildern ist zu sehen, wie Verletzte in Rollstühlen abtransportiert werden. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen ethischen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Vor allem das Bild, das einen Mann im Rollstuhl und den verstümmelten Rest seines Beines zeigt, sei zu brutal, um es zu veröffentlichen. Für ihn ist die Darstellung unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält es für nachvollziehbar, das bei einem so sensiblen Thema, das mit Trauer, Wut und Unverständnis belegt sei, Kritik an der Beichterstattung aufkomme. Die Redaktion habe sich mit der geplanten Darstellung unter presseethischen Gesichtspunkten verantwortungsbewusst auseinandergesetzt. Das besondere öffentliche Interesse und die herausragende zeitgeschichtliche Bedeutung des Geschehens hätten dann den Ausschlag für die letztlich gewählte Art der Präsentation gegeben. Die Berichterstattung über ein so schreckliches Ereignis bedeute für Journalisten immer wieder eine Gratwanderung zwischen zurückhaltender, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. Die Redaktion habe sich bewusst entschieden, keine Fotos von Schwerverletzten oder mit dem Tod ringenden Menschen zu zeigen. Zu dem konkret kritisierten Foto mit dem schwer verletzten Mann im Rollstuhl teilt die Rechtsvertretung mit, es habe sich um ein bedauerliches Versehen gehandelt, dass es in die Fotostrecke genommen worden sei. Für den verantwortlichen Redakteur sei nicht zu erkennen gewesen, dass das Foto möglicherweise den verstümmelten Rest eines Beines zeige. Auch im Begleittext des Agenturfotos sei davon nicht die Rede gewesen. Als einem Kollegen das verstümmelte Bein des Verletzten aufgefallen sei, habe die Redaktion das Foto aus der Bildstrecke entfernt.
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet über die Neuvergabe der Presseplätze im sogenannten NSU-Prozess. Unter anderem wird berichtet, dass der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München (OLG) der überraschten Öffentlichkeit mitgeteilt habe, dass „im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. 04. 2013 die Durchführung eines neuen Akkreditierungsverfahrens notwendig wird und dies bis zum geplanten Hauptverhandlungsbeginn am 17.04.2013 zeitlich und organisatorisch nicht mehr möglich ist“. Weiter heißt es im Bericht: „Wer die Posse um die Presseplätze bislang aufmerksam verfolgt hat, wird wissen: Diese Begründung ist falsch.“ Das Bundesverfassungsgericht habe zwar angeordnet, dass das Oberlandesgericht München mindestens drei Plätze nun zusätzlich an ausländische Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern vergeben müsse. Es habe aber keinesfalls ein neues Akkreditierungsverfahren verlangt oder auch nur Bedingungen aufgestellt, die ein solches notwendig machten. Vielmehr hätten die Verfassungsrichter dem Vorsitzenden Richter nahegelegt, „ein Zusatzkontingent von nicht weniger als drei Plätzen zu eröffnen, in dem nach dem Prioritätsprinzip oder etwa nach dem Losverfahren Plätze vergeben werden“. Unter der Zwischenüberschrift „War es Trotz oder Angst vor einem Revisionsgrund?“ äußert der Autor, dass als Grund für die Aufhebung des ersten Verhandlungstermins Trotz und verletzte Eitelkeit in Frage kämen: „Drei Verfassungsrichter, Professoren zumal, wollen klüger sein als wir, die Berufsrichter an der Front, nicht mit uns, dann halt gar nicht“. Ein Leser des Magazins sieht eine Verletzung presseethischer Grundsätze. Der Bericht enthalte falsche Behauptungen und diskreditierende Unterstellungen. Er hält die Behauptung, dass die Begründung des Gerichts für die Entscheidung, ein neues Akkreditierungsverfahren durchzuführen, falsch sei, für unzutreffend. Die vom Gericht gegebene Begründung sei korrekt. Das OLG müsse auf Anweisung des Bundesverfassungsgerichts ausländischen Medien Zugang zum Gerichtssaal verschaffen.
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