Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Ein junger Mann zündet sich selbst an, um seinem Protest gegen die Politik Chinas in seiner tibetischen Heimat Ausdruck zu geben. Eine Zeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Tibeter zündet sich selbst an“ über das Ereignis und zeigt den lichterloh Brennenden im Bild. Der Text dazu lautet: „Versuchte Selbstverbrennung: Ein Tibeter hat sich mit einer Flüssigkeit übergossen und dann selbst angezündet.“ Ein weiteres Foto zeigt den Mann von hinten. Bildtext: „50 Meter rannte der Mann bei einer Protestaktion über die Straße.“ Ein Leser der Zeitung moniert, dass Kinder und Jugendliche Zugriff auf diese Berichterstattung hätten. Die Online-Redaktion habe nicht nur die beiden Fotos veröffentlicht, sondern eine Strecke von 19 Bildern, die den kompletten Lauf dieses brennenden Menschen dokumentieren. Die Fotos zeigten schwerste Verbrennungen. Die Haut löse sich in Fetzen, das rohe Fleisch werde sichtbar. Allein aus Jugendschutzgründen dürfte es mehr als fragwürdig sein, derartige Bilder zu zeigen. Der Beschwerdeführer spricht von einer primitiven Ausschlachtung menschlichen Leids. Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht es als eine der wichtigsten Aufgaben der Presse an, auf Missstände in sozialen, politischen und gesellschaftlich-ökonomischen Systemen hinzuweisen. Mit der Veröffentlichung habe die Zeitung nichts anderes getan, als ihrer Rolle als Informationsvermittler gerecht zu werden. Es sei unmöglich, über ein solches Ereignis zu berichten, ohne beim Leser einen gewissen Schockeffekt zu erzielen. Die meisten Fotos seien im Übrigen nicht auf der Titelseite, sondern erst nach diversen Klicks verfügbar gewesen. Gedruckt seien sie nicht veröffentlicht worden.
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Die Online-Ausgabe einer Tageszeitung berichtet über den Prozess gegen den Verursacher eines tödlichen Unfalls. Der Autor berichtet unter der Überschrift „Horror-Unfall von (…) – drei Brüder klagen an“, die Nebenkläger gäben dem ersten Verteidiger, der sein Mandat mittlerweile niedergelegt habe, eine Mitschuld an dem Unfall. Er habe vor einigen Jahren für den Angeklagten dessen Führerschein zurückgeklagt. Die Fahrerlaubnis war dem Mann nach einem schweren Unfall, bei dem Epilepsie eine Rolle gespielt haben soll, zurückgegeben worden. Der Anwalt habe, so berichtet die Zeitung weiter, inzwischen seine Lizenz abgegeben. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass diese den Namen des Anwalts gedruckt habe. Sie verletze damit dessen Persönlichkeitsrechte. Der Jurist sei an dem Strafverfahren nicht mehr beteiligt. Die Nennung seiner Identität sei für das Verständnis des Vorgangs nicht erforderlich gewesen. Der Anwalt werde durch den Artikel in ein schlechtes Licht gerückt. Vorwürfe wie „Mitverantwortung“ seien geeignet, ihn in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Im Übrigen entbehre der Vorwurf jeglicher Grundlage. Sich für seine Mandanten einzusetzen, sei Aufgabe eines Rechtsanwalts. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet, der Anwalt habe sich bei der Redaktion gemeldet und sich dort für seinen Mandanten umfänglich geäußert. Der Mann werde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Der Polizei und der Staatsanwaltschaft habe er vorverurteilendes Handeln vorgeworfen. Diese hätten wenige Tage nach dem Unfall mitgeteilt, dass sich im Blut des Fahrers eine hohe Konzentration des Marihuana-Wirkstoffes TCH befunden habe. Sie hätten jedoch nicht erwähnt, dass in der Blutprobe auch Spuren eines Medikamentes gegen Epilepsie gefunden worden seien. Die Redaktion berichtet weiter, der Anwalt habe auch geäußert, dass die Vorwürfe fahrlässiger Körperverletzung oder gar fahrlässiger Tötung nicht zu halten seien, da ein epileptischer Anfall alleinige Ursache des Unfalls gewesen sei. Diese Einschätzung hätten am achten Verhandlungstag zwei medizinische Sachverständige bestätigt. Allerdings sei auch bereits die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen und werfe dem Angeklagten vor, sich im Wissen um seine Erkrankung an Steuer gesetzt zu haben. Die Zeitung rechtfertigt außerdem die Nennung des Namens des Anwalts. Der habe kurz vor Prozessbeginn sein Mandat niedergelegt. Dies sei ein Ereignis von öffentlichem Interesse. Dazu gehöre auch die Namensnennung.
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Ein Landmaschinentechnikermeister, 48 Jahre alt, ist in einem kleinen Ort zu Hause. Die Bezirksausgabe der Regionalzeitung nennt diese Details inklusive des Ortnamens, als sie berichtet, dass der Mann einen 16-jährigen Fußballspieler mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll. Er bestreitet den Vorwurf. Das folgende Gerichtsverfahren wird gegen eine Geldzahlung in Höhe von 3000,-- Euro eingestellt. Der Beschuldigte wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Durch die Nennung der Details habe die Zeitung ihn identifizierbar gemacht. In dem kleinen Ort mit weniger als sechshundert Einwohnern gebe es nur einen einzigen Landmaschinentechnikermeister und das sei er selbst. Somit wisse jedermann im Ort, wer der Angeklagte im Gerichtsverfahren gewesen sei. Der Beschwerdeführer kritisiert auch die Überschrift des Zeitungsbeitrages („Spielervater rutscht die Hand aus“). Damit werde der Sachverhalt nicht richtig wiedergegeben. Es werde der Eindruck erwiesener Schuld erweckt. Der Leiter der Redaktion der Bezirksausgabe teilt mit, die Redaktion habe nicht behauptet, dass der Angeklagte verurteilt worden sei – auch nicht in der Überschrift. Es sei im Verlauf der Verhandlung deutlich geworden, dass dem Angeklagten die Hand ausgerutscht sein müsse. Es gebe hierfür die präzise Aussage eines Zeugen. Das Verfahren sei nur gegen Zahlung eines hohen Geldbetrages eingestellt worden. Die Überschrift sei keine falsche Tatsachbehauptung. Der Redaktionsleiter stellt fest, bei der Berichterstattung über Gerichtsverfahren sei es üblich, den Beruf des Angeklagten zu nennen. Der Autor habe, als er den Artikel schrieb, nicht gewusst, wie viele Landmaschinentechnikermeister es in der kleinen Gemeinde gebe. Es sei nicht seine Absicht gewesen, den Mann identifizierbar zu machen.
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Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung berichtet über einen schweren Unfall, der sich bei Waldarbeiten ereignet habe. Dabei sei ein 72-jähriger Mann von einem Traktor überrollt worden. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten. Die Nichte des Betroffenen wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie habe durch die Zeitung von dem schrecklichen Unfall erfahren. Was sie besonders stört, ist die Nennung des vollständigen Namens ihres Onkels. Im Nachhinein sei der Name zwar gelöscht worden. Dies ändere jedoch nichts an der Verletzung eines presseethischen Grundsatzes nach Ziffer 8 des Pressekodex. Der Redaktionsleiter der Zeitung berichtet, man habe nach eingehender Recherche drei Online-Meldungen ohne Namensnennung veröffentlicht. In einer vierten Meldung habe die Redaktion dann den Namen des 72-Jährigen genannt. Das habe ein Angehöriger des Verunglückten kritisiert und um Löschung des Namens gebeten. Dem habe der bearbeitende Redakteur zunächst widersprochen, da es sich bei dem Unfallopfer um einen im lokalen Umfeld bekannten Mann handele. Er habe später eingelenkt und die Löschung des Namens veranlasst. Der Redaktionsleiter teilt mit, dass im Rahmen der Recherche auch geklärt worden sei, ob die Familienangehörigen über den Unfall informiert worden seien. Dies sei im Fall der Ehefrau der Fall gewesen. In der Printfassung einen Tag später habe die Zeitung ohne Namensnennung berichtet, obwohl zu diesem Zeitpunkt wohl jeder innerhalb des lokalen Umfeldes die Identität des Verunglückten gekannt habe.
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„Heftige Häme nach ´Perfektem Dinner´ - Claudia B. nahm sich das Leben“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über einen Suizid. Tags darauf erscheint in der Print-Ausgabe ein Artikel unter der Überschrift „Freitod nach TV-Auftritt“. Die 32-Jährige hatte an der TV-Sendung „Das perfekte Dinner“ teilgenommen. In den Beiträgen wird über die Hintergründe spekuliert. Unter anderem werden Einträge auf der Facebook-Seite des Senders zitiert, in denen Claudia B. der Häme von Zuschauern ausgesetzt war. Die Zeitung resümiert: „Aus ihrem persönlichen Umfeld heißt es, dies habe mit den Ausschlag gegeben für ihren Entschluss, aus dem Leben zu scheiden.“ Ein Leser der Zeitung hält die Spekulationen über den Suizid für menschenverachtend, zumal es im Beitrag heiße, „ob diese Entwicklungen im Zusammenhang mit der TV-Präsentation stehen, bleibt Spekulation“. Der Beschwerdeführer sieht die Richtlinie 8,5 (Selbsttötung) innerhalb der Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsreche) verletzt. Er kritisiert zudem den Abdruck eines Fotos, auf dem die Frau nackt zu sehen ist. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet von intensiven Diskussionen innerhalb der Redaktion, wie in diesem Fall zu verfahren sei, zumal über Fälle von Suizid nur in Ausnahmefällen berichtet werde. Die Redaktion habe über Claudia B. und ihren Auftritt bei „Das Perfekte Dinner“ bereits berichtet. Die Frau sei mit ihren teilweise exzentrischen Auftritten in der Öffentlichkeit, so auch bei dem abgebildeten Fotoshooting in der Fußgängerzone des Verlagsortes, mehrfach Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Wer in einer Fernsehshow vor einem Millionenpublikum auftrete und auch im lokalen Umfeld so manche Gelegenheit nutze, um auf sich aufmerksam zu machen, sei zumindest zeitlich beschränkt eine Person des öffentlichen Interesses. Bei Claudia B. sei es offensichtlich der aus den Vorwürfen im Internet erzeugte Druck gewesen, der möglicherweise zu ihrem Suizid beigetragen habe. Die Redaktion habe dokumentieren wollen, wie sehr die Debatte auch unter die Gürtellinie gegangen sei. Die Frau habe sich auf diese Debatte eingelassen. Das sage viel über ihre Persönlichkeit aus. Daher habe die Redaktion es für angebracht gehalten, Auszüge aus diesen Auseinandersetzungen zu veröffentlichen.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über die ersten erfolgreichen Tests eines neuen Impfstoffes gegen Krebs. Die Überschrift lautet „Wissenschaftler entwickeln Impfstoff gegen Krebs“. Der Beitrag trägt die Dachzeile „Durchbruch in der Forschung“. Die forschenden Mediziner hoffen, so die Zeitung, dass das Präparat in sechs Jahren auf den Markt kommen könnte. Ein Leser der Zeitung sieht in der Überschrift eine falsche Tatsachenbehauptung. Durch sie werde der Eindruck erweckt, als habe es einen Durchbruch bei der Bekämpfung von Krebs gegeben. Im Text werde dann aber klar, dass es lediglich erste positive Tests gegeben habe. Die Veröffentlichung verstoße gegen Ziffer 14 des Pressekodex. Dort ist festgehalten, dass bei der Berichterstattung über medizinische Themen eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden ist, die beim Leser unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen wecken könnte. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Redaktion habe alle medizinischen Fakten richtig dargestellt und erläutert. Insbesondere werde betont, dass die Forschungen noch nicht abgeschlossen seien und weitere Studien folgen würden. Die Überschrift stelle eine zugespitzte, aber inhaltlich richtige Zusammenfassung der im Artikel genannten Fakten dar. So habe der von den Wissenschaftlern entwickelte Impfstoff in der von ihnen durchgeführten Studie tatsächlich zu einem Rückgang der Krankheit geführt. Dies sei im Vergleich zu anderen bisherigen Versuchen der Krebsbekämpfung ein in Wissenschaftskreisen viel beachteter Durchbruch in der Forschung. Der Bericht suggeriere weder in der Überschrift noch im Text, dass Krebs mit dem neuen Impfstoff nunmehr heilbar sei. Es werde lediglich kurz das Ergebnis der Studie zusammengefasst. Unbegründete Hoffnungen bei betroffenen Lesern würden nicht geweckt.
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet unter der Überschrift „Beate Zschäpe suchte im Netz nach Disneyland und Pornos“ über das Surf-Verhalten der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin im Internet. Aus den Internet-Protokollen ihres beschlagnahmten Rechners habe sich ergeben, dass Zschäpe nach Reisen, Musik, Gesundheit und Sex gesucht habe. Politik oder Nazipropaganda hingegen hätten sie offenbar nicht interessiert. Mehr Interesse habe sie an Disneyland Paris, Zeltplätzen an der Ostseeküste und argentinischem Essen gehabt. Sie habe sich auch über Hartz IV, Bushido und die TV-Show Big Brother informiert. „Gina Lisa“ und „Sex Cora“ hätten ebenfalls ihr Interesse gefunden. Ein Leser der Zeitschrift sieht keinerlei journalistische Begründung für die Berichterstattung über die Surfgewohnheiten der mutmaßlichen Terroristin. Er sieht deren grundgesetzlich geschützten Lebensbereiche sowie ihre Privat- und Intimsphäre verletzt. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins hält die Berichterstattung für zulässig, weil das Thema öffentliche Interessen berühre. Beate Zschäpe habe durch die beispiellose Mordserie, an der sie mutmaßlich beteiligt gewesen sei, die Öffentlichkeit geradezu gezwungen, sich mit ihrer Gedankenwelt auseinanderzusetzen. Die Verbrechen, die ihr vorgeworfen würden, seien zwar auch dann nicht zu begreifen. Es gebe jedoch bei vielen Menschen das Bedürfnis, die vorgeworfenen Taten dadurch für sich einzuordnen, dass sie sich über die handelnden Personen und deren geistige und ideologische Hintergründe informieren. Auch die „Banalität des Bösen“ sei berichtenswert und von öffentlichem Interesse. Die Öffentlichkeit dürfe und müsse erfahren, ob sich die mutmaßlichen Täter einer rassistisch motivierten und nazi-ideologisch unterfütterten Mordserie mit extremer Propaganda oder mit banalen Unterhaltungsseiten beschäftigt hätten. Was im Artikel zu lesen sei, fährt der Chefredakteur fort, werde den einen wegen seiner Trivialität vielleicht beruhigen, den anderen aus dem gleichen Grund aber erschrecken. Das Thema gehöre so oder so zum Zeitgeschehen und dürfe deshalb in der Presse erörtert werden.
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Eine Zeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Beate Zschäpe besuchte die Website von Gina Lisa“ über das Surf-Verhalten der mutmaßlichen NSU-Terroristin im Netz. Aus den Internet-Protokollen ihres beschlagnahmten Rechners ergebe sich folgendes Bild: Sie suchte nach Reisen, Musik, Gesundheit und Sex. Politik oder Nazipropaganda interessierten sie hingegen nicht. Sie recherchierte lieber Tropical Island, Disneyland Paris, Zeltplätze an der Ostseeküste und argentinisches Essen. Sie suchte auch nach Informationen über Hartz IV, Bushido und die TV-Show „Big Brother“. In den Bereich des von Zschäpe gesurften Themas Sex gehörten auch Erotikstars wie „Gina Lisa“ und „Sexy Cora“. Die Zeitung berichtet, die Frau sei auch an dem Tag im Internet unterwegs gewesen, als ihre beiden Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in Eisenach eine Bank überfallen und sich anschließend in ihrem Fluchtfahrzeug – einem Wohnwagen – erschossen hätten. An diesem Tag habe sie die Webseiten von Greenpeace, einer Tierschutzaktion und der Biobauern von Zwickau besucht. Der Beschwerdeführer sieht in der Veröffentlichung der Surfgewohnheiten von Beate Zschäpe eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Der Bericht sei auch journalistisch durch nichts gerechtfertigt. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der persönliche Hintergrund der Mitglieder der NSU-Terrorzelle durchaus von öffentlichem Interesse sei. Schließlich stehe die Gruppe – von der nach dem Suizid von Böhnhardt und Mundlos die in U-Haft sitzende Beate Zschäpe übrig blieb – im Verdacht, für eine beispiellose Mordserie verantwortlich zu sein. Es bestehe ein hohes öffentliches Interesse daran, wie Zschäpe gedacht und gehandelt habe.
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„Das bizarre Internet-Protokoll der Nazi-Braut“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht im Bericht um das Surf-Verhalten der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe. Danach hat die seit einiger Zeit in U-Haft sitzende Frau im Internet Webseiten zu den Themen Reisen, Musik, Gesundheit und Sex besucht. Politik oder Nazipropaganda kommen jedoch in den Protokollen, die von dem beschlagnahmten Rechner Zschäpes stammten, nicht vor. Sie informierte sich jedoch über Tropical Island, Disneyland Paris, Zeltplätze an der Ostsee, argentinisches Essen, Hartz IV und Bushido. Auch die Erotik-Stars „Gina Lisa“ oder „Sex Cora“ fanden nach Darstellung der Zeitung ihr Interesse. Zschäpe habe auch an dem Tag im Internet gesurft, als ihre Komplizen in Eisenach eine Bank überfielen und sich später in ihrem Fluchtfahrzeug erschossen. An diesem Tag habe sie die Webseiten von Greenpeace, einer Tierschutzaktion und der Biobauern im Bereich Zwickau besucht. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung über das Surf-Verhalten von Beate Zschäpe keinerlei journalistische Rechtfertigung. Vielmehr verletzte die Veröffentlichung die Betroffene in ihren grundgesetzlich geschützten persönlichen Lebensbereichen. Presseethische Grundsätze seien verletzt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung erläutert, der Artikel sei Teil der umfassenden Berichterstattung über die Mitglieder der sogenannten Zwickauer Neonazi-Zelle. Die nunmehr veröffentlichten, inhaltlich korrekten, relevanten und angemessenen Informationen ließen Zweifel an der bisher von der Staatsanwaltschaft vertretenen These entstehen, dass Beate Zschäpe tatsächlich von den Morden der Zelle gewusst habe oder gar an ihnen mitgewirkt habe. Die Zeitung beruft sich auf das überwiegend öffentliche Interesse der Leser an diesen Vorgängen und hält deshalb die Beschwerde für unbegründet.
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