Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Kampf einer Boxerin außerhalb des Rings

Unter der Überschrift „Das Unglück ihres Lebens“ beschreibt eine Regionalzeitung das Schicksal einer bekannten Boxerin. Die Sportlerin wurde von ihrem Stiefvater gezielt angeschossen und an Armen und Beinen verletzt. Die Zeitung blickt zurück auf die Umstände, die zu der schrecklichen Tat geführt hatten, und auf die Bemühungen der Sportlerin, in den Boxring zurückzukehren. Kritisch beleuchtet wird das Verhältnis der Boxerin zu Vertrauten in ihrem Umfeld. Es geht auch um den Exklusivvertrag, den sie mit einer Produktionsfirma abgeschlossen hat. Der Autor schreibt: „(…) gibt Auskünfte jetzt nur noch gegen einen Scheck, aber es dürfte kaum einen Zweifel daran geben, dass sie sich so lange quält, bis ihre Schlaghand wieder in einen Boxhandschuh passt.“ Am Ende des Beitrages heißt es,: „Was für eine Geschichte, was für eine goldene Chance. Welches endgültige, traurige Ende unschuldiger Tage.“ Der Rechtsanwalt der Boxerin tritt in diesem Fall als Beschwerdeführer auf. Er wirft der Redaktion wahrheitswidrige Behauptungen vor und sieht Verstöße gegen den Pressekodex. Falsch sei die Behauptung, die Sportlerin erteile Auskünfte nur gegen Scheck. Falsch sei ebenso, dass sie eine halbe Million für ihr Comeback erhalte. Auch die Aussage, sie wechsle Vertraute aus, wenn es ihr nütze und sie gewähre Lokaljournalisten keine Interviews mehr, sei nicht richtig. Die Unterstellung, die junge Frau habe ihr Schicksal vergolden wollen, sei rufschädigend. Der Rechtsanwalt nennt weitere Themen, die aus seiner Sicht nicht richtig dargestellt worden seien. Er wirft dem Autor vor, dass er nur mit ehemaligen Trainern, dem Teamarzt und dem Sicherheitsbeauftragten gesprochen habe, nicht aber mit der Sportlerin selbst. Der Autor des Beitrages nimmt zu dem Vorwürfen Stellung. Er bleibt dabei, korrekt berichtet zu haben. Dass der Boxerin einzelne Schilderungen aus ihrer Vergangenheit nicht gefallen, sei verständlich. Doch Ehrverletzungen oder Verleumdungen im rechtlichen oder moralischen Sinne seien in seinem Beitrag nicht enthalten. Er – der Autor – habe oft vergeblich versucht, mit der Sportlerin in Kontakt zu treten. Der Autor weist darauf hin, dass die Zeitung sich zur Unterlassung der Behauptung verpflichtet habe, die Boxerin gebe Interviews nur noch per Scheck. Dieser Satz sei bereits aus der Online-Version des Beitrages gelöscht worden. (2011)

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„Am Airport stehen die Galgenvögel“

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag, in dem der Autor über seine Erlebnisse mit Taxifahrern in Deutschland berichtet. Eigentlich wolle der Kunde – so der Autor – nichts weiter, als in einem sauberen Auto von einem höflichen Fahrer souverän ans Ziel gebracht zu werden. Dies sei jedoch mit der „hässlichen Taxiwirklichkeit in Deutschland“ nicht zu machen. Kritisch und satirisch nimmt der Journalist die Autos der Taxifahrer aufs Korn: „20 Jahre alter Mercedes“, „mehrere Rostflecken“, „unzählige Schrammen“. Er schreibt, dass er auch schon mal vom Taxifahrer nach dem Weg gefragt worden sei. In dem Artikel steht folgender Satz: „Am Airport stehen nur jene Galgenvögel, die zu dumm, zu faul oder zu inkompetent sind, um anderswo eine Fuhre zu bekommen“. Ein Mitglied der Redaktion eines Taxi-Fachmagazins sieht in dem Beitrag eine Beleidigung und Herabwürdigung von Taxifahrern. Er moniert vor allem den oben wiedergegebenen Satz und spricht von unverantwortlichem Journalismus. Der Beschwerdeführer teilt mit, er sei auch Taxifahrer und stehe häufig an einem Flughafen für Fahrgäste bereit. Das Justitiariat des Nachrichtenmagazins teilt mit, der kritisierte Beitrag sei Teil einer Kolumnenreihe, die sich mit „schlimmsten Servicedesastern“ beschäftige. Bei dem kritisierten Satz handele es sich um eine satirisch übertriebene Kritik an Service- und Dienstleistungen in Deutschland. In den Texten würden persönliche Erlebnisse geschildert. Der Autor übe somit vor dem Hintergrund eigener Wahrnehmung allgemeine Kritik an Flughafen- Taxifahrerinnen und Taxifahrern. Das Justitiariat weist auch darauf hin, dass der ADAC seit vielen Jahren vergeblich verbindliche Servicestandards fordere. Berlin habe nach einer Fülle von Beschwerden Qualitätskontrollen am Flughafen Tegel durchgesetzt. (2011)

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„So schön war es bei Onkel Erich“

Eine Zeitschrift berichtet über ein im Ruhrgebiet beheimatetes „DDR-Kabinett“. Unter der Überschrift „So schön war es bei Onkel Erich“ befasst sich das Blatt mit der Sammlung, die DDR-Nostalgiker zusammengetragen hätten. Diese zeichneten ein unkritisches Bild des SED-Regimes. Berichtet wird mit Zitaten von einer Führung durch den Museumsleiter. Der Vorsitzende des Kabinetts beschwert sich beim Presserat. Er sieht einen Verstoß gegen Ziffer 4 (Unlautere Methoden bei der Recherche). Der Berichterstatter habe sich ihm gegenüber nicht als Journalist zu erkennen gegeben. Er habe sich als normaler Besucher ausgegeben und als solcher sein Interesse an der DDR-Geschichte bekundet. Der Mann habe nicht auf eine geplante Veröffentlichung hingewiesen. Der Bericht sei in Wort und Bild unter Vorspiegelung falscher Tatsachen entstanden. Die Chefredaktion der Zeitschrift übermittelt die Stellungnahme des Autors. Dieser habe sich nicht als Journalist zu erkennen gegeben, weil er diese verdeckte Recherche aus verschiedenen Gründen für notwendig erachtet habe. Der Verein „DDR-Kabinett“ habe eine Fülle von Verbindungen zu kommunistischen Organisationen. Die Redaktion vermute, dass im Rahmen der Aufklärungsarbeit der Versuch unternommen werde, die Geschichte des SED-Unrechtsstaates zu relativieren. Vermutlich sollten so junge Menschen (Schulklassen) angesprochen werden. Um dies herauszufinden, sei eine verdeckte Vorortrecherche erforderlich gewesen. Allein die Tatsache, dass ein Verein jungen Menschen die DDR-Geschichte nahe bringen wolle, dessen Vorsitzender Mitglied der linksextremistischen DKP sei, rechtfertige diesen Schritt. (2011)

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Zeitung spürt die besten Schnäppchen auf

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über „33 März-Schnäppchen“ dreier großer Discounter. Die Redaktion teilt mit, sie habe die „besten Schnäppchen“ für ihre Leser aufgespürt. Ein Nutzer des Internetauftritts sieht in dem Beitrag nicht erkennbare Werbung in redaktioneller Form. Für die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Beitrag vom Interesse der Leser gedeckt. Die Redaktion habe diverse Produkte aus den Bereichen Gärtnerei und Freizeitgestaltung vorgestellt. Dabei seien Hinweise auf Sonderangebote von unterschiedlichen Discountern gegeben worden. Dies habe keinerlei werbenden oder wertenden Charakter, sondern sei eine Serviceleistung. Viele Leser seien daran interessiert, möglichst billig einzukaufen. Es sei daher legitim, im Hinblick auf die anstehende Frühjahrssaison auf die unterschiedlichen Produkte in den genannten Bereichen aufmerksam zu machen. (2011)

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Mann als „widerlichen Kinderschänder“ bezeichnet

Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Das Geständnis eines widerlichen Kinderschänders“ über einen 38-Jährigen. Der Mann hat gestanden, ein zehnjähriges Mädchen missbraucht zu haben. Er soll zudem in Thailand Kinderpornos mit Erdrosselungsszenen bestellt haben. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Mannes, auf dem dieser gut erkennbar ist. Ein Leser sieht eine Verletzung des Pressekodex. Vor allem die Überschrift lasse die erforderliche Achtung der Menschenwürde vermissen. Das Bild verletze zudem die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Auffassung, dass das kritisierte Foto den Mann nicht in einer entwürdigenden oder ehrverletzenden Situation zeige. Der Mann werde in einem Polizeiwagen weggefahren und sei nur von der Seite zu erkennen. Auch die Ziffer 8 des Pressekodex sei nicht verletzt. Angesichts der Schwere der Tat, dem Missbrauch eines zehnjährigen Mädchens, müssten die Persönlichkeitsrechte des mutmaßlichen Täters hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückstehen. Dies gelte umso mehr angesichts der schrecklichen Einzelheiten der Tat. Es handele sich eindeutig um ein Sexualdelikt und somit um ein Kapitalverbrechen nach Richtlinie 8.1 (Nennung von Namen/Abbildungen). Die Ziffer 13 (Unschuldsvermutung) sei – so die Rechtsabteilung der Zeitung – ebenfalls nicht tangiert. Der Mann habe seine Tat bei Prozessauftakt gestanden. Ergebnis der Gerichtsverhandlung sei die Verurteilung zu einer Haftstrafe gewesen. (2011)

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„Und später entschwanden sie in die Nacht“

Eine Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Ehedrama – Führt er ein geheimes Doppelleben?“ auf der Titelseite das Foto eines prominenten Fußballers und seiner Frau. Eingeblockt ist ein kleines Bild des Sportlers, das ihn mit einer anderen Dame zeigt. In der Unterschrift zu diesem Bild will die Zeitschrift wissen: „Was läuft mit dieser Blondine?“ Im Innern der Ausgabe setzt die Redaktion die Berichterstattung fort. Tenor im Text: Es seien Gerüchte im Umlauf, der Fußballer führe ein geheimes Doppelleben. Konkret beschrieben wird sein Auftritt bei einem Sportpresseball. Auch da ist von der „hübschen, geheimnisvollen Blondine“ die Rede, die - und nicht dessen Ehefrau – den Sportler begleitet habe. Sie sei nicht von seiner Seite gewichen und mit ihm später „in die Nacht entschwunden“. Beschwerdeführer ist der Sportler selbst, der Anwälte mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hat. In der Beschwerde ist von „infamen Unterstellungen“ die Rede. Die Anwälte berichten, dass der Fußballer Sonderbotschafter von UNAIDS sei, einem Projekt der Vereinten Nationen gegen die HIV-AIDS-Pandemie. Seine Begleiterin an besagtem Abend sei Koordinatorin bei dem Projekt, verheiratet, habe ein Kind und sei im vierten Monat schwanger. Der Fußballer und die Frau seien also in offizieller Mission bei dem Ball gewesen. Von „gemeinsam in die Nacht entschwunden“ könne keine Rede sein. Die Chefredaktion der Zeitschrift verwahrt sich gegen die von ihr so empfundene Unterstellung, sie habe dem Sportler eine außereheliche Beziehung vorgeworfen. Die Redaktion habe lediglich das öffentliche Auftreten eines in jüngster Zeit durch moralisch fragwürdiges Verhalten aufgefallenen Fußballstars kritisch bewertet und die sich der Öffentlichkeit aufdrängenden Fragen reflektiert. Der Autor des kritisierten Artikels habe sich nicht zu dem geäußert, was möglicherweise in der Nacht passiert sei, und liefere auch keine unzulässigen Denkanstöße. (2010)

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Die OB-Adresse ist allgemein bekannt

Eine Regionalzeitung berichtet, dass gegen den Oberbürgermeister einer Stadt im Verbreitungsgebiet wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt wird. Ermittler hätten die Wohnung des Stadtoberhauptes durchsucht. In diesem Zusammenhang nennt die Redaktion die Straße, in der der OB wohnt. Dieser beanstandet die Nennung seines Wohnorts, wo auch seine Frau und seine Kinder wohnen. Dies verstoße gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Beschwerde mit dem Hinweis zurück, dass die Privatadresse des Oberbürgermeisters stadtbekannt sei. Sie sei nicht nur im Telefonbuch nachzulesen, sondern auch im öffentlichen Verzeichnis eines Sportbundes mit vollständiger Wohnadresse inklusive privater Handynummer und privater Mailadresse aufgeführt. In anderen Telefonverzeichnissen sei der Beschwerdeführer ebenfalls mit vollem Namen und Adresse zu finden. Offensichtlich habe sich der Kommunalpolitiker bislang keine Mühe gegeben, seine private Anschrift zu verbergen. In der Berichterstattung – so fährt der Chefredakteur fort – sei es zwingend erforderlich gewesen, zumindest die Straße zu nehmen, da die Razzia der Steuerfahnder an zwei Orten stattgefunden habe, nämlich in den Geschäftsräumen und im Wohnhaus. Zum Verständnis des Vorgangs erläutert der Chefredakteur, dass der Kommunalpolitiker vor seiner Wahl verschwiegen habe, dass gegen ihn wegen des Verdachts des Steuerbetrugs ermittelt werde. Als der Mann dann vor Gericht gestanden habe und zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung und einer Geldauflage von 15000 Euro verurteilt worden sei, hätte auch dies vor der Öffentlichkeit verheimlicht werden sollen. Die Öffentlichkeit sei erst durch die Berichterstattung aus einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung über den Fall informiert worden. (2010)

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„In gewohnt destruktiver Manier“

Eine überregionale Zeitung kommentiert den Streit über die Rechtmäßigkeit der Präimplantationsdiagnostik in einem Leitartikel. Der Autor schreibt: „Nach einer in provokativer Absicht erstatteten Selbstanzeige eines Reproduktionsmediziners bogen die Richter im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft und in bester sophistischer Tradition deutschen Richterrechts Sinn und Wortlaut des Embryonenschutzgesetzes so lange, bis sie keinen Anlass mehr dafür sahen, das Aussondern von Embryonen mit schweren genetischen Schädigungen unter Strafe zu stellen“. Auch die Justizministerin habe „in gewohnt destruktiver Manier jeden Regelungsbedarf verneint“. Ein Leser der Zeitung ist der Meinung, dass die Passage über die Bundesjustizministerin diese in ihrer Ehre verletzt. Auch das Zitat über die Arbeit der Juristen des Bundesgerichtshofs und der Bundesanwaltschaft enthalte Angriffe, die die Betroffenen in ihrer Ehre verletzten. Die dort verwendete Formulierung sei der schlimmste Vorwurf, den man gegen Justizorgane erheben könne, nämlich derjenige der Rechtsbeugung im Sinne des Paragrafen 339 des Strafgesetzbuches. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handele es sich um einen Leitartikel und somit um einen Meinungsbeitrag, in dem der Verfasser nach alter Tradition eine Urteilsschelte übe. Kritik am politischen Personal, in diesem Fall an der Bundesjustizministerin, gehöre zur Presse- und Informationsfreiheit. (2011)

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Mladic darf „Schlächter vom Balkan“ genannt werden

Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über den Prozess gegen Ratko Mladic, den Ex-General der bosnischen Serben, dem schlimmste Kriegsverbrechen vorgeworfen werden. Die Zeitung titelt „Mladics irrer Auftritt vor dem UN-Tribunal“; in der Überzeile zur Überschrift steht die Aussage „Der Schlächter vom Balkan vor Gericht“. Im Bericht heißt es, der Angeklagte habe alle Vorwürfe von sich gewesen. Der Autor fährt fort: „In Srebrenica ließ er 8000 Jungen und Männer einfach abschlachten, im belagerten Sarajevo mit Scharfschützen auf die Bevölkerung schießen.“ Ein Nutzer der Internet-Ausgabe kritisiert eine von ihm vermutete Vorverurteilung des Angeklagten. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei es nicht erwiesen gewesen, inwieweit der Beschuldigte tatsächlich für das Massaker in Srebrenica verantwortlich gewesen sei. Nach Ansicht der Rechtsabteilung der Zeitung sei dies kein Fall von Vorverurteilung, da weder die Äußerungen im Fließtext des Artikels noch die Titulierung als „Schlächter vom Balkan“ Mladic präjudizierend als Täter darstellten. In der gesamten Berichterstattung werde die Unschuldsvermutung gewahrt und Mladic ausdrücklich als „mutmaßlicher Kriegsverbrecher“ bezeichnet. Des Weiteren werde im Text mehrmals darauf hingewiesen, was das Gericht ihm vorwerfe und wie die Anklage laute. Für den Leser sei deutlich erkennbar, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Immer sei klar, dass lediglich Anklage-Inhalte wiedergegeben würden. Die Bezeichnung Mladics als „Schlächter vom Balkan“ sei ebenfalls kein Verstoß gegen die Ziffer 13 des Pressekodex. Mit ihr werde nicht etwa gesagt, dass der Angeklagte schuldig im Sinne eines Richterspruchs sei. Er werde lediglich mit dem schlagwortartigen Namen benannt, unter dem er allgemein bekannt sei. Der Tatverdacht gegen Mladic habe sich zum Zeitpunkt der Berichterstattung derartig verdichtet, dass kaum noch vernünftige Zweifel an seiner Schuld und Verantwortung bestanden hätten. (2011)

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Schleichwerbung per E-Mail-Adresse

Ein medizinisches Fachblatt veröffentlicht in seiner Online-Ausgabe einen Beitrag unter der Überschrift „Umgangsformen: Von der Kunst des Neinsagens“. Am Ende steht die E-Mail-Adresse der Autorin. Sie enthält deren Namen ebenso wie den Namen ihrer Firma. Diese bietet Fortbildungsveranstaltungen für Menschen an, die ihr Verhalten im ärztlichen Berufsleben optimieren wollen. Ein Nutzer der Internetausgabe wirft der Redaktion Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex vor. Bei der Autorin handele es sich nicht um eine unabhängige Journalistin, sondern um die Besitzerin einer Coaching-Agentur, die gezielt Mediziner als Kunden anspreche. Vor diesem Hintergrund entfalte die E-Mail-Adresse werblichen Charakter. Der Chefredakteur des Fachblattes teilt mit, in den Rubriken „Status“ bzw. „Beruf“ kämen selbständige Berater als Gastautoren zu Wort, deren Dienstleistungen in den Artikeln aber nicht vorgestellt und schon gar nicht beworben würden. Die Redaktion halte es für unerlässlich, den Lesern zu verdeutlichen, dass der Beitrag von einem Gastautor und nicht von der Redaktion stamme. Deshalb sei bislang eine E-Mail-Adresse oder eine Internet-Seite angegeben worden. Die Chefredaktion räumt jedoch ein, dass diese Verfahrensweise problematisch sei und die Verbindung zu einer kommerziellen Internet-Seite ermögliche. Deshalb werde die Redaktion künftig bei vergleichbaren Artikeln mit der Autorenangabe Firma und Sitz nennen, aber auf Mail- und Internetadresse verzichten. (2011)

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