Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
„Ich liebe meinen Jungen – auch wenn er von meinem Vater ist“- so überschreibt eine Programmzeitschrift einen Artikel über eine junge Frau, die von ihren Eltern über Jahre misshandelt und von ihrem Vater vergewaltigt wurde. Nach der Prozesseröffnung brachte sie ein Kind zur Welt, das von ihrem Vater stammt. Die Zeitschrift schildert den Leidensweg der jungen Frau. Fotos zeigen sie und ihren Lebensgefährten. Ihr Vorname und der abgekürzte Familienname werden genannt. Die Betroffene als Beschwerdeführerin teilt mit, sie habe mit dem Journalisten, der die Geschichte geschrieben habe, eine Absprache getroffen, dass sie in der Berichterstattung völlig anonymisiert werde. Daran habe sich die Redaktion nicht gehalten. Sie sei eindeutig identifizierbar. Weiterhin kritisiert sie, dass die Beichterstattung falsche Zitate und Tatsachendarstellungen enthalte. Nach Auskunft der Rechtsabteilung der Zeitschrift hat die junge Frau in die Veröffentlichung aller publizierten Informationen und auch der Fotos eingewilligt. Ein Verlangen nach Anonymisierung habe es nicht gegeben. Im Gegenteil – der Beschwerdeführerin habe gerade an einer offenen und erkennbaren Berichterstattung gelegen. Text und Fotos beruhten auf einem mehrstündigen Gespräch, dass der Autor mit der Frau und ihrem Lebensgefährten geführt habe. Die Rechtsvertretung betont, dass es von Seiten der Interviewten keinen Wunsch gegeben habe, die Fotos zu verfremden oder die Informationen zu anonymisieren. (2011)
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Ein neues Flirtportal im Internet ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Das Angebot wird sehr positiv dargestellt. Am Ende der Veröffentlichung steht der Hinweis, dass das Portal unter Führung dieser Zeitung entwickelt wurde. Ein Nutzer der Online-Ausgabe hält den Text für Werbung, ohne dass diese entsprechend gekennzeichnet ist. Die Rechtsabteilung des Verlages ist anderer Meinung. Auf den ersten Blick sei für den Leser zu erkennen, dass der Beitrag ein Eigeninteresse des Verlages betreffe. Er könne einschätzen, dass es sich nicht um eine unabhängige redaktionelle Berichterstattung handele, sondern um den Hinweis auf ein Serviceangebot des Verlages. Die Rechtsabteilung weist auch darauf hin, dass Registrierung und Nutzung des Dienstes kostenlos sei. (2011)
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Unter der Überschrift „Andere haben Grund zur Verärgerung“ veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief. Darin geht es um ein Ultimatum, das eine Bürgerinitiative dem örtlichen Bürgermeister gestellt haben soll. Der Autor des Leserbriefes tritt in diesem Fall als Beschwerdeführer auf. Er kritisiert, dass zum einen seine Einsendung erheblich gekürzt und zudem seine volle Adresse genannt worden sei. Aus Sicht des stellvertretenden Chefredakteurs steht die Kürzung des Leserbriefes im Einklang mit dem Pressekodex. Die Redaktion weise regelmäßig darauf hin, dass sich die Redaktion das Recht auf die Kürzung von Einsendungen vorbehalte. Aus dem Leserbrief des Beschwerdeführers sei nicht ersichtlich gewesen, dass dieser mit Kürzungen nicht einverstanden sei. Er habe lediglich angegeben, für Rückfragen per E-Mail erreichbar zu sein. Aus Sicht der Redaktion habe kein Klärungsbedarf bestanden. Eine Sinnverfälschung könne die Redaktion nicht erkennen. Zur Adressenangabe stellt der stellvertretende Chefredakteur fest, dass der Einsender in seiner Mail an die Redaktion nur seinen Namen, nicht aber seinen Wohnort angegeben habe. Dies erfülle nicht die redaktionellen Kriterien für einen Abdruck. Weil der Beschwerdeführer als Leserbriefschreiber und als Anrufer in der Redaktion bekannt sei, habe es jedoch keinen Zweifel über seine Identität gegeben. Um den Abdruck zu ermöglichen, seien die Angaben ergänzt worden. Dass auch die Wohnadresse des Einsenders veröffentlicht worden sei, entspreche einer „Sondertradition“ der Redaktion. Bei immer wieder vorkommenden Namensgleichheiten solle auch für die restlichen Leser eine klare Zuordnung möglich sein. Der Einsender in diesem Fall kenne diese Tradition, da in den vergangenen Jahren bereits Leserbriefe von ihm veröffentlicht worden seien. Bisher habe er sich darüber nicht beschwert. Die Redaktion sei also auch in diesem Fall von seinem Einverständnis ausgegangen. (2011)
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Sowohl gedruckt als auch online veröffentlicht eine Regionalzeitung unter der Überschrift „Behauptungen ohne Hand und Fuß“ einen Lesebrief. Darin geht es um einen Politiker der Partei „Die Linke“. Der wird unter anderem als „religiöser Spinner“ und „ideologisch-politische Flachzange“ bezeichnet, die von „Tuten und Blasen“ keine Ahnung habe. Der Angegriffene sieht sich durch diese Formulierungen in seiner Ehre verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung erläutert, dass seine Zeitung vor Jahren eine Leserseite eingeführt habe, auf der eine Auseinandersetzung mit der DDR und ihren Folgen geführt werden sollte. Auf dieser Seite lasse man politische Kommentare von Lesern zu, die kompromisslos formulierten, aber nicht die Sache aus den Augen verlören. Die Briefe sollten die Stimmung in der Leserschaft widerspiegeln. Zuschriften von Politikern und hohen Funktionsträgern seien auf dieser Seite nicht zugelassen. Der Chefredakteur ist sich dessen bewusst, dass Leser oft nicht so geschliffen formulieren könnten wie Politiker und Funktionäre. Man stelle die Leser nicht schlechter aus Politiker und nehme als Maßstab die Worte, derer sich auch Politiker im Meinungskampf bedienten. Die Redaktion beachte die Regeln der Rechtsprechung, die sich bei Konflikten zwischen Politikern und zwischen Politikern und Journalisten herausgebildet hätten. Der in diesem Fall kritisierte Leserbrief sei in der Redaktion kontrovers diskutiert worden. Man habe Passagen gekürzt, in denen der Einsender ohne Sachbezug polemisiert habe. Der Redaktion sei auch bewusst gewesen, dass der Beschwerdeführer selbst nicht zimperlich sei, wenn es um das Ansehen anderer gehe. Er habe in einem Leserbrief, der in der Parteizeitung veröffentlicht worden sei, den Einsender in diesem Streitfall als „Schmierfink“, „Wirrkopf“ und „IM“ (inoffizieller Mitarbeiter der einstigen Stasi) bezeichnet. (2011)
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„Wer sorgt sich um die Seelsorger?“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung einen Beitrag. Darin spricht ein Geistlicher, der anonym bleiben möchte, über seine Probleme im Alltag und über psychische Belastungen durch seinen Beruf. Er äußert sich auch zum Thema Zölibat. Die Zeitung zitiert ihn: „Die Zahl der Homosexuellen im Dienst der Kirche steigt. Bis zu 90 Prozent aller Fälle von Missbrauch werden von Homosexuellen begangen.“ Ein Leser der Zeitung erkennt in diesem Satz einen Verstoß gegen den Pressekodex. Hier werde unkritisch und unreflektiert eine Meinung übernommen, die gesellschaftliche Gruppen diffamiere. Im Schutze der Anonymität würden in dem Beitrag unwahre und wirre Behauptungen aufgestellt. Der Chefredakteur der Zeitung macht geltend, dass es sich bei dem kritisierten Beitrag um die Meinungsäußerung eines Geistlichen und nicht der Zeitung handele. Die Zeitung macht sich diese Meinung an keiner Stelle des Artikels zueigen. Der Geistliche schildere, was allgemein bekannt sei, aber öffentlich nicht gesagt werde. Es sei ein Anliegen der Redaktion, vor dem Hintergrund von Missbrauchsfällen und berechtigter Kritik an den Kirchen auch Geistlichen eine Plattform zu bieten. (2011)
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„Sie wurden Opfer der Killer-Bestie“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke. Mehrere Menschen werden gezeigt, die im Juli 2011 Opfer des Amoklaufes in Norwegen geworden waren. Einige werden ausführlich mit Vor- und Nachnamen, ihrem Alter und Informationen aus ihrem Leben vorgestellt. Ein Nutzer des Internetauftritts erkennt einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) und hier vor allem Richtlinie 8,1 (Nennung von Namen/Abbildungen). Die Rechtsabteilung des Verlages beruft sich auf ein sehr hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschehen. Die Zeitung habe Bilder und Informationen veröffentlicht, die vorher schon in den norwegischen Medien erschienen seien. Dabei seien weder die Interessen der Opfer noch ihrer Angehörigen verletzt worden. Die Redaktion habe gewissenhaft die Persönlichkeitsrechte und Interessen der betroffenen Familien bedacht. Es gebe besondere Begleitumstände für die Veröffentlichung der Fotos. Der Amoklauf von Norwegen mit 77 Toten sei eines der schwersten Verbrechen, das seit langem in Europa begangen worden sei. Das überragende öffentliche Interesse erstrecke sich nicht allein auf den Tathergang, sondern auch auf die Identität der Opfer. Auch die vollständige Namensnennung verstoße nicht gegen die Persönlichkeitsrechte der Opfer, da der Amoklauf eben kein Regelfall im Sinne der Richtlinie 8.1 gewesen sei. (2011)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel über das Massaker von Norwegen, bei dem im Juli 2011 77 Menschen umgebracht worden waren. Der Text wurde am Tattag gegen 20 Uhr online gestellt. Sein Autor versuchte, auf die Frage eine Antwort zu geben, wer hinter dem Anschlag stecken könnte. Zwar habe es in Norwegen noch nie einen Anschlag gegeben, doch sei es nicht das erste Mal, dass in dem Land ein Bombenanschlag geplant worden sei. Der Journalist bezieht in seine Überlegungen auch ein, dass es sich um einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund handeln könnte. Er begründet diesen Aspekt seiner Überlegungen mit der NATO-Mitgliedschaft Norwegens und dessen Beteiligung an den Militäroperationen in Libyen und Afghanistan. Es folgt eine Aufzählung der spektakulärsten Fälle von Terror in Skandinavien. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe der Zeitung sieht mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Er wendet sich dagegen, dass Muslime als mögliche Täter des Attentats hingestellt würden. Dies sei eine als Tatsache hingestellte Vermutung und entspreche nicht dem Grundsatz sorgfältiger Recherche. Der Autor diskriminiere unzulässigerweise Muslime, was der Beschwerdeführer für eine nicht hinnehmbare Vorverurteilung hält. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist darauf hin, dass Muslime in dem Bericht nicht allein als mögliche Täter angeführt worden seien. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe die Vermutung vorgeherrscht, dass es sich um einen Anschlag mit islamistischem Hintergrund gehandelt haben könnte. Als der kritisierte Artikel veröffentlicht worden sei, sei der Tathintergrund noch völlig unklar gewesen. In allen Medien sei über die möglichen Täter – insbesondere über eine Verbindung zu Al-Qaida – spekuliert worden. Ein Verstoß gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht liege nicht vor, da der Bericht den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gegebenen Kenntnisstand korrekt wiedergebe. Auch habe die Zeitung nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex verstoßen, da der erforderliche Sachbezug für die Nennung der Religion im vorliegenden Fall gerechtfertigt sei. Die zum Vergleich herangezogenen Taten seien islamistisch motiviert gewesen, was vor allem für die Anschläge von New York und Washington zutreffe. Auch Ziffer 13 (Vorverurteilung) könne in diesem Fall nicht angewendet werden, da der Autor sich an die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung gehalten habe. Die gesamte Berichterstattung mache deutlich, dass keineswegs Muslime als allein denkbare Täter dargestellt worden seien. (2011)
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„Sie freuten sich so auf ihr Baby – Betrunkener rast Liebespaar tot“ und „Mann und schwangere Freundin verbrennen in Auto“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung gedruckt und Online ihre Berichterstattung über einen tragischen Verkehrsunfall. In der Fotostrecke der Online-Ausgabe und in der Printausgabe wird ein nicht verfremdetes Foto des verunglückten Paars gezeigt. Der Beschwerdeführer - ein Angehöriger des Verunglückten – beschwert sich darüber, dass das ungepixelte Bild ohne Einwilligung der Angehörigen dem Facebook-Profil des Verstorbenen entnommen und veröffentlicht wurde. Die Abteilung Verlagsrecht der Zeitung entschuldigt sich bei dem Beschwerdeführer. Sie sichert zu, das Foto nicht erneut zu veröffentlichen und signalisiert die Bereitschaft, eine förmliche Unterlassungserklärung abzugeben. Die Rechtsabteilung will abschließend wissen, ob der Beschwerdeführer die Entschuldigung akzeptiert und möglicherweise auf die Durchführung des Beschwerdeverfahrens verzichtet. Der Beschwerdeführer akzeptiert die Entschuldigung nicht. Er hält sie für halbherzig und ärgert sich darüber, dass die Online-Ausgabe das Foto weiterhin ungepixelt veröffentlicht. Die Rechtsabteilung räumt ein, dass die Veröffentlichung des Fotos nicht zu rechtfertigen sei. Sie bietet neben einer förmlichen Unterlassungserklärung den Abdruck ihrer Entschuldigung an. Bisher habe man davon abgesehen, um die Gefühle der Angehörigen nicht erneut zu verletzen. Die Rechtsabteilung bittet den Presserat um Vermittlung. (2011)
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„Keine Entwarnung“ steht über dem Kommentar der Onlineausgabe einer Regionalzeitung zu den Attentaten in Oslo und auf der Insel Utøya. Der Autor stellt fest, dass man den oder die Täter noch nicht kenne, doch deute vieles auf einen islamistischen Hintergrund hin. Er begründet seine Annahme mit dem Hinweis, dass auch norwegische Medien die dänischen Mohammed-Karikaturen abgedruckt hätten und ein Jahr zuvor in Norwegen eine islamistische Terrorgruppe aufgeflogen sei. Zudem sei Norwegen als NATO-Mitglied am Afghanistan-Einsatz beteiligt. Der Kommentator verweist dann auf die liberale Ausländerpolitik Norwegens und den Dialog im Land mit muslimischen Zuwanderern. Nun müsse das Land bitter erfahren, wie ihm seine Liberalität gedankt werde. Als Fazit äußert der Autor den Gedanken, dass es für Europa keine Entwarnung gebe. „Die Gefahr weiterer Attacken bleibt bestehen – und damit leider auch das Paradoxon, dass wir unsere Freiheit offenbar nur schützen können, indem wir sie beschneiden“. Ein Nutzer der Online-Ausgabe moniert, dass, obwohl zu keiner Zeit der Verdacht islamistischen Terrors im Fall Norwegen bestanden habe, der Autor die Gelegenheit benutze, ohne konkrete Anhaltspunkte Stimmung zu machen. Der Artikel sei kommentarlos aus dem Netz genommen worden. Der Beschwerdeführer sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Der stellvertretende Chefredakteur und der Ressortleiter Politik sprechen in ihrer Stellungnahme von einer bedauerlichen Fehleinschätzung des Autors. Für die Annahme der Verbindung des Attentäters von Oslo und Utøya zu islamistischen Terrorgruppen gebe es aus heutiger Sicht keine Rechtfertigung. Gleichwohl habe der Kommentator nicht gegen den Pressekodex verstoßen, da der Anschlag keineswegs eindeutig islamistischen Terrorgruppen zugeordnet werde. Der Autor vertrete lediglich die Meinung, dass es Indizien für einen islamistischen Hintergrund gebe. Zu dem Zeitpunkt, als der Kommentar geschrieben worden sei, hätten viele Politiker, Sicherheitsexperten und Journalisten die gleiche Auffassung vertreten. Die Zeitung bittet um Entschuldigung, dass in der abendlichen Produktionshektik Indizien falsch interpretiert und Vermutungen angestellt worden seien, statt sich auf die bis dahin vorliegenden Fakten zu beschränken. Das hätte nicht geschehen dürfen. Die Stellungnahme der Redaktion sei sowohl in der Online- als auch in der Print-Ausgabe veröffentlicht worden. Auch habe man den Kommentar sofort aus der Internetausgabe entfernt und sich bei den Lesern entschuldigt. (2011)
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„Duisburg und Norwegen im Schmerz verbunden“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Kommentar anlässlich einer Gedenkfeier für die 21 Opfer der Duisburger Loveparade. Der Autor verweist darauf, dass bei dieser Veranstaltung auch eine Fürbitte für die 77 Toten in Norwegen gesprochen worden sei. Er schreibt, dass nur nächste Angehörige nachempfinden könnten, was nun Eltern, Geschwister und Freunde der getöteten norwegischen Jugendlichen durchleiden müssten. Zur Loveparade schreibt der Kommentator: „Schlampige, ignorante Planer und fahrlässige oder schlichtweg überforderte Organisatoren tragen für den Verlust ihrer Liebsten die Verantwortung. Die Verantwortung übernehmen will indes bislang niemand. Die Gerichte werden – wann auch immer – entscheiden, ob Schuldige auszumachen sind.“ Im weiteren Verlauf verweist der Autor auf die Taten des vermutlich rechtsradikalen Norwegers, der zum Attentäter wurde. Am Ende fasst er die beiden unterschiedlichen Tragödien wie folgt zusammen: „Duisburg hätte durch verantwortliche Vorbereitung verhindert werden können, Norwegen dagegen wohl kaum. (…) Was leider bleibt, ist die dumpfe, furchtbare Gewissheit, dass es auch künftig weitere Katastrophen und Tragödien wie in Duisburg und Norwegen mit vielen Opfern und Trauernden geben wird.“ Ein Vertreter der Stadt Duisburg empfindet die Verknüpfung der Tragödie von Duisburg mit dem Massaker von Norwegen als eine Zumutung. Er verweist darauf, dass das Unglück der Loveparade immer noch Gegenstand eines rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens mit offenem Ausgang sei. Beide Ereignisse seien zwar furchtbar, jedoch miteinander nicht vergleichbar. Insbesondere beklagt er eine Vorverurteilung, da noch nicht geklärt sei, ob die Loveparade schlampig oder ignorant geplant worden sei. Bis zur juristischen Klärung habe für alle Beteiligten, insbesondere in der medialen Betrachtung die Unschuldsvermutung zu gelten. Der Autor des Kommentars vermittle den Eindruck, als ob Schuld und Verantwortung schon gerichtlich festgestellt worden seien. Dies sei eine Vorverurteilung und gefährde eine unvoreingenommene und objektive Aufarbeitung des Duisburger Unglücks. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, es sei wohl unbestritten, dass von Planern und Organisatoren der Loveparade bei Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung Fehler gemacht worden sein müssen. An keiner Stelle im Kommentar werde gesagt, wer von den Verantwortlichen Fehler gemacht habe. Mithin sei niemand vorverurteilt worden. (2011)
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