Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
„Stephanie Stumph liebt Italiener" – unter dieser Überschrift stellt eine Regionalzeitung den Lieblingsitaliener der Schauspielerin vor. Am Ende des Beitrages weist die Redaktion mit einem Cover-Foto plus Preisangabe auf die Gastro-Zeitschrift „Augusto" hin. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für das Lokal und die Zeitschrift. Die Chefredaktion betont, dass es sich bei der Veröffentlichung um einen redaktionellen Text handele, der im Magazin „Augusto" erschienen und von der Zeitung übernommen worden sei. „Augusto“ stelle Prominente und ihre Lieblingsrestaurants vor. Insofern liege es in der Natur der Sache, dass Prominente, wie hier die Schauspielerin Stephanie Stumph, ihre Wahl positiv begründeten. Die Grenze zur Schleichwerbung werde nicht überschritten. Nicht die Zeitung, sondern die Schauspielerin halte das Lokal für empfehlenswert. Dies gehe aus dem Text eindeutig hervor. Die Redaktion räumt aber ein Versäumnis ein. Das Magazin erscheine im gleichen Verlag wie die Zeitung. Ein entsprechender Hinweis sei vergessen worden. Die Chefredaktion habe den Fall zum Anlass genommen, alle Redakteure nochmals darauf hinzuweisen, dass laut Pressekodex das Eigeninteresse kenntlich zu machen sei. (2010)
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Eine überregionale Zeitung bewertet in zwei Artikeln – gedruckt und online – die Entscheidung des deutschen Bundeswehr-Obersten Georg Klein, in Afghanistan bei Kunduz zwei Tanklastzüge von der US-Luftwaffe bombardieren zu lassen. Im Artikel unter der Überschrift „Wie viel kostet ein toter Afghane?" wird die folgende Bewertung abgegeben: „Der unselige Befehl des Oberst Klein, der zum Tod von fast 150 Männern, Frauen und Kindern, wohl überwiegend Zivilisten, geführt hat, war unverhältnismäßig, rechtswidrig und schuldhaft. Eine Klage der Hinterbliebenen vor deutschen Gerichten hätte Aussicht auf Erfolg." Einem Kommentar zu den Ereignissen von Kunduz gibt die Zeitung die Überschrift „Mörderisch, aber nicht im Rechtssinn". Außerdem wird beschrieben, dass das Völkerstrafrecht die Täter großzügiger als das akribische nationale Strafrecht behandelt. Dessen Anwendung sei neben dem Völkerstrafrecht nicht ausgeschlossen, weil Totschläger, die im völkerrechtlichen Gesamtzusammenhang gehandelt haben, nicht straffrei ausgehen sollen. Das nationale Recht sei aber sehr tatfern und greife deshalb schwer. Als Fazit wird die Überschrift wiederholt. Es wird behauptet, der Oberst habe schwere Fehler gemacht, aber kein Kriegsverbrechen begangen. Oberst Klein – vertreten durch seine Rechtsanwälte - ist der Auffassung, die Berichterstattung verstoße gehen die Ziffern 2, 9 und 13 des Pressekodex. Er sieht sich in seiner persönlichen Ehre verletzt, weil die Zeitung ihn in ungerechtfertigter und tatsachenwidriger Weise eines rechtswidrigen, gar kriminellen Verhaltens bezichtigt habe. Im Hinblick auf den zweiten Beitrag berücksichtigen die Rechtsanwälte zwar, dass es sich hier um einen Kommentar gehandelt habe, doch sehen sie auch in diesem Fall mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Der Beschwerdeführer werde beiläufig indirekt als „Täter" bezeichnet. Juristische Zusammenhänge seien unrichtig dargestellt bzw. mangelhaft recherchiert worden. Schließlich behaupte der Autor ohne Erläuterung und Beleg, Oberst Klein habe „furchtbare Fehler" gemacht. Der Autor der kritisierten Beiträge nimmt Stellung. Der Beschwerdeführer habe den Luftschlag von Kunduz angeordnet und dabei mehrere Einsatzregeln gebrochen. Er beruft sich auf mehrere Quellen, wie die NATO, die Einschätzung von Amnesty International und die Recherchen zweier Journalisten vor Ort. Der Autor bemängelt, dass der Beschwerdeführer den journalistischen Charakter der beiden Artikel verkenne. Es handele sich um Meinungsäußerungen, nämlich jeweils um Kommentar und Analyse. Sinn eines Kommentars sei es, zu werten und zu bewerten. Dies sei in beiden Fällen geschehen. (2009)
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„Ausgerechnet Kachelmann wirbt jetzt gegen Gewalt“ titelt eine Zeitschrift. Es geht um die Schirmherrschaft und eine Plakataktion von Jörg Kachelmann für eine PR-Kampagne des Berliner Kinderschutzbundes (KSB). Die Redaktion wirft diesem vor, sich nicht von Kachelmann zu distanzieren bzw. ihm nicht die Schirmherrschaft zu entziehen. Weiter heißt es in dem Artikel, in Berlin hingen 500 Plakate zu der Aktion und Kachelmann habe noch kurz vor seiner Verhaftung einen Fototermin im Zusammenhang damit wahrgenommen. Der Kinderschutzbund sieht sich durch die Veröffentlichung in Misskredit gebracht. Jörg Kachelmann sei im März verhaftet worden. Die Aktion habe jedoch vier Monate vorher stattgefunden, also lange bevor von einem Verdacht gegen den Wettermoderator die Rede gewesen sei. Eine Schirmherrschaft gebe es nach Ende der Aktion nicht mehr. Auf seiner Homepage habe sich der Kinderschutzbund mit den Vorwürfen gegen Kachelmann auseinandergesetzt und auf die Unschuldsvermutung hingewiesen. Nach Anklageerhebung seien die Seiten mit Kachelmann umgehend gelöscht worden, um Schaden vom KSB abzuwenden. Man stehe aber nach wie vor zur Unschuldsvermutung. Die Zeitschrift habe dem KSB die Möglichkeit gegeben, in Form eines Interviews einige Dinge richtig zu stellen. Trotzdem – so der Sprecher des KSB – wolle er an der Beschwerde festhalten, da der kritisierte Artikel schlecht recherchiert gewesen sei. Dem KSB sei ein Imageschaden zugefügt worden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift erkennt an, dass der Artikel fehlerhaft gewesen sei. In Absprache mit dem KSB sei eine zweiseitige Geschichte mit dem Ziel der Richtigstellung abgedruckt worden. Es sei jedoch nicht einzusehen, dass der Kinderschutzbund nach dieser Richtigstellung seine Beschwerde aufrechterhalte. In jedem Fall bedürfe es keiner Presseratsentscheidung mehr, da die Redaktion Einsicht gezeigt habe und eine Korrektur veröffentlicht habe. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet in den Sportnachrichten über einen Vergewaltigungsprozess aus dem Jahr 2009. Das Opfer, eine junge Frau, wird mit vollständigem Namen und ihrem Alter genannt. Ort des Geschehens war eine Party, an der prominente Bundesligafußballer teilnahmen. Diese waren später im Prozess als Zeugen vernommen worden. Seit Anfang 2010 ist die Nachricht nur noch mit abgekürztem Namen („Esther B.“) abzurufen. Die Betroffene wehrt sich, vertreten durch eine Rechtsanwältin, gegen die ursprüngliche Namensnennung mit einer Beschwerde beim Presserat. Der stellvertretende Chefredakteur der Onlineausgabe gibt den Fehler der Redaktion zu, die Beschwerdeführerin im Beitrag mit Klarnamen genannt zu haben. (2009)
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„Betrunkene Großmutter ließ Zwillinge ertrinken" – so ist ein Beitrag in der Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung überschrieben. Es geht um ein Ermittlungsverfahren gegen eine Großmutter wegen Verletzung der Aufsichtspflicht und fahrlässiger Tötung. Ihre 16 Monate alten Enkelinnen waren in einem Teich ertrunken. Ein Leser beschwert sich über die Schlagzeile des Beitrags. Die Todesursache sei bislang noch ungeklärt. Auch stehe nicht fest, ob oder in welchem Ausmaß die Großmutter alkoholisiert gewesen sei. Es sei noch ungeklärt, wer in diesem Fall die Aufsichtspflicht gehabt habe. Die Schlagzeile wische alle Zweifel mit einer zum gegenwärtigen Zeitpunkt unhaltbaren Behauptung vom Tisch. Die Formulierung „ließ" könne sogar dahingehend verstanden werden, als habe die Großmutter bewusst nicht geholfen, das Ertrinken der Kinder zu verhindern. Er – der Beschwerdeführer – habe den Leserservice der Zeitung auf den Fall hingewiesen, doch sei die Überschrift unverändert beibehalten worden. Quelle des Beitrages sind zwei Agenturmeldungen. Die Überschriften lauten dort „Zwillinge im Teich ertrunken – Oma betrunken?" und „Ermittlungen gegen Großmutter ertrunkener Zwillinge". Die Agentur hat korrekt formuliert, so dass sich das Beschwerdeverfahren auf die Zeitung beschränkt. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe vertritt die Meinung, dass nur dann ein Verstoß gegen den Pressekodex vorläge, wenn die betroffene Person erkennbar dargestellt sei. Hier sei das nicht der Fall. Der Beitrag sei sprachlich nicht sonderlich geglückt, doch beinhalte er ausschließlich die Information, dass die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittle. So könne beim Leser nicht der Eindruck entstehen, dass der Tatvorwurf Gewissheit sei. (2010)
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Eine Jugendzeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „In den Tod gemobbt!" einen Beitrag über den Suizid einer 15-jährigen Schülerin in den USA. Der Fall wird sehr ausführlich geschildert. Fotos werden abgedruckt, der volle Name der Betroffenen genannt. Identifizierbar dargestellt werden auch die Mitschüler, denen Mobbing vorgeworfen wird. Die Zeitschrift stellt detailliert dar, wie sich das Mädchen das Leben genommen haben könnte. Die Passage schließt mit der Feststellung: „Phoebe wollte sterben, weil sie zu hübsch war". Eine Leserin der Zeitschrift sieht eine Verletzung der Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz). Die gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Suizide werde in dem Artikel missachtet. Die heroisierende und romantisierende Darstellung des Falles rege zu Nachahmungen an. Die Selbsttötung werde ausführlich beschrieben, Fotos gezeigt und Namen genannt. Die Rechtsvertretung des Verlages hält den Vorwurf für ungerechtfertigt, dass die Grenzen des Pressekodex durch die Berichterstattung überschritten worden seien. Nach ihrer Darstellung nehme der Suizid des Mädchens eine einzigartige Sonderstellung ein. Der Fall könne bei Wikipedia in aller Ausführlichkeit nachgelesen werden. Neben den besonderen Umständen, die zur Selbsttötung des Mädchens geführt und die weltweit Bestürzung hervorgerufen hätten, sei der Fall anschließend vor einem US-Gericht verhandelt worden. Er hätte zu einer Gesetzesänderung geführt, die sicherstellen solle, dass sich derartiges nicht wiederhole. Die Eltern des Mädchens seien mit der Berichterstattung einverstanden gewesen, um einen Beitrag zur Prävention zu leisten. Die Privatsphäre sei zu diesem Zweck freiwillig relativiert worden. Es stehe außer Frage, so die Rechtsvertretung weiter, dass auch in Deutschland junge Mädchen gemobbt würden. Der kritisierte Artikel sei alles andere als unethisch. Er beschreibe in einer emotionalen, aber zurückgenommenen Erzählform die Geschehnisse und räume mit dem Vorurteil auf, dass hübsche Mädchen sowieso nicht gemobbt würden. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes. Der neunjährige Junge habe nun erfahren, dass seine Eltern tot seien. Er wolle nach Hause. Eine Fotostrecke zeigt das verletzte Kind in seinem Krankenhausbett. Eine Nutzerin des Internet-Portals sieht in der Abbildung des Jungen einen Verstoß gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz) des Pressekodex. Fotos eines schwer verletzten und gerade verwaisten Kindes verletze dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Schutz der Jugend. Sie hält es für ethisch nicht vertretbar, das schwer traumatisierte Kind ohne Verfremdung zu zeigen. Die Rechtsabteilung des Verlages beruft sich auf Entscheidungen des Presserats, der in ähnlich gelagerten Fällen entschieden habe, dass der Abdruck von Fotos von Katastrophenopfern nicht grundsätzlich gegen den Pressekodex verstoße. Im vorliegenden Fall lägen besondere Begleitumstände vor. Dass ein Neunjähriger einen Flugzeugabsturz als einziger Passagier überlebe, sei ungewöhnlich. Die ganze Welt habe Anteil am Schicksal des Jungen genommen, der im Krankenhaus Interviews gegeben habe. Weder die Bildunterschrift noch der Artikel enthielten sensationelle Darstellungen oder unangemessene Formulierungen. (2010)
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Im Rahmen einer Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeit und einer Schnellimbiss-Kette veröffentlicht eine Jugendzeitschrift mehrere redaktionelle Beiträge. Diese sind gekennzeichnet mit einem Logo „Job Attacke", das durch die Firmenzeichen der beiden Unternehmen ergänzt wird. Ein Leser der Zeitschrift bemängelt, dass der Trennungsgrundsatz nach Ziffer 7 des Pressekodex nicht ausreichend beachtet worden ist. Die Rechtsvertretung des Verlages hält die Kennzeichnung der redaktionellen Beiträge nach presseethischen Grundsätzen für ausreichend. Es werde nichts verschleiert oder vertuscht. Im Text werde immer wieder auf die Kooperation der Zeitschrift mit der Bundesagentur und dem Hamburger-Brater hingewiesen. (2010)
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„Baby wird von einem Ast erschlagen" titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet über einen Sturm in New York, bei dem ein Ast von einem Baum abbrach und eine Mutter mit ihrem Baby traf. Beide wurden verletzt. Die Mutter überlebte, das Baby starb. Beide und auch der trauernde Vater werden mit vollem Namen genannt. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto von Mutter und Kind, das aus einem Internetportal stammt. Ein Nutzer der Ausgabe meint, die identifizierende Berichterstattung über die Familie verstoße gegen deren Persönlichkeitsrechte. Zum Foto meint die Rechtsabteilung der Zeitung, dass die Redaktion es aus dem Internet entnommen habe, sei ein Verstoß gegen den Pressekodex. Indem das Foto von der verletzten Mutter für jedermann sichtbar ins Internet gestellt worden sei, habe man die Persönlichkeitsrechte der Familie nur noch eingeschränkt berücksichtigen müssen. Die Mutter des getöteten Kindes habe sich mit der Einstellung des Fotos in ein öffentlich einsehbares Profil bereits der Persönlichkeitsrechte entledigt. Die Rechtsabteilung bezieht sich zudem auf die Tatsache, dass das Foto eine in New York lebende Frau zeige, die den Nutzern des Internetportals in Deutschland wohl nie begegnen werde. Der mit Ziffer 8 bezweckte Schutz der Privatsphäre sei daher in diesem Fall nur in geringem Maße tangiert. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Wie ich Kirsten Heisig erlebte" über die Berliner Jugendrichterin, die sich das Leben nahm. Im Rahmen dieses Nachrufs veröffentlicht der Autor die SMS, die Frau Heisig zuletzt an eine ihrer Töchter geschrieben haben soll: „Ich mache bei euch alles falsch". Ein Nutzer des Internetauftritts sieht die Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Richterin (Autorin des Buches „Das Ende der Geduld“) verletzt. Der SMS-Inhalt könne nur aus den Ermittlungsakten stammen. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Frau Heisig sei eine der profiliertesten Jugendrichterinnen und weit über Fachkreise hinaus bekannt gewesen. Ihr Tod habe die Menschen tief berührt. Allgemein sei nach den Gründen gefragt worden. Ihre letzten Äußerungen – von der Redaktion wiedergegeben – seien Beleg dafür, dass es private Gründe gegeben haben könnte. Hierin eine Missachtung des sozialen Wert- und Achtungsanspruches des Menschen Heisig zu sehen, sei geradezu abwegig. Es liege auch kein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht der Richterin vor. Der Chefredakteur weist auch den Vorwurf zurück, die Redaktion habe auf unlautere Weise Kenntnis vom Inhalt der SMS erhalten. Sie sei vielmehr von dritter Seite über die Suizidgründe informiert worden. Dies sei journalistischer Alltag und nicht zu beanstanden. (2010)
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