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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Unterstützte SPD-Mann eine CDU-Frau?

Innerhalb der SPD in einer Stadt ihres Verbreitungsgebietes gibt es Streit, Anlass für die regionale Zeitung, in Print und Online über den Vorfall zu berichten. Es geht darum, dass angeblich ein SPD-Kommunalpolitiker eine Kandidatin der CDU im Wahlkampf unterstützt habe. Die Zeitung berichtet von Gerüchten, denen zufolge der SPD-Mann auf dem Wahlkampf-Stand der CDU-Frau aufgetreten sei. Er – ein früherer Bürgermeister der Stadt – bestreitet die Richtigkeit dieser Behauptung. Der Ehemann der CDU-Kommunalpolitikerin kritisiert, dass die Zeitung den Eindruck erwecke, seine Frau habe als Bürgermeisterkandidatin die Hilfe des SPD-Mannes in Anspruch genommen. Diese Behauptung sei falsch. Der Ex-Bürgermeister sei in dem kritisierten Beitrag zu Wort gekommen, seine Frau jedoch nicht. Er wirft der Redaktion mangelhafte Recherche vor. Auch die Kandidatin der CDU hätte zu den Vorwürfen gefragt werden müssen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf zurück, gegen den Grundsatz der journalistischen Sorgfaltspflicht verstoßen zu haben. Die angebliche Wahlkampfhilfe des Ex-Bürgermeisters habe in dessen Partei – der SPD – für Verdruss gesorgt. Die Vorsitzende der örtlichen SPD habe der Redaktion bestätigt, dass es entsprechende Hinweise und Verdächtigungen gebe. Der Ex-Bürgermeister weise die Vorwürfe in dem Beitrag zurück, lasse aber erkennen, dass er durchaus Sympathien für die CDU-Bewerberin gehegt habe. Die Frau wäre eine gute Bürgermeisterin gewesen. Im Mittelpunkt der Berichterstattung – so die Chefredaktion – habe der Streit innerhalb der SPD gestanden. Die CDU-Frau habe nur mittelbar eine Rolle gespielt. (2008)

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Stichworte „infame Hetze“ und „Lynchjustiz“

„Gegen das Allgemeinwohl“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Kommentar. Es geht um das Scheitern eines touristischen Projekts. Der Autor gibt dem Geschäftsführer des Landesnaturschutzbundes (NABU) wegen dessen Normenkontrollklage die Schuld an dem Flop. Der Kommentator stellt die Frage, wie sich der Naturschützer wohl fühle, wenn er durch die Fußgängerzone gehe und den Bürgern ins Gesicht sehe, denen „er die Zukunft zu verbauen droht“. Die persönlichen Vorwürfe werden mehrfach variiert. Der Geschäftsführer nehme der Stadt die Chance auf mehrere hundert Arbeitsplätze und blase in der Wirtschaftskrise eines der letzten Lichter aus. Der Autor wirft der Stadt vor, beim Aufstellen des Bebauungsplanes angesichts der „Argusaugen der Naturschützer“ nicht die nötige Expertise eingeholt zu haben. Den Presserat erreichen in diesem Fall vier Beschwerden. BK1-104/9: Der Beschwerdeführer vermisst jegliche Sachlichkeit. Der Geschäftsführer des NABU werde unter Missachtung der journalistischen Verantwortung persönlich attackiert. Er spricht von einer „infamen Hetze“ gegen einen Menschen, der lediglich im Auftrag einiger zehntausender Mitglieder von drei Naturschutzverbänden gehandelt habe. Passagen des Kommentars sieht der Beschwerdeführer als Aufforderung an die Bürger zu aggressivem Verhalten gegen den Geschäftsführer. BK1-105/09: Der NABU-Chef habe das gesetzlich verbriefte Recht auf Naturschutz eingefordert. Der Kommentar könne bei den Lesern einen „Wunsch nach Lynchjustiz“ auslösen. BK1-106/09: Auch hier sieht der Beschwerdeführer eine Hetze. Er vermisst die erforderliche Sachlichkeit. BK1-107/09: Auch dieser Beschwerdeführer sieht in dem Kommentar einen persönlichen Angriff gegen den NABU-Vorsitzenden. Er spricht von einem „Traktat der übelsten Sorte“. Die Redaktionsleitung teilt mit, sie habe in Berichterstattung und Kommentar die tiefe Betroffenheit vieler Menschen aus der Region aufgegriffen. Die strukturschwache Region wäre ihrer einzigen Entwicklungsperspektive, dem Bau einer großen Ferienanlage, beraubt worden. Ob dieser massive Nachteil hinzunehmen sei, habe der Kommentator zum Thema gemacht. Wenn sich der NABU-Geschäftsführer öffentlich und massiv für die Normenkontrollklage engagiere, müsse er auch hinnehmen, dass sein Name in diesem Zusammenhang Gegenstand einer kritischen Betrachtung sei. (2009)

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Altes Klischee gegen Tschechen eingesetzt

„Tschechische Diebe rasen mit Jeep in ein Autohaus“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um den Diebstahl von zwei Autos, einem Transporter und vielen Radios durch – wie die Zeitung schreibt – „tschechische Diebe“. Sowohl in der Überschrift als auch im Text wird die Nationalität der mutmaßlichen Täter genannt. Im weiteren Text heißt es, dass die Polizei gegen 3.15 Uhr „zwei Tschechen (26 und 33 Jahre) schnappen“ konnte. Die Zeitung schreibt auch, dass die beiden in einem Nachbarort in ein Autohaus eingebrochen seien und aus dem Verkaufsraum mehrere Autoradios gestohlen hätten. Ein Leser der Zeitung kritisiert die wiederholte Nennung der Staatsangehörigkeit der mutmaßlichen Täter. Alles, was damit erreicht werde, sei die Zementierung von Grenzen. Andersartigkeit werde hervorgehoben und Unsicherheitsgefühle gegenüber den EU-Mitbürgern aus der Tschechischen Republik würden geschürt. Die Überschrift setze gezielt ein altes Klischee über die Menschen aus Osteuropa ein. Nach Darstellung der Redaktionsleitung sei es im konkreten Fall keineswegs darum gegangen, die mutmaßlichen Verantwortlichen schwerer Straftaten zu diskriminieren. Die Nennung der Staatsangehörigkeit sei jedoch für das Verständnis des Vorgangs von Bedeutung gewesen. Die Tatorte lägen in unmittelbarer Nähe der tschechischen Grenze. Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen hätten die Straftaten in Grenznähe zugenommen, wobei die Polizei immer wieder davor warne, die Taten ohne Beweise tschechischen oder anderen osteuropäischen Staatsangehörigen anzulasten. Dies habe die Zeitung auch stets berücksichtigt. Wenn jedoch Staatsbürger aus Tschechien die mittlerweile völlig offenen Grenzen dazu nutzten, auf der deutschen Seite des Grenzgebietes Straftaten zu verüben, dann sei es aus Sicht der Redaktionsleitung für den Sachverhalt relevant, dass die Tatverdächtigen im konkreten Fall aus dem Nachbarland kamen. Damit werde jedoch kein Stereotyp gegen Menschen aus dem Osten Mitteleuropas bedient. Ganz im Gegenteil sei es ein Anliegen der im Grenzgebiet erscheinenden Zeitung, beim Abbau derartiger Klischees ihren Beitrag zu leisten. So berichte – so der Redaktionsleiter weiter – sein Blatt über die Vorteile, die die offenen Grenzen beiden Seiten brächten. Auch beim Thema Grenzkriminalität mache es sich die Zeitung nicht leicht, sondern recherchiere umfassend und berichte ausgewogen. (2008)

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Ein Wesen zwischen Mann und Frau

Die Beschwerde im vorliegenden Fall richtet sich gegen mehrere Beiträge in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um eine Dschungelcamp-Kandidatin, die hier als „Super-Transe“ bezeichnet und stets mit ihrem ehemaligen männlichen Vornamen „Lorenzo“ benannt wird. Einmal heißt es: „Pralle Brüste, lange Beine, sexy Mähne – doch zwischen den Beinen noch ein ganzer Kerl. Das ist Super-Transe …, ein Wesen irgendwo zwischen Mann und Frau. Versext ES jetzt das RTL-Dschungelcamp?“ In einem weiteren Beitrag wird die Kandidatin erneut als „Super-Transe“ bezeichnet sowie ihr männlicher Name genannt. Der Begriff wird auch noch in der weiteren Berichterstattung verwendet. Eine Leserin sieht mit den Beiträgen mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Eine transsexuelle Frau sei kein Mann. Daher sollte die Kandidatin auch als Frau bezeichnet werden. Zuschauer könnten denken, Transsexuelle seien „diese verrückten Männer“, doch gerade transsexuelle Frauen bedürften eines besonderen Schutzes, egal wie schrill und schräg sie manchmal aussehen. Die Benutzung des falschen Personalpronomens sei diskriminierend und führe zu Transphobie. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist darauf hin, dass die Dschungelcamp-Kandidatin die kritisierten Begriffe selbst mehrfach in Interviews verwendet habe. Ihre operative Verwandlung sei von ihr selbst zum Medienspektakel gemacht worden. Die damit einhergehende „Prominenz“ – so die Zeitung weiter – sei für die Kandidatin die berufliche und finanzielle Grundlage. Wenn sich die Beschwerdeführerin auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts berufe, wonach zur Würde des Menschen gehöre, dass der Mensch über sich selbst verfüge und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten könne, so habe die Dschungelcamp-Teilnehmerin von eben diesem Grundrecht Gebrauch gemacht. Die in diesem Fall kritisierte Berichterstattung bilde nur ab, was die Protagonisten aus eigenem Antrieb im Rahmen eines bestimmten Fernsehformats öffentlich machen wollten. (2009)

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Ein Begriff jenseits von Gut und Böse

„Hier küsst Lorenzo Giulia Siegel“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet in Wort und Bild über das RTL-Format Dschungelcamp. „Lorenzo“ ist in Wahrheit Lorielle London. Der Kuss zwischen den beiden Frauen wird als „Ekel-Prüfung“ bezeichnet. Über Lorielle heißt es: Super-Transe Lorenzo (25) nahm sich die schöne Giulia Siegel (34) zur Brust…“ Eine Leserin sieht Ziffer 1 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) verletzt. Transsexuelle fühlten sich teilweise schon von Geburt an dem biologisch entgegengesetzten Geschlecht zugehörig. Daher sollte Lorielle London auch als Lorielle und nicht als „Lorenzo“ und somit mit „sie“ und nicht mit „er“ beschrieben werden. Der Begriff „Super-Transe“ sei zudem jenseits von Gut und Böse. Die Fotoveröffentlichung – so die Rechtsabteilung der Zeitung – sei mit ausdrücklicher Zustimmung der Beteiligten nach einem Pressetermin erfolgt. Die beiden sähen jedenfalls ihre Menschenwürde durch den Bericht nicht verletzt. Soweit in der Berichterstattung Lorenzo bzw. Lorielle London als “Supertranse“ bzw. „Transsexuelle“ bezeichnet werde, sei darauf hinzuweisen, dass Lorielle diesen Begriff mehrfach selbst in Interviews benutzt habe. Ihre operative Verwandlung habe sie als Medienspektakel inszeniert, weil die damit einhergehende Prominenz ihre berufliche und finanzielle Existenzgrundlage sei. Die hier angegriffene Berichterstattung bilde nur ab, was die Protagonisten aus eigenem Antrieb im Rahmen dieses Fernsehformats hätten öffentlich machen wollen. (2009)

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Der Mensch verfügt über sich selbst

In diesem Fall beschwert sich eine Leserin der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über mehrere Veröffentlichungen rund um das RTL-Fernsehformat Dschungelcamp“. Es geht um die Camp-Kandidatin Lorielle London, die als „Super-Transe“ bezeichnet und mal als Lorielle und dann wieder als „Lorenzo“ genannt wird. Die Rede ist auch von einem Kuss als „Ekel-Prüfung“, den „Lorielle“ bzw. „Lorenzo“ mit Giulia Siegel ausgetauscht hat. Über Lorielle London schreibt die Online-Ausgabe: „Pralle Brüste, lange Beine, sexy Mähne – doch zwischen den Beinen noch ein ganzer Kerl. Das ist Super-Transe Lorielle London (25): Ein Wesen irgendwo zwischen Mann und Frau. Versext ES jetzt das RTL-´Dschungelcamp´?“ In dem Beitrag „So sieht eine(r) aus, dem RTL Känguru-Penis serviert hat“ wird unter dem Foto von Lorielle London der Dschungelcamp-Teilnehmer erneut als Lorenzo bezeichnet. In einem weiteren Artikel wird die London als „putzige Transe mit den Würstchenlippen“ bezeichnet. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin verstößt die Berichterstattung gegen die Menschenwürde. Sie mache transsexuelle Menschen lächerlich. Transsexuelle würden als lächerliche Männer dargestellt, die gerne Frauen wären. Das sei Hetze gegen Minderheiten. Die Rechtsabteilung der Online-Ausgabe weist darauf hin, dass die Beteiligten vor allem mit der Bildberichterstattung ausdrücklich einverstanden gewesen seien. Die im Zusammenhang mit Lorielle benutzten Begriffe seien von dieser selbst in Interview und auch sonst in der Öffentlichkeit benutzt worden. Auch Lorielle habe von dem Grundrecht Gebrauch gemacht, demzufolge der Mensch sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten könne. (2009)

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Kein Anspruch auf Veröffentlichung

Die Internetplattform einer Regionalzeitung löscht einen Beitrag. Der Verfasser hält die Löschung für ungerechtfertigt. Er habe einen neuen Thread (Englisch für Faden, Strang oder auch Gedankengang) eröffnet, um die Löschung zu thematisieren. Auch dieser sei nach kurzer Zeit kommentarlos entfernt worden. Das sei Zensur. Administratoren dürften nicht willkürlich Textbeiträge zensieren und löschen, wenn kein Verstoß gegen die Forenregeln vorliege. Eine Nutzerin, die zum gleichen Thema den Presserat habe einschalten wollen, sei gesperrt worden. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, in der Internetplattform habe es einen Beitrag mit dem Titel „Türken sind mit Abstand am schlechtesten integriert“ gegeben. Diese Diskussion sei inzwischen wegen wiederholter rassistischer Beiträge gelöscht worden und deshalb nicht mehr abrufbar. Der Beschwerdeführer habe sich auch nicht zum Thema geäußert, sondern sich mit der Frage beschäftigt, ob ein zuvor gesperrter User namens „balu“ nun unter dem Pseudonym „DerGeistDerStetsVerneint“ aktiv sei. Die folgenden Beiträge hätten diese Spekulationen aufgegriffen. Sie seien gelöscht worden, weil sie nichts mehr mit dem eigentlichen Thema des Threads zu tun gehabt hätten. Es seien also lediglich themenfremde Beiträge entfernt worden. Die Begleitung der einzelnen Foren erfolge durch „Moderatoren“. Diese könnten Beiträge editieren und löschen. Das Forum unterliege den Allgemeinen Nutzungsbedingungen des Internetportals. Diese regelten unter Ziffer 4.5, dass Nutzer eigene Inhalte einstellen dürften. Es werde allerdings klargestellt, dass ein Anspruch auf Veröffentlichung der Beiträge ausdrücklich nicht bestehe. (2009)

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„10.000 Euro OP-Kosten stecken in ihm/ihr“

In einer Boulevardzeitung erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „1. Ekel-Prüfung im Dschungel-Camp“. Laut Dachzeile haben sich Lorielle London und Giulia Siegel geküsst. In einem Anreißer auf der Titelseite bezeichnet die Zeitung diesen Kuss als „Ekel-Prüfung“. Über Lorielle London heißt es: „Super-Transe Lorenzo (25, l.) nahm sich gleich die schöne Giulia Siegel (34) vor.“ In der Kurz-Vorstellung der Lorielle stehen die Sätze: „Super-Transe Lorenzo (25) – in ihm/ihr stecken über 10.000 Euro OP-Kosten, z.B. neuer Busen (…) Nun unterzieht er sich einer Hormon-Therapie, um ganz zur Frau zu werden. Lorenzo packt ein: Makeup und Lidschatten“. Ein Leser sieht eine Verletzung der Menschenwürde dadurch, dass ein Kuss zwischen einer Transsexuellen und einer heterosexuellen Frau als „Ekel-Prüfung“ bezeichnet wird. Das Wort „Ekel“ beziehe sich dabei eindeutig auf Lorielle London. Damit bediene die Zeitung in populistischer Weise eine Sexualmoral, deren Verfechter Minderheiten als „abartig“ und deren Sexualpraktiken als „eklig“ bezeichneten. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung für zulässig, weil alle Beteiligten mit ihr einverstanden gewesen seien. Zumindest die beiden betroffenen Personen sähen ihre Menschenwürde nicht verletzt. Lorielle London habe die der Zeitung vorgeworfenen Begriffe selbst in der Öffentlichkeit benutzt. Ihre operative Verwandlung habe sie als Medienspektakel inszeniert. Von solchen und ähnlichen Auftritten und Aktionen lebe sie. Lorielle habe von dem Grundrecht Gebrauch gemacht, über sich selbst zu verfügen und ihr Schicksal eigenverantwortlich zu gestalten. (2009)

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Wenn Männer schrill durch die Gegend gackern

Die Online-Ausgabe eines illustrierten Magazins berichtet unter der Überschrift „Und am Ende siegt immer das Tuntige“ über das RTL-Dschungel-Camp. Unter einem Foto steht: „Lorielle London (…) könnte vom Tuntentrend profitieren.“ Im Text heißt es über sie: „Der Sieger steht ohnehin schon fest – denn Deutschland hat ein Herz für Tuntiges“. Weitere Zitate aus dem Text: „Sie kreischen, heulen, jaulen, stöhnen, jubeln und laufen selbst bei den profansten Dingen vor Emotionen über wie normale Menschen nicht bei der Geburt des ersten Kindes oder dem Gewinn der ersten Goldmedaille: Tunten, oder wie Wikipedia sie definiert ´Schwule, die durch ein besonders affektiertes Verhalten auffallen´“. Lorielle wird als „halbe Frau“ bezeichnet. Des Weiteren wird behauptet, der Deutsche liebe seine Tunten. Wenigstens an ihnen könne er liberale Gesinnung und Toleranz praktizieren. „Das Herz des Bundesbürgers schlägt höher, wenn Männer Handtaschen schwingen, Stöckelschuhe tragen oder schrill durch die Gegend gackern“. Die Aktion Transsexualität und Menschenrechte e. V. verwahrt sich dagegen, dass eine transsexuelle Frau als „Tunte“ bezeichnet wird. Dieser Begriff beziehe sich jedoch auch auf verkleidete schwule Männer. Transsexuelle Frauen seien keine tuntigen Männer. Die Beschwerdeführerin sieht darin eine Diskriminierung transsexueller Frauen. Der Respekt vor der geschlechtlichen Identität transsexueller Frauen sei in den deutschen Medien ein großes Problem. Dort würden transsexuelle Frauen als „schwule Männer“ bezeichnet, was nicht den Tatsachen entspreche. Die Rechtsabteilung des Magazins sieht in diesem Fall keine Diskriminierung. Insbesondere werde die Menschenwürde der Dschungelcamp-Kandidatin nicht missachtet. Lorielle London werde nicht als „schwuler Mann“ bezeichnet. Das Dschungel-Camp wie auch die ironische Berichterstattung darüber könnten im Einzelfall die Grenze des guten Geschmacks überschreiten, gegen den Pressekodex verstießen sie jedoch nicht. (2009)

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Amoklauf Winnenden: „Realschule holt auf“

Die Online-Ausgabe eines Satiremagazins berichtet über den Amoklauf von Winnenden. Unter der Überschrift „Realschule holt auf“ stellt die Redaktion ein Schul-Ranking zwischen Realschulen und Gymnasien auf, an denen Verbrechen verübt wurden. Genannt werden die Amokläufe von Meißen (1999), Erfurt (2002), Emsdetten (2006) und Winnenden (2009). Für jedes Todesopfer steht in der Auflistung eine Pistole. Unter der Überschrift „Amok-Ankündigung“ veröffentlicht die Redaktion ein vorgefertigtes Formular, in dem potentielle Amokläufer Tatort, Tatmotiv, Absender und Empfänger ankreuzen bzw. eintragen können. Vier Leser bzw. ein Vertreter des Regierungspräsidiums Stuttgart schicken Beschwerden an den Presserat. BK1-109/09: Nach Ansicht des Beschwerdeführers geht die Zeitschrift geschmacklos und menschenverachtend mit den Ereignissen an den genannten Schulen um. Die Würde der Opfer, der Angehörigen und jedes anderen Menschen werde mit Füßen getreten. Die Opfer der Tragödien würden durch die Abbildung „Schulranking“ zu „skurrilen Trophäen“. BK1-110/09: Satire müsse Grenzen haben. Die kritisierte Darstellung sei geschmacklos. Ein ganzes Land sei geschockt, und das Satiremagazin mache darüber perverse Scherze. BK1-111/09: Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass Satire in diesem Fall zu weit gehe. BK1-112/09: Das Stuttgarter Regierungspräsidium reicht seine Beschwerde im Namen der Opfer und der Angehörigen ein. Das Magazin habe sich in beschämender, geschmackloser und unwürdiger Weise über den Amoklauf und die Todesopfer lustig gemacht. In dem Beitrag „Das neue Schulranking ist da: Realschule holt auf“ würden die Opfer des Amoklaufes in Form von Pistolen dargestellt und aufgelistet. Die Darstellung sei menschenverachtend. Durch das „Amok-Ankündigungsformular“ werde die Problematik der Trittbrettfahrer ins Lächerliche gezogen. Das Satire-Magazin nimmt zu den Beschwerden nicht Stellung. (2009)

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