Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Unakzeptable Textpassage übersehen

Ein staatenloser Roma wird wegen Einbruchs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Internetdienst einer Regionalzeitung berichtet. Eine Leserin moniert, dass der Beitrag gegen die Richtlinie 12.1 des Pressekodex verstoße, da die ethnische Herkunft einer Person im Zusammenhang mit einer Straftat nur dann genannt werden dürfe, wenn diese zum Verständnis des Vorgangs unerlässlich sei. Dies sei hier jedoch offensichtlich nicht der Fall. Der Artikel trage unnötig zur weiteren Stigmatisierung einer ethnischen Gruppe bei. Mit Betroffenheit bekennt der Verlag einen Verstoß. Die Wahrung des Pressekodex und der sonstigen presserechtlichen Grundsätze hätten im Hause oberste Priorität. Die Unternehmensspitze bedauert den Fehler und entschuldigt sich in aller Form. Beim Redigieren des Textes sei in der Hektik des Tagesgeschäfts diese unakzeptable Passage übersehen worden. Man habe die Redaktion deutlich auf diesen journalistischen Fehltritt hingewiesen und sie entsprechend belehrt. Alle Redaktionen seien an die Einhaltung der Richtlinien des Presserats erinnert worden. (2009)

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Sachliche Dokumentation der Ereignisse

„Verletzte Lehrer werfen sich schützend vor ihre Schüler!“ titelt eine Boulevardzeitung in ihrer Online-Ausgabe über das besonnene Verhalten der Lehrer während des Amoklaufes in Winnenden. Zum Beitrag gestellt sind die Bilder der drei getöteten Lehrerinnen. In den Bildtexten sind die Vornamen und die Initialen der Familiennamen angegeben. Nach Auffassung eines Lesers verletzt die Bildserie die Persönlichkeitsrechte der Opfer nach Ziffer 8 des Pressekodex. Mit erheblichem Aufwand sei der Versuch unternommen worden, dass ein Bild der getöteten Michaela K. nicht veröffentlicht wurde. Offenbar sei die Redaktion jedoch an dieses Bild gelangt. Wenn die Angehörigen nach einer solchen Tat nicht wünschten, dass Bilder einer Verstorbenen an die Öffentlichkeit gelangten, sollte die Presse dies respektieren und die Veröffentlichung unterlassen. Zur Rechtfertigung ihrer Handlungsweise führt die Rechtsabteilung der Zeitung das Argument des außerordentlich hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit am Geschehen von Winnenden in die Diskussion ein. Nach ihrer Auffassung seien Persönlichkeitsrechte und Fakten sorgfältig gegeneinander abgewogen worden. Der Pressekodex schreibe fest, dass „in der Regel“ eine identifizierende Darstellung der Opfer zu unterbleiben habe. Winnenden sei jedoch kein Regelfall gewesen. Bei den Fotos seien auch die berechtigten Interessen der Opfer berücksichtigt worden. Alle seien kontextneutrale Porträts und zeigten sie nicht in einer hilflosen oder entwürdigenden Position. Über einen entgegenstehenden Willen einzelner Hinterbliebener sei den Redaktionen nichts bekannt. Das gelte auch für den Fall der vom Beschwerdeführer genannten Michaela K. (2009)

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Den Begriff „Pfusch“ mit „Polen“ verbunden

„Hilfe, mein Disco-Busen ist nur Pfusch!“ titelt eine Boulevardzeitung und setzt diese Unterzeile hinzu „…kein Wunder, er ist ja auch aus Polen“. Im Bericht geht es um eine junge Frau, die sich an einem Disco-Wettbewerb beteiligt hat. Dabei war eine Brust-OP verlost worden. Die Zeitung schreibt, dass die OP in Polen vorgenommen worden sei, „wo Schönheitskorrekturen zu Billigst-Preisen gemacht werden – mit entsprechenden Risiken“. Das Beratungsgespräch habe auf Polnisch stattgefunden und sei lediglich übersetzt worden. Die Zeitung schreibt, dass die Patientin nach der Operation starke Schmerzen gehabt habe. Nach Abnahme des Verbandes habe sich herausgestellt, dass ihre linke Brust „verbeult“ gewesen sei. Bei einem anderen Facharzt sei eine erneute OP vorgenommen worden. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen den Pressekodex; da Polen mit Negativ-Ereignissen und schlechter Qualität in einen Zusammenhang gebracht werden. Die Verlagsleitung der Zeitung hält die kritisierte Formulierung im Nachhinein für nicht sehr glücklich, sehe aber darin weder die behauptete Verletzung der Menschenwürde noch eine Diskriminierung der in Polen lebenden Menschen. Der monierte Zusatz habe launig-flapsig den Bericht über einen absurden Vorgang einleiten sollen. Eine junge Frau habe sich in einer Diskothek eine Schönheitsoperation im Ausland vermitteln lassen, die dann misslungen sei. Die plakative Überschrift sollte zum Ausdruck bringen, dass Pfusch zu erwarten war, wenn ausgerechnet eine Diskothek als Vermittler einer solchen OP unter derart ungewissen Umständen auftrete. Es sei nicht sehr geschickt gewesen, beim Verkürzen des Sachverhalts in der Überschrift den Begriff „Pusch“ derart mit „Polen“ zu verbinden. Der Grund dafür liege in der Hektik der Produktion und nicht etwa in einer diskriminierenden Absicht der Autoren. (2009)

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Kennzeichen der Unfallfahrzeuge gezeigt

Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung berichtet mit einem Film über drei Verkehrsunfälle in der Region, von denen einer tödlich endete. Die Unfallfahrzeuge werden mit kompletten Kennzeichen gezeigt. Ein Nutzer des Internet-Auftritts der Zeitung kritisiert, dass die Opfer auf Grund der Art der Darstellung identifizierbar seien. Dies verstoße gegen deren Persönlichkeitsrechte. Die Redaktion der Zeitung stellt bedauernd fest, dass es versäumt worden sei, die amtlichen Kennzeichen der Unfallfahrzeuge zu schwärzen oder zu pixeln. Dies bedauern Chefredaktion und Verlagsleitung gleichermaßen. Alle Redaktionsmitglieder seien noch einmal ausdrücklich an die im Hause geltende Verfahrensweise erinnert und zu deren Einhaltung aufgefordert worden. (2009)

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Michael Jackson beim Sterben zugesehen

Das Foto des sterbenden Michael Jackson im Krankenwagen erscheint in einer Boulevardzeitung. Es zeigt, wie ein Sanitäter mit einem Beatmungsbeutel Luft in die Lunge des King of Pop pumpt. Bildtext: „Hier verliert er den Kampf um sein Leben“. Mehrere Leser sind der Meinung, das Foto verstoße gegen Richtlinie 8.4 des Pressekodex, weil Erkrankungen in die Privatsphäre des Betroffenen fallen. Es handele sich um eine unangemessene und entwürdigende Darstellung eines sterbenden Menschen. Die Zeitung missachte Jacksons Menschenwürde. Die Rechtsvertretung der Zeitung beruft sich auf das außerordentliche Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Das kritisierte Foto sei keine entwürdigende Darstellung eines sterbenden Menschen. Es zeige im Profil Teile des Gesichts eines äußerlich unversehrt, wie schlafend wirkenden Menschen, die untere Hälfte von einer Atemmaske verdeckt. Die Intimsphäre des Toten oder seiner Angehörigen werde durch das Bild nicht verletzt. (2009)

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Leserbrief mit voller Adresse veröffentlicht

Nach einem ausführlichen Telefonat mit dem Autor veröffentlicht eine Lokalzeitung dessen Leserbrief. Die Zusendung erscheint stark gekürzt. Die Kürzungen werden mit („…“) gekennzeichnet. Die Adresse des Einsenders wird komplett genannt. Der Leserbriefschreiber beschwert sich über die gekürzte Veröffentlichung. In dem Telefonat mit der Redaktion sei ihm zugesagt worden, dass sein Beitrag ungekürzt veröffentlicht werde. Darüber hinaus moniert der Beschwerdeführer, dass seine Adresse abgedruckt worden sei. Das störe ihn besonders deshalb, weil man in dem Telefongespräch geklärt habe, dass die Adresse nicht genannt werde. Der Redakteur habe gesagt, dass er wie immer verfahren werde. Der Beschwerdeführer hat auf die Vereinbarung nach eigenem Kunden zusätzlich in einer E-Mail hingewiesen. Die Redaktion meint, dem Beschwerdeführer mitgeteilt zu haben, dass Leserbriefe ausschließlich mit Adresse abgedruckt würden. Mit diesem Wissen habe der Einsender die Möglichkeit gehabt, auf die Veröffentlichung zu verzichten. Der Leserbrief sei im Übrigen sinnwahrend gekürzt worden. (2009)

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Trotz Namensgleichheit keine Verwechslungsgefahr

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet über den Konflikt im Hamburger Schanzenviertel. Die Polizei habe einen bekannten Koch, der dort ein Restaurant betreibt, vor einem Buttersäureanschlag gewarnt. Unter dem Verdacht, den Anschlag zu planen, stehe eine Frau, die als Aktivistin des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks bekannt sei. Die Frau wird mit vollem Namen genannt. Eine gleichnamige Frau aus einem entfernten Hamburger Stadtteil beschwert sich beim Presserat. Durch die Berichterstattung werde der Eindruck erweckt, sie sei die Aktivistin aus dem Schanzenviertel. Dies schade ihrem Ruf und ihren geschäftlichen Aktivitäten. Der Justitiar der Zeitung sieht in dem Online-Beitrag keine Persönlichkeitsverletzung. In dem fraglichen Artikel werde nicht nur der Name der verdächtigten Frau genannt, sondern weitere Einzelheiten, die eine Verwechslung mit einer Frau gleichen Namens ausschlössen. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt, inwieweit die Berichterstattung ihren geschäftlichen Interessen geschadet habe. (2009)

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Kein Hinterbliebener hat sich beklagt

Ein Nachrichtenmagazin titelt „Die Opfer von Winnenden – Die Tat. Der Mörder. Die Hintergründe. Das Protokoll eines monströsen Verbrechens.“ Porträtfotos von 12 der fünfzehn Opfer des Amokläufers an der Winnender Realschule werden gezeigt. In der Bildzeile steht jeweils der abgekürzte Name des Opfers. Auf einem der Fotos ist die abgedeckte Leiche von Franz J. (56) zu sehen. Bei den Opfern „Michaela K. (26)“ und „Sigurt W. (46)“ veröffentlicht die Redaktion einen schwarzen Kasten anstelle eines Fotos. Ein Leser hält die Berichterstattung für menschenverachtend. Es sei selbstverständlich, dass über eine solche Tat berichtet werden müsse. Die Detailtiefe sei jedoch abstoßend. Die Bilder der Opfer gehörten nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht auf die Titelseite. Er habe beschlossen, das Magazin demonstrativ nicht zu lesen. Ein leitender Redakteur nimmt Stellung. Sein Blatt habe bewusst nicht den Täter, sondern die Opfer auf die Titelseite genommen. Sie habe dem Attentäter nicht posthum einen großen Auftritt verschaffen wollen. Die Dimension der Tat lasse sich am besten dadurch begreifbar machen, dass die Redaktion die Gesichter der Opfer zeige – normale, überwiegend sehr junge Menschen, so natürlich gezeigt, wie ihre Familien, ihre Freunde sie sahen. Es sei der Redaktion gerade darum gegangen, jedem der 15 Opfer ein Gesicht und eine Geschichte zu geben. Es seien ganz normale Porträtfotos abgedruckt worden. Solche Bilder könnten die Menschenwürde nicht verletzen. Ganz im Gegenteil: Es sei weit verbreitet und üblich, Verstorbener auch anhand von Bildern zu gedenken. Es gebe auch die Tradition der Sterbebilder. Die Redaktion könne daher nicht erkennen, dass Porträts getöteter Verbrechensopfer dazu geeignet seien, diese in ihrer Menschenwürde zu verletzen. Dies gelte auch für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Die Identifizierbarkeit der Opfer könne bei einer Tat dieser Dimension deshalb keine Rolle spielen, da ohnehin ihr gesamtes Umfeld von ihrem Schicksal erfahre. Im Gegensatz zur Magazin-Redaktion habe die Baden-Württembergische Landesregierung in ihrer Traueranzeige die vollständigen Namen aller Getöteten veröffentlicht. Nicht ein einziger Hinterbliebener habe sich bei der Redaktion über die Nennung der abgekürzten Namen beklagt. In vielen Zuschriften hätten Leser zum Ausdruck gebracht, dass das Anliegen der Redaktion von ihnen richtig verstanden worden sei. (2009)

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Jeder Einsender wird angeschrieben

Eine Regionalzeitung druckt einen Leserbrief unter der Überschrift „Der Bürger zahlt die Zeche“ mit voller Adresse des Einsenders ab. Der Beschwerdeführer ist mit diesem nicht identisch. Er beschwert sich jedoch über die Veröffentlichungspraxis. Er meint, die Zeitung „zensiere“ Leserbriefe bzw. nehme Spitzen gerne heraus und drucke die volle Adresse des Autors ab. Diese Handlungsweise stehe im Widerspruch zum Pressekodex. Der Beschwerdeführer legt dem Presserat eine umfangreiche Korrespondenz mit der Zeitung vor. Danach ist diese nicht bereit, auf die Nennung von Leserdaten zu verzichten. Die Chefredaktion widerspricht der Ansicht des Beschwerdeführers, der Pressekodex sehe vor, dass Leserbriefe nur ungekürzt und mit den Überschriftenvorschlägen der Einsender abgedruckt werden dürften. Die Richtlinie 2.6 des Pressekodex sehe keinen ungekürzten Abdruck vor. Ebenso wenig gebe es einen Rechtsanspruch auf Veröffentlichung von Leserbriefen. Die Redaktion folge konsequent Absatz 4 der Richtlinie 2.6 und behalte sich in jedem Fall die Kürzung von Leserbriefen vor. Ein entsprechender Hinweis stehe auf jeder Leserbriefseite. Die Zeitung geht sogar noch über die Richtlinie des Presserates hinaus und schreibe jeden Leserbrief-Einsender an. Dabei werde noch einmal auf sinn-wahrende Kürzungen hingewiesen. Was die Nennung der Adressen angeht, bezieht sich die Chefredaktion auf eine Soll-Bestimmung im Pressekodex. Die Zeitung veröffentliche seit 66 Jahren Leserbriefe mit Adresse. Dies sei jedem Einsender bekannt. Sollte einer von ihnen mit der Nennung seiner Adresse nicht einverstanden sein, werde der Brief nicht veröffentlicht. (2009)

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Kein Zweifel an korrekter Recherche

„Tim K. erschoss Frau eines Polizeibeamten“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über das persönliche Schicksal der Lehrerin Michaela K., die zu den Opfern des Amoklaufes von Winnenden gehört. Die Lehrerin war mit einem Polizeibeamten verheiratet, der zu den ersten Einsatzkräften gehörte, die nach dem Notruf aus der Albertville-Realschule am Tatort eintrafen. Der Beschwerdeführer ist nach eigenem Bekunden ein enger Freund der Betroffenen. Er verfüge über Hintergrundinformationen zum Tod von Michael K. Er wirft der Redaktion vor, dass der Beitrag den Grundsätzen gründlicher und fairer Recherche widerspreche. Er verstoße gegen das Prinzip der Achtung von Privatleben und Intimsphäre. Mehrere Details im Bericht seien falsch. Die Angabe, dass eine der Erschossenen in einem genannten Stadtteil gewohnt habe, komme einer Adressenveröffentlichung gleich. Abgesehen davon habe die Frau gar nicht dort gewohnt. Der Beschwerdeführer kritisiert die Passage, wonach bereits um 9.41 Uhr rund 1000 Polizisten im Einsatz gewesen seien. Dies sei nach seiner Ansicht nicht möglich, da der Notruf laut Bericht um 9.33 Uhr abgesetzt worden sei. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitschrift behauptet der Beschwerdeführer Dinge und offenbare angebliches Hintergrundwissen, dessen Richtigkeit nicht überprüft werden könne. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung seien die Namen der Getöteten in anderen Medien bereits genannt worden. Sogar überregionale Zeitungen hätten bereits den anonymisierten Klarnamen „Michaela K.“ mitgeteilt. Der Name sei auch während eines Gottesdienstes verlesen worden. Die Informationen über Notruf und Eintreffen der Polizei am Tatort beruhten auf Aussagen von Kripo-Beamten. Anhaltspunkte dafür, dass die Informationen falsch seien, lägen nicht vor. Bei der Beschreibung des Einsatzes sei nichts falsch dargestellt worden. Einzelheiten seien von der Polizei bestätigt worden. „Im Einsatz“ meine schließlich nicht zwingend, dass 1000 Polizisten bereits am Tatort waren, sondern in Marsch gesetzt“ worden seien. (2009)

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