Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer Großstadt-Zeitung berichtet unter der Überschrift „Erste Lehrerin beigesetzt“ über die Beerdigung einer der drei Lehrerinnen, die vom Amokläufer Tim K. in Winnenden getötet worden waren. Eine Fotostrecke zeigt fünf Bilder von der Trauerfeier. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Mit erheblichem Aufwand sei versucht worden, das Opfer ohne Presse beizusetzen. Dennoch seien trotz entsprechender Bitten auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof zahlreiche Fotos gemacht worden. Die meisten Anwesenden hätten in dieser Situation nicht fotografiert werden wollen. Zum anderen habe das Klicken der Fotoapparate mehr an einen Presseempfang als an eine Beisetzung erinnert. Die so entstandenen Bilder seien auch für den kritisierten Bericht verwendet worden. Die Redaktion gibt keine Stellungnahme ab. (2009)
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In der Online-Ausgabe des Lokalteils einer Regionalzeitung erscheint ein Beitrag, in dem es um die Schulzeugnisse geht, die an diesem Tag ausgegeben wurden. Die Redaktion berichtet auch über das Internetportal Spickmich.de und nennt die Namen der dort kritisierten Lehrer. So habe eine bestimmte Lehrerin eine noch befriedigende 3,2 erhalten. In den Kategorien „Kompetenz und Unterrichtsvorbereitung“ habe sie passable Noten im Zweierbereich „abgesahnt“, doch werde ihr im Bereich „Menschlichkeit“ nur eine Vier zugebilligt. Eine weitere Lehrerin sei in der Kategorie „Beliebtheit“ mit einer Fünf benotet worden und damit versetzungsgefährdet. Im Artikel wird zudem die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes erwähnt. Danach werden bei der Benotung von Lehrern auf dem Internetportal Spickmich.de Persönlichkeitsrechte nicht verletzt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Leiter eines Gymnasiums. Er kritisiert insbesondere, dass die Zeitung die Internet-Einträge aufgegriffen und dadurch den Kreis derjenigen, die diese Informationen erhielten, unangemessen erweitert habe. Er sieht außerdem in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Chefredaktion stellt fest, dass sie die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Lehrkräfte beachtet habe. Im Beitrag gehe es um Kritik von Schülern an einzelnen Lehrern, doch werde damit nicht in das Privatleben und in die Intimsphäre der Betroffenen eingegriffen. Der Unterricht an einer öffentlichen Schule sei weder dem Privatleben noch der Intimsphäre eines Menschen zuzuordnen. Über Bewertungen in Spickmich.de habe man sachlich, wenn auch pointiert, berichtet. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte könne nicht dadurch vorliegen, dass über Werturteile berichtet werde. Es liege im Wesen von Beurteilungen, dass sie positiv oder negativ ausfallen könnten. Die veröffentlichten Aussagen seien weder falsch noch verleumderisch oder verunglimpfend. Sie gäben lediglich die in Spickmich.de veröffentlichte Kritik wieder. (2009)
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Die Eltern des Amokläufers von Winnenden haben einen offenen Brief geschrieben, in dem sie den Hinterbliebenen der Opfer ihr Mitgefühl bekunden. Eine überregionale Zeitung berichtet über den Vorgang. Sie beschäftigt sich auch mit den Beisetzungen der Getöteten. Fotos im Beitrag zeigen Beerdigungen, Motive der Trauerfeiern und die Gedenkstätten. Ein Leser sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Mit erheblichem Aufwand hätten die Hinterbliebenen versucht, die Opfer ohne Presse beizusetzen. Zahlreiche Fotografen hätten entsprechende Bitten missachtet. Die meisten der Anwesenden hätten in dieser Situation nicht fotografiert werden wollen. Außerdem sei durch die Kameras ein Geräuschpegel wie bei einem Presseempfang entstanden. Die so entstandenen Fotos seien für die Berichterstattung verwendet worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung zitiert Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Danach sei die Nennung von Namen und die Abbildung von Opfern in der Regel nicht gerechtfertigt. Winnenden sei jedoch kein Regelfall gewesen. Das dortige Geschehen sei die Ausnahme, von deren Existenz der Pressekodex in Richtlinie 8.1 ausdrücklich ausgehe. Die Erschütterung, die der vielfache Mord von Winnenden in der Gesellschaft und in der Politik ausgelöst habe, mache die Berichterstattung über die Tat, den Täter und vor allem die Opfer zu einem unerlässlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Dies gelte auch für die Diskussion über schärfere Waffen- und Jugendschutzgesetze. Die Redaktion habe es nicht nur für zulässig, sondern gar für geboten gehalten, bei der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Fall Winnenden auch dessen Opfer zu zeigen. Entscheidend dafür war es, einer breiten Öffentlichkeit das Ausmaß der Tragödie wenigstens ansatzweise zu vermitteln. Der Vorwurf des Voyeurismus verdränge oft den ehrlichen Wunsch der Öffentlichkeit, Anteil nehmen zu können. Bei der Recherche vor Ort hätten sich die Redakteure sehr korrekt und sensibel verhalten. Sämtliche Fotos der Trauerfeiern und der Beisetzungen stammten von Nachrichtenagenturen und dokumentierten auf eindrucksvolle Weise die Trauer und Verzweiflung, die im Umfeld der Opfer, aber auch in der ganzen Bevölkerung geherrscht habe. Die Bilder seien Dokumente der Zeitgeschichte. Der Vorwurf, Fotografen hätten die Beisetzungsfeierlichkeiten gestört, sei für die Redaktion nicht nachprüfbar. Sie sei nicht mit eigenen Fotografen vor Ort gewesen. Die verwendeten Bilder zeigten jedoch die Distanz, aus der die Aufnahmen gemacht worden seien, so die Rechtsvertretung weiter. Die Chefredaktion nehme die Kritik an der Berichterstattung sehr ernst. Sie weise jedoch ausdrücklich die Unterstellung zurück, die Redaktion habe die Fotos aus Zynismus, Geschmacklosigkeit, Sensationsgier, Pietätlosigkeit oder mangelndem Respekt vor dem Leid der Angehörigen veröffentlicht. (2009)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über ein Benefiz-Fußballspiel, an dem auch Olli Dittrich teilnehmen soll. Dessen achtjähriger Sohn wird von der Redaktion mit einigen Aussagen zitiert. Unter anderem heißt es, der Junge habe gesagt, „Ich kenne hier nur meinen Papa – und der spielt toll“. Der Spross sei ein „Querdenker“, schreibt die Zeitung. Schließlich gehe er mit HSV-Schuhen in eine Kölner Schule. Im Namen des Sohnes tritt ein Rechtsanwaltsbüro als Beschwerdeführer auf, das einen Verstoß gegen Ziffer 4, Richtlinie 4.2, sowie Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex sieht. Die Zeitung habe sich Informationen durch Ausfragen des achtjährigen Kindes beschafft. Eine Zustimmung der gesetzlichen Vertreter habe nicht vorgelegen. Vielmehr hätten dessen Eltern versucht, ihren Sohn aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Dieser sei eine schutzwürdige Person im Sinne von Richtlinie 4.2 des Pressekodex. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 sei darin zu sehen, dass der Artikel nicht nur den Namen, das Alter und Aussagen zur Kleidung, sondern auch zum Wohn- und Schulort des Jungen enthalte. Diese Angaben seien ohne entsprechendes öffentliches Interesse in der Zeitung veröffentlicht worden. Auch Richtlinie 8.2 des Pressekodex sei verletzt, da der Aufenthaltsort einer Person einen besonderen Schutz verdiene. Hierzu gehörten auch der private Wohnsitz und der Ort der Schule, auf die ein Kind geht. Dabei handele es sich um einen Ort mit wichtiger Rückzugsfunktion für die freie Persönlichkeitsentfaltung und –bildung. Die Chefredaktion weist die Vorwürfe zurück. Die Autorin habe den Jungen nicht überrumpelt und nicht ausgefragt. Bei dem Gespräch sei eine Bekannte von Olli Dittrich dabei gewesen. Auch dieser habe Gelegenheit gehabt, das Gespräch vom Fußballplatz aus zu beobachten. Er habe das Gespräch zwischen Sohn und Reporterin nicht unterbunden. Darüber hinaus habe Olli Dittrich seinen Sohn nicht – wie behauptet – von den Medien abgeschirmt. Er habe sich vielmehr mehrfach öffentlich über seinen Sohn geäußert. Andere Medien hätten wesentlich detaillierter über den Jungen berichtet. (2009)
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„Hurra, wir haben das Abitur geschafft“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht das onlineabrufbare Archiv einer Großstadtzeitung einen Beitrag, in dem die Namen der Abiturienten aus dem Jahr 2003 genannt werden. Einer von ihnen beschwert sich über die Abrufbarkeit der Daten im Online-Archiv und über Google. Er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Auf seine Beschwerde bei der Zeitung habe ihm diese geantwortet, dass ihre Handlungsweise gängige Praxis sei. Er selbst ist der Meinung, dass es aus technischer Sicht überhaupt kein Problem sei, die Inhalte einer Website vor Suchmaschinen zu schützen. Er führt als positives Beispiel an, dass auch studiVZ.de Inhalte für Suchmaschinen unzugänglich mache. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Zeitung veröffentliche seit vielen Jahren die Namen der jeweiligen Abiturienten. Die Redaktion habe jeweils die Sekretariate der Schulen angeschrieben und um die Namenslisten gebeten. Seit vier Jahren wende sich die Redaktion an die Schulbehörde, die die Liste aller Abiturienten an die Zeitung übermittle. Mit anderen Worten: Die Veröffentlichung erfolge ausschließlich aufgrund der von der Schule bzw. von der Schulbehörde übermittelten Daten. Die Redaktion habe keineswegs Daten im datenschutzrechtlichen Sinne erhoben, wie der Beschwerdeführer meine. Vielmehr habe sich die Redaktion Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen auf offiziellem Wege beschafft und publiziert. (2009)
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„Amoklauf: Die Unkultur der Verantwortungslosigkeit“ überschreibt eine Regionalzeitung einen Kommentar zur Tragödie von Winnenden. Thema ist das Versagen der Gesellschaft, die Tat zu verhindern. In dem Beitrag heißt es: „Von diesem kollektiven Versagen kann sich niemand freisprechen. Das zeigt auch wieder der Fall Tim Kretschmer.“ Ein Leser der Zeitung sieht in der Nennung des vollständigen Namens des Amokläufers einen Verstoß gegen Richtlinie 8.1 des Pressekodex (Nennung von Namen/Abbildungen). Der Täter sei eindeutig identifizierbar. Der Verstoß sei deshalb besonders schwerwiegend, da es sich um einen Jugendlichen handele. Nach Auffassung des Chefredakteurs der Zeitung ist die Nennung des Namens durch Richtlinie 8.1 des Pressekodex abgedeckt. Auf der einen Seite stehe dem 17-Jährigen unzweifelhaft der besondere Schutz Jugendlicher vor Identifizierung zu. Nach sorgfältiger Abwägung habe jedoch angesichts des außerordentlichen Verbrechens das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwogen. Bei der Namensnennung seien zudem die in Richtlinie 8.1 (Absatz 4) erfüllt, nachdem es sich um ein Kapitalverbrechen handele, das unter den Augen der Öffentlichkeit begangen worden sei. Angesichts der Monstrosität des Verbrechens und der Suche nach den Ursachen der Tat, wäre es nicht richtig gewesen, den Täter zu anonymisieren. Die Anonymisierung wäre nur eine scheinbare gewesen, da der Amokläufer in allen Medien im Bild gezeigt worden und von den meisten auch namentlich genannt worden sei. Auch ohne Namensnennung wäre die Identifizierung einfach gewesen. (2009)
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Eine überregionale Zeitung titelt „Amokläufer kündigt Tat im Internet an“. Es geht um den angeblichen Hinweis, den der Amokläufer von Winnenden gegeben haben soll. In dem Beitrag heißt es: „Wenige Stunden vor seiner Tat hat der Amokläufer von Winnenden im Internet seine Absichten bekundet. Der 17-Jährige Tim Kretschmer, in dessen Zimmer Killerspiele gefunden wurden, befand sich zeitweise in psychiatrischer Behandlung“. Außerdem geht es in dem Beitrag um mögliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Vater des Jugendlichen wegen fahrlässiger Tötung. Ein Leser der Zeitung ist der Meinung, dass der Beitrag gegen Ziffer 8 des Pressekodex verstößt. Danach sollte keine Nennung des gesamten Namens von Tätern und Opfern einer Straftat erfolgen, insbesondere vor dem Hintergrund, mit der Tat nicht in Verbindung stehende Angehörige zu schützen. Zwar seien Ausnahmen möglich, wenn das Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begangen worden sei. Dennoch sollte nach seiner Meinung das Schutzbedürfnis der Angehörigen höher eingeschätzt werden – vor allem, dann wenn der Täter wie in diesem Fall noch minderjährig gewesen sei. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für verständlich, aber dennoch unbegründet. Die Frage der vollen Namensnennung habe die Redaktion kontrovers und ausführlich diskutiert. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass es in diesem Fall gerechtfertigt sei, von der ansonsten restriktiven Praxis der Nennung der Namen von Straftätern abzuweichen. Eine öffentliche Diskussion über die Verfahrensweise sei zu erwarten gewesen. Daher habe sich die Redaktion entschlossen, eine ausführliche Begründung für die Namensnennung abzudrucken. Die Redaktion bleibe bei ihrer Auffassung, wenngleich ihr bewusst sei, dass es eine andere Auffassung dazu geben könne. Die unterschiedlichen Interpretationen seien wohl keine Verstöße gegen den Pressekodex, sondern Ausdruck unterschiedlicher Meinungen im weiten Feld der Persönlichkeitsrechte. (2009)
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Eine Boulevardzeitung berichtet in Print- und Online über das Massaker von Winnenden. Das Aufmacherfoto zeigt den Amokschützen. Auf ihn wird mit einem Pfeil hingewiesen. Darin steht: „Dieser 17-Jährige erschießt 15 Menschen“. Die Bildunterschrift lautet: „Amokläufer Tim K. (17). Das Foto entstand vor zwei Monaten bei einem Tischtennisturnier“. Ein zweites Bild zeigt die Bergung einer Leiche. Bildtext: „Polizisten bergen eine Leiche in der Nähe der Schule“. Ein Leser vertritt die Auffassung, dass die Zeitung mit dem halbseitigen Foto des Amokschützen gegen den Pressekodex verstößt. Selbst überführte minderjährige Straftäter sollten nach seiner Meinung nicht mit dem vollen Namen genannt werden. Gesichter seien unkenntlich zu machen. Zudem liefere die Zeitung eine Vorlage für mögliche Nachahmer. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung in allen ihren Darstellungsformen wegen des außerordentlich hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit für gerechtfertigt. Im Rahmen der vom Presserat postulierten Grundsätze hätten die Redaktionen verantwortungsbewusst berichtet. Authentisch und ungeschönt hätte man die Ereignisse dargestellt. Die Presse habe Fragen der Öffentlichkeit zum Tatverlauf, über die Person des Täters, sein Lebensumfeld, seine Geschichte, über die Opfer sowie über privates und öffentliches Handeln im Zusammenhang mit dem Ereignis berichten müssen. Die Redaktionen hätten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, zulässige Stilmittel und technische Möglichkeiten des Internets zu nutzen. Die Abbildung des Täters sei keine „idealisierende Darstellung“ des Amoklaufs. Folgte man der Ansicht des Beschwerdeführers, dass schon Elemente sachlich informierender Berichterstattung potentielle Täter zur Nachahmung einlüden, hätte dies zur Konsequenz, dass die Zeitung über jegliche Berichterstattung zum Fall Winnenden hätte verzichten müssen. Die Öffentlichkeit habe ein berechtigtes Interesse daran, Informationen über das Aussehen und die Identität des Täters zu bekommen. Dass dadurch dem Täter eine „Plattform“ gegeben werden könne, möge ein ungewollter Nebeneffekt sein. Würde die Redaktion deswegen auf die Veröffentlichung jeglicher Täterfotos verzichten, würden der Öffentlichkeit wesentliche Informationen vorenthalten. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Kandidatin gibt keine Antwort“. Es geht um die Beschwerdeführerin in diesem Fall, die zuvor in einer Kleinstadt Bürgermeister-Kandidatin war. Ihr Partner, so die Redaktion, sei im örtlichen Schwimmbad in eine Schlägerei verwickelt gewesen. Im Artikel heißt es weiter, die Frau habe zu dieser Veröffentlichung nicht Stellung nehmen wollen. Die Ex-Kandidatin sieht durch die Veröffentlichung ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Zeitung habe über sie und die angebliche Verweigerung eines Kommentars mit vollem Namen berichtet. Der Chefredakteur der Zeitung weist auf die Haltung der Beschwerdeführerin hin, die sich im Rahmen ihres Bürgermeisterwahlkampfes nicht öffentlich habe äußern wollen. Über die Geschichte im Schwimmbad habe die Redaktion trotz des Drängens des Partners nicht umfänglich berichtet. Erbost habe sich dieser dann an eine andere Zeitung gewandt, wo die Geschichte in seinem Sinne und mit vollem Namen erzählt worden sei. Der Partner habe seine Freundin also selbst in die Öffentlichkeit gezogen. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung berichtet über die Aktivitäten des örtlichen Bürgermeisters in sozialen Internet-Netzwerken. Er habe beispielsweise ein Profil auf „meinVZ“ angelegt und dort über sein Privatleben berichtet. Er habe Bilder aus dem privaten Bereich ins Netz gestellt und seinen derzeitigen „Beziehungsstatus“ als „verliebt“ bezeichnet. Außerdem habe er sich der fremdenfeindlichen Gruppe des Netzwerks „Ja, ich war mal ein Ufo-Gänger … als es noch deutsch war“ angeschlossen. (Das „Ufo“ ist eine Diskothek, die häufig von deutsch-russischen Gästen frequentiert wird). Die Zeitung berichtet, der Bürgermeister habe sich nach eigenem Bekunden der Gruppe nur angeschlossen, um mit ihren Mitgliedern kommunizieren zu können. Er stellt klar, dass seine Zugehörigkeit zu dem Freundeskreis der Diskothek nichts mit seiner persönlichen Haltung zu tun habe. Eine Leserin und ein Leser der Zeitung sind der Auffassung, dass der Artikel gegen mehrere Ziffern des Pressekodex verstoße. Das Privatleben des Bürgermeisters gehe die Zeitung nichts an. Der Mann werde durch die Berichterstattung verleumdet. Nach Meinung des Chefredakteurs der Zeitung ist es durchaus legitim, darzustellen, wie ein Bürgermeister, der in der Öffentlichkeit steht, das Internet zur weltweiten öffentlichen Selbstdarstellung nutze. „meinVZ“ sei als größtes Online-Netzwerk im deutschsprachigen Raum jedermann zugänglich. Insofern könnten durch den Artikel weder die Privatsphäre noch Persönlichkeitsrechte verletzt werden, da der Bürgermeister selbst die beschriebenen Informationen allen Interessierten zur Kenntnis gegeben habe. Der Chefredakteur verweist noch auf einen weiteren Aspekt. Das Thema sei zum Zeitpunkt seines Erscheinens sehr aktuell gewesen. Die Medien hätten zu diesem Zeitpunkt bundesweit über die oft sorg- und arglose Selbstdarstellung von Menschen im Internet und die daraus resultierenden Gefahren berichtet. Die Redaktion habe das Thema auf das lokale Umfeld heruntergebrochen und sei dabei auf den Bürgermeister gestoßen. Grundsätzlich sei festzuhalten, dass sich Personen des öffentlichen Lebens, also auch ein hauptamtlicher Bürgermeister, auch in puncto Privatleben anderen Aufmerksamkeitskriterien stellen müsse als andere Bürger, zumal dieser Bürgermeister sein Privatleben selbst öffentlich ausgebreitet habe. (2009)
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