Wie hat der Presserat entschieden?
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7055 Entscheidungen
Eine Online-Redaktion veröffentlicht unter der Überschrift „Tragödie mit Todesopfern am Königinnentag“ einen Beitrag über das versuchte Attentat auf Königin Beatrix Ende April 2009. Am niederländischen Nationalfeiertag war während einer Parade ein Unbekannter mit seinem Auto in die Menge gerast und hatte mindestens zwei Menschen getötet. Die Redaktion stellt zum Beitrag mehrere Bilder, auf denen zum Teil zu sehen ist, wie ein Auto mehrere Menschen umfährt. Sie zeigen fallende und schwer verletzte Menschen und Zuschauer, der versuchen, den Opfern zu helfen. Ein Nutzer beschwert sich über die Fotostrecke. Dort seien Aufnahmen von Menschen zu sehen, die umherfliegen und schwer verletzt auf der Straße lägen. Aus Respekt vor den Opfern sollten solche Fotos nicht veröffentlicht werden. Nach Darstellung der Rechtsvertretung der Online-Redaktion vermittelt die Bild-Berichterstattung einen drastischen Eindruck von der Brutalität des Amokfahrers. Die Tat lasse sich ohne weiteres als zeitgeschichtliches Ereignis von erheblicher Bedeutung einstufen. Für die Niederlande sei dieser Vorfall einzigartig gewesen. Er rechtfertige die kritisierte Berichterstattung. Da es sich zudem um eine Online-Veröffentlichung handele, seien die Bilder nicht in reißerischer Weise verwendet worden, bei der sich der Betrachter den Motiven nicht entziehen könne. Sie müssten vielmehr gesondert angeklickt werden. Der Betrachter könne frei entscheiden, ob er sich die Fotos im Großformat ansehen wolle. Damit unterscheide sich die Online-Berichterstattung erheblich von jener in Zeitungen. (2009)
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Mit einer 3-D-Animation zeichnet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung den mörderischen Weg des Amokläufers von Winnenden durch seine Schule nach. Die Opfer werden als schwarze Gestalten dargestellt. Der Name des oder der Ermordeten wird in einem Kasten eingeblendet. Zur Animation gehört ein Beitrag, der die „Blutspur des Grauens“ nachzeichnet. Darin heißt es: „Auf dem Flur begegnen ihm die Lehrerinnen Nina M. (24) und Michaela K. (26), auch sie müssen sterben. Offen ist, ob die beiden Frauen versucht haben, sich dem Wahnsinnigen in den Weg zu stellen. Eigentlich hätten sie in ihren Klassen sein müssen“. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag presseethische Grundsätze verletzt. Die Analogie der Animation, die den Gedanken an ein Computerspiel nahe lege und zudem keinen gehaltvollen Informationswert aufweise, verstoße gegen den Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung in allen verwendeten Darstellungsformen durch ein außerordentlich hohes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit für gerechtfertigt. Die Redaktionen in Print und Online hätten verantwortungsbewusst berichtet. In der Öffentlichkeit seien im Zusammenhang mit der Tragödie viele Fragen gestellt worden, die die Presse habe beantworten müssen. Die Redaktionen hätten von ihrem Recht Gebrauch gemacht, zulässige Stilmittel und technische Möglichkeiten des Internets zu nutzen. Die notwendige Abwägung mit den Persönlichkeitsrechten und die Prüfung der Fakten sei gewissenhaft vorgenommen worden. Die Grenze zur unzulässigen Darstellung sei nicht überschritten worden. Die Rechtsabteilung weist den Vorwurf zurück, dass das Video durch die verwendete Täterperspektive die Getöteten erneut zu Opfern mache. Durch die monotone und sehr statische Aufmachung solle gerade jede verletzende Assoziation vermieden werden. Das Recht, die technischen Möglichkeiten des Internets auch journalistisch nutzen zu können, würde unzulässig eingeschränkt, wenn jede speziell auf das Internet zugeschnittene Form der Informationsvermittlung allein wegen ihrer Ähnlichkeit zu Computerspielen als unzulässig gelten würde. (2009)
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In der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung wird eine 3-D-Animation veröffentlicht, die den Leser in die Lage versetzt, den Weg des Amokschützen von Winnenden durch die dortige Albertville-Realschule nachzuvollziehen. Zur Animation gestellt ist ein Artikel unter der Überschrift „Blutspur des Grauens“. Eine Nutzerin sieht einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz). Danach soll auf unangemessen sensationelle Darstellungen von Gewalt, Brutalität und Leid verzichtet werden. Das Video verzichte zwar auf die in Computerspielen üblichen blutigen Details, mache aber die Getöteten allein durch die verwendete Täterperspektive à la Counterstrike erneut zu Opfern. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung in all ihren Formen angesichts des außerordentlich hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit für gerechtfertigt. Dabei seien die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sorgsam abgewogen worden. Gewissenhaft seien die Fakten vor ihrer Veröffentlichung geprüft worden. Den Vorwurf, durch die Animation würden die Getöteten erneut zu Opfern gemacht, weist die Zeitung zurück. Es gehe dabei um eine grafisch aufbereitete Information über den Weg des Täters durch die Schulräume. Die Art der Darstellung sei bewusst statisch und monoton gewählt worden, damit jegliche verletzende Assoziation vermieden werde. Das Recht, die technischen Möglichkeiten des Internets auch journalistisch nutzen zu können, würde unzulässig eingeschränkt, wenn jede speziell auf das Internet zugeschnittene Form der Informationsvermittlung allein wegen ihrer Ähnlichkeit zu Computerspielen als unzulässig gelten würde. (2009)
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Unter der Überschrift „Tragödie in Apeldoorn“ veröffentlicht ein Internet-Auftritt eine Fotostrecke. Diese zeigt auf zahlreichen Bildern verletzte Menschen, das Unfallauto und Passanten, die Verletzten helfen. Der Beitrag schildert den Attentatsversuch auf Königin Beatrix und ihre Familie am Nationalfeiertag 2009. Ein Nutzer kritisiert eine reißerische Darstellung verletzter und schwer verletzter Menschen, teilweise in detailreicher Präsentation mit deutlicher Sichtbarkeit von Verletzungen. Ein sachlicher Bezug für diese Art von Berichterstattung sei nicht erkennbar. Die Rechtsvertretung des Internet-Auftritts ist der Meinung, die bildhafte Darstellung des Tathergangs diene der Anschaulichkeit der Textberichterstattung und vermittle einen Eindruck von der Brutalität der Vorgehensweise des Amokfahrers. Die Tat lasse sich ohne weiteres als zeitgeschichtliches Ereignis von erheblicher Bedeutung einstufen. Da es sich um eine Online-Veröffentlichung handele, seien die Fotos nicht in reißerischer Weise verwendet worden, bei der sich der Betrachter den Fotos nicht entziehen könne. Es sei dem Nutzer selbst überlassen, ob er die einzelnen Bilder anklickt oder nicht. Der Betrachter, der die Fotostrecke öffne, werde also allenfalls mit dem ersten Bild konfrontiert. Dies unterscheide die vorliegende Online-Veröffentlichung erheblich von der Bildveröffentlichung in Zeitungen. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Dieser Polizist verklagt seinen obersten Chef“ über die Klage eines Polizisten gegen seinen Dienstherrn. Der Mann war von einem mobilen Einsatzkommando im Büro des Leitenden Polizeidirektors verhaftet worden. Der Polizist sieht seine Menschenwürde verletzt und fordert Schmerzensgeld. Dem spektakulären Geschehen vorausgegangen waren Vorwürfe einer Frau, der Polizeibeamte habe sie sexuell genötigt. Darauf sei dieser ins Büro seines Chefs zitiert worden. Zum Beitrag gehört ein Bild, das den Polizisten zeigt, während er eine Treppe hochgeht. Er ist auf dem Foto erkennbar. Ein Vertreter der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten“ sieht in der Veröffentlichung des identifizierbaren Fotos einen Verstoß gegen den Pressekodex. Die Überschrift des Artikels sei zu allem Überfluss auch noch auf das Bild hin formuliert, das im Übrigen aus dem Archiv stamme. Das Foto sei der Öffentlichkeit entgegen dem ausdrücklichen Willen des Betroffenen zugänglich gemacht worden. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht dieser Darstellung. Der Polizist habe in die Veröffentlichung seines Fotos mündlich gegenüber dem bearbeitenden Redakteur eingewilligt. (2009)
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In der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung geht es unter der Überschrift „Wie wurde so ein netter Junge zum Amokschützen?“ um das Motiv des Todesschützen von Winnenden. Eines von mehreren Bildern zeigt zeichnerisch Tim K., wie er in einem Klassenzimmer um sich schießt. Im Bildtext steht: „So sieht der (…)-Zeichner den Amoklauf in einem der Klassenzimmer. Offenbar schoss Tim K. gezielt auf Mädchen und Lehrerinnen.“ Nach Meinung eines Lesers wollte die Redaktion die Tat durch die Fotomontage in eine Computerspielgrafik mit entsprechendem Kontext rücken. Er hält die Zurschaustellung einer fiktiven Szene für geschmacklos. Sie sei für die Opfer herabwürdigend und sollte aufs Schärfste verurteilt werden. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung in all ihren gewählten Formen für gerechtfertigt. Sie beruft sich dabei auf ein außerordentlich hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Der Presse hätten sich in jenen Tagen viele Fragen zum Tatverlauf, zur Person des Täters, sein Lebensumfeld, seine Geschichte, zu den Opfern sowie zu privatem und öffentlichem Handeln gestellt, die sie hätte beantworten müssen. Die Grenzen zur unzulässig sensationellen Darstellung seien nicht überschritten worden. Den Vorwurf, die kritisierte Abbildung sei ein fiktives Bild der „Exekution“, kann die Zeitung nicht nachvollziehen. Die Zeichnung drücke in ihrer verfremdeten und statischen Form keine Gewalt aus. Der Betrachter merke erst auf den zweiten Blick, dass der in der Zeichnung abgebildete Schütze gerade einen Schuss abgebe. Eine Gewalt vermittelnde Eindringlichkeit sei der Abbildung nicht zu entnehmen. (2009)
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Die Print- und die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichten unter der Überschrift „Amok-Mädchen. Weil er nicht eingriff! Opfer Anna belastet Lehrer“ über ein Mädchen, das in einer Fernsehsendung Vorwürfe gegen einen ehemaligen Lehrer seiner Schule erhoben hat. Der habe tatenlos zugesehen, wie es von einer Mitschülerin (von der Zeitung als „Amok-Mädchen“ bezeichnet) verletzt worden sei. Die Zeitung berichtet, dass der Lehrer mittlerweile im Ruhestand sei. Die Staatsanwaltschaft habe gegen ihn wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt, doch habe sich ein anfänglicher Tatverdacht nicht erhärtet. Die Zeitung druckt ein gepixeltes Bild des Lehrers und stellt die Amok-Szene in einer Zeichnung nach. Die Schuldirektorin ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Sie sieht die Persönlichkeitsrechte des ehemaligen Kollegen verletzt. Er sei durch die Berichterstattung erkennbar, obwohl er keine Person der Zeitgeschichte sei. Die Beschwerdeführerin bemängelt auch, dass das Schulgebäude ohne ihre Einwilligung abgebildet worden sei. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält zunächst fest, dass alle in der Berichterstattung wiedergegebenen Fakten korrekt dargestellt worden seien. Sie seien von niemandem bestritten oder dementiert worden. Der Vorwurf, die Persönlichkeitsrechte des Lehrers verletzt zu haben, sei schon deshalb unhaltbar, da dieser nicht erkennbar dargestellt worden sei. Gerade zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Lehrers habe sich die Redaktion entschlossen, diesen so weit wie irgend möglich unkenntlich zu machen. Selbst wenn der Lehrer im vorliegenden Fall für einzelne Bekannte oder andere Lehrer erkennbar sein sollte, könne dies keineswegs allein der Zeitung angelastet werden. Bekannte, Lehrer und Schüler wüssten ohnehin von den Vorwürfen. Unabhängig davon, ob die Vorwürfe des Mädchens gegen den Lehrer zutreffend seien oder nicht, habe an dem Thema ein überragendes öffentliches Interesse bestanden. Dies gelte umso mehr, als sich Amokläufe an Schulen in letzter Zeit häuften, so dass letztlich die Schüler, Lehrer und Eltern aller Schulen ein großes Interesse am richtigen Verhalten in derartigen Situationen hätten. (2009)
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Unter der Überschrift „So wurde das Volksfest zum Blutbad“ veröffentlicht eine Boulevardzeitung einen Beitrag über den Attentatsversuch auf Königin Beatrix am niederländischen Nationalfeiertag 2009. Zu sehen sind mehrere Fotos, die zeigen, wie ein Kind und ein Mann umgefahren werden. Ebenfalls zu sehen sind auf einem anderen Bild drei tote oder schwer verletzte Menschen auf der Straße liegend sowie der blutüberströmte Täter in seinem Auto. Der Artikel ist mit fünf Fotos illustriert, die eine Leserin zu einer Beschwerde veranlassen. Die Opfer seien in pietätloser Weise abgebildet. Die Frau stellt die Frage, ob diese Präsentation dem Schutz der Hinterbliebenen und der Opfer entspreche und inwieweit der Jugendschutz eingehalten worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht von bildlichen Informationen von erheblichem öffentlichem Interesse. Die Darstellung der Opfer sei durch besondere Begleitumstände im Sinne der Richtlinie 8.1 gerechtfertigt. Die Tat selbst sei spektakulär und grausam, doch sei sie in aller Öffentlichkeit geschehen, bei einem Festumzug und vor den Augen der Weltpresse. Das Geschehen abzubilden, mache die Berichterstattung nicht schon zu einer unangemessenen Darstellung nach Ziffer 11 des Pressekodex. Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass das auf einem Foto zu sehende kleine Mädchen die Tat überlebt hat. (2009)
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Die Bezirksausgabe einer Regionalzeitung berichtet in mehreren Beiträgen über Umweltprobleme in der Region. Schwerpunkt ist die Aufarbeitung eines Unfalls, bei dem rund 1000 Liter Pflanzenschutzmittel auf dem Grundstück eines Landwirts unkontrolliert in den Boden gelaufen waren. Der Bauer ist zugleich Vorsitzender eines Vereins, der sich die Sauberkeit der Region auf die Fahnen geschrieben hat. Die Zeitung schreibt, dass 16 Tonnen Erde zur Behandlung und Entsorgung bei einer Entsorgungsfirma gelandet seien. Deren Geschäftsführer äußert sich zu dem Fall. Bei der Untersuchung der Erde sei festgestellt worden, dass neben dem Pflanzenschutzmittel auch gefährliche Lösungsmittel ins Erdreich gesickert seien. Die Zeitung schreibt, ein Protokoll eines Biotechnikums bestätige diese Aussage. Der betroffene Landwirt bestätigt auf Nachfrage der Zeitung eine „richtige Vorgehensweise“. Unter der Überschrift „Gegensätzliche Aussagen zum Pestizidunfall“ berichtet die Redaktion über weitere offene Fragen der fachgerechten Entsorgung des kontaminierten Bodens. Der Landwirt ist weiterhin der Ansicht, dass ihm keine Schuld bei der Aufarbeitung der Unfallfolgen angelastet werden könne. Die Entsorgungsfirma bleibt bei ihrer Darstellung, dass die Beseitigung der Schadens unverantwortlich gewesen sei. Sie rückt nicht von ihrer Aussage ab, dass neben dem Pflanzenschutzmittel eine Flüssigkeit akute toxische Bestandteile aufgewiesen habe. Beschwerdeführer ist der Landwirt. Er hält die Berichterstattung für Ruf schädigend. Die Redaktion verbreite seines Erachtens Falschmeldungen und unbegründete Beschuldigungen. Er macht deutlich, dass die Schadensbeseitigung im Verantwortungsbereich der zuständigen Behörde gelegen habe und dass nach seinem Kenntnisstand keinerlei Gefahr für die Umwelt verblieben sei. Die von der Redaktion veröffentlichte Behauptung des Geschäftsführers der Entsorgungsfirma, dass er Proben zur Kontrolle des Bodens versäumt habe, sei eine haltlose Unterstellung. Die dokumentierten Verfahrensabläufe zeigten zweifelsfrei, dass ihm keinerlei Versäumnisse angelastet werden könnten. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass der Landwirt als Vorsitzender eines Vereins, der sich die Sauberkeit der Region zum Ziel gesetzt hat, seit langem Behörden, Öffentlichkeit und Presse wegen vermeidlicher Umweltskandale in Atem halte. Die Vorwürfe hätten sich im Nachhinein in nahezu fast allen Fällen als haltlos erwiesen. Die Redaktion habe auch den neuerlichen Vorfall gründlich recherchiert und halte die Beschwerde für unbegründet. (2009)
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Ein Nachrichtenmagazin macht seine Titelseite mit dem Amoklauf von Winnenden auf. Hauptüberschrift: „Der Amoklauf des Tim K. – Wenn Kinder zu Killern werden“. Titelbild ist ein Foto des Todesschützen. Ein Leser beschwert sich (BK2-91/09) darüber, dass der Täter unverhältnismäßig hervorgehoben und dadurch glorifiziert werde. Der Begriff „Killer“ sei im Amerikanischen nicht nur negativ besetzt, sondern stehe auch für „Coolness“. Die stark täterbezogene Aufmachung und Vernachlässigung der Opfer lasse die Angst vor Nachahmungstätern aufkommen, die ebenfalls eine Woche postmortalen Ruhms als Ausweg sehen könnten. Die Beschwerdeführerin im Fall BK2-92/09 sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Verletzung des postmortal geltenden Persönlichkeitsrechts stehe in keinem Verhältnis zum Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zumal der Informationswert einer solchen Bildveröffentlichung gegen Null tendiere. Sie sieht zudem Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) verletzt, da durch die Veröffentlichung das Risiko von Nachahmungstätern erhöht werde. Es sei bekannt, dass Täter einen Personenkult um derartige Attentäter pflegten und eine erhoffte Aufwertung durch eine solche sensationsheischende und personalisierende Berichterstattung für die Täter als wichtige Motivation wirke. Nach Darstellung der Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins sei grundsätzlich zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Der Täter von Winnenden habe sich selbst erschossen, so dass nur seine postmortalen Persönlichkeitsrechte betroffen sein könnten. Es sei unstreitig, dass die Abwägung in diesem Fall zugunsten des Informationsinteresses ausfalle. Tim K.´s Lebensbild werde untrennbar mit dem Amoklauf von Winnenden verbunden bleiben. Sämtliche Medien hätten sich ebenso entschieden und das Foto des Todesschützen veröffentlicht. Zu Ziffer 11: Die Redaktion habe sich im Vorfeld der Veröffentlichung damit auseinandergesetzt, ob die Berichterstattung die Gefahr von Nachahmungstaten erhöhen könnte. Nach reiflicher Überlegung habe sie sich dazu entschlossen, den Titel so zu gestalten, wie er dann an die Kioske und zu den Abonnenten kam. Als Information zu den einzelnen Überlegungen fügt die Rechtsabteilung das Interview mit einem Medienpsychologen bei, der sich mit den Vorwürfen des Beschwerdeführers beschäftigt. (2009)
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