Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Eine Lokalzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über das bevorstehende Berufungsverfahren gegen einen Mann, der unter dem Vorwurf räuberischer Erpressung vor Gericht steht. In einem ersten Verfahren war er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Als Zeuge - so berichtet die Zeitung – sei ein Propst geladen, von dem der Angeklagte über einen längeren Zeitraum viel Geld bekommen habe. Der Angeklagte beschwert sich – vertreten durch einen Anwalt – darüber, dass die Zeitung seinen vollen Namen veröffentlicht hat. Damit sei er nicht einverstanden. Die Chefredaktion der Zeitung meint, sich an den Pressekodex gehalten zu haben. Hierfür sprächen die Umstände, die zu dem Verfahren geführt hätten. Diese Umstände verschweige der Angeklagte, so dass die Zeitung darauf näher hätte eingehen müssen. Betroffen von den strafrechtlich relevanten Handlungen des Beschwerdeführers sei auch eine Kirchengemeinde, deren Kuratorium und der Gemeindepfarrer gewesen. Der Fall habe erhebliches Aufsehen und Interesse im Verbreitungsgebiet der Zeitung erregt. Die Namen der Beteiligten seien allgemein bekannt gewesen. Namen dürften dann genannt werden, wenn privates Verhalten öffentliches Interesse berühre. Dies sei hier der Fall. Unstrittig sei – so die Chefredaktion – weiterhin der Tatvorwurf. Dieser sei von dem Angeklagten zugegeben worden. Mit seinem Rechtsmittel erstrebe er keinen Freispruch, sondern eine Bewährungsstrafe. (2009)
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„Mein erster Flug in der First Class“ – unter dieser Überschrift lässt eine Sonntagszeitung einen Redakteur über einen Flug von Singapur nach Deutschland berichten. Der Autor schwärmt vom Ambiente und vom Service der Airline. Vier Fotos illustrieren den Beitrag. Am Ende des Artikels folgen Hinweise auf das Streckenangebot von Singapur Airlines sowie Preisbeispiele und ein Verweis auf die Homepage der Fluggesellschaft. Ein Leser der Zeitung vermutet, dass für die Berichterstattung bezahlt wurde. Gleichzeitig kritisiert er Schleichwerbung und die Verwendung von PR-Material. Die Chefredaktion der Zeitung glaubt, dass der Beitrag durch öffentliches Interesse gedeckt sei. Der Artikel sei Teil einer Serie unter dem Motto „Mein erstes Mal“. Konzept der Reihe sei es, dass ein Autor in Ich-Form eine besondere Urlaubserfahrung schildere. Bislang seien Beiträge über die erste Kreuzfahrt, den ersten Klosterurlaub, die erste Bergbesteigung und eben den ersten First-Class-Flug erschienen. Ziel sei es dabei gewesen, dem Leser mit den Berichten individuelle und subjektiv geschriebene Einblicke in Reiseerfahrungen zu geben, die er so vielleicht nie gehabt habe bzw. vielleicht nie haben werde. Der Erfahrungsbericht befähige den Leser zum Mitreden, ohne dass er sich je ein First-Class-Ticket gekauft hätte. Die Wahl der Airline sei nicht willkürlich gewesen. Man habe eine Gesellschaft gesucht, die ein besonders luxuriöses First-Class-Produkt anbiete. Auf zwei Airlines sei die Redaktion zugegangen, und Singapur Airlines habe am schnellsten reagiert. Die Airline habe die Kosten des Fluges übernommen. Dies sei in der Reiseberichterstattung nicht unüblich. Bewusst habe man einen kritischen Kollegen auf die Reise geschickt, von dem man habe erwarten können, dass er negative Erfahrungen – so es sie denn gegeben hätte – auch geschildert hätte. (2009)
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„Horror-Unfall – Hier fahren die Stars am toten Fan vorbei“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag geht es um eine Frau, die offensichtlich von einem Motorradbegleiter der Tour de France umgerissen wurde und kurz nach dem Unfall verstarb. Die Frau ist nicht erkennbar, doch zeigt das Foto ihre blutverschmierten Beine. Ein Nutzer des Online-Auftritts erkennt einen Verstoß gegen den Pressekodex. Das dem Artikel beigefügte Foto zeige die Folgen eines Unfalls, bei dem offensichtlich einer Frau beide Beine abgerissen worden seien. Die Rechtsabteilung des Verlags berichtet, die Tour de France sei von dem Unfall am Beginn der Rundfahrt überschattet worden. Viele Medien hätten darüber berichtet. Die veröffentlichten Fotos zeigten die überforderten Helfer am Straßenrand und verdeutlichten so, dass die Tour-Organisation auf solche Unfälle nicht vorbereitet gewesen sei. Dies sei von öffentlichem Interesse. Die Frau auf dem Foto sei im Übrigen nicht identifizierbar. Es könne auch keine Rede davon sein, dass ihr bei dem Unfall beide Beine abgetrennt worden seien. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Und Tränen lügen doch“. Der Text ist eine Theaterkritik über die Aufführung des Stücks „Germania, Tod in Berlin“ von Heiner Müller im Theaterlabor Bremen. Der Einstieg lautet: „Wer schon mal vor mehr als hundert Menschen masturbiert hat, wer schon einmal wie ein Hund über die Bühne gekrochen ist, wer schon mal einen Contergan-Wolf geboren hat: Der ist reif für den Theaterbetrieb.“ Im Folgenden wird die Aufführung kritisch gewürdigt. Die Beschwerdeführerin, selbst ein Contergan-Opfer und vielfach geschädigt, protestiert auch im Namen des Contergan-Netzwerks gegen die diskriminierende Ausdrucksweise im ersten Satz der Kritik. Es sei eine bodenlose Unverschämtheit, sich in dieser beleidigenden Art und Weise über das Leid der Contergan-Opfer zu äußern. Die Chefredaktion äußert sich zu der Beschwerde mit dem Hinweis, dass zu den bekanntesten Szenen im Stück „Germania, Tod in Berlin“ von Heiner Müller die Geburt eines contergan-geschädigten Wolfes gehöre. Dieser werde in der Rezension als „Contergan-Wolf“ bezeichnet. Die Redaktion habe auch auf die Kritik des Contergan-Netzwerks reagiert, das sich auf der Homepage der Zeitung ebenfalls über den Begriff beschwert habe. Dort habe der Chefredakteur klargestellt, dass es sich um einen Begriff des Autors Heiner Müller handele. Er gibt zu, dass das Theaterstück offensichtlich in der Öffentlichkeit nicht ausreichend bekannt sei. Man hätte den Begriff „Contergan-Wolf“ in Anführungszeichen setzen oder genauer auf den Inhalt hinweisen müssen. Dass es zu Missverständnissen gekommen sei, bedauere die Chefredaktion. Die Redaktion habe sich im Online-Forum im Rahmen einer dort entbrannten Diskussion dafür entschuldigt, den Begriff nicht erläutert zu haben. (2009)
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Unter der Überschrift „Betrug im Namen der Tafel“ veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung einen Bericht über die örtliche „Tafel“-Hilfsorganisation. Deren Vorsitzender habe bereits vor einiger Zeit davor gewarnt, dass Betrüger unterwegs seien, die vorgeblich Spenden für die „Tafel“ sammeln würden. Nun sei es erneut zu einem Zwischenfall gekommen. Zeugen hätten Frauen „südländischen Aussehens“ gemeldet, die Passanten um Spenden für die „Tafel“ angebettelt hätten. Die Polizei habe das beschriebene Quartett, darunter ein zehnjähriges Mädchen, mit auf die Wache genommen. Es wird weiter berichtet, dass es sich bei den drei erwachsenen Frauen um eine Südosteuropäerin, eine Staatenlose und eine Deutsche handele. Die Zeitung schreibt über die drei Frauen: „…alle einwandfrei einer Volksgruppe zuzuordnen, deren Namen eine Zeitung heute nicht mehr schreiben darf, weil sie sich damit garantiert eine Rüge vom Presserat einhandelt“. Man belasse es daher bei dem „unverfänglichen Hinweis, dass besagte Damen eine Vorliebe für bunte Kleider“ hätten. Ein Leser der Online-Ausgabe kritisiert die abfällige Formulierung in dem Artikel. Sie solle Angehörige der Sinti und Roma charakterisieren. Dem Zeitungsleser werde der Begriff „Zigeuner“ in einer despektierlichen Form geradezu auf die Zunge gelegt. Gerade im Zusammenhang mit einem Betrugsdelikt würden hier alte, menschenverachtende und undifferenzierte Vorurteile gegen Angehörige dieser Volksgruppe aufgegriffen und weitervermittelt. Der Beschwerdeführer nennt dies höchst anstößig, volksverhetzend und in keiner Weise mit ethischen und religiösen Grundsätzen vereinbar. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (2009)
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Eine Wochenzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Die Affäre Hammelbein“. Es geht um öffentliches Grillen im Berliner Tiergarten. Die Unterzeile des Artikels lautet „Jeden Montag sieht die Grillwiese im Berliner Tiergarten aus wie ein Schlachtfeld. Die Stadt räumt den Müll der Migranten weg. Aber der Konflikt schwelt immer weiter“. Ein Zitat aus dem Text: „Vor dem Schloss Bellevue sieht es aus wie in Neapel während des Müllkriegs mit der Camorra“. Berichtet wird, dass 15 bis 20 Tonnen Abfall nach einem schönen Wochenende zurückbleiben und die Stadt mit der Reinigung nur schwer nachkomme. Im weiteren Verlauf des Artikels wird deutlich gemacht, dass es bei dem Streit um den Müll im Tiergarten vor allem auch darum geht, „Ressentiments endlich Luft machen“ zu können. Die Autorin kommt zu folgendem Schluss: „Mittlerweile scheint es im Tiergartentheater eher darum zu gehen, wie die einzelnen Gruppen in diesem Einwanderungsland miteinander klarkommen, was sie einander geben und was sie voneinander verlangen.“ Der Anreißer auf der Titelseite ist mit „Das große Grillen“ überschrieben. Unter dem dazu gestellten Foto steht der Satz: „Im Berliner Tiergarten lassen Muslime Müll zurück – und entfachen politischen Streit“. Eine Leserin und zwei Leser der Wochenzeitung sehen Verstöße gegen ethische Grundsätze des Pressekodex. Es stimme nicht, dass es vor allem Muslime seien, die ihren Müll zurückließen. Sie entfachten auch keinen politischen Streit. Berlin sei seit Ewigkeiten nicht in der Lage, dem Müll-Problem im öffentlichen Raum wirksam zu begegnen. Der Artikel sei einseitig und schüre Hass gegen Muslime. Er beschwöre Katastrophenszenarien, die in dieser Allgemeingültigkeit nicht zuträfen. Besonders diffamierend sei vor allem der Anreißer auf der Titelseite. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung widerspricht dem Diskriminierungsvorwurf. Der Beitrag schüre nicht den Hass gegen Migranten, wie die Beschwerdeführerin behaupte. Gegenstand des Artikels sei vielmehr das Versagen der deutschen Mehrheitsgesellschaft im Umgang mit den hier lebenden Migranten. Der Artikel beschreibe einen innerdeutschen Konflikt, dass nämlich alle Parteien das Problem um den Müll für sich zu nutzen versuchten. Außerdem werde deutlich, dass zwar der Müll beseitigt werde, sich jedoch niemand um die Menschen kümmere, die keinen anderen Platz zum Grillen fänden. Allein die von der Autorin getroffene Unterscheidung zwischen deutscher Mehrheitsgesellschaft und migrantischer Minderheitsgesellschaft könne nicht schon eine Diskriminierung sein. Im Fall des kritisierten Anreißers spricht der stellvertretende Chefredakteur von einer leicht zugespitzten, aber nicht rügenswerten Zusammenfassung. (2009)
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Eine Regionalzeitung – hier die Online-Ausgabe – berichtet unter der Überschrift „Sechs Jahre Haft für ´Enkeltrick-Betrügerin´“ über das Urteil gegen eine 37-jährige Frau. Es wird berichtet, dass sie seit mehr als zehn Jahren Senioren mit der Methode „Enkeltrick“ ausgenommen habe. Der „Trick“ wird genau beschrieben. Die Angeklagte wird als „Roma“ und als „ehemalige Teppichhändlerin“ bezeichnet. Eine Leserin des Online-Auftritts der Zeitung sieht einen Verstoß gegen die Richtlinie 12.1 des Pressekodex, da die Zugehörigkeit der Angeklagten zu einer religiösen, ethnischen oder anderen Minderheit keinen begründbaren Sachbezug aufweise. Dem widerspricht der Chefredakteur der Zeitung. Die verurteilte Frau habe auf ein straff organisiertes Netzwerk zurückgreifen können, das von der Polizei als typisch für eine bestimmte Roma-Gruppe bezeichnet worden sei. Deren Spezialität sei der „Enkeltrick“. (2009)
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„Außer Spesen wenig gewesen“ - unter dieser Überschrift setzt sich eine Regionalzeitung kritisch mit der Arbeit eines Bundestagsabgeordneten auseinander, der das Parlament auf eigenen Wunsch verlässt. Sie schreibt: „Über den Status eines Hinterbänklers ist er in den fünf Berliner Jahren letztlich nie hinausgekommen.“ Der Abgeordnete ist zugleich Bürgermeister einer Stadt im Verbreitungsgebiet der Zeitung. Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des Abgeordneten wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Redaktion verschweige, dass der Autor des Beitrages bis vor zwei Jahren Pressesprecher der Stadt gewesen, dann aber entlassen worden sei. Die Beschwerdeführerin bemängelt auch fehlerhafte Recherche. Sie teilt mit, dass sie eine Klarstellung an die Redaktion geschrieben habe, die unter der Überschrift „Anmerkung aus zweiter Hand“ stark gekürzt veröffentlicht worden sei. Vor allem sei ihr Hinweis auf die Funktion des Autors gestrichen worden. Die Beschwerdeführerin wirft der Redaktion auch eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte vor. Sie werde als einzige Mitarbeiterin in dem Artikel namentlich genannt und zwar im Zusammenhang mit dem Buch „Arbeitslager in der DDR“, das sie im Auftrag des MdB und Bürgermeisters geschrieben habe. Der Autor des kritisierten Artikels sei Chef des Verlages, in dem das Buch erscheinen sollte. Der Vertrag sei jedoch wegen unterschiedlicher Auffassungen nicht zustande gekommen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Die Klarstellung der Beschwerdeführerin sei umfangreich und nur um eine Passage gekürzt abgedruckt worden. Der MdB habe den Kontakt zur Zeitung nach einiger Zeit von sich aus beendet. Warum er das getan habe, entziehe sich der Kenntnis der Redaktion. In den zurückliegenden Jahren habe es kaum öffentlich bekannt gewordene Aktivitäten des Bürgermeisters gegeben. Der Autor des kritisierten Beitrages habe der Redaktion von sich aus angeboten, einen Rückblick auf die Tätigkeit des ausscheidenden MdB zu schreiben. Die Zeitung habe zugestimmt, da es in mehreren Jahren der Zusammenarbeit mit dem Autor nie Beanstandungen gegeben habe. (2009)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Bürgermeister stärkt seinem Amtsleiter den Rücken“ einen Beitrag über eine lokalpolitische Auseinandersetzung in einer Kleinstadt. Auslöser ist ein Antrag der FDP, in dem die Formulierung „noch amtierender Bauamtsleiter“ verwendet wird. Die Zeitung berichtet über die dadurch ausgelöste Debatte, innerhalb derer auch ein Vertreter der FDP zu Wort kommt. Die Redaktion zitiert ihn und nennt als Quelle das Protokoll der betreffenden Sitzung: Zitat: „Wir haben ein anderes Interesse als Sie und deshalb bleiben wir auch bei dieser Formulierung“. Der Zitierte ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Er sieht sowohl das Wahrhaftigkeitsgebot nach Ziffer 1 als auch das Sorgfaltsgebot nach Ziffer 2 des Pressekodex verletzt. Die Autorin erwecke den Anschein, als zitiere sie wörtlich aus dem Sitzungsprotokoll. Dieser Schein trüge jedoch, sagt der Beschwerdeführer. Als der fragliche Beitrag erschienen sei, habe das angebliche Protokoll gar nicht existiert. Wenn in einer solchen Niederschrift wörtlich zitiert werden solle, müsse ein Antrag auf ein Wortprotokoll gestellt werden. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Der Beschwerdeführer spricht von einer bewussten Irreführung der Leser. Die Redaktionsleiterin, die zugleich Autorin des kritisierten Beitrages ist, stellt fest, sie habe eindeutig geschildert, woraus sie zitiere. Sie habe nicht den Eindruck erweckt, dass sie selbst mit dem Zitierten gesprochen habe. Das Zitat vom „noch amtierenden Bauamtsleiter“ sei ihr zugetragen worden. Pflichtgemäß und im Sinne der journalistischen Sorgfaltspflicht habe sie den Bürgermeister zu der Angelegenheit befragt. Der habe von der Diskussion in der Stadtvertretung und von einem Brief berichtet, den er an den FDP-Fraktionsvorsitzenden geschickt habe. Der Bürgermeister habe ihr, der Autorin, zugesagt, ihr die Mitschrift der fraglichen Sitzung in Auszügen zuzuschicken. Diese Mitschrift sei von der Stadtverwaltung ausdrücklich als Protokoll-Auszug bezeichnet worden. Daraus habe sie zitiert. (2009)
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„Amok-Alarm: Polizei stürmt Kinderzimmer“ überschreibt eine Großstadtzeitung ihren Bericht über eine Amok-Drohung eines Jugendlichen in einem Internet-Chatroom. Der 14-Jährige soll gesagt haben: „Dann lass ich einfach mal die Schule hochgehen!“ Ein Freund des Jungen alarmiert daraufhin die Polizei, die das Haus der Familie durchsucht. Im Beitrag wird erwähnt, dass die Mutter des Jungen einen Waffenladen an einer bestimmten Straße betreibt. Die Mutter ist Beschwerdeführerin in diesem Fall. Sie wirft der Redaktion vor, ihren Sohn identifizierbar gemacht zu haben. Da das von ihr betriebene Waffengeschäft bundesweit bekannt sei, könne jeder ihrer Kunden im Bundesgebiet eine Verbindung zu ihrem Sohn herstellen. Überdies habe die Zeitung andeutungsweise auch ihre Adresse genannt. Nach ihrer Auffassung habe es sich bei dem Vorfall um einen dummen „Talk“ zwischen zwei 14-Jährigen gehandelt, bei dem sich ihr Sohn wichtig gemacht habe. Das Verfahren sei von der Staatsanwaltschaft mittlerweile eingestellt worden. Ihr Sohn habe alle seine Schulfreunde verloren. Der Bericht habe dazu geführt, dass die Eltern ihre Kinder nicht mehr zur Schule geschickt hätten. Die Mutter empfindet die Berichterstattung als „Medienpranger“. Bis heute habe sich niemand für die fehlerhafte Berichterstattung entschuldigt. Der Chefredakteur der Zeitung bedauert es, wenn der Familie durch die Berichterstattung seiner Redaktion Nachteile entstanden seien. Er bedauert dies auch in einem Schreiben an die Familie. Der kritisierte Beitrag sei sofort nach Eingang des Presseratsschreibens aus dem Netz entfernt worden. (2009)
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