Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
Die Eltern ließen in Schwerin ihre Tochter, die kleine Lea-Sophie, verhungern. Über ihr Geständnis berichtet eine Boulevardzeitung. Vater und Mutter werden von der Zeitung als „Horror-Eltern“ bezeichnet. Mutter und Tochter werden mit unverfremdeten Fotos dargestellt. Ein Leser sieht durch die Berichterstattung die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung) des Pressekodex verletzt. Die Abgebildeten seien identifizierbar. An der Abbildung bestehe kein überwiegendes Interesse. Auf Grund des Alters des Opfers (Lea-Sophie war fünf, als sie starb) sei besondere Rücksichtnahme geboten. Außerdem dürfe ein Verdächtiger vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldiger (Täter) hingestellt werden. Die Formulierungen „die schreckliche Mutter“ und „Horror-Eltern“ seien polemisch und ehrenrührig. Sie verletzten die Mutter bzw. beide Eltern in ihrer Menschenwürde. Auch werde die Angeklagte durch die identifizierende Abbildung in Zusammenhang mit der Vorverurteilung in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt lediglich mit, dass sie zu dieser Beschwerde keine Stellungnahme abgibt. (2008)
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Eine Großstadt-Zeitung berichtet unter der Überschrift „Tot nach drei Stunden Haft! – Jugendlicher erhängte sich am Bettpfosten. Jede Hilfe kam zu spät“ über einen 18-Jährigen und seinen Tod in einer Polizei-Zelle. Zu dem Artikel werden unverfremdete Fotos des jungen Mannes und eines seiner Freunde abgedruckt. Im Artikel werden das Alter und der Vorname des Verstorbenen und seines Freundes genannt. Ein Leser sieht durch das ungepixelte Foto und die Nennung des Alters und des Vornamens des Betroffenen Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 8 (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der erkennbaren Darstellung bestehe nicht. Des Weiteren sei bei der Berichterstattung über Selbsttötungen besondere Rücksichtnahme geboten. Eine identifizierbare Darstellung verletze das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Nach Mitteilung der Rechtsabteilung des Verlages habe die Redaktion zwischen Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Informationsinteresse abgewogen. Diese Abwägung sei zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses ausgefallen. Die Redaktion habe Fotos von den Eltern des Jungen erhalten und sie mit deren Einverständnis verwendet. Darüber hinaus hätten die Eltern in ständigem Kontakt mit der Redaktion gestanden und seien über die Einzelheiten der geplanten Berichterstattung informiert gewesen. Die Motivation der Eltern sei gewesen, politischen Druck zu erzeugen. Die Rechtsvertretung: „In einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem die Hinterbliebenen es ausdrücklich begrüßen, dass über den Suizid des Angehörigen berichtet wird, verzichten die Hinterbliebenen auf den besonders ausgestalteten Schutz der Privatsphäre.“ (2008)
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Unter der Überschrift „Nazi-Kroate gestoppt“ berichtet eine Großstadtzeitung über den geplanten Auftritt eines Sängers in der Mensa der Universität. Sie schreibt, das Studierendenwerk habe den Mietvertrag für die Räume gekündigt, nachdem bekannt geworden sei, dass dem kroatischen Unterhaltungskünstler eine rechtsextremistische Haltung nachgesagt werde. Dieser wird in der Zeitung auch als „neofaschistisch“ charakterisiert. Er zeige auch gern mal den Hitlergruß und verherrliche zuweilen den Völkermord in einem kroatischen Konzentrationslager. Die Agentur, die das Konzert vermitteln wollte, ist der Auffassung, dass der Sänger von der Zeitung ohne wirkliche Recherche als neofaschistisch dargestellt werde. Er distanziere sich jedoch vom Rechtsextremismus. Es gebe auch keine Beweise für die Behauptung, dass er den Völkermord in einem kroatischen Konzentrationslager verherrlicht habe. Die Zeitung berufe sich ausschließlich auf „Wikipedia“-Quellen, wo sich ein Verfasser als „Kroatenhasser“ hervortue. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, der Sänger nenne sich „Thompson“, ein Name, den auch eine im jugoslawischen Bürgerkrieg verwendete Maschinenpistole getragen habe. Zahlreiche seiner martialisch vorgetragenen Lieder zeugten von Blut und Ehre und schürten, so übereinstimmend zahlreiche Kritiker, den Rassenhass. Bei Konzerten zeigten die Fans des Sängers häufig den Gruß der faschistischen kroatischen Ustascha-Bewegung. Ustascha-Truppen hätten im Zweiten Weltkrieg gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht. Die kroatische Bischofskonferenz habe die Lieder des Sängers wegen ihrer „Sprache des Hasses“ verurteilt. Übereinstimmend hätten mehrere deutsche Zeitungen berichtet, dass der Mann ein Spottlied über das kroatische Konzentrationslager Jasenovac gesungen habe, in dem zehntausende von Serben, Juden und Roma gefoltert und ermordet worden seien. Seine Zeitung – so der Chefredakteur abschließend – habe dies als Verherrlichung des Völkermordes bezeichnet. Darüber hinaus mache das Simon-Wiesenthal-Zentrum dem kroatischen Fernsehen, das ein Konzert des „Thompson“ übertragen habe, den Vorwurf, Antisemitismus und Fremdenhass zu verbreiten. Der Sänger sehe sich zahlreichen Auftrittsverboten ausgesetzt, so in den Niederlanden, in der Schweiz und in Österreich. (2008)
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Eine Zeitschrift, die sich Fragen der Lebensart verschrieben hat, berichtet über neue Frisuren und Frisur-Techniken. Zwei Produkte werden mit Preisen genannt. Für einen Leser der Zeitschrift ist der Tatbestand der Schleichwerbung erfüllt. Ein Informationsinteresse der Leser an der Nennung sieht er nicht. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift nimmt zu dem Vorwurf keine Stellung, weil sie glaubt, in dem Leser einen „notorischen Beschwerdeführer“ zu erkennen. Bei den beanstandeten Veröffentlichungen handele es sich nicht um Schleichwerbung, so dass keine Verletzung des Trennungsgrundsatzes vorliege. Die Zeitschrift weist im Übrigen darauf hin, dass sie gegenüber dem Presserat keine Selbstverpflichtungserklärung abgegeben habe. (2008)
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Eine Zeitschrift befasst sich mit dem Thema Karriere-Coaching für Frauen. In einer Bildunterzeile wird auf das Buch einer Beraterin hingewiesen. Diese wird in der gleichen Ausgabe in einem Porträt vorgestellt. Auch in diesem Beitrag ist von dem Buch die Rede. Ein Leser der Zeitschrift hält den Hinweis im Bildtext für überflüssig. Zwei Buchverweise hält er für Schleichwerbung. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift nimmt zu dem Vorwurf keine Stellung, weil sie in dem Kritiker ihrer Berichterstattung einen „notorischen Beschwerdeführer“ zu erkennen glaubt. Bei den monierten Teilen der Berichterstattung handele es sich im Übrigen nicht um Schleichwerbung, so dass keine Verletzung des Trennungsgrundsatzes vorliege. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass sie gegenüber dem Presserat keine Selbstverpflichtungserklärung abgegeben habe. (2008)
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„MCV rät dringend zu Impfung“ schreibt eine in der Narrenhochburg Mainz erscheinende Regionalzeitung. Das nicht sonderlich närrische Thema war hochgekocht, als der Präsident der Jokus-Korporation „Mainzer Carneval Verein“ gemeinsam mit einem Internisten die Bürger aufrief, sich vor Karneval gegen Grippe impfen zu lassen. Der namentlich genannte Arzt kommt zu Wort; die Zeitung nennt Adresse und Öffnungszeiten. Ein Leser der Zeitung erkennt Schleichwerbung für den Arzt. Auch andere Ärzte machten Impfungen. Ein Alleinstellungsmerkmal habe der Doktor somit nicht. Für den genannten Mediziner sei ein Wettbewerbsvorteil entstanden. Die Chefredaktion der Zeitung bekennt sich zu ihrer Fehlleistung. Nachforschungen in der Lokalredaktion hätten ergeben, dass dort im Trubel der Fastnacht die Verantwortlichen diesen Vorgang nicht mit der sonst üblichen Sorgfalt geprüft hätten. Die Beschwerde sei der Redaktion eine Mahnung, auch in der Hochzeit der Narretei höchste Sorgfalt walten zu lassen. Die Redaktion habe den Beschwerdeführer umgehend angeschrieben und ihm die Richtigkeit seiner Kritik bestätigt. Es sei nicht richtig gewesen, einen speziellen Arzt mit konkreten Sprech- und Impfzeiten zu nennen. Man habe mit diesem Artikel eindeutig gegen die Ziffer 7, Richtlinie 7.2, des Pressekodex verstoßen. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet über das Handballspiel einer Frauenmannschaft. Das dazugehörige Foto zeigt eine Spielszene. Ein Leser kritisiert, dass das Bild aus dem Archiv der Zeitung stamme. Es zeige eine Szene aus dem vergangenen Jahr. Damals habe die Mannschaft noch einen anderen Sponsor gehabt. Dies sei am Trikot der abgebildeten Spielerin zu erkennen. Der Beschwerdeführer erkennt hier keinen einmaligen handwerklichen Fehler. Die Zeitung habe schon früher so gehandelt, was umso schwerer wiege, als dies vom Presserat bemängelt worden sei (BK1-287/07), ohne dass dieser eine Maßnahme ausgesprochen hätte. Es handele sich um einen Briefdienst, der in Konkurrenz zu einer Verlagstochter der jetzt kritisierten Zeitung stehe. Er, der Beschwerdeführer, sei für diesen Briefdienst und dessen Firmenkommunikation tätig. Nach Meinung des Beschwerdeführers werde durch die Verwendung von Archivfotos verhindert, dass der Schriftzug des Konkurrenten im Bild gezeigt werde. Er wirft der Zeitung außerdem einen Verstoß gegen Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten) vor. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf, die Redaktion mache sich von Verlagsaktivitäten abhängig, zurück. Dem Beschwerdeführer gehe es nicht um die Berufsethik, sondern um das Lancieren der Firmenwerbung. Die Vereinsführung und andere Sponsoren hätten sich nicht bei der Redaktion beklagt. Seine Zeitung habe in der Vergangenheit eine Vielzahl von Bildern mit dem Schriftzug des Briefdienstes veröffentlicht. Die Argumentation des Beschwerdeführers, die Zeitung habe gezielt und systematisch derartige Fotos nicht berücksichtigt oder gegen Archivfotos ausgetauscht, sei so nicht nachvollziehbar. Auch in Zukunft, so der Chefredakteur, werde die Redaktion ihre Bildauswahl nicht von der Erkennbarkeit von Sponsorenlogos abhängig machen. (2008)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Rektor verzweifelt gesucht: Die PH (…) hat ein Führungsproblem“ über den umstrittenen Weggang des Hochschul-Chefs. Die Redaktion berichtet von einem „Musterbeispiel an katastrophaler Kommunikation“ in der Hochschule und wirft dem Rektor vor, er sei vier Monate lang nicht bereit gewesen, sich den Fragen der Öffentlichkeit zu stellen. Ferner berichtet die Zeitung von „einer Art Hexenjagd“ an der Hochschule und von „Solidaritätslisten“, in die sich aus Angst vor Repressalien auch Gegner des Rektors eingetragen hätten. Der selbst betroffene Beschwerdeführer hält die Darstellung hinsichtlich der Kommunikationsbereitschaft des Rektorats für falsch. Es habe mehrmals in Pressemitteilungen über die Situation an dem Bildungsinstitut berichtet. Eine halbe Stunde lang habe er – der Rektor – im Anschluss an eine Sitzung des Senats für ein Pressegespräch zur Verfügung gestanden. Daran hätten die Vertreter mehrerer Zeitungen teilgenommen. Alle hätten berichtet, darunter auch diejenige, die jetzt die Vorwürfe erhebe. Hinsichtlich der genannten Solidaritätslisten bleibe das Blatt einen Beweis schuldig. Richtig sei, dass es aus dem Kollegium einen Solidaritätsaufruf gegeben habe, dessen Unterzeichner jedoch niemals bekannt gegeben worden seien. Nur die Anzahl der Befürworter sei dem Rektorat mitgeteilt worden. Hinsichtlich der Passage „… nahm die Wahl im April zunächst an, entschied sich dann Ende Mai aber anders und warf den Bettel hin“ stellt der Beschwerdeführer aus seiner Sicht klar, dass er auf die Frage, ob er die Wahl annehme, geantwortet habe, dass sich diese Frage nicht stelle, da der Senat den Rektor nicht wähle. Er habe den Bettel also nicht hingeworfen, sondern dem Ministerium gegenüber erklärt, dass er für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung stehe. Den Ausdruck „Hexenjagd“ empfindet der Hochschul-Chef als ehrverletzend. Die Zeitung führe keinen Nachweis für diese Behauptung. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, er habe im Vorfeld der Beschwerde versucht, die Meinungsverschiedenheit mit dem Beschwerdeführer beizulegen. Aus seiner Sicht stellt sich das halbstündige Pressegespräch anders dar. Nach diversen Statements sei für die Redaktion gerade einmal Zeit für drei Fragen übrig geblieben. Von Ausführlichkeit könne also keine Rede sein. Ein Interview-Wunsch an den Rektor sei nicht beantwortet, eine E-Mail-Anfrage abgelehnt worden. Schriftliche Pressemitteilungen abzudrucken, sei angesichts der Brisanz des Themas mit dem journalistischen Selbstverständnis der Redaktion nicht zu vereinbaren. Hinsichtlich der Solidaritätslisten beruft sich die Zeitung auf gesicherte Quellen. Sie hätten sich in die Listen eingetragen, obwohl sie Gegner des Rektors seien. Aus Angst vor Repressalien hätten sie auf keinen Fall namentlich genannt werden wollen. Den Passus vom hingeworfenen Bettel hält der Chefredakteur für eine journalistisch zulässige Beschreibung der Tatsachen. Die Passage „eine Art Hexenjagd“ – so der Chefredakteur abschließend – sei eine Versinnbildlichung, die auch noch relativiert worden sei. Sie habe die Verhältnisse an der Hochschule dargestellt. Es habe der Redaktion fern gelegen, damit den Beschwerdeführer in seiner Ehre zu verletzen. (2008)
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In einer überregionalen Zeitung erscheint eine Karikatur des venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chávez. Er ist dargestellt als Affe, vor einer Leinwand sitzend. Er zeichnet ein Porträt von Angela Merkel mit Hitlerbärtchen. Am Rande der Zeichnung sind Bananenschalen und Bananen zu erkennen. Die Karikatur bezieht sich auf die Aussage Chávez, Angela Merkel sei eine politische Nachfahrin Adolf Hitlers. Es ist die Zeit vor dem Lateinamerikagipfel in Peru. Eine Leserin hält die Karikatur für eine rassistische Verunglimpfung, zumal es sich bei Venezuela um ein Entwicklungsland handele und Chávez selbst von Indios abstamme. Karikaturen dürften zwar individuelle Züge überzeichnen und Ereignisse überspitzt kommentieren, aber mit welchem individuellen Zug könne es wohl begründet werden, Chávez als Affen zu porträtieren? Diese Karikatur stehe in der üblen Tradition der pauschalen Herabwürdigung von Menschen aus nicht-westlichen Ländern. So seien häufig Afrikaner auf diese Weise herabgesetzt dargestellt worden. Die Zeichnung ist in der Hektik des Redaktionsalltages auf die Meinungsseite gerutscht, teilt der Chefredakteur mit. Er selbst habe beim flüchtigen Durchschauen nicht aufgepasst, nach Intervention eines Kollegen aber sofort reagiert und den Zeichner um eine Neufassung gebeten. Die Beschwerdeführerin habe eine sehr frühe Ausgabe der Zeitung erwischt. Im größten Teil der Auflage sei Hugo Chávez in akzeptabler Pose dargestellt worden. Diesmal fehlen die Affen-Merkmale ebenso wie die Bananen. Als Beleg legt der Chefredakteur die Seite mit der Neufassung bei. Er schickt eine Kopie seiner Stellungnahme an die Beschwerdeführerin. (2008)
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