Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Impfung persönliche Angelegenheit

Unter der Überschrift “Das Impfen einimpfen” befasst sich eine überregionale Zeitung mit Impfungen und Impfverhalten. Zitat: “Dennoch ist die Geschichte des Impfens stets begleitet gewesen von Impfkritik, die teils religiös-ideologisch, teils publizistisch-wissenschaftlich geäußert wird. Die Zeugen Jehovas etwa lehnen jede Form des Impfens ab”. Es sei falsch, so ein Leser der Zeitung in seiner Beschwerde an den Deutschen Presserat, dass die Zeugen Jehovas jede Form des Impfens ablehnten. Sie betrachteten das Impfen als eine persönliche Angelegenheit. Er betont, dass er sich als Zeuge Jehovas regelmäßig impfen lasse und auch einen Impfpass besitze, und legt zwei Auszüge aus der Zeitschrift “Erwachet” der Glaubensgemeinschaft bei. Die Zeitung teilt mit, dass die Zeugen Jehovas die Zeitung auf Unterlassung in Anspruch genommen hätten. Man habe eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Redaktion betont, dass sich das “Fehlverhalten” der Redaktion allein auf eine ungenaue Tempus-Verwendung reduziere. Statt “lehnen” hätte es “lehnten” heißen müssen. (2006)

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Süßes als Jubiläumsgirlande

Ein weltberühmter Hersteller von Süßwaren wird 200 Jahre alt. Eine Regionalzeitung schildert die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, der Gründer wird vorgestellt und das Jubiläumsfest angekündigt. Am Ende des Artikels wird mitgeteilt, dass es sich bei der Veröffentlichung um den Teil einer Serie handelt. Demnächst sollen die heutigen Firmenchefs vorgestellt werden. Die gesamte Veröffentlichung ist umrahmt mit Abbildungen der Firmenprodukte. Zudem wird das Unternehmenslogo zum Jubiläum abgedruckt. Ein Leser, der sich an den Deutschen Presserat wendet, bittet um Prüfung, ob die Aufmachung der Seite gegen das Trennungsgebot verstößt. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass sich die Beschwerde des Lesers nicht auf den Inhalt der Seite, sondern auf die Darstellung der Firmenprodukte im Bild bezieht. Über Geschmack lasse sich streiten, so der Chefredakteur, doch sei man in der Redaktion der Meinung gewesen, dass in diesem Fall die Firmenprodukte gezeigt werden dürften. Wenn man diese dann im Rahmen einer Jubiläumsberichterstattung als Girlanden anordne, könne man über die Originalität dieses Einfalls sicherlich streiten. Ihn würde es aber wundern, wenn die Zeitung damit gegen den Pressekodex verstoßen hätte. (2006)

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Wahnvorstellungen und wirre Thesen

Ein geständiger und verurteilter Frauenmörder arbeitet heute als Pfarrer. Unter der Überschrift “Pfarrer sollen Vorbilder sein” druckt eine Regionalzeitung den Leserbrief des Predigers einer “Bekennenden Evangelischen Gemeinde”. Dort steht der folgende Satz: “Der schlimmste Sünder, der Frauenmörder, der Homosexuelle, der Abtreibungsarzt, der Vergewaltiger – jeder ist eingeladen, seine Sünde zu erkennen und Gott um Vergebung zu bitten”. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Gleichsetzung von Homosexuellen und Abtreibungsärzten mit Frauenmördern und Vergewaltigern. Zudem sei dem Leserbriefschreiber schon häufiger Gelegenheit gegeben worden, seine wirren Thesen und religiösen Wahnvorstellungen unters Volk zu bringen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion teilt mit, man habe den Brief nicht leichtfertig, sondern nach Abwägung abgedruckt. Zum Thema – verurteilter Frauenmörder als evangelischer Pfarrer im Amt – habe die Redaktion eine Reihe von Leserbriefen erhalten, die von Zustimmung bis zu krasser Ablehnung reichten. Fünf Briefe seien veröffentlicht worden, darunter auch der kritisierte, um die ganze Bandbreite der Meinungsäußerungen deutlich zu machen. Die beanstandete Passage habe man nicht gestrichen, weil darin deutlich werde, dass der Leserbriefschreiber Homosexualität für eine Sünde halte. Dies habe man zwar als eine extreme, aber aufschlussreiche Meinungsäußerung bewertet. Hätte der Prediger geschrieben, dass Homosexuelle für ihn abartig und krank seien, wäre diese Passage gestrichen worden. Seine Einschätzung, Homosexualität sei eine Sünde, habe eine andere Qualität. Im Übrigen habe die Zeitung einen Einsender zu Wort kommen lassen, der den monierten Leserbrief hart kritisiert habe. Dies entspreche dem Konzept der Zeitung, in den Leserbriefspalten kontroverse Diskurse der Leser zu aktuellen gesellschaftlichen Themen in großer Bandbreite zuzulassen. Dieser Prozess werde selbstverständlich moderiert und redaktionell begleitet: Ein großer Teil der eingesandten Leserbriefe werde aus inhaltlichen Gründen nicht zur Veröffentlichung freigegeben und alle zu veröffentlichenden Briefe würden aufmerksam redigiert. (2006)

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Zwei Strände in einer Stadt verwechselt

Im Zweifel türkische Täter-Namen

“Mörder des Friedhofsgärtners gefasst!” titelt eine Boulevardzeitung. In dem Bericht heißt es, der Gärtner sei erstochen worden, weil er seine Freundin verlassen hatte. Der neue Freund wird als der “19-jährige Murat” bezeichnet, dessen Kompagnon, mit dem er die Tat begangen habe, als “Nasir L.”. Der Beschwerdeführer legt den Bericht einer anderen Zeitung vor, die sich unter der Überschrift “Der Mörder ist immer der Türke” kritisch mit dem Boulevardblatt auseinandersetzt. Entgegen dessen Darstellung handle es sich bei den beiden Tätern um Deutsche ohne so genannten Migrationshintergrund und mit typisch deutschen Namen. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft ausdrücklich. Im Boulevardblatt fehle der Hinweis, dass die Namen zum Schutz der Jugendlichen geändert worden seien. Durch die Berichterstattung würden Vorurteile bedient und geschürt. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass mit der kritisierten Meldung keine Stimmungsmache gegen türkische Mitbürger betrieben worden sei. Die Redaktion habe versucht, die Namen der Beteiligten herauszubekommen, habe aber damit an diesem Tag keinen Erfolg gehabt. Wegen eines redaktionellen Versehens seien dann die Phantasienamen nicht mit dem üblichen Zusatz “Name geändert” versehen worden. Bereits beim nächsten Bericht über den Fall sei dies korrigiert worden. Die Zeitung habe die Namen Steven K. und Benjamin T. gedruckt. Dies belege, dass es der Zeitung selbstverständlich nicht darum gehe, türkische Mitbürger zu diskreditieren und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu beeinträchtigen. Die Zeitung legt eine Pressemitteilung der Polizei bei, in der von “Tätern südländischer Herkunft” die Rede ist. (2006)

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Rückkehr eines vermissten Mädchens

Unter der Überschrift “Lisa wieder da” berichtet eine Regionalzeitung über die Rückkehr eines vermissten 14-jährigen Mädchens, das auf dem beigefügten Foto gut zu erkennen ist. Eine Leserin vertritt die Auffassung, dass es sich hier um einen sensationell aufgemachten Artikel handelt, der Datenschutzgesichtspunkte verletzt. Nach einem solchen Vorgehen der Zeitung sei die Wiedereingliederung des Mädchens in die Gesellschaft nicht möglich. Zwar habe die Zeitung eine Vermisstenanzeige gebracht, was diese Art der Berichterstattung nach der Rückkehr des Mädchens jedoch nicht rechtfertige. Ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung habe nicht bestanden. Die Leserin wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass der Bericht nach dem Auffinden von Lisa nicht mehr habe veröffentlicht werden dürfen. Er bedauert den Vorgang. Dies habe er auch gegenüber den Betroffenen getan. Ein entschuldigender Artikel sei nicht veröffentlicht worden, um die schutzwürdigen Interessen der Schülerin zu wahren. Man habe den Fall nicht nur in der Lokalredaktion, sondern auch in der Zentrale besprochen, um im Hinblick auf mögliche künftige Fälle ähnlicher Art auf die Einhaltung journalistischer Grundregeln hinzuweisen. Trotzdem weist der Chefredakteur den Vorwurf der Beschwerdeführerin zurück, die Redaktion habe sensationell berichtet. (2006)

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Ärger um Biergarten-Öffnungszeiten

“Feierabend, wenn die Gäste kommen…” – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über das nun frühere Ende des Biergartenbetriebes in der Innenstadt. Als Grund nennt die Zeitung, dass sich eine Anwohnerin in einem Verwaltungsstreitverfahren durchgesetzt habe. Obwohl die Frau nicht namentlich genannt wird, ist die Wohnlage detailliert beschrieben. In dem Artikel heißt es weiter, die Anwohnerin lege keinen großen Wert auf nachbarschaftlichen Frieden, denn sie habe schon anderen Gewerbetreibenden das Leben schwer gemacht. In einem späteren Artikel werden diese Behauptungen als unzutreffend dargestellt. Für die Anwohnerin enthält der Artikel unrichtige Tatsachenbehauptungen und Ehrverletzungen. Sie kritisiert, dass sie durch die Berichterstattung identifizierbar sei und wendet sich durch ihren Anwalt an den Deutschen Presserat. Der Anwalt der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass diese den Pressekodex eingehalten habe. Die Darstellung sei wahrheitsgetreu. Er verweist darauf, dass der Pressrat keinesfalls die Funktion einer “Superrevisionsinstanz” einnehmen dürfe. Die Beschwerdeführerin habe einen Prozess gegen den Verlag und die verantwortlichen Redakteure geführt und verloren. In dem Urteil heiße es: “Dem Schmerzensgeldanspruch steht bereits entgegen, dass auch aufgrund des Artikels die Klägerin nicht identifiziert werden kann. Im Anwesen … wohnt nicht nur die Klägerin, sondern auch andere Mieter. Auch durch die Anordnung auf dem Klingelschild kann nicht festgestellt werden, wer denn im 2. Stock mit dem Schlafzimmer gegenüber dem Biergarten wohnt”. Die Urteilsgründe wiesen die Formulierung, dass die Nachbarin auf den Hausfrieden offenbar keinen großen Wert lege, als Werturteil aus, das keine Formalbeleidigung darstelle. (2005)

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“Mörder” in der Umgangssprache

“Der perverse Mosi-Mörder”, “Mörder” und “Killer von Rudolph Moshammer” schreibt eine Boulevardzeitung, als sie über den Mord an dem Münchner “Modezaren” Rudolph Moshammer”, die Ermittlungen der Polizei und die Festnahme des Verdächtigen Herisch A. berichtet. Die Zeitung und ihre Online-Version berichten laufend über das Ereignis und bezeichnen den Verdächtigen in der oben genannten Weise. Ein Leser des Blattes sieht in der Berichterstattung eine Vorverurteilung des Tatverdächtigen. Es gebe noch kein gerichtliches Urteil. Es möge zwar wahrscheinlich sein, dass der Verdächtige als Mörder verurteilt werde, da er ja der Polizei zufolge ein Geständnis abgelegt habe. Dennoch sei es ohne entsprechendes Urteil nicht vereinbar mit dem Pressekodex, den Tatverdächtigen in präjudizierender Weise als Mörder zu bezeichnen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung verneint die ihr zum Vorwurf gemachte Vorverurteilung. Wegen der spektakulären Umstände der Tat sei der mutmaßliche Täter eine relative Person der Zeitgeschichte. Zum anderen sei er geständig und anhand klarer Beweise unzweifelhaft überführt. Der Begriff “Mörder” werde zudem nicht im rechtstechnischen Sinn benutzt, sondern sei allein umgangssprachlich so zu verstehen, dass es sich um einen überführten Täter handelt. Die Zeitung beruft sich auch auf “sämtliche deutsche Medien”, die den Ausdruck “Mörder” in diesem Fall benutzt hätten. (2005)

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Tochter eines Ministers vergewaltigt

Die Vergewaltigung einer Frau beschäftigt eine Boulevardzeitung über mehrere Tage hinweg. In der Berichterstattung ist immer wieder die Rede von dem Opfer als Tochter eines Landesministers. Deren Name wird in keinem der Berichte genannt. Der Minister jedoch wird mit vollem Namen und im Bild dargestellt. Die Überschriften lauten “(…)-Minister-Tochter vergewaltigt?”, “Sex-Prozess – Minister-Tochter unglaubwürdig?” Die Berichte stützen sich zum Teil auf Angaben des Politikers und außerdem auf Beobachtungen im laufenden Strafprozess. Die Betroffene, die sich von einem Anwalt vertreten lässt, sieht in der Berichterstattung einen Eingriff in ihr Privatleben und in ihre Intimsphäre. Allein wegen der Prominenz ihres Vaters sei sie aus der Anonymität gerissen worden. Sie selbst wollte zu keinem Zeitpunkt, dass ihr soziales Umfeld von der Tat erfahre. Die Frau sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass an dem Strafprozess ein grundsätzliches öffentliches Berichterstattungsinteresse bestanden habe. Im Anschluss an den Prozessauftakt habe die Frau einen Mitarbeiter der Zeitung in ihrer Wohnung empfangen. Dabei habe sie weder ihren Unmut über die bereits erfolgte Berichterstattung zum Ausdruck gebracht, noch habe sie darum gebeten, von weiteren Berichten abzusehen. Der Vater der Beschwerdeführerin sei fotografiert worden, nachdem er der Zeitung ein Interview gegeben und gegen eine Berichterstattung keinen Einwand erhoben habe. In keinem der Artikel seien Name, Vorname oder Wohnort der Frau oder der Tatort genannt worden. Eine Identifizierung der Beschwerdeführerin ohne Angabe ihres Wohnorts und ihres Vornamens sei allein durch die Nennung des Familiennamens und der Position des Vaters nicht möglich gewesen. Auf eine Veröffentlichung der “auf dem Markt” angebotenen Fotos der Frau sei – so die Rechtsabteilung des Blattes – bewusst verzichtet worden. (2005)

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Verdacht einer Stasi-Mitarbeit

Die PDS-Fraktion der Stadt habe sich seit Beginn der neuen Legislaturperiode geweigert, die eigenen Abgeordneten auf frühere Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit überprüfen zu lassen, schreibt die Zeitung am Ort. Das Blatt teilt seinen Leserinnen und Lesern in zwei Beiträgen mit, es seien Papiere aufgetaucht, die eine PDS-Stadträtin der wissentlichen oder unwissentlichen Arbeit für die Stasi verdächtigten. Die Außenstelle der Birthler-Behörde in Dresden besitze eine “Handakte für GMS” mit der Archivnummer 237/74, die als handschriftlichen Zusatz den Namen der arbeitslosen Ingenieurin trage, die als Parteilose in der zweiten Legislaturperiode für die PDS im Stadtrat und erstmals auch im Kreistag sitze. Nach den Aufzeichnungen solle die Betroffene von 1971 bis 1974 als so genannter “Gesellschaftlicher Mitarbeiter Sicherheit (GMS)” für die Stasi gearbeitet haben. Im Detail erwähnt das Blatt, die heutige Kommunalpolitikerin sei vor allem im Rahmen der 10. Weltfestspiele 1973 in Berlin für das MfS tätig geworden, räumt aber ein, dass Unterlagen eines Geheimdienstes nicht den letzten Beweis für eine bewusste Zusammenarbeit liefern. Die 56-Jährige bestreite eine solche wissentliche Tätigkeit. Daran könne sie sich nicht erinnern. Der Fall habe eine zweite, eine tragische Dimension, schreibt der Autor. Der Ehemann der Betroffenen arbeite heute als geachteter Geschichtslehrer und sei Mitbegründer des Geschichtslehrerverbandes im Land. Er habe in Zeiten von Gorbatschow und Perestroika häufiger Nein gesagt. Am Ende habe er arbeitslos mit einer strengen Parteirüge zu Hause gesessen, zitiert das Blatt den Mann. Seiner Frau habe er immer geraten, offensiv mit dem Stasi-Verdacht umzugehen. Warum sollte ich, frage diese heute. Das sei doch 35 Jahre her. In ihrem Bericht über eine Sondersitzung des Stadtrates gibt die Zeitung eine Stellungnahme der Stadträtin zu den Vorwürfen ausführlich wieder. Richtig sei, dass sie 1971 für das MfS geworben werden sollte, dies aber abgelehnt habe. Die jetzt aufgetauchten Akten hätten dem Prüfungsausschuss der Stadt vorgelegen und seien als unbedenklich befunden worden. Sie selbst und ihr Mann hätten in ihrer Jugend die Ideale des Sozialismus vertreten, wären aber in einem Reifeprozess später zu anderen Ansichten gelangt. Das betroffene Ehepaar wendet sich an den Deutschen Presserat und beklagt, dass die Zeitung mit Halbwahrheiten und sensationsgestalteten Verleumdungen die Arbeit des Stadtrates erschwere. Zudem handele es sich bei dem ersten Beitrag über angebliche Stasi-Verwicklungen um Rufmord. Der Artikel sei aus Indiskretionen unter Missachtung der Schweigepflicht und längst geprüften Unterlagen gespeist worden. Die Zeitung hält, anwaltlich vertreten, die Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses zum Redaktionsdatenschutzes für nicht gegeben. Soweit die Berichterstattung den Beschwerdeführer betreffe, so gehe diese auf dessen eigene, freiwillige Einlassungen zurück. Bei der Beschwerdeführerin handele es sich um eine Mandatsträgerin im Sinne der Richtlinie 8.1, Absatz 6, des Pressekodex. Weil sich die PDS der Stadt geweigert habe, sich einer Überprüfung auf Mitarbeit für die Stasi zu stellen, habe der Autor der Artikel bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Stasi zu Zwecken der journalistischen Berichterstattung Einsicht in eine etwaige Täterakte u.a. der Beschwerdeführerin beantragt. Die BStU habe dem Antrag erst im Jahre 2005 stattgegeben und Einsicht in die Täterakte der Beschwerdeführerin gewährt. Die Beschwerde sei unbegründet, stellt der Anwalt der Zeitung fest. Sie stelle nach Ansicht der Redaktion einen weiteren Versuch einer “stasi”-belasteten PDS-Amtsträgerin dar, die Justiz und den Presserat zu missbrauchen. Die Berichterstattung über eine Stasi-Verstrickung eines Lokal- und Regionalpolitikers umfasse auch die Mitteilung derjenigen Umstände, die für oder gegen eine Verstrickung sprechen, ebenso wie die Mitteilung derjenigen Umstände, die den Grad, die Intensität und die Dauer der etwaigen Verstrickung beurteilen lassen. Der Beitrag enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass die Stasi-Tätigkeit der Beschwerdeführerin keineswegs als erwiesen gelten kann. Die Begründung, mit der die Beschwerdeführerin diesen Verdacht zu entkräften versuche, habe die Redaktion ohne entwertende Zusätze ebenfalls wiedergegeben. Im Ergebnis liege hier also eine rechtlich wie publizistisch zulässige Verdachtsberichterstattung vor. Dabei sei die Nennung des Namens der Politikern nicht nur erforderlich, sondern auch zulässig gewesen. (2005)

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