Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung informiert ihre Leser, dass ein 31jähriger Türke seine Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung getötet hat. Der Mann habe sich selbst gestellt, zunächst einen Unfall vorgegeben, dann aber die Tat gestanden. Weder zum genauen Tathergang noch zum Motiv hätten sich Polizei und Staatsanwaltschaft bislang geäußert. Ein Leser führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. In dem Beitrag seien keine Hinweise zu finden, welche die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Nationalität des mutmaßlichen Täters und dem ihm zur Last gelegten Delikt rechtfertigen. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich darauf, dass der Bericht keine Fremdenfeindlichkeit schüren wolle, sondern objektive Tatbestände schildere. (1999)
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Eine Lokalzeitung kommentiert den Umgang des Gemeinderates mit den Hunden im Ort: „Erst haben die Gemeindevertreter in mehreren Sitzungen darüber debattiert, auf welche Weise man die Besitzer deutlicher schröpfen kann. Jetzt beschließen sie in einer Satzung auch noch die Anleinpflicht auf öffentlichen Gehwegen.“ In der Debatte darüber habe sich eine Grünen-Abgeordnete, so die Zeitung, erneut als gehässige Hundefeindin geoutet. Wörtlich habe sie gesagt: „Wenn der Hund frei auf der Straße läuft, dann hoffe ich, dass er von einem Auto überfahren wird.“ Die genannte Kommunalpolitikerin beschwert sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Die Formulierung „gehässige Hundefeindin“ sei diffamierend. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, dass der Zwischenruf wörtlich richtig wiedergegeben wurde. Die Beschwerdeführerin versuche auch gar nicht, einen anderen Wortlauf geltend zu machen, geschweige denn zu belegen. Auch in der Beschwerde spreche sie nur davon, dass das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen worden sei. Die Bewertung des Autors, die Abgeordnete habe sich „erneut“ als gehässige Hundefeindin geoutet, gehe auf eine Debatte in einer früheren Sitzung des Gemeindeparlaments zurück. Damals habe sich die – wie heute – aus denselben zwei Köpfen bestehende Fraktion der Grünen eindeutig für eine Luxussteuer für Hundebesitzer ausgesprochen und bekräftigt: „Bei denen können wir uns Geld holen“. Bei der Aufklärung des Sachverhalts stößt der Presserat auf einen Leserbrief, der im letzten Absatz folgende Passage enthält: „Jedes tierische Geschöpf auf unserem Planet hat vermutlich mehr Verstand als diese Frau, die sich auch noch Politikerin schimpft und sich auch noch zu einer solch dummen herzlosen Aussage hinreißen lässt.“ Das Gremium ist der Ansicht, dass diese Passage möglicherweise eine ehrverletzende Behauptung im Sinne von Ziffer 9 des Pressekodex darstellen könnte, und bittet die Chefredaktion um eine ergänzende Stellungnahme in diesem Punkt. Diese antwortet, der Schreiber des Leserbriefes habe zwar sehr kritisch reagiert und drastisch formuliert, seine Reaktion sei aber vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt, da die Aussage relativierend eingeschränkt werde. Es handele sich mithin um keine Schmähkritik, denn der Autor formuliere seine Kritik als Vermutung, die sich an eine Politikerin und nicht an eine Privatperson richte. Gleichzeitig werde der Beschwerdeführerin in dem Brief zu Gute gehalten, dass sie sich habe hinreißen lassen. Insgesamt ist die Zeitung der Ansicht, dass es einem Leser erlaubt sein muss, auf drastische Äußerungen mit einem drastischen Leserbrief zu antworten. (1999)
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Eine Boulevardzeitung schildert chaotische Zustände in einer städtischen Klinik, die sie „Deutschlands Randale-Krankenhaus“ nennt. Fast jede Woche gebe es Diebstähle und Schlägereien. Eine Hebamme sei bei der Entbindung gewürgt worden. In einem Aufenthaltsraum habe ein Familienclan auf einem Campinggerät ein Lamm gegrillt. In der Notaufnahme torkelten Betrunkene umher. Und der Klinikpark sei das Revier von Kampfhunden und Mountainbikern. Die Zeitung berichtet, dass ab sofort Sheriffs mit Schlagstock durch das 1.100-Bettenhaus patrouillieren. Die Verwaltungsdirektion der Klinik kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass durch den Beitrag der Eindruck entstehe, kriminelle Handlungen seien in dem Krankenhaus an der Tagesordnung. Dies sei jedoch nicht öfter der Fall als in anderen Häusern. Die Redaktionsleitung behauptet, der Beschwerdeführer könne keinen der dargestellten Fälle als falsch bezeichnen. Er kritisiere aber, dass die Aneinanderreihung der Vorfälle ein verfälschendes Bild schaffe. Dabei übersehe er allerdings, dass die in der Berichterstattung mitgeteilten Vorfälle die Klinikleitung veranlasst haben, einen Wachdienst einzurichten. Dies sei entscheidend. (1999)
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Ein Stadtmagazin stellt in großformatigen Fotos unter dem Motto „Halloween – Die Nacht des Grauens“ neue Mode vor. Aufgeschlitzte, erschlagene oder blutüberströmte Mädchen präsentieren in leblosen Posen Kleidung, Wäsche, Schmuck oder Kontaktlinsen. In den Unterzeilen wird auf die Hersteller der Ausstattung hingewiesen. Die Modefotos seien an Grausamkeit kaum zu überbieten, findet eine Leserin. Sie seien brutal und zynisch. Gewalt werde verharmlost. Das Spiel mit dem Horror, die Lust am Entsetzen, die diese Fotos widerspiegeln, ließen sich nicht durch ästhetische Gesichtspunkte bzw. das Thema „Halloween“ verharmlosen oder gar rechtfertigen. Diese Art der Bagatellisierung von Schwerverbrechen an unschuldigen Opfern als „modischer Kick“ verhöhne grausam ermordete Mädchen und deren Familien. Die Leserin erinnert an spektakuläre Kriminalfälle und ruft den Deutschen Presserat an. Die Redaktion erklärt, Intention des Fotografen sei es gewesen, den auf keltische Rituale zurückgehenden Halloween-Kult künstlerisch-anspruchsvoll und ästhetisch-ungewohnt umzusetzen. Als Aufmachermotiv habe er dazu einen ausgehöhlten Kürbiskopf gewählt, der – ergänzt durch Dialogauszüge aus dem Horror-Klassiker „Halloween – Die Nacht des Grauens“ – eindeutig auf das Thema „Halloween“ hinweise. Ein Bezug zu spektakulären Kriminalfällen der jüngsten Zeit sei daher auf keinen Fall gegeben. Bedingt durch die surreale Art der Fotografie werde deutlich, dass die Fotostrecke nicht die Realität abbilden oder gar zur Nachahmung animieren möchte, sondern dass es sich zweifelsfrei um eine künstlerische Interpretation eines jahrhundertealten Brauches handele, der in den USA mittlerweile Volksfestcharakter genieße. (1999)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht den Brief einer Leserin zum Thema „Organtransplantation“. Vierzehn Tage später druckt sie einen anderen Leserbrief ab, in dem ein Arzt zum Schreiben der Leserin Stellung nimmt. Die Frau schickt der Zeitung einen zweiten Brief, der aber nicht veröffentlicht wird. Stattdessen erhält sie ein Fax des Arztes, der sich darin auf Details des zweiten Briefes bezieht und die Verfasserin hart kritisiert. Die Leserin setzt sich daraufhin mit der Redaktion in Verbindung und erfährt, dass diese ihren zweiten, nicht veröffentlichten Brief an den Arzt weitergegeben hat. Dafür entschuldigt sich die Redaktion. Die Leserbriefschreiberin wendet sich an den Deutschen Presserat. Sie kritisiert die Verletzung des Redaktionsgeheimnisses, da ihr Brief an einen Dritten weitergegeben worden ist. Der für die Leserbriefspalte verantwortliche Redakteur der Zeitung teilt mit, man habe den Brief der Leserin an den Arzt in der Absicht weitergegeben, die beiden „Kontrahenten“ dadurch zu einer Aussprache bewegen zu können. Er räumt ein, dass – da man dazu nicht autorisiert war – dies ein Fehler und ein Vertrauensbruch gewesen sei. Dafür habe sich die Zeitung bei der Beschwerdeführerin telefonisch und schriftlich in aller Form entschuldigt. Mehr könne man in dieser Angelegenheit nicht mehr tun. In Zukunft werde der Zeitung ein solcher Fehler nicht mehr unterlaufen. (1999)
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Die Lokalausgabe einer Regionalzeitung teilt ihren Lesern mit, dass die Versammlung der Stadtverordneten beschlossen hat, ihre amtlichen Bekanntmachungen in diesem Blatt und nicht mehr in der Konkurrenzzeitung zu veröffentlichen. In einem dem Artikel beigestellten Kommentar wird die Reaktion des örtlichen SPD-Chefs auf diese Entscheidung dargestellt und von einer „gelungenen schlechten Figur“, von einer hinreißend besetzten Lachnummer gesprochen. Der Kommunalpolitiker hatte angeblich von einer „Vitaminspritze“ für die Regionalzeitung gesprochen. Damit habe er – so der Kommentar – erfolgreich den Gipfel der Lächerlichkeit erklommen und die ausgewachsene Ahnungslosigkeit eines Mannes gezeigt, dem man mit Fug und Recht anderes zugetraut hätte. Der Bürgermeister einer Nachbargemeinde legt den Beitrag dem Deutschen Presserat mit der Bitte um Prüfung vor. Er ist der Ansicht, dass hier Tatsachen und Meinungen durcheinander gebracht werden. Zudem würden durch den Kommentar einzelne Personen diskriminiert. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, bei dem beanstandeten Bericht handele es sich um eine zulässige kommentierende Berichterstattung. Der Kommentar setze sich mit dem aus Sicht des zuständigen Redakteurs misslungenen Auftritt eines Redners in einer öffentlichen Sitzung des Stadtparlaments auseinander. Er sei zwar kritisch und scharf, eine Verletzung des Pressekodex sei jedoch nicht erkennbar. (1999)
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Vor Gericht steht ein 24-jähriger Mann, der beschuldigt wird, eine 22-jährige Frau in der Wohnung eines Bekannten mit einem an den Hals gehaltenen Küchenmesser zum Beischlaf gezwungen zu haben. Die Lokalzeitung schildert die Aussage eines Zeugen, der das Paar in seinem Auto mitgenommen, in besagter Wohnung abgesetzt und nach zwei Stunden wieder abgeholt habe. Die beiden hätten den Eindruck eines Liebespaares gemacht. Die Frau sei „gut drauf gewesen“ und habe einen seltsamen strahlenden Glanz in den Augen gehabt. Der Zeuge im Brustton der Überzeugung: „Eine Frau, die gerade vergewaltigt worden ist, sieht anders aus.“ Knapp drei Wochen später habe die junge Frau der Polizei erzählt, sie sei an diesem bewussten Tage vergewaltigt worden. Die Zeitung erwähnt, dass der Angeklagte ein Albaner, das mutmaßliche Opfer eine Frau aus dem Kosovo ist. Da es sich bei der Mehrzahl der Zeugen in diesem Prozess um Albaner und Kosovaren handele, denen die Befähigung zum Märchen erzählen in die Wiege gelegt scheine, sei die Bandbreite zwischen Wahrnehmung und Wahrheit, zwischen Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, zwischen Ehrlichkeit und Lüge schon ziemlich groß. Ein Leser der Zeitung schaltet den Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, dass die Überschrift „Zeuge: Glanz in den Augen nach der angeblichen Vergewaltigung“ und die Unterzeile „Bruder des Schwagers bemühte sich, ‚Täter‘ und ‚Opfer‘ als Liebespaar darzustellen“ ein genügendes Maß an Distanziertheit und vorurteilsfreier Berichterstattung vermissen lassen. Besonders die Begriffe „angebliche Vergewaltigung“ sowie „Opfer“ und „Täter“, die in Anführungszeichen gesetzt seien, stellten die Meinung des Autors dar und entbehrten jeglicher gerichtlicher Beurteilung. Die Behauptung, der Volksgruppe der Albaner und Kosovaren scheine die Befähigung zum Märchen erzählen in die Wiege gelegt zu sein, verstoße eklatant gegen das Diskriminierungsverbot. Dies bedeute, dass der Autor diesen Menschen ständiges Lügen unterstelle. Die Redaktionsleitung betont, der Autor des Beitrages habe seine subjektive Wahrnehmung des Prozesstages wiedergegeben. Dennoch habe die Redaktion einige Formulierungen ändern bzw. streichen müssen. Dadurch sei es zu einer missverständlichen und vorurteilsbehafteten Darstellung gekommen. Dies sei der Redaktion hinterher bewusst geworden. Deshalb habe sie auch umgehend einen Leserbrief des Beschwerdeführers veröffentlicht. Inzwischen habe man sich auch mit dem Beschwerdeführer über die Zusammenhänge des Falles unterhalten und dabei in der Beurteilung des Sachverhaltes Einvernehmen erzielt. (2000)
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