Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
7055 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Die Polizei schlug wieder zu – Schämt Euch!“ berichtet eine Boulevardzeitung über das stundenlange Martyrium eines jungen Mannes, der in der Silvesternacht mit einem Bekannten gerangelt hatte und dabei von Polizeibeamten aufgegriffen worden war. Der Junge sei, schreibt die Zeitung, das jüngste Opfer von stadtbekannten Prügelbeamten. Er sei gefesselt zur Wache gebracht und dort bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden. Im Krankenhaus seien später Schädelbasisfraktur, Schädelhirntrauma, geplatztes Trommelfell, Platzwunden am Kopf und im Gesicht sowie Würgemale am Hals diagnostiziert worden. Die Gewerkschaft der Polizei nimmt die Berichterstattung zum Anlass, sich beim Deutschen Presserat zu beschweren. Der Beitrag sei einseitig und vorverurteilend. Er erwecke den Eindruck, als würde die Polizei in der genannten Stadt permanent zuschlagen. Die Behauptung, der betroffene Junge sei das jüngste Opfer von stadtbekannten Prügelbeamten, wecke bei vielen Lesern den Eindruck, es gebe bei der Polizei Schläger, die in der ganzen Stadt bekannt seien und von Polizeiführung und Politik gedeckt würden. Die Leitung der Redaktion bleibt dabei: Der Vorfall sei so, wie berichtet, abgelaufen. Die Aufforderung „Schämt Euch!“ sei keineswegs generell an alle, sondern nur an die betroffenen Polizeibeamten gerichtet. Auch der Ausdruck „Prügelbeamten“ sei nicht verallgemeinernd verwendet worden. Die Feststellung „Die Polizei schlug wieder zu“ sei darauf zurückzuführen, dass es bereits zu Beginn des Jahres einen vergleichbaren Vorwurf gegen Polizeibeamte gegeben habe. Damals seien zwei Touristen die Opfer gewesen. Die Redaktionsleitung legt schließlich den Bericht einer anderen Zeitung über den selben Vorfall vor, der in der Darstellung mit der Schilderung im Boulevardblatt im wesentlichen übereinstimmt. (2000)
Weiterlesen
Die Uniformen der Polizei seien unpraktisch, unmodern, unbeliebt, unmöglich, schreibt die Landesausgabe einer Boulevardzeitung. In ganz Deutschland, stellt sie fest, fordern die Gewerkschaften der Polizei neue Uniformen. Nur der Polizeigewerkschaft des Landes scheine das egal zu sein. Der Vorsitzende des Landesbezirks wird wie folgt zitiert: „Dazu kann ich nichts sagen.“ Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Dieses Zitat sei falsch. Da die Zeitung einige Wochen zuvor Kollegen als „Prügelbeamte“ bezeichnet habe, habe die Gewerkschaft der Redaktion mitgeteilt, sie wünsche keinen Kontakt mehr mit dem Blatt. Auf die Frage des Reporters nach der Haltung der Gewerkschaft zur Frage neuer Uniformen habe er deshalb wie folgt geantwortet: „Von mir bekommen Sie keine Auskunft mehr, weder zu diesem noch zu irgend einem anderen Thema!“ Keinesfalls habe er gesagt: „Dazu kann ich nichts sagen!“ Der Sinn seiner Antwort sei dahingehend verfälscht worden, dass der Anschein entstehe, der Landesbezirk habe zu diesem wichtigen Thema keine Meinung. Dies sei falsch. In ihrer Stellungnahme räumt die Redaktionsleitung des Blattes ein, dass das Zitat nicht vollständig wiedergegeben wurde. Lächerlich sei jedoch der Vorwurf, die Zeitung wolle eine Kampagne gegen den Beschwerdeführer bzw. den Landesbezirk der Polizeigewerkschaft entfachen. Das verkürzt wiedergegebene Zitat sei wenige Tage später richtig gestellt worden. In der Richtigstellung sei wiedergegeben worden, was der Beschwerdeführer tatsächlich gesagt habe. (2000)
Weiterlesen
Eine Behindertenhilfe hat außerordentliche Mitgliederversammlung. Diskutiert werden Vorwürfe gegen den Geschäftsführer, der sein Amt missbraucht und Gelder unterschlagen haben soll. Die Lokalzeitung berichtet über den Verlauf der Veranstaltung. Sie erwähnt, dass eine SPD-Abgeordnete im Magistrat in einem Brief an die Tageszeitungen gewissermaßen Stimmung gegen den Geschäftsführer zu machen versuche, was gerade vor dem Hintergrund auffällig sei, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch laufen und das Arbeitsverhältnis ihres Ehemannes, der als Werkstättenleiter in der Behindertenhilfe arbeite, mit einer Änderungskündigung modifiziert worden sei. In einem Kommentar, der die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe in Zweifel zieht, wird die Kommunalpolitikerin als eine „Genossin mit Pitbull-Gemüt“ bezeichnet. Die Betroffene legt die Veröffentlichungen dem Deutschen Presserat vor. Der Arbeitsvertrag ihres Ehemannes sei nicht per Änderung modifiziert worden. Dies sei bislang nur geplant. Schließlich kritisiert sie die Bezeichnung „Genossin mit Pitbull-Gemüt“ als ehrverletzend. Die Redaktionsleitung bestätigt, dass der Autor des Beitrages der Fehlinformation aufgesessen sei, der Ehemann der Beschwerdeführerin sei von einer Änderungskündigung betroffen. Richtig sei vielmehr, dass die Geschäftsführung der Behindertenhilfe diese beabsichtigt, aber noch nicht vollzogen habe. Der Redaktionsleiter habe angeboten, die Fehlinformation in Form eines Leserbriefes bzw. einer Gegendarstellung zu korrigieren. Dies habe das Ehepaar aber abgelehnt. Darauf hin habe die Zeitung von sich aus eine Korrektur veröffentlicht. Die Bezeichnung „Genossin mit dem Pitbull-Gemüt“ sei eine Metapher und keineswegs ehrverletzend. Sie beziehe sich auf die generelle Verhaltensweise der SPD-Stadträtin. (2000)
Weiterlesen
Eine Bundestagsabgeordnete wird im Hof des Hauses, in dem sie wohnt, hinterrücks von einem Unbekannten angesprungen und mit zwei Messerstichen in den linken Oberarm verletzt. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber. Die engagierte Grüne werde von Ultralinken – aber auch von Rechtsextremen – angefeindet, seit sie sich für den Einsatz der NATO im Kosovo ausgesprochen habe. Die Zeitung nennt den Namen der Straße und beschreibt das Haus. Der Pressesprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Bekanntgabe der Straße sei grob fahrlässig. Dadurch entstehe eine zusätzliche Gefährdung, da das Attentat Nachahmer finden könnte. Die Rechtsabteilung des Verlages bedauert die Nennung der Privatadresse. Redaktion und Verlag entschuldigen sich bei der Abgeordneten und weisen darauf hin, dass derartige Informationen üblicherweise aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht veröffentlicht werden. Im vorliegenden Fall sei nicht berücksichtigt worden, dass der Tatort mit dem Wohnort der Betroffenen übereinstimmt. (2000)
Weiterlesen
Die Lokalausgabe einer Boulevardzeitung beklagt den Tod zweier Mitbürger: Der 82-jährige ehemalige Manager einer Supermarktkette und seine Ehefrau gehören zu den Opfern der Flugzeugkatastrophe am 25. Juli 2000 in Paris. Die Zeitung schildert die Lebensumstände der Verunglückten. Eine Herzrhythmusstörung habe den temperamentvollen Mann in Rente gezwungen. Die Ehefrau sei zehn Jahre jünger als ihr Mann und früher einmal Dolmetscherin für Englisch gewesen. Aus der zweiten Ehe sei eine Tochter hervorgegangen. Diese sei Bühnenbildnerin. Ein Anwalt schaltet den Deutschen Presserat ein. Seine Mandantin, die Tochter des Ehepaares, fühle sich durch die Veröffentlichung beschwert. Die Rechtsabteilung des Verlages befürchtet, dass weitere rechtliche Schritte des Anwaltes nicht auszuschließen seien, und bittet den Presserat, die Behandlung der Beschwerde auszusetzen. Sinn und Zweck von § 4, Abs. 8 der Beschwerdeordnung sei es, die Unbefangenheit der Gerichte zu bewahren und ihre Entscheidungen nicht durch Entschließungen des Presserates zu beeinflussen. Die Gefahr einer Präjudizierung der Gerichte sei aber im vorliegenden Fall nicht von der Hand zu weisen, zumal es um eine Thematik gehe, die von den Gerichten bisher noch nicht entschieden worden sei. (2000)
Weiterlesen
Im Rahmen ihrer Berichterstattung über den Absturz der Concorde-Maschine am 25. Juli 2000 in Paris porträtiert eine Boulevardzeitung Mitbürger der Stadt, die bei der Katastrophe tödlich verunglückt sind. Unter der Überschrift „Reisen war ihr Hobby“ wird auch ein Rentner-Ehepaar als Opfer vorgestellt. Die Zeitung zeigt ein Foto des Bungalows, in dem die Verunglückten gelebt haben, und zitiert Nachbarn, die sich über das Alter, die Hobbys und die Mobilität des betagten Ehepaares sowie über den Beruf des Ehemanns äußern. Der Anwalt der Tochter wendet sich an den Deutschen Presserat. Seine Mandantin fühle sich durch die Veröffentlichung beschwert. Eine Stellungnahme der Zeitung liegt nicht vor. (2000)
Weiterlesen
Eine Boulevardzeitung stellt im Rahmen ihrer Berichterstattung über die Flugzeugkatastrophe am 27. Juli 2000 in Paris ein Ehepaar vor, das unter den Opfern ist. Die Zeitung schildert das Leben der beiden Rentner, beschreibt ihr Haus und den Garten und erwähnt ihre große Reiselust. Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Obwohl der ehemalige Leiter einer Supermarktkette schon eine Bypass-Operation und sie zwei Hüftoperationen hatte, wollten die beiden weg...“. Im Namen der Tochter und in eigenem Namen beschwert sich ein Anwalt beim Deutschen Presserat. Er findet es nicht hinnehmbar, wie sich insbesondere die deutsche Presse auf die Opfer dieses Unglücks und auch auf deren überlebende Angehörige im Wortsinne gestürzt habe. Eine Stellungnahme der Zeitung liegt nicht vor. (2000)
Weiterlesen
In großer Aufmachung beschreibt eine Boulevardzeitung den Umgang Hamburgs mit Kampfhunden. In dem Beitrag wird die Frage gestellt, was passiert, wenn Polizei oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes auf der Straße einen Kampfhund sehen. Die darauf folgende Textpassage lautet: „Er wird dem Halter sofort weggenommen. Selbst wenn das Tier an der Leine geführt wird und einen Maulkorb trägt. Der Hund kommt ins Tierheim. Seine Einschläferung – so gut wie besiegelt.“ Ein Leser des Blattes kann diese Darstellung nicht nachvollziehen, da sie nach seiner Meinung massiv gegen geltendes Recht verstoßen würde. Er erkundigt sich bei den Behörden der Stadt und erfährt, dass die in dem Artikel getroffenen Aussagen falsch seien. Eine Wegnahme der Hunde sei ausgeschlossen und weder angeordnet noch vorgesehen. Die so gut wie besiegelte Einschläferung stehe gänzlich außer Frage. In Kenntnis dieser Sachlage reicht der Mann Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass laut § 2 städtischen Hundeverordnung das Halten gefährlicher Hunde grundsätzlich verboten sei. Es gebe jedoch die Möglichkeit, eine Erlaubnis zu beantragen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Haltung nachgewiesen werden könne. Werde ein Hundehalter mit einem der in § 1 aufgeführten Hunde von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder der Polizei auf der Straße angehalten und könne er eine solche Erlaubnis nicht nachweisen, müsse der Hund laut § 7 dann eingezogen werden. Für Hundehalter, die einen der in § 1 genannten Hunde zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung am 18. Juli 2000 bereits gehalten hätten, sei eine Schonfrist im Hinblick auf eine noch ausstehende Erlaubnis bis zum 28. November 2000 gewährt worden. Diese Schonfrist von etwa fünf Monaten werde in dem Beitrag erwähnt. Die Rechtsabteilung räumt ein, in dem Artikel hätte durchaus etwas deutlicher dargestellt werden sollen, dass sich die Schonfrist auf alle in § 1 der Hundeverordnung genannten Hunde bezieht. Da es kaum vertretbar sein dürfte, dass eingezogene Hunde lebenslang nur noch in einem Käfig leben dürfen, gingen nicht nur Gegner, sondern auch die Befürworter der Hundeverordnung letztendlich davon aus, dass eine andere Wahl als die des Einschläferns der Hunde kaum möglich bleibe. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Stadt Hamburg klärt den Presserat auf dessen Anfrage auf. Treffe die Polizei auf einen der in § 1 der Hundeverordnung aufgezählten Hunde und werde dieser mit Leine und Maulkorb geführt, seien die Anforderungen der Verordnung voll und ganz erfüllt. Es könne keine Rede davon sein, dass die Hunde dem Halter weggenommen, in ein Tierheim gebracht und eingeschläfert würden. Für den Fall, dass der Hundehalter sich weigere, Leine oder Maulkorb anzulegen, müsse die zuständige Behörde die Hundehaltung untersagen. Dann werde der Hund sichergestellt und in einem Tierheim untergebracht. Eine Tötung komme aber nur dann in Frage, wenn der Hund in Zukunft eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Mensch und Tier darstelle. Die Behörde weist abschließend darauf hin, dass ein Hund der in § 1 aufgeführten Rassen von der Erlaubnispflicht sowie dem Leinen- und Maulkorbzwang freigestellt werden könne, wenn der Halter ein Negativzeugnis eines Tierarztes oder eines Sachverständigen vorlegen könne. (2000)
Weiterlesen
Ein Boulevardblatt berichtet an zwei aufeinander folgenden Tagen über die Absicht der Bundesregierung, Arbeitsplätze in den Sicherheitskontrollen deutscher Flughäfen abzubauen und durch Billig-Arbeiter zu ersetzen. Flughafenbetreiber und Gewerkschaft böten dagegen interne Umstrukturierungen an, um die Kosten zu senken. Innerhalb beider Artikel wird für die Durchsuchung der Passagiere an den Sicherheitsschleusen mehrmals der Begriff „fummeln“ und „Fummler“ benutzt. Die Überschriften lauten „Airport lässt sich das ‚Fummeln‘ nicht verbieten !“ und „Flughafen-Fummler – Heute geht’s um 1200 Jobs“. Der Betriebsrat eines der genannten Flughäfen bittet den Deutschen Presserat um Überprüfung der Veröffentlichungen. Er ist der Meinung, dass der Begriff „Fummler“ eindeutig negativ besetzt ist. Im konkreten Zusammenhang sei diese Formulierung daher ehrverletzend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fluggastkontrolle. Die Redaktionsleitung ist der Ansicht, dass der Begriff „fummeln“ in keiner Weise herabsetzend und unter Verletzung der Menschenwürde der Fluggastkontrolleure gebraucht worden sei. Die Bezeichnung diene lediglich der Unterscheidung zwischen „manuellem Abtasten“ und elektronischer Kontrolle. Von einer Diskriminierung könne daher keine Rede sein. (2000)
Weiterlesen