Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
Eine Karikatur in einer Regionalzeitung veranlasst einen Leser des Blattes zu einem Protest beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Darstellung eine Diskriminierung aller Frauen. Die Karikatur zeigt ein Ei, in das – stark stilisiert – eine nackte Frau gezeichnet ist. Der Zeichnung beigestellt ist eine Sprechblase, die folgenden Text enthält: “Wir sind (fast alle) auch käuflich!” Die Zeichnung gehört zu einem Beitrag in Reimform, der sich mit dem Ostereiermarkt am Ort beschäftigt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Karikatur sei Teil einer Glosse über eine Verkaufsausstellung von Ostereiern. Der Zeichner glossiere und bedichte bereits seit 40 Jahren auf humorvolle bis satirische Weise das Stadtgeschehen. (1998)
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Eine Sonntagszeitung berichtet unter der Überschrift “Die Panscher von der Pfalz” über Weinpanscherei. Im Text werden drei Fälle geschildert, in denen Wein gepanscht wurde. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der Überschrift eine Kollektivbeleidigung und eine Geschäftsschädigung aller pfälzischen Winzer. Zudem werde die Überschrift durch den Inhalt des Artikels nicht gedeckt. Die Chefredaktion der Zeitung bedauert, dass der Autor einen Ort in Rheinhessen in die Pfalz verlegt habe. Diese fehlerhafte Zuordnung sei jedoch kein Fakt, der eine Beschwerde beim Presserat tragen könne. Aus der Überschrift sei nicht zu schließen, dass alle pfälzischen Winzer Weinpanscher wären. Der Bericht beziehe sich auf drei konkret abgehandelte Winzer und nicht allgemein auf die Winzer in der Pfalz. Bei dieser auf ganz spezielle Weingüter bezogene Berichterstattung käme kein Leser auf die Idee, dass generell in der Pfalz gepanscht werde. Die Überschrift mache genau umgekehrt deutlich, dass es die in der Veröffentlichung genannten Winzer seien, die gepanscht hätten. (1998)
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Eine Regionalzeitung berichtet über eine Partner-Vermittlung per Video und illustriert ihren Beitrag mit einem Foto, das einen Mann und eine Frau im Gespräch in einem Straßencafé zeigt. Ein Leser der Zeitung erkennt sich auf dem Foto wieder. Die Aufnahme wurde vor etwa sieben bis acht Jahren gemacht und zeigt ihn mit einer ehemaligen Bekannten. Der Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung erwecke unter Verwendung eines Archivfotos in Zusammenhang mit dem Artikel “Eheglück kommt aus dem Videoregal” den Eindruck, dass er per Video eine Partnerin suche. Dadurch werde sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung gesteht ein, dass das Foto vor sieben bis acht Jahren entstanden und veröffentlicht worden sei. Man habe damals einen Eindruck von einem Sommertag mit fröhlichen Menschen vermitteln wollen. Er betont, dass es bei der neuerlichen Verwendung des Bildes nicht in der Absicht der Zeitung lag, die darauf abgebildeten Personen als Klientel des im Text behandelten Vermittlungsinstituts darzustellen. Da das Motiv des Bildes eine gewöhnliche Straßenszene sei, erscheine die Schlussfolgerung des Beschwerdeführers, es werde ein Zusammenhang zwischen der Partnervermittlung und dem Bild suggeriert, auch keinesfalls zwingend. Ungeachtet dessen habe er die für die Veröffentlichung verantwortlichen Kollegen deutlich gerügt. In Zukunft werde man mit größerer Sorgfalt Fotos auswählen. Dem Beschwerdeführer habe man angeboten, ihn und seine Ehefrau zu einem Abendessen in ein Restaurant der gehobenen Kategorie einzuladen. Dieses Angebot sei jedoch abgelehnt worden. Statt dessen habe der Anwalt des Betroffenen eine Entschädigung in Höhe von 5.000 D-Mark sowie die Übernahme der anwaltlichen Kosten gefordert. Die Zeitung habe daraufhin nochmals ihr Bedauern über die versehentliche Veröffentlichung des Bildes ausgedrückt, aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass sie zur Zahlung des von dem Beschwerdeführer avisierten Betrages nicht bereit sei. Beide Parteien teilen dem Presserat mit, dass Einigungsversuche gescheitert seien und nun eine Auseinandersetzung vor Gericht anstehe. (1998)
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In einer Notiz unter der Überschrift “Duldung erlaubt” veröffentlicht eine Boulevardzeitung unter Angabe des Aktenzeichens das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts. Danach darf einem Ausländer, der seit mindestens zwei Jahren zwar ausreisepflichtig ist, aber in Deutschland geduldet wird, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Ein Anwalt, von mehreren ausländischen Mandanten auf diese Veröffentlichung angesprochen, bittet das zitierte OVG um Übersendung der Entscheidung und erfährt vom zuständigen Pressedezernenten, dass die Meldung falsch sei und die Entscheidung einen anderen Inhalt habe. Er beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die seiner Ansicht nach sinnentstellende Kürzung einer Agenturmeldung. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der Inhalt des Urteils sei verkürzt wiedergegeben worden. Es gebe noch einen ergänzenden Punkt, der besage, dass wenn eine betroffene Person ohne Probleme ausreisen könne, sie dazu verpflichtet sei. Die verkürzte Fassung enthalte zwar nur einen Teil der Entscheidung, sei aber im Kern zutreffend. (1998)
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Eine Lokalzeitung berichtet auf vier Seiten über die Neueröffnung eines Kinos. Die örtliche Fachgruppe der IG Medien bittet den Deutschen Presserat um Prüfung der Veröffentlichung. Drei der vier Seiten seien Anzeigen und als redaktionelle Beiträge getarnt. Der Leser erkenne die Werbung nicht als solche, da weder eine Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ vorgenommen worden sei, noch die Beiträge durch ein anderes Layout vom restlichen Teil der Zeitung getrennt worden seien. Der Vorstand des Verlages teilt mit, die Eröffnung des Kinos sei ein herausragendes Ereignis gewesen, das die gesamte Kinowelt in und um die Stadt grundlegend verändert habe. Die Redaktion habe dem großen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit Rechnung tragen und den ihr gestellten Informationsauftrag erfüllen müssen. Sie habe dies journalistisch und standesrechtlich korrekt getan. Die auf den Seiten veröffentlichten Anzeigen seien klar als solche erkennbar. (1998)
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Unter der Überschrift „Ein Krimineller als Politikum“ berichtet ein Boulevardblatt über einen jugendlichen Straftäter, der mit seinen Eltern in die Türkei abgeschoben werden soll. Der Beitrag enthält ein Foto des Jugendlichen, sein Name wird durch die Abbildung von Plakaten erkennbar. Eine Leserin des Blattes beklagt sich beim Deutschen Presserat. Foto und Namensnennung verletzen ihrer Ansicht nach das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Jugendlichen. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der „Fall Mehmet“ die Medien seit vielen Monaten beschäftige. Zwischen den Behörden und den Medien sei eine Anonymisierung vereinbart gewesen, an die sich auch ihre Zeitung gehalten habe. Ein Privatsender und eine Tageszeitung hätten als erste den vollständigen Namen des Jugendlichen veröffentlicht. Zudem sei auf den Plakaten einer Gewerkschaftsdemonstration der volle Name genannt worden. Als dann auch noch die Polizei den Jugendlichen wegen einer neuerlichen schweren Straftat unter seinem richtigen Namen suchte, sei auch ihr Boulevardblatt von der Anonymisierung abgewichen. Eine türkische Zeitung, mit der man kooperiere, habe eine Home-Story mit Fotos des Jungen und seiner Eltern veröffentlicht, die mit ausdrücklicher Billigung der Eltern auch der Boulevardzeitung zur Veröffentlichung angeboten wurden. Die Chefredaktion fügt zudem eine Erklärung des Innenministeriums bei, in dem der Vorname des Jugendlichen genannt wird. (1998)
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Unter der Überschrift „Ran an die Spitze“ berichtet eine Regionalzeitung über Damenunterwäsche. Dem Beitrag sind zwei Fotos beigestellt, die laut Autorenangabe von einer Herstellerfirma stammen. Ein Leser sieht den Grundsatz der Trennung von Werbung und Berichterstattung nicht mehr gewahrt und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Redaktionsleitung erklärt, es sei keine Schleichwerbung, wenn Firmenfotos für ein allgemeines redaktionelles Thema verwendet würden. (1998)
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Unter der Überschrift „Fast alles für Geld“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Kinderpornoskandal von Zandvoort. Der Artikel enthält folgende Passage: „Daran stimmt, dass in Berlin die Infrastruktur der Szene besonders ausgeprägt ist. Die Anonymität der Großstadt und die gerühmte Libertinage, unter der sich Deutschlands größte Homosexuellengemeinde etablieren konnte, liefert auch den Humus, auf dem eine verschworene Päderasten- und Pädophilenszene gedeiht.“ Der Bund lesbischer und schwuler JournalistInnen beantragt eine Rüge des Deutschen Presserats. Die zitierte Passage diskriminiere alle Homosexuellen. Die Formulierung erwecke den Eindruck, dass Homosexualität und Pädophilie „zusammengehören“, weil beides auf dem gleichen „Humus“ wachse. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, der Artikel greife nicht Homosexuelle an, sondern beschreibe Tatsachen. Nach Recherchen der Redaktion und amtlichen Ermittlungsergebnissen seien in der Vergangenheit einige Berliner Homosexuellenlokale von Zuarbeitern der Kinderpornoszene als Anlauf- und Rekrutierungsstelle genutzt worden. So sei es aktenkundig, dass minderjährige Strichjungen, die in und vor diesen Lokalen auf Kundensuche waren, eben dort von Akquisiteuren für das Kinderpornogeschäft in Belgien und Holland angeheuert wurden. Der inkriminierte Satz, besonders der Begriff „Libertinage“, sollte diese promiske Szene beschreiben, die mit der hetero-sexuellen Bordell- und Rotlichtszene vergleichbar sei. Aus diesem Kontext ergebe sich, dass keinesfalls die Gruppe der Homosexuellen insgesamt gemeint sei. Wenn die Beschwerdeführer die Formulierung als diskriminierend empfinden würden, so bedauere man das. Das Magazin habe sich solcher Kritik durch Abdruck eines ähnlich lautenden Leserbriefs bereits öffentlich gestellt. (1998)
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„Verdrossen und frustriert – droht der Schwenk nach rechts?“ fragt eine Lokalzeitung in einem Beitrag, der sich mit der wachsenden Angst vor den radikalen Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl beschäftigt. Der Text ist mit einer Karikatur frei nach Wilhelm Busch illustriert. In dieser Zeichnung werden die Parteien DVU, NPD und Republikaner als Ratten dargestellt, die auf den schlafenden deutschen Michel kriechen. Die DVU-Ratte trägt ein Hakenkreuzfähnchen am Schwanz. Beschriftet ist die Karikatur mit dem Zitat: „... und ganz heimlich, kritze, kratze, kommen die Ratten aus der Matratze!“ Der Herausgeber eines Pressedienstes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Karikatur eine Volksverhetzung und ist der Ansicht, dass insbesondere die Bürger, welche in Niedersachen „republikanisch“ und in Sachsen-Anhalt DVU gewählt haben, als „Ratten“ beschimpft, böswillig verächtlich gemacht und verleumdet werden. Ziel des Artikels sei offenkundig, alle „rechten“ Parteien durch Verunglimpfung von der Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben abzuhalten und ihre Wahlchancen für die Bundestagswahl zu beeinträchtigen. Die Redaktion führt aus, Karikaturen seien mit Kommentaren gleichzusetzen und deshalb persönliche Meinungsäußerungen. Der Vergleich mit Ratten sei sicherlich nicht schmeichelhaft. Dennoch habe dies mit Volksverhetzung nichts zu tun. (1998)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter den Überschriften „Kosmetik, Duft und Schönheit“, „In der Welt der Weine“ und „Spezialisten für Männermode“ auf ihrer Wirtschaftsseite Berichte über lokale Unternehmen. Journalistenverband und IG Medien des Landes legen die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sind der Meinung, dass hier gegen das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text verstoßen wird. Zudem zeichne für die Texte niemand verantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, eine Leserbefragung von 1997 und darauf aufbauende Telefonaktionen und Foren hätten ergeben, dass die lokale und regionale Wirtschaft in der Zeitung kompetenter dargestellt werden müsste. Den Anspruch, neben die regelmäßig aus Rundfunk- und Fernsehnachrichten bekannten Meldungen aus der Welt-, Bundes- und Landeswirtschaft eine gleichgewichtige Darstellung lokal und regional tätiger Unternehmen zu setzen, habe die Zeitung mit Blick auf die angestrebte höchste lokale Kompetenz nicht ignorieren können. Ergebnis seien die nunmehr alle zwei bis drei Wochen im Wirtschaftsteil der Zeitung erscheinenden Porträts von Unternehmen. Berücksichtigt würden dabei Unternehmen mit Bedeutung für den Standort und die Region. Für den Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Unternehmensporträts könne ein besonderer Anlass, z.B. ein Jubiläum, mit entscheidend sein. Dies sei jedoch kein Muss-Kriterium. Mit der Darstellung von Unternehmen wolle die Zeitung lokale und regionale Identität fördern und einen Nutzen für die Leser schaffen, der über das Verbreiten von Nachrichten hinausgeht. Die Reaktion aus der Leserschaft auf diese Berichterstattung sei ausnahmslos positiv. Beschwerden aus der Wirtschaft – und hier insbesondere von den mit den dargestellten Unternehmen konkurrierenden Firmen – habe es bislang nicht gegeben. Schließlich weist die Chefredaktion darauf hin, dass die Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Leser bedingt auch ein Umdenken der Redakteure erfordere. Dies bedeute jedoch nicht, dem Leser schlicht nach dem Munde zu reden oder gar die Preisgabe wesentlicher Grundsätze der freien und unabhängigen Presse. (1998)
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