Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Kommunalpolitik

Der Kolumnist einer Lokalzeitung beschäftigt sich mit der Gleichstellungsstelle im Rathaus der Stadt. Eine der Mitarbeiterinnen dort werde ihrer rundlichen Formen wegen als “Fass” bezeichnet. Inzwischen sei der Personalrat mit der Affäre befasst, da die Betroffene sich um eine Versetzung bemüht hätte, weil sie diese Form des Mobbings nicht mehr ertragen könne. Im selben Beitrag schreibt der Autor, aus dem Stadtrat sei der Vorschlag zu hören, über die Legitimation der Gleichstellungsstelle zu diskutieren. Man habe von dort schon lange keinen brauchbaren Tätigkeitsnachweis erhalten. Dem Vernehmen nach solle auch eine Stelle eingespart werden, damit das Büro nicht zu einem Fass ohne Boden werde. Die Frauenbeauftragte der Stadt führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Artikel enthalte unbegründete Behauptungen und ehrverletzende Beschuldigungen, die den Ruf und das Ansehen der Gleichstellungsstelle schädigen. Die als Informationen aus dem Stadtrat gekennzeichneten Aussagen über Zweifel an der Einrichtung und die Einsparung einer Stelle seien falsch. Auch sei die in dem Beitrag erwähnte Mitarbeiterin von ihren Kolleginnen nie diskriminiert worden. Die Zeitung erklärt, der Bericht über die Vorgänge in der Gleichstellungsstelle basiere auf glaubhaften Quellen. Informant sei ein prominentes Mitglied des Stadtrates, dessen Namen man aber nicht nennen wolle. Auch den Namen der Mitarbeiterin möchte die Zeitung nicht preisgeben. Selbst in einem weiteren Artikel, in dem die Frau zu der Veröffentlichung Stellung bezieht, wird ihre Anonymität gewahrt. Nach Einschätzung der Zeitung kommt es der städtischen Angestellten vor allem darauf an, den Eindruck zu zerstreuen, sie selbst sei die Informantin gewesen. Ein solches Eingeständnis habe wohl der Stadtdirektor in einem Gespräch von ihr verlangt. (1996)

Weiterlesen

Namensnennung

Ein 23-Jähriger kommt mit dem Wagen seines Vaters von der Fahrbahn ab und wird tödlich verletzt. Die Zeitung am Ort zeigt das Autowrack im Bild und erwähnt in der Unterzeile Namen, Alter und Wohnort des Getöteten. Der Vater des Unglücksopfers sieht dadurch die ohnehin vorhandenen Belastungen seiner Familie unnötig erhöht. Sein Rechtsanwalt fordert eine Rüge des Deutschen Presserats. Die Zeitung erklärt, sie habe den Namen des Verunglückten veröffentlicht, weil Unfall und Person am Nachmittag des Unfalltages an dem Wohnort des Opfers und dessen näherer Umgebung bereits bekannt gewesen seien. Die Leser in einem kleinstädtisch-ländlichen Raum erwarteten bei inoffiziell kreisenden Nachrichten eine klare Information durch ihre Heimatzeitung. Für künstliche Anonymisierungsversuche hätten sie keinerlei Verständnis. Solche würden sie als lächerlich empfinden. (1996)

Weiterlesen

Geiselnahme

In zwei Artikeln berichtet eine Lokalzeitung über die Fahndung nach einem der angeblichen Reemtsma-Entführer. Im ersten Bericht wird der Wohnort der Eltern genannt. Im zweiten Artikel wird das Elternhaus im Foto gezeigt und die Straße im Ort angegeben. Eine Leserin der Zeitung beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die eindeutigen Hinweise auf die Eltern des mutmaßlichen Geiselnehmers. Die Angaben seien für das Verständnis des Vorgangs nicht notwendig. Sie dienten lediglich der Befriedigung der Sensationslust. Die Zeitung dagegen sieht ein öffentliches Interesse an der Bekanntgabe des Wohnortes der Eltern. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei der Mann bereits international zur Fahndung ausgeschrieben worden. Die Information über die genaue Lage seines Elternhauses hätte nach Ansicht der Zeitung möglicherweise dazu führen können, dass der Gesuchte gefasst wird. (1996)

Weiterlesen

Zitate

Unter der Überschrift “Abgeordnete wollen Muttertag abschaffen” berichtet ein Boulevardblatt, einige Politikerinnen wollten den Muttertag abschaffen, weil er den Müttern angeblich nichts bringe. Drei namentlich genannte Bundestagsabgeordnete, alle der selben Partei angehörend, nehmen dazu Stellung. Alle Zitate beschäftigen sich kritisch mit dem Muttertag und beinhalten eine negative Grundtendenz. Ein anschließendes Info klärt auf: Der Muttertag kommt aus Amerika, wird dort seit 1914 gefeiert. In Deutschland 1923 eingeführt, wird er seit 1933 an jedem 2. Sonntag im Mai begangen. Die drei zitierten Bundestagsabgeordnete wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Zitate, die man ihnen zuschreibe, seien aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellend wiedergegeben worden. Durch die Überschrift entstehe beim Leser der Eindruck, dass es sich um eine parlamentarische Initiative von Politikerinnen handele. Diese Annahme treffe jedoch nicht zu. Der Artikel sei rufschädigend und habe den Beschwerdeführerinnen politisch geschadet, was eine Vielzahl von Protestschreiben beweise. Die Chefredaktion der Zeitung stellt nicht in Frage, dass der Autor des Beitrags einen unzulässigen Schluss gezogen hat. Seine Informationen seien falsch gewesen. Die Zeitung habe sich bei den betroffenen Abgeordneten entschuldigt und interne Konsequenzen gezogen. (1996)

Weiterlesen

Religiöses Empfinden

Der bevorstehende Besuch des Papstes in Berlin ist Thema eines Zeitungsberichts. Einleitend heißt es. “In drei Tagen kommt der Papst. Alle warten schon auf ihn: der Leib Christi im Keller des Olympiastadions, über 100.000 Hostien, die im uckermärkischen Alexanderdorf gebacken wurden und bereits ins Stadion gebracht worden sind, ...”. Die Schlagzeile lautet: “Der Leib Christi im Keller”. Ein Theologe sieht durch diese Aussage das religiöse Empfinden der Katholiken verletzt. Durch die Verwechslung der Hostien, die erst in der Messfeier zum Leib Christi werden, mit dem Leib Christi entstehe beim Leser der Eindruck, es sei durch die Lagerung im Keller zu einer unehrfürchtigen Handlung gekommen. Dies wäre nach dem Kirchenrechtsbuch der Straftatbestand der Profanierung. Die Zeitung räumt ein, dass ihr die Wortwahl nicht geglückt ist. Sie meint aber, ihren Lesern doch mitgeteilt zu haben, dass es sich eben nicht um in der Messfeier konsekrierte Hostien, sondern um einfache Hostien vor ihrer Verwendung in der Messfeier gehandelt habe. (1996)

Weiterlesen

Verdeckte Recherche

“Das erlebte ich bei der Eheberatung” gesteht eine Journalistin in ihrem Beitrag in einer Frauenzeitschrift. In der Reportage schildert sie ihre Erfahrungen beim Besuch dreier Einrichtung der Eheberatung. Zwei der Gespräche werden positiv, eines eher negativ bewertet. Die Autorin hat ihre Erkenntnisse verdeckt recherchiert. Die negativ beurteilte Beratungsstelle beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass das Gespräch erschlichen wurde, da die Journalistin sich anfangs nicht als solche zu erkennen gegeben habe. Im Laufe des Gesprächs seien der Eheberaterin jedoch Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Anliegens gekommen, worauf die Frau zugegeben habe, dass sie als Journalistin arbeitet. Daraufhin habe die Eheberaterin das Gespräch abgebrochen und sich die journalistische Auswertung verbeten. Die Enttarnung der Journalistin hätte zu einer tendenziell negativen Berichterstattung geführt. Moniert werden die Recherchemethoden. Die Zeitschrift erklärt, Ausgangspunkt der Reportage sei nicht die Recherche für ein Thema gewesen, sondern das persönliche Problem der Journalistin, die sich von ihrem Mann trennen wollte. Erst im Verlauf der Beratung hätte die Kollegin festgestellt, wie schwierig es ist, in einer derartigen Situation schnell Hilfe zu finden. Daraus ist der Gedanke entstanden, auch anderen Frauen die Erfahrung mit Eheberatungsstellen zu vermitteln. Im Verlauf des Gesprächs habe die Journalistin die Eheberaterin darauf hingewiesen, dass sie Redakteurin sei. Dabei habe sie anklingen lassen, dass das Thema Eheberatung für einen journalistischen Beitrag geeignet sei. Trotzdem habe sie keine Irritation bei der Beraterin feststellen können. Das Gespräch sei fortgesetzt worden und hätte noch mindestens eine halbe Stunde gedauert. (1996)

Weiterlesen

Namensnennung

Eine 42-jährige Frau, die mit ihrer Familie einen Campingurlaub am Lago Maggiore machte, ist bei einer Bootsfahrt ertrunken. Die Zeitung im Heimatort der zunächst Vermissten berichtet, dass Taucher die Frau in 15 Meter Tiefe tot geborgen haben. Sie schildert die Umstände des Unglücks und die Suche nach der Vermissten. Dabei lässt sie Namen und Wohnort des Opfers nicht aus. Der Ehemann sieht sein und seiner Kinder Persönlichkeitsrecht durch die Veröffentlichung verletzt und bewertet auch die Darstellung des Unglücksfalles als sachlich unkorrekt. Er schaltet daher den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung nennt als Quelle ihrer Darstellung die Polizei. Zur Namensnennung meint sie, dass zum Zeitpunkt der Berichterstattung in der Gemeinde bereits bekannt gewesen sei, um welche Mitbürgerin es sich bei Vermissten gehandelt habe. (1996)

Weiterlesen

Fotos

Satire

Ein Leser einer Zeitschrift stört sich an zwei Beiträgen, die seiner Meinung nach den Gebrauch von Drogen verharmlosen. Er bittet den Deutschen Presserat zu entscheiden, ob beide Veröffentlichungen mit dem Pressekodex übereinstimmen. In den beiden Artikeln schildern zwei fiktive Ecstasy-Konsumenten, wie sich ihr Leben nach Einnahme der Drogen zum Positiven verändert hat. Das ist von Geld, von Frauen und von Feiern die Rede. Der erste Erfahrungsbericht wird in einem kleingedruckten Zusatz von der Redaktion dahingehend kritisiert, der Betroffene hätte sich wohl ein “weißes Pülverchen” reingezogen. Ecstasy könne es nicht gewesen sein. Im zweiten Beitrag schildert die fiktive Person selbst die negativen Folgen, darunter das Wachsen eines Busens. Danach folgt der Ratschlag: “Wenn ihr so eine Tragödie in eurem Leben vermeiden wollt, hört auf eure Eltern, den Religionslehrer und den Postboten.” Der Text schließt mit einer Unterzeile: “Abteilung: Glaub alles, was du liest”. Die Zeitschrift gibt keine Stellungnahme zu der Beschwerde ab. (1996)

Weiterlesen

Obdachlose