Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
Die Silvesterausgabe einer Regionalzeitung enthält eine Fotomontage, die den Papst mit einer barbusigen Frau zeigt In der Unterzeile heißt es: »Ein neuer Katechismus fürs neue Jahr: Vater sein ist nicht schwer, Vater werden dagegen sehr.« Das Bischöfliche Amt am Ort fühlt sich in seinem sittlichreligiösen Empfinden gestört und macht beim Deutschen Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 10 des Pressekodex geltend. Die Chefredaktion sieht in der Veröffentlichung eine Entgleisung und entschuldigt sich in der nachfolgenden Beilage bei ihren Lesern. Der Chefredakteur beantwortet jede Leserzuschrift zu diesem Fall persönlich. (1992)
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Ein Redakteur einer Tageszeitung beschreibt, wie sein Sohn auf dem Schulweg von einer Bande jugendlicher Türken überfallen, verprügelt und ausgeraubt wurde. Sechs Wochen später druckt die Zeitung einen anonymen Leserbrief ab, in dem u. a. festgestellt wird: »Wir haben aus vollem Herzen gelacht und gebrüllt. Erbitten Anschrift der mutigen türkischen Banden, um 1.000 DM Belohnung zu zahlen für krankenhausreife Zurichtung des perversen (Name des Opfers).« In dem Text, der weitere extreme Aussagen enthält, wird behauptet, dass die Schreiber 28 Schüler eines namentlich genannten deutschen Gymnasiums seien. Der Direktor der Stadt, in der die Schüler beheimatet sind, bemängelt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Vorgehensweise der Zeitung. Sie veröffentlicht einen anonymen Leserbrief trotz vorangegangener Korrespondenz, in der betont wurde, dass kein Anlass bestünde anzunehmen, dass tatsächlich Schüler des Gymnasiums Verfasser dieses Briefes sein könnten. Mit der Veröffentlichung sei der Eindruck erweckt worden, das Gymnasium sei Keimzelle neonazistischen Gedankenguts, das Schüler wie Lehrer gleichermaßen tatsächlich verurteilten. Die Redaktion teilt mit, dass man sich für die Veröffentlichung entschieden habe, weil der Schmähbrief für derartige schriftliche Exzesse typisch sei. Man habe mit seiner Veröffentlichung beweisen wollen, dass die Zeitung und mit ihr das anständige Deutschland auf der Seite der jungen Menschen stehen. Grundsätzlich erkennt die Redaktion an, dass anonyme Briefe nicht veröffentlicht werden sollen. Von dieser Regel gebe es aber Ausnahmen. Beispielsweise die sogenannten Bekennerbriefe radikaler Organisationen und auch rechtsextreme und rassistische Drohbriefe. Die Öffentlichkeit müsse wissen, dass es in der Bundesrepublik Menschen gebe, die es für angemessen halten, diejenigen zu bedrohen und zu beschimpfen, die für die verfassungsmäßige Ordnung eintreten. Solche Aktionen zu verschweigen, würde nazistische Gefahren, die zweifelsfrei bestehen, leugnen. Den Schülerinnen und Schülern sei ein Gespräch angeboten worden. Ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung des anonymen Leserbriefs erscheint unter der Rubrik »Jugend schreibt« ein Beitrag, in dem der verantwortliche Redakteur feststellt, die Schüler des Gymnasiums würden sagen, die Autoren des Schmähbriefs seien nicht unter ihnen zu suchen. (1992)
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Eine Wochenzeitung berichtet unter der Überschrift »Der Denunziant schweigt« über eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen einem General der Bundeswehr und dem Autor einer Tucholsky-Ausstellung. Den Streit ausgelöst hatte ein Schreiben des Generals an den Bürgermeister der Stadt, in deren Schloss die Ausstellung arrangiert war. Die Ausstellung, so der Kritiker, zeige Kurt Tucholsky und sein Werk als Hintergrund für die Agitation des SED-Staates gegen die Bundesrepublik und die Bundeswehr vor der Vereinigung in derart penetranter und primitiver Art, dass er sich frage, welche Rolle der Hersteller und Stifter dieser Ausstellung in der DDR gehabt habe. Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel enthalte Unrichtigkeiten, unausgewogene Meinungsäußerungen, Uniformiertheiten, Diffamierungen und Polemiken. Die Überschrift erwecke beim eiligen Leser die Annahme, der General sei ein Denunziant. Die Redaktion sieht keinen Handlungsbedarf. Sie habe die Sache richtiggestellt und einen Leserbrief des Generals veröffentlicht. (1992)
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Ein Boulevardblatt berichtet über einen Mann, der in der Silvesternacht seine Ex-Freundin, deren Eltern, eine Bekannte und deren Tochter erschossen haben soll. Auf der Titelseite befindet sich ein Foto des Verdächtigen, dessen vollständiger Name und dessen Alter genannt werden. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung eine unbegründete Vorverurteilung eines unbescholtenen Bürgers und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Die Redaktion hält ihre rechtliche Bewertung für unzulässig, da die Umstände der scheußlichen Tat bekannt waren. Zudem habe der Täter am Tag nach der Berichterstattung ein Geständnis abgelegt. (1993)
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Ein Leser einer Zeitschrift stößt sich an einer Karikatur, die den Titel »Die Zeitmaschine« trägt: In einer idyllischen Landschaft landen Marsmenschen, sehen Tal; Kirche und einen Bildstock, der eine gekreuzigte Micky Mouse zeigt. Diese Abbildung habe ihn, so der Leser, in seiner Ehrfurcht für den am Kreuz gestorbenen Jesus Christus tief verletzt: Die Zeitschrift versteht ihre Karikatur' nicht als gotteslästerlich; sondern als Kritik an einer Zeit, die einen Erlöser-Ersatz in vielen beliebigen Verkörperungen und meist zu kommerziellen Zwecken erschaffen hat. (1992)
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Zwei Lokalzeitungen werfen zwei Konzertveranstaltern, die mit Wohltätigkeitsveranstaltungen zugunsten krebskranker Kinder Pleiten erleben und die Gegenforderung des von ihnen verpflichteten Künstlers nicht erfüllen, dubiose Finanzierungspraktiken vor. Ihr Text unter der Überschrift »Erst als der Wechsel platzt, merkt der Künstler: Da war wohl Betrug im Spiel« löst den Zorn der Betroffenen aus. Als die Zeitungen ihr Gegendarstellungsersuchen ablehnen, legen sie Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie bescheinigen den Redaktionen schlechte Recherche und unwahre Darstellung des tatsächlichen Sachverhalts. Die Redakteure beziehen sich auf Aussagen des beteiligten Musikers und weisen darauf hin, dass es beide Beschwerdeführer bislang unterlassen hätten, eine gerichtliche Klärung der Vorwürfe herbeizuführen. (1992)
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»Vater umgebracht - Mutter entführt - Tödliche Schläge mit dem Kieselstein« lautet die Überschrift eines Zeitungsberichts, in dem eine Familientragödie beschrieben wird: Der Sohn soll nach der Tötung des Vaters die Wohnung angezündet und seine Mutter entführt haben. Täter und Opfer werden mit vollem Namen genannt. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung waren die Ermittlungen der Behörden noch nicht abgeschlossen. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat fragt ein Leser, ob es korrekter Journalismus sei, wenn bei einem tragischen Vorfall, dessen Hergang zum Teil auf Vermutungen beruhe, Täter und Opfer beim Namen genannt werden. Zu bemängeln seien auch die Nennung der Namen und die Angabe des Alters zweier schulpflichtiger Kinder, die sich In dem brennenden Haus befunden haben. Die Redaktion des Blattes erklärt, die Vertretender Medien seien in einer Konferenz der Mordkommission gebeten worden, das Foto des mutmaßlichen Täters zu veröffentlichen, da er zu diesem Zeitpunkt flüchtig war. Die Zeitung habe daraufhin wie die anderen konkurrierenden Zeitungen den Namen des Getöteten und des mutmaßlichen Täters wiedergegeben. Das Lehrerpaar sei in der kleinen Stadt bekannt gewesen und es hätte nicht der Nennung der Namen bedurft, um das Verbrechen einem bestimmten Namen zuzuordnen. (1993)
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Unter der Überschrift »Personalie« berichtet eine Zeitschrift, ein Bürgermeister solle wegen Unfähigkeit, Trunkenheit und Liebesaffären abgesetzt werden. Name, Alter; Parteizugehörigkeit und Stadt werden genannt. Die betroffene Stadt beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie hält die Äußerung für unwahr und ehrverletzend. Es existierten keine Initiativen, den Bürgermeister abzusetzen, lediglich eine parteiinterne Diskussion um die Frage seiner Wiederwahl. Die Redaktion entgegnet, der Bürgermeister habe durch sein Verhalten in der Vergangenheit mehrfach Anlass für Veröffentlichungen in der Presse gegeben. (1993)
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Eine Tageszeitung berichtet über den Tod eines Jugendlichen. In der Überschrift weist sie bereits Schuld zu: »Grausame Tat: Es waren die Linken - Ingo (16) vor Jugendclub angezündet«. In dem Bericht heißt es u.a.: »Die Täter stammen aus der linken Szene. Sie hatten den 16jährigen vor dem Club abgepasst, mit Benzin übergossen und angezündet.« An anderer Stelle schreibt die Zeitung: »Die Polizei vermutet einen Racheakt aus der linken Szene.« Der Oberbürgermeister der Stadt, in der sich der Fall abgespielt hat, beklagt beim Deutschen Presserat die klare Schuldzuweisung, die zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht möglich war. Die Redakteurin, die den Text geschrieben hat, zitiert Zeugen, die gehört haben wollen, wie das Opfer geröchelt habe: »Das waren die Linken«. Die Zeitung stellt am nachfolgenden Tag richtig, nach neuesten Erkenntnissen der Polizei habe sich der 16jährige selbst mit Benzin übergossen und angezündet. Die vom Presserat befragte zuständige Landespolizeidirektion bestreitet, Hinweise auf die »linke Szene« gegeben zu haben. Es existiere vielmehr eine Übereinkunft zwischen Polizei und Medien, wegen der angespannten politischen Lage in dem Wohnviertel von polarisierenden Darstellungen abzusehen. (1993)
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