Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
In einer kleinen Stadt wird eine Frau mit dem Hammer erschlagen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz berichten Staatsanwaltschaft und Mordkommission über die Hintergründe des Raubmordes. Der mutmaßliche Täter steht fest, er ist geständig. Ausführlich berichtet die Lokalzeitung über die Ermittlungen der Kriminalpolizei. Im Vorspann werden Vor- und Zuname, Alter und Adresse des Tatverdächtigen genannt. Am folgenden Tag setzt die Zeitung ihre Berichterstattung in der Mordsache fort. Auch diesmal erwähnt sie die Personalien und Adresse. Eine Leserin beschwert sich beim Deutschen Presserat. Mit Namens- und Adressenangabe werde in die Privatsphäre der Familie des Tatverdächtigen so massiv eingegriffen, dass diese mit schwerwiegenden Folgen für ihr weiteres Leben In der Kleinstadt rechnen müsse. Die Zeitung erklärt, sie habe mit ihrer detaillierten Berichterstattung nicht nur den Bürger informieren, sondern auch die kriminalpolizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unterstützen wollen. Da der Täter die Tatwaffe auf dem Weg von der Wohnung des Opfers zu seiner eigenen Wohnung angeblich weggeworfen habe, sei es für die Auffindung von Zeugen wichtig zu wissen, wo der Täter wohne. Die Zeitung weist ausdrücklich darauf hin, dass sie bei Kapitalverbrechen stets die Namen der Täter nenne, vor allem bei Mord, Totschlag, Entführung und Drogenhandel. (1992)
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In einer Stadt streitet ein Aktionsbündnis verschiedener Gruppen um eine Unterkunft für Asylbewerber. An dieser Auseinandersetzung beteiligt sich auch die örtliche Zeitung. So erwirkt der Anwalt des Bündnisses in der aktuellen Phase der Berichterstattung den Abdruck mehrerer Gegendarstellungen. Die Zeitung berichtet schließlich über ein Gespräch, das sie mit einem von drei Anmeldern einer schließlich verbotenen Demonstration geführt hat. In dem Bericht werden die Anmelder der Demonstration mit Namen und fast vollständiger Anschrift genannt. Auch der Anwalt der Betroffenen wirr! in der Berichterstattung der Zeitung häufiger erwähnt. Er behauptet in einer gemeinsamen Beschwerde an den Deutschen Presserat, aufgrund der anheizenden Veröffentlichungen der Zeitung mehrere anonyme Drohanrufe erhalten zu haben. Er habe dem Lokalredakteur von diesen Drohanrufen berichtet. Dennoch habe dieser in der folgenden Berichterstattung die Namen und Adressen der Anmelder der Demonstration angegeben. Es gebe kein legitimes Interesse an der Mitteilung dieser Personalien, insbesondere nicht im Hinblick auf die erwähnten Drohanrufe. Die Zeitung verwahrt sich gegen die Behauptung, mit einer »anheizenden Berichterstattung« Drohanrufe ausgelöst zu haben. Die Nennung der Namen sei gerechtfertigt: Normalerweise seien die Veranstalter von Demonstrationen, zu denen Tausende von Teilnehmern erwartet werden, etablierte Organisationen oder Institutionen. Da im vorliegenden Fall die Verhältnisse anders lagen, habe ein öffentliches Interesse daran bestanden, zu erfahren, wer die Initiatoren der Demonstration sind. (1992)
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet über den Berliner Sozialistenfriedhof: »Wo Pieck, Ulbricht und Grotewohl ruhen«. Nach einer Mitteilung über die Pläne der Stadt Berlin, einen Teil des Friedhofs als zeitgeschichtliches Zeugnis zu erhalten, fährt der Autor in dem Beitrag wie folgt fort: »Nichts deutet darauf hin, dass bisher jemand Hab oder Zorn auf die SED an deren gestorbenen Führern, an ihren Gräbern hätte auslassen wollen. Ein Wunder an Duldsamkeit, über das niemand spricht, das niemandem auffällt. Oder ist es Gleichgültigkeit? ... Ein »verdienter Lehrer des Volkes« darf diesen Regime-Titel auf dem Grabstein unbehelligt führen. Auch gegen die Sprachregelung wurde niemand tätlich, nach der, wie es auf einem Grabstein heißt, »imperialistische Söldner« 1970 In Guinea einen Deutschen mit Doktortitel aus dem sozialistischen Teil Deutschlands ermordeten. Jahrzehntelang haben die deutschen Bolschewiken Vandalismus betrieben. Nun, da sie die Macht verloren haben, kehrt er sich nicht gegen sie. Der Vandalismus ist mit ihnen untergegangen.« Ein Leser des Blattes sieht in der Reportage eine latente Aufforderung zur Grabschändung. (1992)
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Die Lokalausgabe einer Tageszeitung berichtet über den Ausgang eines Zivilverfahrens, das ein Ehepaar mit dem Vorwurf der Rufmordkampagne gegen ein Anzeigenblatt angestrengt hat. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, der verschiedene Verzichtserklärungen beinhaltet und dem Beklagten die Zahlung von 7.500 Mark auferlegt. Die Lokalredaktion nimmt den Namen des Ehemannes in die Überschrift und behauptet, er habe seine Ehre verkauft: »... verkauft Ehre, ... zahlt 7000 Mark«. Die Betroffenen legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Zeitung entschuldigt sich. (1992)
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In Zusammenhang mit einem Bericht über die Anklageschrift gegen Erich Honecker veröffentlicht eine Zeitschrift u.a. das Obduktionsfoto des letzten Menschen, der am - 5. Februar 1989 - an der Berliner Mauer erschossen worden war. Ein Leser der Zeitschrift ist der Ansicht, dass es solcher Fotos nicht bedürfe, um die Vorwürfe gegen Honecker zu untermauern. Die Öffentlichkeit habe kein Interesse daran, das Maueropfer nackt mit geöffneten Augen und mit Einschusswunde auf dem Obduktionstisch zu sehen. Diese Veröffentlichung verstoße gegen die Menschenwürde. Die Zeitschrift erkennt in ihrer Stellungnahme zwar den postmortalen Persönlichkeitsschutz an, wertet aber im vorliegenden Fall den Tod des jungen Mannes und die Begleitumstände seines Sterbens als Teile eines Ereignisses, das ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit hervorgerufen habe. Die Intimsphäre der Verwandten werde durch die Veröffentlichung des Bildes nicht verletzt, vielmehr liege es im Interesse der Verwandten, dass alle Zweifel an den Umständen der Tötung aus der Welt geschafft werden. Das gedruckte Bild stelle ein Zeitdokument sowie den Teil einer nicht abstreitbaren historischen Wahrheit dar. (1992)
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