Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7055 Entscheidungen
„Polizistinnen beschweren sich über Polizeiarzt“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um Anschuldigungen gegen einen Mediziner. Dieser soll bei Kfz-Tauglichkeitsuntersuchungen regelmäßig von Beamtinnen verlangt haben, ihre Brüste frei zu machen. Unter der Überschrift „Klärungsbedarf“ veröffentlicht die Zeitung am gleichen Tag einen Kommentar, der auf die Unschuldsvermutung verweist. Nach allem, was bekannt sei, könne man dem Arzt keinerlei sexuelle Motivation unterstellen. Der Doktor sei fest davon überzeugt, dass sein Vorgehen medizinisch notwendig sei. Der Kommentator kritisiert, dass für die Arbeit der Polizeiärzte ein klares und eindeutiges Regelwerk fehle. Aus Sicht eines Lesers der Zeitung appelliert der Beitrag an niedrige Instinkte. Der Kommentar sei einer seriösen Presse unwürdig. Der Beschwerdeführer kritisiert auch einen weiteren Artikel, der in der Zeitung unter der Überschrift „Innenminister zeigt Polizeiarzt Grenzen auf“ erschienen sei. Hier werde wahrheitswidrig unterstellt, der Polizeiarzt habe Grenzen überschritten. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion bereits länger exklusiv über Vorwürfe gegen einen Polizeiarzt berichtet, der heimlich Drogentests an Polizeibeamten vorgenommen haben soll. Inzwischen sei er vom Dienst suspendiert worden. Im Rahmen der Recherche sei der Redaktion aus Polizeikreisen zugetragen worden, dass auch gegen einen anderen Polizeiarzt Vorwürfe erhoben würden. Er soll bei Fahrtauglichkeitsuntersuchungen von Polizeibeamtinnen verlangt haben, dass sie sich entblößen. Die zuständige Polizeipräsidentin – so der Chefredakteur weiter – habe Stellungnahmen in mehreren Versionen abgegeben. So habe der Arzt „die Überprüfung des Tragens von Brustimplantaten“ vorgenommen. Nach ihrer Version habe es keine formellen Beschwerden gegeben. Das sei richtig. Da gebe es nur einen feinen Unterschied: Die Betroffenen hätten sich mündlich an den Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte gewandt.
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„Lange Liebes-Sessions: Frau hat Sex mit einem Delfin“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe eines Magazins über eine Wissenschaftlerin, die zehn Wochen lang mit einem Delfin in einem Haus lebte mit dem Ziel, ihm Sprache beizubringen. Das Portal zitiert aus dem Tagebuch der Frau. Danach habe es mehrere lange „Liebes-Sessions“ gegeben, bei denen sich das Tier auf den Rücken gelegt habe, um sich den Unterleib reiben zu lassen. In der vierten Woche sei der Delfin sexuell erregt gewesen. Sein Verlangen habe ihre Beziehung gestört, schreibt die Wissenschaftlerin. Schließlich sei der Delfin zu zwei Delfin-Weibchen gebracht worden, was sich besänftigend auf seinen Erregungszustand ausgewirkt habe. Ein Leser der Zeitschrift wirft dem Nachrichtenmagazin vor, die Überschrift sei bewusst falsch gewählt worden, um mit einer skandalträchtigen Aufmachung Nutzer zum Lesen zu animieren. Dass es sich hier um eine dreiste Lüge handele, der schon mehrere Zeilen später widersprochen werde, habe die Redaktion billigend in Kauf genommen. Der Chefredakteur des Magazins weist den Vorwurf der „dreisten“ Lüge mit Nachdruck zurück. Wie jede gute Überschrift sei auch diese überspitzt, aber inhaltlich nicht falsch. Das ergebe sich aus dem der Überschrift folgenden Beitrag, dessen Wahrheitsgehalt auch vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt werde. Der Text beziehe sich auf wörtliche Zitate der Wissenschaftlerin, die ihre Erfahrungen mit dem Delfin niedergeschrieben habe. Sex, so klärt der Chefredakteur abschließend auf, finde nicht nur bei der Penetration des weiblichen Geschlechtsorgans statt. Die Spielarten seien vielmehr sehr unterschiedlich. Es tue der Redaktion leid, wenn der Beschwerdeführer eine andere Erwartung an den Artikel gehabt habe. Die Redaktion bleibe dabei: der geschilderte Sachverhalt vertrage die gewählte Überschrift.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Hier erschießt ein Mann gleich seine Frau.“ Die Zeitung informiert über eine Beziehungstat, bei der ein Mann offenbar seine Frau getötet hat. Eine Nachbarin hat das Geschehen mit ihrem Handy fotografiert. Zwei Fotos aus der Serie druckt die Zeitung ab. Ein Leser der Zeitung kritisiert den Beitrag. Dies sei eine Abbildung der letzten Minuten im Leben eines Menschen, dargestellt im digitalen Zeitraffer. Dies sei unmoralisch und verwerflich. Nach Darstellung der Rechtsvertretung der Zeitung habe es sich bei der Tat um ein schweres Verbrechen gehandelt, das im öffentlichen Raum vor den Augen von Anwohnern stattgefunden habe. Auf den Fotos, die die Nachbarin gemacht habe, seien Täter und Opfer nicht erkennbar. Der Text sei sachlich gehalten und beschränke sich auf die Darstellung des Hergangs, der nur durch diese Schilderung deutlich werde. Illustriert sei der Beitrag durch zwei Fotos, auf denen die Betroffenen durch Pixelung oder Augenbalken unkenntlich gemacht worden seien. Eine Verletzung der Menschenwürde von Täter und Opfer liege nicht vor. Die Ermordung eines hilflosen Opfers durch einen bewaffneten Täter sei geeignet, die kritische Auseinandersetzung mit dem Täter und dem Umständen der Tat zu fördern. Andererseits verstärke die Berichterstattung Sympathie und Mitleid mit dem Opfer.
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Gedruckt (Az. 0559/14/2) und online (Az. 0527/14/2) berichtet eine Boulevardzeitung über die Rettungsmaßnahmen nach einem Verkehrsunfall, bei dem einer der Beteiligten noch an der Unfallstelle starb. Überschrift: „So kämpften 14 Retter um das Leben von zwei Unfallopfern“. Zum Beitrag gehört ein Foto von den Rettungsmaßnahmen. Alle abgebildeten Personen sind durchnummeriert. Der Autor schildert anhand der Nummerierungen detailliert die Tätigkeiten der auf dem Bild zu sehenden Rettungskräfte und weiterer Personen. In der Online-Ausgabe ist das Gesicht eines der abgebildeten Opfer verpixelt; in der Printausgabe ist es zu erkennen. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Opferschutz). Er hält die Berichterstattung für sensationell und den Informationsgehalt (welcher Retter macht was?) für einen Vorwand. Sterbende Menschen würden missbraucht, um Aufmerksamkeit zu wecken. Da Print- und Online-Berichterstattung nahezu textidentisch sind und sich lediglich im Hinblick auf die Verpixelung eines Opfers unterscheiden, entschied der Presserat, das Verfahren mit Blick auf die Ziffern 1 und 8 (Achtung der Menschenwürde und Persönlichkeitsschutz) auch gegen die Printausgabe einzuleiten. Die Rechtsabteilung der Zeitung zitiert ein Schreiben der Feuerwehr. Deren Sprecherin lobt die Berichterstattung, die gut recherchiert sei. Für die Feuerwehr sei diese Art von Berichten hilfreich, da sie Fragen beantworteten, die ansonsten an Unfallstellen gestellt würden.
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Unter der Überschrift „Digitale Schulbücher“ berichtet eine Zeitschrift aus dem Multimedia-Bereich über ein eBook für den Physikunterricht. Am Ende des Textes steht dieser Hinweis auf den Autor des Artikels: „Steffen Auerbach ist freier Autor und Pädagoge. Er schreibt regelmäßig für (…)“. Genannt wird der Zeitschriftentitel. Die Beschwerde kommt von einem Konkurrenzunternehmen. Dessen Repräsentant sieht in der Berichterstattung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Der angegebene Autor „Steffen Auerbach“ existiere nicht. Dass es sich bei ihm um einen freien Autor und Pädagogen handele, der regelmäßig für die Zeitschrift schreibe, sei eine wissentlich und vorsätzlich gedruckte Unwahrheit, die dazu diene, dem Artikel einen seriösen Anstrich zu geben. Die Redaktion der kritisierten Zeitschrift ist trotz mehrfacher Aufforderung durch den Presserat zu keiner Stellungnahme zu bewegen.
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„Neuer Hingucker, neues Haus, neuer Job, neue Salbe“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über einen Physiotherapeuten und eine von ihm entwickelte Sportsalbe. Zwei Patienten werden zitiert, die die Salbe positiv beschreiben. Ein Foto des Produkts illustriert den Beitrag. Bildtext: „Bringt Lahme zum Gehen und zieht dahin, wo es weh tut: (…) brandneue Sportsalbe.“ Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung zum Nutzen des Physiotherapeuten und seines Produkts. Der Chefredakteur der Zeitung hält der Beschwerde entgegen, dass der beanstandete Beitrag in einer besonderen Rubrik erschienen sei. Deren Autor sei bekannt für seine humorvollen, saloppen und manchmal auch etwas respektlosen Formulierungen. Die Rubrik „Boulevard“ befasse sich mit dem Promi-Leben, Lokaleröffnungen und allem, was sich sonst so für den „Boulevard“ in einer Großstadt eigne. Diese Beiträge würden oft von einem Augenzwinkern begleitet. Schon die Überschrift des kritisierten Artikels zeige, dass hier Dinge zusammengebracht würden, die eigentlich nichts miteinander zu tun hätten. Die Berichterstattung sei belustigend und nicht schleichwerbend gemeint. Dies zeige beispielsweise die Formulierung, die Salbe des Therapeuten bringe Lahme zum Gehen. Dies sei außerhalb jeglicher Realität.
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Unter der Überschrift „Deutscher Messdiener stirbt als ISIS-Terrorist in Syrien“ berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über einen Mann namens Marko K., der für die Terrormiliz gekämpft haben und ums Leben gekommen sein soll. Als Kind sei er Messdiener in einer Kleinstadt in NRW gewesen. Der Zeitung zufolge habe er sich mit 17 Jahren entschieden, in Syrien für ISIS zu kämpfen. Er sei unter anderem auch Urheber von ISIS-Hassbotschaften gegen die westliche Welt gewesen. Diese seien auf Youtube veröffentlicht worden. Ein Leser der Zeitung stört sich vor allem an der Überschrift. Marko R. sei nicht als Messdiener gestorben. Korrekt sei offenbar, dass der junge Mann in seiner Kindheit Messdiener gewesen sei und dann einen anderen Weg eingeschlagen habe. Ein Zusammenhang zwischen „Messdiener“ und „Terrorist“ bestehe überhaupt nicht. Das werde jedoch in der Überschrift suggeriert. Dieser Ansicht widerspricht die Rechtsabteilung des Verlages. Nach ihrer Darstellung stellt die Überschrift keinen kausalen Zusammenhang her zwischen der Messdienertätigkeit von Marko K. und seinen terroristischen Aktivitäten. Erst recht könne von einer Schmähung des Katholizismus als Religion keine Rede sein. Die Überschrift impliziere nicht, dass das Engagement von Marko K. in der katholischen Gemeinde ursächlich für seine Radikalisierung in einer ganz anderen Religion gewesen sei. Das sollte für einen durchschnittlichen Leser eindeutig sein. Selbst wenn jemand die Überschrift falsch verstehe, werde spätestens im folgenden Text klar, dass es sich bei Marko K. um einen Konvertiten handele.
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Unter der Überschrift „Qualm und Misstrauen“ berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über ein Wohnprojekt in einem Ort, den wir im Folgenden „Kadorf“ nennen werden. Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen – sie kommen aus dem Ruhrgebiet – finden hier eine Heimstatt. Die Zeitung schreibt, dass die jungen Bewohner in letzter Zeit immer wieder mit verschiedenen Vorkommnissen in Verbindung gebracht würden. So seien beispielsweise mehrere Ladendiebstähle den Bewohnern des Wohnprojekts zuzuordnen. Trauriger Höhepunkt – so die Zeitung weiter – sei ein Feuer auf dem einstigen Bauernhof gewesen. Unter der Einwohnerschaft von “Kadorf“ und in den Medien sei die Rede davon gewesen, dass die jungen Leute ihr Heim angezündet hätten. Dem widerspricht der Träger des Projekts. Nicht das Gebäude sei angezündet worden. Vielmehr hätten einige der Kinder an einem alten Sofa herumgekokelt. Die Zeitung berichtet über eine Krisensitzung im Rathaus mit dem pädagogischen Leiter des Trägervereins, dem Leiter der „Kadorfer“ Wohngruppe sowie dem Ortsvorsteher und drei örtlichen Pfarrern. Der Artikel ist illustriert mit einem Bild, das Jugendliche vor einem Feuer zeigt. Im Bildtext heißt es: „Auf dem Foto haben Jugendliche in … (genannt wird eine nahegelegene Stadt) Müll auf die Straße geworfen und angezündet. Randale, Sachbeschädigung und Ärger mit der Polizei waren die Folgen. Auch in ´Kadorf´ gab es Brandstiftungen. In ´Kadorf´ gab es Ladendiebstähle. In ´Kadorf´ gab es Pöbeleien. (…)“ Der Beschwerdeführer ist Vorstand im Trägerverein des Wohnprojekts. Er kritisiert, dass durch das Foto ein Zusammenhang zwischen randalierenden Jugendlichen in (der Landeshauptstadt) hergestellt werde. Diesen gebe es nicht, auch wenn im Text der Satz „Auch in ´Kadorf´ gab es Brandstiftungen“ stehe. Aus einem Einzeltatbestand, nämlich dem Herumkokeln an einem alten Sofa, würden in der Zeitung „Brandstiftungen“ gemacht. Auch wenn aus dem Verhalten eines Kindes auf „die Kinder“ geschlossen werde, sei dies nicht korrekt. Es sei auch falsch, dass der Trägerverein, wie von der Zeitung dargestellt, pro Kind und Jugendlichem 173,00 Euro pro Monat bekomme. Vieles im Beitrag sei interessengesteuert. So würden auch diese Fragen gestellt: „Was haben Jugendliche aus NRW ausgerechnet in ´Kadorf´ zu suchen? Wird ´Kadorf` als soziale Rumpelkammer missbraucht?“ Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung beruft sich auf eine ganze Reihe von Vorkommnissen, die – von der Polizei bestätigt – im kleinen Ort ´Kadorf´ für erhebliche Unruhe sorgten. Der Autor gehe diesen Ereignissen nach und beschreibe differenziert und sensibel, wie der Ort sich darum bemühe, zur Beruhigung der Situation beizutragen. Zum beanstandeten Foto: Es sei der Redaktion untersagt worden, das Kinder- und Jugendhaus zu fotografieren. Daher habe man sich zum Abdruck eines Symbolfotos entschlossen. Er – der stellvertretende Chefredakteur – sei mit der Entscheidung für dieses Foto auch nicht glücklich. Insofern könne man den Ärger des Beschwerdeführers verstehen. Die Bemühungen der Redaktion, ein Foto vom Wohnprojekt unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Kinder und Jugendlichen zu machen, seien jedoch vergeblich gewesen.
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Ein Magazin veröffentlicht einen Kommentar zum Strafverfahren gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff. Der Beitrag ist namentlich gezeichnet und enthält ein Foto der Autorin. Sie hält das Strafverfahren für gerechtfertigt, obwohl ihm nur die Annahme von Vorteilen im Wert von 760 Euro vorgeworfen werde. In anderen Fällen werde in deutschen Gerichtssälen mit mehr Aufwand um sehr viel geringere Beträge verhandelt. So sei die Mitarbeiterin einer Ausländerbehörde zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Ihr Vergehen: Sie habe sich von einer vietnamesischen Klientin, mit der sie auch befreundet gewesen sei, eine Bluse im Wert von 30 Euro schenken und sich von dieser auch gelegentlich die Fingernägel maniküren lassen. Ein Leser des Magazins kritisiert, im Beitrag werde der Tatvorwurf gegen die verurteilte Behördenmitarbeiterin falsch wiedergegeben. Er legt zur Begründung seiner Beschwerde eine Kopie des Urteils des Bundesgerichtshofes vor (Aktenzeichen: BGH 5 StR 130/13). Darin heißt es unter anderem: „Das Landgericht hatte die Angeklagte W. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 48 Fällen, in 14 Fällen in Tateinheit mit Bestechlichkeit und wegen Geheimnisverrats zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.“ Der Schwerpunkt der Schuld der Angeklagten – so der Beschwerdeführer weiter – habe nicht bei Blusen und Maniküren gelegen, sondern in ihrer Schleusertätigkeit. Die Redaktion des Magazins habe auf eine Mail nicht geantwortet. Die darin geforderte Richtigstellung sei nicht erfolgt. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Verlages hat die Autorin das Urteil nicht falsch, sondern allenfalls verkürzt wiedergegeben. Die Behördenmitarbeiterin sei zwar wegen der Einschleusung von Ausländern in Tateinheit mit Bestechlichkeit und Geheimnisverrat verurteilt worden. In den Augen der Autorin liege jedoch der Verurteilung ein eher läppischer Tatvorwurf zugrunde, nämlich der, eine Bluse angenommen zu haben und sich die Fingernägel maniküren zu lassen. Im Übrigen habe ihr Tatbeitrag im Wesentlichen im Weggucken und Augenzudrücken bestanden. Das Gericht habe sogar an einer Stelle des Urteils festgestellt, dass sie keine genauen Kenntnisse von der Schleusertätigkeit gehabt habe. Die Rechtsabteilung spricht von einer „möglicherweise missverständlichen Ausdrucksweise“ im Kommentar. Es habe sich nicht um einen normalen Rechercheartikel, sondern um einen Meinungsbeitrag gehandelt. Dieser sei durch die Stilelemente des Meinens und Dafürhaltens sowie Verkürzung und Zuspitzung geprägt. Würde man hier die Anforderungen an die Wiedergabe der Fakten ähnlich streng ansetzen wie bei einer normalen Berichterstattung, wäre die Meinungs- und Pressefreiheit unzulässig stark beschnitten.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Erste Juden-Hasser versammeln sich in Berlin“ über eine Al-Kuds-Demonstration in der Hauptstadt. Die Startseite enthält einen Artikel plus Bild, das Demonstranten zeigt, die eine palästinensische Fahne tragen. Ein Leser der Zeitung merkt an, auf dem Foto seien auch durchaus friedliche Demonstranten zu sehen, die sicherlich keine „Juden-Hasser“ seien. Es gebe in Deutschland das Demonstrationsrecht, von dem jeder Gebrauch machen dürfe. Eine israelkritische Demonstration dürfe nicht dazu führen, dass alle Demonstranten von einer Zeitung als Juden-Hasser beschimpft würden. Der Justiziar des Verlages nimmt Stellung. Die Annahme, dass durch diese Veröffentlichung „alle Demonstranten als Juden-Hasser (…) beschimpft“ würden, sei so abwegig, dass sich die Beschwerdegegnerin wundere, dass diese Beschwerde überhaupt das Stadium der Vorprüfung habe überschreiten können. Auch der Beschwerdeführer wisse sicherlich, dass es während der bundesweiten Demonstrationen im Sommer 2014 zu antisemitischen, antiisraelischen und volksverhetzenden Äußerungen gekommen sei. Bundesinnenminister de Maiziere habe – wie im Artikel erwähnt – klargestellt, dass „rote Linien“ überschritten worden seien. Schon im Vorfeld der Demonstrationen habe die Polizei die schlimmsten Parolen wie „Tod Israel“ verboten, ebenso das Verbrennen von Flaggen oder Puppen. Gleichwohl sei die Demonstration von antisemitischen und antiisraelischen Äußerungen geprägt gewesen. Ein Beispiel: Das Foto eines kleinen Jungen mit dem Plakat „Zionismus ist Rassismus“. Ein Mann am Rande der Demonstration sei tätlich angegriffen wurden, nur weil er eine Kippa – die traditionelle jüdische Kopfbedeckung für Männer – getragen habe. Die Rechtsvertretung vertritt vor diesem Hintergrund die Auffassung, es sei nicht zu beanstanden, wenn die Redaktion von Juden-Hassern schreibe. Dies sei vielmehr eine das gesamte Geschehen zusammenfassende Bewertung. Dass die Formulierung nicht alle Demonstranten als „Juden-Hasser“ betreffe, sei für jeden Leser (Ausnahme wohl nur der Beschwerdeführer) sofort ersichtlich.
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