Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7053 Entscheidungen
In diesem Fall geht es um das Rechercheverhalten einer Journalistin, die für eine Wochenzeitung arbeitet. Die Beschwerdeführerin ist ebenfalls im Medienbereich tätig. Sie teilt im Schreiben an den Presserat mit, dass sie von ihrer Tochter, die Kontakt zu einer Patientin einer psychiatrischen Spezialstation habe, erfahren habe, dass dort eine Reporterin einer Wochenzeitung zwei Tage lang recherchiere. Dieselbe Patientin habe berichtet, mehrere Patienten hätten den Chefarzt gefragt, was die Konsequenz sei, wenn jemand nicht damit einverstanden sei, dass die Reporterin sich in der Klinik aufhalten und frei bewegen könne. Antwort des Chefarztes: Wer dies nicht billige, könne seine Sachen packen und gehen. Daraufhin habe sie, die Beschwerdeführerin, die Chefredaktion der Wochenzeitung über den Vorfall informiert. Sie sei in dem Glauben gewesen, dass es nicht im Sinne der Redaktion sein könne, dass eine Reportage unter solchen Umständen zustande komme. Sie sei daraufhin von einem Ressortleiter der Redaktion angerufen worden. Der habe ihr versprochen, er werde mit der Autorin sprechen und dafür sorgen, dass sie den Informationen nachgehen bzw. die Einverständniserklärungen der Patienten kritisch hinterfragen werde. Die Beschwerdeführerin berichtet weiter, dass die Patientin, die sie informiert hatte, vom Chefarzt scharf angegriffen worden sei, weil sie Informationen weitergegeben habe. Dem Arzt sei auch ihr Name bekannt gewesen. Die Journalistin habe ihn in einem Telefonat mit dem Chefarzt erwähnt. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Journalistin habe mit ihrem Rechercheverhalten in eklatanter Weise den Datenschutz verletzt. Diese habe sich telefonisch bei ihr entschuldigt und ihr Fehlverhalten mit dem Hinweis zu erklären versucht, die Situation sei „so unübersichtlich“ gewesen. Für die Zeitung nimmt deren Rechtsvertretung Stellung. Sie berichtet, die Beschwerdeführerin habe sich mit einem Leserbrief an die Redaktion gewandt, der mit vollem Namen veröffentlicht worden sei. Somit habe für die Journalistin kein Anlass bestanden, im Gespräch mit dem Chefarzt den Namen nicht zu erwähnen. Es habe auch keine Vereinbarung gegeben, den Sachverhalt vertraulich zu behandeln. Auch ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Persönlichkeitsrecht) sei nicht festzustellen, da die Nennung des Namens nicht im Zusammenhang mit einer Berichterstattung erfolgt sei.
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„Säure-Angriff: Taxifahrer wollte seine Frau töten“ titelt die Online-Ausgabe einer Tageszeitung. Im Bericht geht es um ein versuchtes Tötungsdelikt. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen türkischen Taxifahrer, der seine seit längerem von ihm getrennt lebende Ehefrau mit einem Messer attackiert und dann mit Säure übergossen habe. Neben dem Alter von Opfer und Täter wird auch die vollständige Wohnadresse des mutmaßlichen Täters genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in der nach seiner Ansicht völlig unnötigen Nennung der Adresse einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Nennung der Adresse gehe über das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der berichteten Tat weit hinaus. Der Presserat fordert die Redaktion außerdem auf, sich zu der Frage zu äußern, ob durch die Erwähnung der Herkunft des Täters möglicherweise auch ein Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen) vorliege. Die Justiziarin der Zeitung vertritt die Ansicht, dass eine identifizierende Berichterstattung durch die Vorgaben der Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) gedeckt sei. Es gehe um eine schwere Straftat, die sich in der Öffentlichkeit („auf offener Straße“) abgespielt habe. Zahlreiche Passanten hätten das Geschehen mitbekommen. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 liege – so die Rechtsvertretung der Zeitung – ebenfalls nicht vor. Säureattentate kämen in Mitteleuropa recht selten vor. Oft seien sie Ausdruck einer Geringschätzung Frauen gegenüber. Die Redaktion habe deshalb einen Sachbezug zwischen der Tat und der Herkunft des mutmaßlichen Täters durchaus als gegeben angesehen.
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„Taxifahrer überschüttet Ex-Frau mit Säure“ - so überschreibt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung ihren Bericht über ein versuchtes Tötungsdelikt. Bei dem mutmaßlichen Täter handele es sich um einen türkischen Taxifahrer, der seine seit längerem von ihm getrennt lebende Ehefrau auf einer stark frequentierten Straße mit einem Messer attackiert und dann mit Säure übergossen habe. Die Redaktion gibt das Alter der beiden Beteiligten, sowie die genaue Wohnadresse des mutmaßlichen Täters an. Aus Sicht eines Lesers der Zeitung verstößt die Berichterstattung gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte), da im Artikel völlig unnötigerweise die Anschrift des mutmaßlichen Täters genannt werde. Die Kenntnis der genauen Adresse gehe über das Informationsinteresse der Öffentlichkeit weit hinaus. Die Redaktion soll sich nach Aufforderung durch den Presserat auch zu der Frage äußern, ob ein Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen) vorliege, da die Redaktion die Herkunft des mutmaßlichen Täters genannt habe. Die Rechtsvertretung der Zeitung vertritt die Ansicht, dass die Schwere der Tat, die sich in der Öffentlichkeit abgespielt habe, eine identifizierende Berichterstattung rechtfertige. Diese in Ziffer 8 des Pressekodex definierten Kriterien seien hier erfüllt. Auch liege kein Verstoß nach Ziffer 12 Pressekodex (Diskriminierungen) vor. Säureattentate kämen in Europa nur sehr selten vor. Oft seien sie Ausdruck einer Geringschätzung Frauen gegenüber. Es gebe daher einen Sachbezug zwischen der Tat und der Herkunft des mutmaßlichen Täters.
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Eine Wochenzeitung berichtet online unter der Überschrift „Ein Kranker wird Held“ über den Fall Gustl Mollath. Dieser war nach einem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth jahrelang in der Psychiatrie untergebracht worden. Die Autorinnen fragen, ob der Betroffene weggesperrt worden sei, weil er einen Bankenskandal aufgedeckt habe, oder ob mit dem vermeintlichen Justizopfer Wahlkampf gemacht werde. Sein Fall beschäftige mittlerweile die bayerische Landesregierung und die Oppositionsparteien im Münchner Landtag. Die Zeitung berichtet, Mollath habe seine Frau schwer misshandelt und zahllose Autoreifen angestochen. So stehe es im Urteil des Landgerichts von 2006. Weil ein Nervenarzt dem Betroffenen Wahnvorstellungen attestiert habe, sei dieser in der Psychiatrie untergebracht worden. Mollath habe während des Prozesses immer wieder auf einen Schwarzgeldskandal hingewiesen, in den seine Frau als Bankangestellte verwickelt gewesen sei. Die Zeitung berichtet, die Entscheidung, Mollath in der Psychiatrie unterzubringen, sei auf Grund eines Gutachtens getroffen worden. Dessen Autor sei ein Sachverständiger, in dessen forensischer Abteilung Mollath einen Monat lang gewesen sei. Dem dortigen Personal – so berichtet die Zeitung – sei Mollaths Verhalten „bizarr“ erschienen. Zitat: „Mollath weigerte sich zu essen und sich zu waschen oder seine Schuhe anzuziehen. Manchmal lief er nur in Unterhosen herum. Wenn die Mitpatienten die Fenster aufrissen, weil der ungewaschene Neuankömmling bestialisch roch, begann er lauthals zu schreien und fühlte sich in seinen Menschenrechten verletzt.“ Die Beschwerdeführer, die alle dem Unterstützerkreis von Gustl Mollath angehören, sehen mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Eine wesentliche Rolle in der Beschwerde spielt ein Schnellhefter, den Mollath angelegt hatte und der mit der Schilderung des Krebstodes seiner Mutter beginnt. Die Autorinnen berichten, der Hefter sei mit Riesenlettern gespickt und voll von „wirren Ausführungen“. Dagegen argumentieren die Beschwerdeführer. Bei den „wirren Ausführungen“ handele es sich um eine Anlage mit Flugblättern in ihrer typischen Gestaltung. Wirr und falsch sei allein die Zusammenfassung durch die drei Autorinnen. Weiterhin kritisieren die Beschwerdeführer zahlreiche Details aus der Berichterstattung über den Fall, der seinerzeit bundesweit Aufsehen erregt hatte. Der Rechtsvertreter der Zeitung hält die Beschreibung des Inhalts des Schnellhefters für korrekt. Von „wirren“ Ausführungen zu sprechen, sei als journalistische Bewertung zulässig. Die Autorinnen hätten die im Ordner befindlichen Unterlagen gelesen und seien danach zu ihrer Bewertung gekommen. Zusammenfassend stellt der Rechtsvertreter der Zeitung fest, dass diese korrekt berichtet habe. Sie habe Tatsachen mitgeteilt, soweit sie zum Zeitpunkt der Berichterstattung bekannt gewesen seien. Die Redaktion habe mit allen Beteiligten gesprochen und ihnen die Möglichkeit gegeben, ihre Sicht der Dinge gegenüber der Redaktion darzustellen und zu belegen. Weder Mollath noch sein Verteidiger hätten sich mit Vorwürfen an die Zeitung gewandt.
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„Rentnerin soll vertrieben werden“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über ein Räumungsverfahren. Die ältere Frau soll wegen eines Formfehlers ihre Wohnung verlassen, obwohl sie gesundheitlich stark angeschlagen sei. Die Zeitung schreibt, die Frau werde wie ein Mietpreller behandelt. Sie habe zwei Überweisungen falsch ausgefüllt und sei dadurch mit zwei Mieten in Rückstand geraten. Daraufhin habe der Vermieter auf Räumung geklagt, obwohl sie die Rückstände durch umgehende Überweisungen sofort in Ordnung gebracht habe. Ohne sich dessen bewusst zu sein, habe die Frau die Räumungsklage anerkannt. Eine Richterin des zuständigen Gerichts habe sie dahingehend beraten. Der Rechtsanwalt der Rentnerin wird in dem Artikel wie folgt zitiert: „Das Vorgehen des Amtsgerichts ist schlicht ein Skandal. Die Schuldnerin hat keinerlei Mietrückstände, sie ist keine Sozialhilfeempfängerin und kann ihre Miete bezahlen. Die Mietrückstände sind lediglich aufgrund von Fehlern bei Überweisungen entstanden. Doch offenbar hat das Amtsgericht kein Erbarmen.“ Beschwerdeführer sind die Vermieter. Nach ihrer Ansicht hat die Zeitung gegen mehrere Ziffern des Pressekodex verstoßen. Die Behauptung, dass die Mietrückstände wegen falsch ausgefüllten Überweisungen entstanden seien, sei falsch. Die Überweisungen seien vielmehr mangels Kontodeckung nicht ausgeführt worden. Die Mietrückstände umfassten nicht zwei, sondern drei Monatsmieten. Die Rentnerin sei so verschuldet, dass sie weder die Miete zahlen noch die Rückstände ausgleichen könne. Das Sozialamt der Stadt sei vielmehr für Mietrückstände und Kosten einer einvernehmlichen Räumung aufgekommen. Der in dem Artikel zitierte Rechtsanwalt habe keine Vollmacht zur Vertretung der Betroffenen in der Räumungsangelegenheit gehabt, sondern diese lediglich in Erbangelegenheiten vertreten. Die Redaktion habe die Vermieter nicht um eine Stellungnahme gebeten. Der Leiter der Lokalredaktion berichtet, die Zeitung habe die Geschichte der Mieterin unter Beachtung der journalistischen Sorgfaltspflicht veröffentlicht. Dazu gehöre auch, dass die Beschwerdeführer nur sehr selektiv die Mittel der Sozialbehörde angenommen hätten, die als Ersatz für die ausstehenden Mietzahlungen angeboten worden seien. Es gebe somit keinen Grund, die beanstandete Berichterstattung zu korrigieren. Die Redaktion habe vor allem über den Fall berichtet, weil die Vermieter absichtlich das Angebot des Sozialamtes, die Miete für die alte Dame zu übernehmen, abgelehnt hätten. Im Kern drehe sich die Geschichte aber ohnehin eher um die Gnadenlosigkeit von Amtsmühlen – in diesem Fall der des Amtsgerichts.
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Ein Wirtschafts-Fachblatt veröffentlicht online einen Beitrag über Unregelmäßigkeiten in einem Zweckverband. Von verschwundenen Steuergeldern ist in der Überschrift die Rede. So stünden etwa rund 141.000 Euro als „offener Rest“ im Prüfbericht des Zweckverbandes. Der Artikel stützt sich auf den Bericht eines freien Journalisten, der ehrenamtliches Mitglied im Beirat des Zweckverbandes ist. Die Rechtsvertretung des Zweckverbandes teilt mit, dass keine Steuergelder verschwunden seien. Das zuständige Rechnungsprüfungsamt sehe dafür keine Anzeichen und habe dies wiederholt so dargestellt. Der Kassenbestand sei korrekt. Die Rechtsvertretung des Fachblatts stellt die Zuständigkeit des Presserats in Frage. Die Redaktion halte sich selbstverständlich an die vom Presserat postulierten presseethischen Grundsätze. Eine Selbstverpflichtungserklärung nach Ziffer 10 der Satzung für den Trägerverein des Presserats habe man allerdings nicht abgegeben. Das im Impressum abgelegte Bekenntnis zu den publizistischen Grundsätzen könne diese Verpflichtungserklärung nicht ersetzen. Unabhängig von dieser Einschätzung nimmt die Rechtsvertretung Stellung und weist den Vorwurf zurück, gegen Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen zu haben. Die im Artikel dargestellten Fakten seien allesamt korrekt wiedergegeben worden. Der Autor habe sich mehrmals an den Zweckverband mit der Bitte um Stellungnahme gewandt, ohne eine Antwort zu bekommen. Unabhängig davon habe er die publizierten Fakten vor ihrer Veröffentlichung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt recherchiert und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.
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Zwei Jugendliche bedrohen einen 50-jährigen Mann mit einem Elektroschocker. Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über den Vorfall. In die Berichterstattung eingeklinkt ist eine Anzeige, in der für einen „Elektroschocker Shop“ geworben wird. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe der Zeitung kritisiert die Kombination von Bericht und Anzeige als „perversen Auswuchs“ automatisierter Internetwerbung. Der Leiter der Online-Redaktion teilt mit, dass sie auf die Inhalte von Anzeigen, die über Google eingespielt würden, keinen Einfluss habe. Er bezeichnet die Kombination von Text und Anzeige als „denkbar ungünstig“. Derartige Vorfälle könne man aufgrund der automatisierten Einblendung jedoch nicht ausschließen.
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Gedruckt und online berichtet eine Regionalzeitung über den Suizid eines Studenten, der von einem zehngeschossigen Wohnheim gesprungen sei. Die Zeitung schreibt: „Der Notarzt konnte noch ein, zwei Worte an ihn richten, dann stürzte sich der Mann unvermittelt in die Tiefe“. Sie zitiert so einen Polizeisprecher. Außerdem teilt der Autor mit, dass der Student in seinem Zimmer einen Abschiedsbrief hinterlassen habe. Ein anonymer Beschwerdeführer kritisiert, dass die Darstellung des Suizids in diesen Einzelheiten nicht mit der Ziffer 8, Richtlinie 8.7, vereinbar sei. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion grundsätzlich auf die Berichterstattung über Suizid-Fälle verzichte, es sei denn, der Vorfall ereigne sich in der Öffentlichkeit oder Dritte seien dabei zu Schaden gekommen. In diesem Fall habe man sich für eine knappe Berichterstattung im Lokalteil entschieden, weil sich der Suizid im öffentlichen Raum ereignet habe. Der Vorfall habe innerhalb eines Studentenwohnheim-Komplexes mit über tausend Bewohnern während des Semesters stattgefunden. Das Wohnheim liege zudem an einer vielbefahrenen Straße, so dass auch zahlreiche Verkehrsteilnehmer das Geschehen mitbekommen hätten. Viele Passanten hätten die zahlreichen Einsatzfahrzeuge gesehen. Die Veröffentlichung beschränke sich in der gebotenen Zurückhaltung auf die Meldung eines Suizids durch einen Sturz vom Dach. Nähere Begleitumstände habe die Zeitung nicht genannt. Ausnahme: Der hinterlassene Abschiedsbrief. Über ein mögliches Motiv sei nicht spekuliert worden. Auch sei die Berichterstattung nicht identifizierend. Ein Aspekt der Berichterstattung sei die kurze Schilderung des Versuchs, den Suizid zu verhindern, und die Ohnmacht der Helfer.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Die Nazi-Terroristin macht jetzt auf seriös“ über den Auftakt des Prozesses gegen Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München. Im Bericht wird die Angeklagte als „Staatsfeindin Nr. 1“ und „Teufel“ bezeichnet. Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für unvereinbar mit den Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung). Die Bezeichnungen für die Angeklagte seien unangemessen, tendenziös und vorverurteilend. Der Presserat eröffnet das Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen Ziffer 13. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die identifizierende Berichterstattung für zulässig, da Beate Zschäpe bereits vorher den Medien landesweit bekannt gewesen sei und die Schwere der Tat sowie das Verfahrensstadium dies zuließen. Das Bundeskriminalamt habe Fahndungsfotos und Vor- und Nachnamen der Neonazis Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt veröffentlicht. Überdies bestehe ein überragendes öffentliches Interesse an der Aufklärung der Hintergründe für die zehn Morde. Beate Zschäpe sei vor diesem Hintergrund so etwas wie die „Gallionsfigur“. Die Rechtsvertretung ist der Meinung, die Berichterstattung sei frei von Vorurteilen unter Einhaltung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung. Die Formulierung „Staatsfeindin Nr. 1“ sei zutreffend, weil der Angeklagten Staatsschutzdelikte vorgeworfen würden. Sie müsse sich als einzige Überlebende der NSU-Terrorzelle als Hauptverantwortliche dem Prozess stellen. Auch der Ausdruck „schlimmste Rechtsterroristin der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ stelle keine Vorverurteilung dar. Der Angeklagten würden schwerwiegende Straftaten vorgeworfen. Unbestritten und von ihr auch bestätigt sei, dass die Morde aus rechtsextremen Motiven begangen worden seien, so dass das Wort „Rechtsterroristin“ lediglich eine zutreffende Beschreibung sei. Insgesamt werde in differenzierender Weise berichtet. Auch positive Aspekte der Angeklagten seien von der Redaktion beschrieben worden.
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„(…):Ich bin geläutert und unschuldig“ schreibt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Es geht um den Prozess gegen den früheren Präsidenten einer Hochschule für Wirtschaft und Recht. Er soll Geld veruntreut haben. In dem Bericht wird ein Zeuge, der noch nicht vor Gericht ausgesagt hat, namentlich erwähnt. Der ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Neben dem Namen nennt die Zeitung seinen aktuellen Arbeitgeber und Arbeitsort. Der Autor schreibt, dieser Zeuge habe die Aussage zurückgezogen, auf die die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen den Ex-Präsidenten und den Beschwerdeführer (wegen Beihilfe zur Untreue) gestützt habe. Die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer seien inzwischen eingestellt worden, teilt die Zeitung weiter mit. Der anwaltlich vertretende Beschwerdeführer wendete sich gegen die Nennung seines Namens, des aktuellen Arbeitgebers und seines Arbeitsortes. Er verlangt nachträgliche Anonymisierung und bittet um Vermittlung durch den Presserat, was zunächst von der Zeitung abgelehnt wurde. Diese kündigt an, die identifizierenden Angaben über Arbeitgeber und Arbeitsort aus dem Artikel zu löschen. Der Anwalt des Beschwerdeführers antwortet, wenn die Zeitung schon einsehe, dass diese Angaben gelöscht werden müssten, so müssten doch die Angaben zur Person erst recht entfernt werden. Die Zeitung lehnt im Vermittlungsversuch eine Anonymisierung des Namens und zunächst auch des Arbeitgebers und des Arbeitsortes ab. Der Justiziar der Zeitung bittet um Zurückweisung der Beschwerde, da eine Verletzung publizistischer Grundsätze nicht vorliege. Nach Richtlinie 8.1, Absatz 4, des Pressekodex sei die Namensnennung von Zeugen zwar in der Regel unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Nennung jedoch erforderlich, so dass die Zeitung in Ausnahme zur Regel der Richtlinie 8.1 von einer zulässigen Namensnennung ausgehe.
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