Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Die Nazi-Terroristin macht jetzt auf seriös“ über den Auftakt des Prozesses gegen Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München. Im Bericht wird die Angeklagte als „Staatsfeindin Nr. 1“ und „Teufel“ bezeichnet. Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für unvereinbar mit den Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung). Die Bezeichnungen für die Angeklagte seien unangemessen, tendenziös und vorverurteilend. Der Presserat eröffnet das Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen Ziffer 13. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die identifizierende Berichterstattung für zulässig, da Beate Zschäpe bereits vorher den Medien landesweit bekannt gewesen sei und die Schwere der Tat sowie das Verfahrensstadium dies zuließen. Das Bundeskriminalamt habe Fahndungsfotos und Vor- und Nachnamen der Neonazis Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt veröffentlicht. Überdies bestehe ein überragendes öffentliches Interesse an der Aufklärung der Hintergründe für die zehn Morde. Beate Zschäpe sei vor diesem Hintergrund so etwas wie die „Gallionsfigur“. Die Rechtsvertretung ist der Meinung, die Berichterstattung sei frei von Vorurteilen unter Einhaltung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung. Die Formulierung „Staatsfeindin Nr. 1“ sei zutreffend, weil der Angeklagten Staatsschutzdelikte vorgeworfen würden. Sie müsse sich als einzige Überlebende der NSU-Terrorzelle als Hauptverantwortliche dem Prozess stellen. Auch der Ausdruck „schlimmste Rechtsterroristin der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ stelle keine Vorverurteilung dar. Der Angeklagten würden schwerwiegende Straftaten vorgeworfen. Unbestritten und von ihr auch bestätigt sei, dass die Morde aus rechtsextremen Motiven begangen worden seien, so dass das Wort „Rechtsterroristin“ lediglich eine zutreffende Beschreibung sei. Insgesamt werde in differenzierender Weise berichtet. Auch positive Aspekte der Angeklagten seien von der Redaktion beschrieben worden.
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„(…):Ich bin geläutert und unschuldig“ schreibt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Es geht um den Prozess gegen den früheren Präsidenten einer Hochschule für Wirtschaft und Recht. Er soll Geld veruntreut haben. In dem Bericht wird ein Zeuge, der noch nicht vor Gericht ausgesagt hat, namentlich erwähnt. Der ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Neben dem Namen nennt die Zeitung seinen aktuellen Arbeitgeber und Arbeitsort. Der Autor schreibt, dieser Zeuge habe die Aussage zurückgezogen, auf die die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen den Ex-Präsidenten und den Beschwerdeführer (wegen Beihilfe zur Untreue) gestützt habe. Die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer seien inzwischen eingestellt worden, teilt die Zeitung weiter mit. Der anwaltlich vertretende Beschwerdeführer wendete sich gegen die Nennung seines Namens, des aktuellen Arbeitgebers und seines Arbeitsortes. Er verlangt nachträgliche Anonymisierung und bittet um Vermittlung durch den Presserat, was zunächst von der Zeitung abgelehnt wurde. Diese kündigt an, die identifizierenden Angaben über Arbeitgeber und Arbeitsort aus dem Artikel zu löschen. Der Anwalt des Beschwerdeführers antwortet, wenn die Zeitung schon einsehe, dass diese Angaben gelöscht werden müssten, so müssten doch die Angaben zur Person erst recht entfernt werden. Die Zeitung lehnt im Vermittlungsversuch eine Anonymisierung des Namens und zunächst auch des Arbeitgebers und des Arbeitsortes ab. Der Justiziar der Zeitung bittet um Zurückweisung der Beschwerde, da eine Verletzung publizistischer Grundsätze nicht vorliege. Nach Richtlinie 8.1, Absatz 4, des Pressekodex sei die Namensnennung von Zeugen zwar in der Regel unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Nennung jedoch erforderlich, so dass die Zeitung in Ausnahme zur Regel der Richtlinie 8.1 von einer zulässigen Namensnennung ausgehe.
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„Syrien reagiert nicht auf Israels Giftgasangriff“ titelt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins. Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Bürgerkrieg in Syrien und einem angeblichen Angriff Israels auf das Umland von Damaskus. Eine Leserin des Magazins kritisiert vor allem die Überschrift des Beitrages. Diese erwecke den falschen Eindruck, als habe Israel Syrien mit Giftgas angegriffen. Zwar sei der Fehler nach eineinhalb Stunden korrigiert worden, doch habe die Redaktion nicht auf die ursprünglich falsche Aussage hingewiesen. Die ursprüngliche Überschrift sei auch geeignet, Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren. Der Chefredakteur des Magazins räumt den zuerst gemachten Fehler ein, weist aber darauf hin, dass die Redaktion nach kurzer Zeit die falsche Aussage in der Überschrift korrigiert habe. Bei der Lektüre des gesamten Artikels sei auch in der ersten Fassung kein falscher Eindruck entstanden, weil die Leser korrekt über den Sachverhalt informiert worden seien. Gerade weil ein israelischer Giftgasangriff ein höchst aufsehenerregendes Ereignis gewesen wäre, hätten die Leser vermutlich nicht nur die Überschrift zur Kenntnis genommen, sondern den ganzen Text gelesen. Dann sei ihnen jedoch die Diskrepanz sofort aufgefallen. Deshalb habe kein Berichtigungsbedarf bestanden. Für den Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht entschuldige sich die Redaktion bei der Beschwerdeführerin. Den von der Leserin angedeuteten Antisemitismusvorwurf weist der Chefredakteur zurück.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht in einer ihrer Lokalausgaben einen Leserbrief, der mit „Gordon McWolf“ gezeichnet ist. Die genaue Adresse ist angegeben. Der Autor äußert sich über Vorschläge der FDP-Ratsfraktion zur Verkehrsberuhigung einer bestimmten Straße. Er greift den namentlich genannten Fraktionschef an und unterstellt ihm, dass er persönliche Interessen von Anliegern der betreffenden Straße vertrete. Der angegriffene Lokalpolitiker wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Darin stellt er fest, dass ein „Gordon McWolf“ am Ort gar nicht gemeldet sei. Die Zeitung habe die Identität des Leserbriefschreibers offensichtlich nicht überprüft. Der veröffentlichte Brief enthalte obendrein ehrverletzende Behauptungen. Seinen Inhalt habe die Redaktion wohl ungeprüft übernommen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion die Identität des Einsenders nicht überprüft habe und die Kritik des Beschwerdeführers in diesem Punkt berechtigt sei. Im konkreten Fall hätte der auffällige Name „Gordon McWolf“ die Redaktion zu besonderer Sorgfalt anhalten müssen. Der Chefredakteur hat nach eigenen Angaben die verantwortliche Lokalchefin ermahnt und die gesamte Redaktion noch einmal an die gängigen Regeln im Umgang mit Leserbriefern erinnert. Falsche und die Person des Beschwerdeführers diskreditierende Aussagen sieht der Chefredakteur in dem Brief nicht. Als Politiker müsse der Fraktionschef Kritik der Bürger akzeptieren. Die Zeitung habe ihm ein Interview angeboten. Er sei jedoch auf dieses Angebot nicht eingegangen.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Microsoft warnt vor seinem Windows XP!“ Er enthält den Satz: „Oft ist nur der Arbeitsspeicher zu klein, der sich schon ab 30 Euro (genannt werden eine Firma und ihre Internet-Adresse) aufrüsten lässt“. Ein Leser kritisiert die direkte Verlinkung zu einem Anbieter von Computer-Produkten. Er sieht darin Schleichwerbung und damit einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von Werbung und Redaktion). Der Beschwerdeführer moniert zudem, dass die Zeitung Beiträge ohne Autoren-Kennzeichnung veröffentliche. Der Chefredakteur des Online-Auftritts der Zeitung weist den Vorwurf einer Verletzung presseethischer Grundsätze zurück. Der Hinweis auf den Anbieter sei rein redaktionell veranlasst und diente keinen Werbezwecken. Es handele sich um einen Beitrag aus dem Bereich Multimedia, der dem Leser helfen solle, wenn er Probleme mit Windows XP habe. In diesem Zusammenhang dürfe sachlich auf ein Angebot hingewiesen werden, das dem Leser nützlich sei. Die Zeitung habe für den Hinweis weder Geld noch sonstige Gegenleistungen erhalten.
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Der Teufel hat sich schick gemacht“ über den NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Der Autor widmet sich ausführlich dem Auftritt und dem Aussehen der Angeklagten Beate Zschäpe. In der Unterzeile der Überschrift auf der Titelseite sowie in der Überschrift im Innenteil der Zeitung wird sie als „Nazi-Terroristin“ bezeichnet. Mehrere Beschwerdeführer melden sich in diesem Fall zu Wort. Sie sind der Meinung, dass der Artikel eine unzulässige Vorverurteilung enthalte. Durch die Bezeichnung „Teufel“ werde die Angeklagte in ihrer Menschenwürde verletzt. Der Presserat eröffnet das Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen Ziffer 13, Richtlinie 13.1, des Pressekodex (Unschuldsvermutung, Vorverurteilung). Zu den Beschwerden nimmt die Rechtsabteilung der Zeitung Stellung. Der kritisierte Beitrag beschäftige sich mit dem Auftreten der Angeklagten bei Prozessbeginn, ohne dass von einer Vorverurteilung die Rede sein könne. Dass Beate Zschäpe dem Neonazi-Trio „Nationalsozialistischer Untergrund“ angehört habe, sei unstrittig. Ebenso stehe fest, dass sie eine schwere Brandstiftung verübt habe. Im Münchner Prozess sei zu klären, ob Zschäpe auch als zehnfache Mörderin zu verurteilen sei. Im Übrigen werde die Angeklagte durch die boulevardesk-zugespitzte Schlagzeile lediglich als Person beschrieben, der etwas Negatives vorgeworfen werde. Die symbolhafte Beschreibung einer Person habe nichts mit einer Vorverurteilung zu tun. Der Autor habe den Prozessauftakt beschrieben und lasse damit ausdrücklich das juristische Ende, eine mögliche Verurteilung, offen.
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Im Bericht der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung geht es um einen Streit zwischen zwei Personengruppen, in dessen Verlauf zwei Männer schwer verletzt wurden. Die Opfer werden als „die beiden 25-jährigen (…) libanesischer Abstammung bezeichnet, zwei Tatverdächtige als „Personen „albanischer Abstammung“. Zum Motiv für die gewalttätige Auseinandersetzung konnte die Staatsanwältin nach Angaben der Zeitung noch keine Angaben machen. Ein Leser der Zeitung sieht in der Nennung der Nationalitäten einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. Da insbesondere der Anlass für die Straftat noch unklar sei, könnte die Herkunft der Beteiligten nicht von besonderer Bedeutung sein. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf zurück, die Redaktion habe gegen presseethische Grundsätze verstoßen. Wegen der Chronologie der Ereignisse sei die Herkunft der an der Schlägerei Beteiligten für die Berichterstattung wichtig. Der Chefredakteur zählt eine Reihe von Straftaten am Ort auf, bei denen die Beteiligten fast ausschließlich einen Migrationshintergrund hätten. In der Stadt sei es wegen der sich häufenden Straftaten zu einer anhaltenden Diskussion über die Sicherheitslage gekommen. Im Internet-Auftritt der Zeitung fehlt mittlerweile der beanstandete Herkunftshinweis.
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Eine auf Waffen spezialisierte Zeitschrift berichtet über eine britische Schalldämpfer-Pistole und eine Spezialeinheit SOE, die diese Waffe im Zweiten Weltkrieg verwendet hat. In diesem Zusammenhang merkt die Redaktion an, dass der damalige „Reichsprotektor von Böhmen und Mähren“, Reinhard Heydrich, von der SOE getötet, also eines ihrer „Opfer“ geworden sei. Weiter heißt es, Heydrich habe eine „erfolgreiche Politik mit Zuckerbrot und Peitsche“ betrieben. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert diese Aussage und spricht von rechtsradikaler Propaganda. Der Chefredakteur des Blattes weist den Vorwurf zurück. Die Aussage sei weder die Einschätzung des Verlages noch des Autoren, sondern eine wertfreie Beschreibung historischer Fakten. Aus Sicht der Reichsregierung jener Zeit und dem Blickwinkel Heydrichs sei dessen Politik in den fraglichen Jahren subjektiv „erfolgreich“ gewesen. Diese Beschreibung sei eine vollkommen wertfreie Darlegung historischer Tatsachen. Diese seien in objektiven Quellen nachzulesen. Der Autor des Beitrages äußert sich ebenfalls zu der Beschwerde. Bei dem Beschwerdeführer sei der falsche Eindruck entstanden, dass er mit der kritisierten Formulierung die Heydrich-Politik billige. Für Heydrich selbst sei seine Politik erfolgreich gewesen. Dies gelte auch für die Rüstungsanstrengungen des damaligen Deutschen Reiches. Der Betrieb in den tschechischen Rüstungsunternehmen sei – so der Autor weiter - bis zum Ende des Krieges ohne größere Zwischenfälle abgelaufen. Seine Einschätzung der Situation um Heydrich in der Tschechei decke sich mit dem aktuellen Forschungsstand der Geschichtswissenschaft. Spätestens seit dem Buch „Reinhard Heydrich – Statthalter der totalen Macht“ von Günther Deschner dürfte diese Auffassung allgemein anerkannt sein.
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„AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ titelt eine Wirtschaftszeitung in ihrer Online-Ausgabe. Im Bericht geht es um die politische Positionierung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“. Deren Parteichef Bernd Lucke habe in einem Interview mit der Printausgabe der Zeitung angekündigt, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD.“ Er – Lucke – sehe im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. Er wird in dem Artikel dazu wie folgt zitiert: „Ohne uns gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen.“ Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehne man, so wird Lucke weiter zitiert, generell als Mitglieder ab. Bei ehemaligen Mitgliedern der Partei „Die Republikaner“ werde jeder Einzelfall geprüft. In diesem Fall gibt es mehrere Beschwerdeführer. Sie sind der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). Es sei ehrverletzend, dass die Redaktion die Äußerung „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“ in der Schlagzeile „AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ zusammenfasse. Die Redaktion lasse die entscheidend wichtigen Fragen der Interviewer sinnentstellend aus, ergänze die Aussagen des Parteichefs wahrheitswidrig durch nicht Gesagtes und nicht einmal zu Vermutendes und verkürze das Interview in der nachrichtlichen Zusammenfassung sinnentstellend und verfälschend. Die AfD setze nicht auf Stimmen vom rechten Rand, sondern gebe enttäuschten Wählern, die eigentlich gar nicht rechts seien, eine Option zur Wahl der demokratischen Partei AfD, bevor sie womöglich aus Protest NPD wählten. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe gibt an, die Redaktion habe sich an das gehalten, was der AfD-Parteichef Bernd Lucke im Interview gesagt habe. Die Überschrift sei eine zulässige Zusammenfassung von Luckes Aussagen Im Zusammenhang mit dem Interview habe die Zeitung einen ausdrücklich als Kommentar bezeichneten Artikel veröffentlicht, in dem der Autor zu dem Schluss gekommen sei, „Lucke setzt darauf, dass er am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann“. Der Chefredakteur ist der Auffassung, die AfD und ihr Chef sollten sich deutlicher von ihren falschen Freunden distanzieren. Einige AfD-Anhänger, die sich an die Redaktion gewandt hätten, hielten von Meinungsfreiheit offenbar nichts.
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„AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ titelt eine Wirtschaftszeitung in ihrer Online-Ausgabe. Im Bericht geht es um die politische Positionierung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“. Deren Parteichef Bernd Lucke habe in einem Interview mit der Printausgabe der Zeitung angekündigt, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD.“ Er – Lucke – sehe im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. Er wird in dem Artikel dazu wie folgt zitiert: „Ohne uns gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen.“ Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehne man, so wird Lucke weiter zitiert, generell als Mitglieder ab. Bei ehemaligen Mitgliedern der Partei „Die Republikaner“ werde jeder Einzelfall geprüft. In diesem Fall gibt es mehrere Beschwerdeführer. Sie sind der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). Es sei ehrverletzend, dass die Redaktion die Äußerung „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“ in der Schlagzeile „AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ zusammenfasse. Die Redaktion lasse die entscheidend wichtigen Fragen der Interviewer sinnentstellend aus, ergänze die Aussagen des Parteichefs wahrheitswidrig durch nicht Gesagtes und nicht einmal zu Vermutendes und verkürze das Interview in der nachrichtlichen Zusammenfassung sinnentstellend und verfälschend. Die AfD setze nicht auf Stimmen vom rechten Rand, sondern gebe enttäuschten Wählern, die eigentlich gar nicht rechts seien, eine Option zur Wahl der demokratischen Partei AfD, bevor sie womöglich aus Protest NPD wählten. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe gibt an, die Redaktion habe sich an das gehalten, was der AfD-Parteichef Bernd Lucke im Interview gesagt habe. Die Überschrift sei eine zulässige Zusammenfassung von Luckes Aussagen Im Zusammenhang mit dem Interview habe die Zeitung einen ausdrücklich als Kommentar bezeichneten Artikel veröffentlicht, in dem der Autor zu dem Schluss gekommen sei, „Lucke setzt darauf, dass er am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann“. Der Chefredakteur ist der Auffassung, die AfD und ihr Chef sollten sich deutlicher von ihren falschen Freunden distanzieren. Einige AfD-Anhänger, die sich an die Redaktion gewandt hätten, hielten von Meinungsfreiheit offenbar nichts.
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