Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7053 Entscheidungen

Entlassener Straftäter mit Fußfessel

Gedruckt und online berichtet eine Großstadtzeitung mit zwei gleichlautenden Artikeln über den Einsatz der elektronischen Fußfessel bei einem nach Verbüßung seiner Strafe aus der Haft entlassenen Täter. Die Zeitung berichtet, dass die Fußfessel in der Stadt erst zum zweiten Mal eingesetzt worden sei. Der Betroffene wird mit seinem Vornamen und dem abgekürzten Nachnamen genannt. Erwähnt wird auch sein Alter. Als Beruf gibt die Zeitung „Computerfachmann“ an. Sie berichtet, der Mann habe eine viereinhalbjährige Haftstrafe verbüßt, weil er in einem Pferdestall und auf einer Trabrennbahn wiederholt Mädchen sexuell missbraucht habe. Er habe sich weder Kindertagesstätten noch Schulen nähern dürfen. Die Freiheitsbeschränkung durch die Fußfessel sei inzwischen aufgehoben worden. Der im Artikel erwähnte Mann ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Er ist der Ansicht, dass er durch die Berichterstattung identifizierbar sei. Dadurch würden seine Persönlichkeitsrechte und sein Anspruch auf Resozialisierung verletzt. Er sei, bezogen auf das im Artikel geschilderte Geschehen, nur Randfigur. Die gegen ihn vollstreckte Maßnahme sei schon seit Monaten erledigt. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Weitergabe seiner persönlichen Daten durch die Justiz an den Journalisten ein Geheimnisverrat sei. Die Daten seien möglicherweise durch Bestechung erlangt worden. Er habe Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, eine Entscheidung des Presserats aus dem Jahre 2011 habe die Redaktion veranlasst, die im Internet noch zu lesende Berichterstattung um Angaben zu bereinigen, die zur Identifizierung des Betroffenen führen könnten. Dabei sei offensichtlich zunächst ein Artikel übersehen, zwischenzeitlich aber ebenfalls in Ordnung gebracht worden. Es handele sich dabei um ein Versehen der Redaktion, so dass die Beschwerde aus Sicht des Verlages unbegründet sei.

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Kleinkind in der fünften Pflegefamilie

„Kleinkind darf nicht zu Vater oder Oma“ und „Schädel-Verletzung: Kind ist in Pflegefamilie“ – unter diesen Überschriften berichtet eine Regionalzeitung über das Schicksal eines Kleinkindes. Es soll nach einer mutmaßlichen Misshandlung durch den Freund seiner Mutter nunmehr in der fünften Pflegefamilie leben. Die Unterbringung in der Pflegefamilie wird vom Kindsvater und der Großmutter kritisiert. Das Amtsgericht hatte zuvor beiden das Sorgerecht verweigert. Gegen diese Entscheidung haben beide Beschwerde eingelegt. Im Artikel wird der Name des Ortes genannt, in dem sich die Vorgänge abgespielt hatten. Die Großmutter des Kindes wird mit vollem Namen genannt. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Der Presserat hatte sich schon einmal mit dem Fall befasst und gegen die Zeitung eine Missbilligung ausgesprochen. Nach Auffassung des Beschwerdeausschusses sei das Opfer durch die Angabe seines ungewöhnlichen Vornamens sowie durch die namentliche Nennung der Großmutter für einen erweiterten Personenkreis identifizierbar. Der Presserat hatte damals berücksichtigt, dass der Kindsvater und die Großmutter in die Namensnennung eingewilligt hätten, jedoch bemängelt, dass die offenbar ebenfalls sorgeberechtigte Kindsmutter nicht um ihr Einverständnis ersucht worden war. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass durch den erneuten Beitrag zu dem bereits verhandelten Fall ein Personenbezug problemlos möglich sei. Die Zeitung habe die gegen sie ausgesprochene Missbilligung offenbar missachtet. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, vor dem Hintergrund des Presserats-Beschlusses habe die Redaktion bei der jetzigen Berichterstattung auf die Nennung des ungewöhnlichen Vornamens verzichtet, obwohl die Einwilligung der Angehörigen vorgelegen hätte.

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„Der Polizeistaat hat seine Zähne gezeigt“

In einer Großstadt in den neuen Bundesländern berichtet die örtliche Zeitung über eine polizeiliche Durchsuchung bei der freiwilligen Feuerwehr. Die Redaktion kommentiert das Geschehen unter der Überschrift „Polizeiwillkür“. Die Beamten hätten sich Zutritt zu den Gebäuden verschafft, obwohl sie keinen Durchsuchungsbeschluss gehabt hätten. Auch das Innenministerium sei eingeweiht gewesen. Der Wehrführer wird mit der Äußerung zitiert, die Kriminalpolizei habe „weder einen Durchsuchungsbeschluss noch eine Anordnung der Staatsanwaltschaft“ vorgelegt. Auch das von ihm ausgesprochene Hausverbot habe nichts genützt. Auftraggeber der Durchsuchung – so berichtet die Zeitung – sei die Staatsanwaltschaft gewesen. Hintergrund sei der Verdacht, dass jemand Informationen der Leitstelle über Einsätze an Journalisten weitergereicht habe. Im Kommentar heißt es, der Polizeistaat habe in der Stadt seine Zähne gezeigt. Die Durchsuchungen und Blockaden der Feuerwehrwachen müssten Konsequenzen haben. Wenn es stimme, dass sowohl Kriminalpolizei als auch Landeskriminalamt ohne Legitimation, also Durchsuchungsbeschluss, die Wachen auf den Kopf gestellt hätten, dann sei dies Willkür, ein Vorgehen wie in finsteren Diktaturen. Der Autor meint, ein Vorgehen wie im Wilden Westen, wo der Sheriff erst schieße und dann frage, sei inakzeptabel. Leider habe keine der beteiligten Behörden Worte der Erklärung gefunden. Die Pressesprecherin des Polizeipräsidiums wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Durchsuchung sei in Anwesenheit und im Einvernehmen der Vertreter der Stadt und mit Beteiligung des Rechtsamts erfolgt. Ein richterlicher Beschluss sei daher nicht erforderlich gewesen. Unstimmigkeiten zwischen Vertretern der Stadt und den Wehrführern hätten die Staatsanwaltschaft veranlasst, die Fortführung der Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug anzuordnen. Man habe befürchtet, dass Beweismittel verloren gehen könnten. Die Polizeivertreterin spricht von einem Pressevorbehalt der Staatsanwaltschaft, so dass Medienanfragen nicht umfassend hätten beantwortet werden können. Der Artikel zeichne sich durch Kenntnisdefizite und Fehlinformationen aus, wodurch ein schlechter und unzutreffender Eindruck von dem Polizeieinsatz vermittelt worden sei. Darüber gehe der Kommentar mit Begriffen wie „finstere Diktatur“, „Polizeiwillkür“ etc. noch hinaus. Es sei unerträglich, dass der Autor zum Zeitpunkt der Durchsuchungsmaßnahmen der Polizei unrechtmäßiges Handeln unterstellt habe, nachdem er keine weiteren Informationen zum Sachverhalt habe erlangen können. Damit beschädige er nicht nur das Ansehen aller Polizeibeamtinnen und –beamten, sondern auch das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, die zuständige Lokalredaktion und die Autoren der beanstandeten Beiträge hielten den damaligen Polizeieinsatz auch aus heutiger Sicht für unangemessen. Das hätten auch das Amtsgericht und später das Landgericht festgestellt. Weder Polizei, Landespolizei, Innenministerium, Stadtverwaltung noch die Staatsanwaltschaft hätten sich in der Lage gesehen, den Einsatz zu erklären.

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Zu kurzer Sex schafft Leidensdruck

Die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung widmet sich unter der Überschrift „Wie schnell darf ein Mann kommen?“ Therapiemöglichkeiten bei vorzeitigem Samenerguss. Die Zeitung klärt auf, dass die „Ejaculatio praecox“ eine der häufigsten sexuellen Funktionsstörungen des Mannes sei. Seit einigen Jahren gebe es in Deutschland eine verschreibungspflichtige Pille mit dem Wirkstoff Dapoxetin (Priligy). Das Medikament sei dazu gedacht, den psychischen Leidensdruck durch zu kurzen, unbefriedigenden Sex innerhalb der Beziehung abzubauen. Die Kosten – etwa 13 Euro pro Pille – würden von den Kassen nicht übernommen. Am Ende des Artikels steht dieser Hinweis: „Guten Rat zu allen Fragen zum Frust mit der zu schnellen Lust hatten die Experten an unserem Lesertelefon.“ Dann werden Fragen zum vorzeitigen Samenerguss gestellt und von Medizinern beantwortet. Der Beschwerdeführer ist Mitarbeiter des Lehrstuhls für Wissenschaftsjournalismus an der technischen Universität Dortmund. Er betreut das Projekt „Medien-Doktor“. Dabei begutachten erfahrene Wissenschafts- und Medizinjournalisten anhand eines Kriterienkatalogs medizinjournalistische Beiträge in Print-, TV-, Hörfunk- und Onlinemedien. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass in dem Artikel Pressematerial ohne Hinweis auf die Herkunft als redaktionelle Leistung ausgegeben werde. Die Aktion sei nicht von der Redaktion, sondern von einer spezialisierten PR-Agentur durchgeführt worden. Diese wiederum sei von einer anderen Agentur beauftragt worden, die die PR für ein bestimmtes Pharmaunternehmen betreibe. Dieses sei der Hersteller des im Artikel genannten Mittels zur Vermeidung des vorzeitigen Samenergusses. Die PR-Agentur führe nicht nur die Telefonaktion durch. Sie suche auch die Experten aus und verfasse eine Zusammenfassung, die an Redaktionen verschickt werde. Nach Auffassung der Rechtsvertretung des Verlages wahrt die Veröffentlichung die presseethischen Grundsätze. Redakteure hätten die Informationen für den Beitrag sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Dass am Ende des Artikels von „unserem Lesertelefon“ die Rede sei, bedauere die Redaktion. Die Formulierung sei umgehend korrigiert worden. Die Zeitung wendet sich gegen den Vorwurf, die in Ziffer 7 des Pressekodex definierte Forderung, redaktionelle und werbliche Inhalte strikt von einander zu trennen, verletzt zu haben. Bei dem beanstandeten Beitrag handelte es sich weder um bezahlte Werbung noch um eine Eigenanzeige, erst recht nicht um Schleichwerbung.

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Ein „Ironman“, der sich vegan ernährt

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online ein Interview mit dem Autor eines Buches zum Thema vegane Ernährung. Überschrift des Beitrages: „Ironman über vegane Ernährung – Ich wollte das Beste aus mir herausholen“. In der Einleitung des Interviews heißt es, dass „achim-achilles.de“ ein Interview mit dem Autor geführt hat. Im Text wird als Fragesteller jedoch die Online-Redaktion des Magazins genannt. Am Ende des Artikels steht der Hinweis, dass achim-achilles.de fünf Bücher des Autors verlose. Ein Leser des Magazins sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für das Buch des „Ironman“. Er vertritt die Meinung, dass vegane Ernährung und ihre Auswirkungen wissenschaftlich nicht belegt seien und die Meinung eines unbekannten und nicht genannten Sportlers in Form eines Interviews zur Begründung herangezogen werde. Nach Auffassung des Justiziariats des Magazins ist die Beschwerde unbegründet. Äußerungen und Einschätzungen eines Interview-Partners müssten wissenschaftlich nicht belegt sein Ein Sportler könne auch seine eigene Meinung kundtun. Zudem dürften die Medien die Veröffentlichung eines neuen Buches zum Anlass für ein Interview nehmen oder Interviews aus nicht periodisch erscheinenden Druckwerken übernehmen. Um Schleichwerbung im Sinne der Ziffer 7 des Pressekodex handele es sich hier in keinem Fall. Eine Aufmerksamkeitssteigerung sei schließlich jeder medialen Berichterstattung eigen.

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Demonstranten als „roten Abschaum“ bezeichnet

In einem kleinen sächsischen Ort soll ein ehemaliges Lehrlingswohnheim zu einem Haus für Asylbewerber umgewandelt werden. Die NPD hat einen Infostand eingerichtet, während die Antifa bzw. eine Antirassistische Initiative eine Demonstration gegen die NPD beantragt hat. Die Mehrheit der Bewohner hat sich im Rahmen einer Unterschriftenaktion gegen die Lösung Asylbewerberheim ausgesprochen. Die örtliche Zeitung kommentiert die angespannte Situation am Ort. Dieser habe ein Problem mit Rechten und Linken, die das Thema Asylbewerber für ihre jeweiligen Zwecke missbrauchen. Der Autor meint, der Wille der Unterzeichner sollte umgesetzt werden, da sonst der „braune und rote Abschaum und der Mob“ auch künftig die Nachrichten im Ort zu diesem brisanten Thema dominieren könnten. Wenn NPD und Antifa etwas für den Ort tun wollten, sollten sie ihm am besten fernbleiben. Die Beschwerdeführerin hat für die Antirassistische Initiative eine Demonstration gegen Rassismus angemeldet. Sie kritisiert einen Verstoß der Zeitung gegen presseethische Grundsätze. Sie selbst und die Antirassistische Initiative würden mit der Formulierung „roter Abschaum“ auf die niedrigste moralische Ebene gestellt. Die Redaktion verwende einen Begriff, der historisch zur Ausgrenzung von Gruppen und Personen aus der Gesellschaft benutzt worden sei. Der Autor des Kommentars stelle NPD und Antirassistische Initiative auf eine Stufe. Sie, die Beschwerdeführerin, beklagt sich auch darüber, dass sie im Kommentar namentlich genannt werde. Der Chefredakteur der Zeitung merkt an, schon mehrmals sei es im Umfeld von NPD-Auftritten und Gegendemonstrationen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Daran habe sich auch die Beschwerdeführerin beteiligt. Der kleine Ort, um den es hier gehe, habe sich bei einer Demonstration praktisch im Ausnahmezustand befunden. Der beanstandete Kommentar müsse vor dem Hintergrund der extrem zugespitzten Diskussion und der befürchteten Ausschreitungen bewertet werden. Der Kommentator sehe die Gefahr, dass die Meinungshoheit rechten und linken Randalierern überlassen werde, die er zuspitzend als „braunen und roten Abschaum“ bezeichne. Damit meine er die oftmals vermummten, gewaltbereiten Randalierer, die sich nicht an die demokratischen Spielregeln hielten. Der Autor, so der Chefredakteur weiter, setze sich mit deren Verhalten in der Sache auseinander, nicht jedoch mit bestimmten Personen, Vereinigungen oder ähnlichem. Der Begriff „Abschaum“ werde seit dem 15. Jahrhundert umgangssprachlich für „schlechte, ausgestoßene Menschen und „Pöbel“ verwendet. Bezeichnenderweise tituliere die Beschwerdeführerin selbst die Bürgerinnen und Bürger von Gemeinden, die sich gegen die Einrichtung von Asylantenheimen aussprechen, in ihrem Blog als „BürgerInnen-Mob, der sich erhebt“. Sollten durch die Kommentierung die Gefühle der Beschwerdeführerin verletzt worden sein, so bitte die Chefredaktion, dies zu entschuldigen.

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Begriff „Sonderveröffentlichung“ nicht eindeutig

Die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim ist Thema in der örtlichen Zeitung, die dazu eine vierseitige Anzeigenstrecke in redaktioneller Aufmachung veröffentlicht. Die Seiten sind überschrieben mit „BUGA 23 – Mannheim verbindet“ sowie dem Hinweis „Sonderveröffentlichung“. Mit der Anzeigenstrecke wirbt die Stadtmarketing GmbH im Hinblick auf einen Volksentscheid über die Gartenschau. Die Werbung ist nicht als solche erkennbar, stellt die Beschwerdeführerin, eine Leserin der Zeitung, fest. Sie sieht einen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Auf Anfrage habe ihr die Zeitung mitgeteilt, dass drei Tage nach dem Erscheinen ein klarstellender Hinweis abgedruckt worden sei, in dem der Verlag auf den Anzeigencharakter der Veröffentlichung hingewiesen habe. Die Beschwerdeführerin sieht außerdem eine Vermischung von Tätigkeiten, da der Verlag der Zeitung an der Stadtmarketing GmbH beteiligt sei. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung ist der Meinung, dass die Sonderveröffentlichung bereits durch ihre optische Gestaltung hinreichend von den redaktionellen Seiten abgegrenzt worden sei. Sie sei für den Durchschnittsleser als werbliche Publikation klar erkennbar. Schon die farbliche Gestaltung – grün statt des sonst in der Zeitung gewohnten Blau – mache den Unterschied deutlich. Außerdem fehle der „komplette Kopf“ der redaktionellen Seiten, nämlich die Seitenangabe, der Hinweis auf die Website etc.

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Redaktion überarbeitet ihre Richtlinien

Vor der Landtagswahl stellt eine Regionalzeitung sieben Stimmkreiskandidaten vor, die sich in einer Stadt des Verbreitungsgebietes um ein Mandat bewerben. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion andere Kandidaten, darunter die der Republikaner, nicht vorgestellt habe. Er habe erfahren, dass die Redaktion nur Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien sowie die erstmals antretenden Gruppierungen präsentiere. Dieses Kriterium ist aus Sicht des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar. Die Grafiken mit den Ergebnissen am Tag nach der Wahl kritisiert er als falsch. Sie erweckten den Eindruck, als hätten die darin nicht erwähnten Parteien weniger Stimmen bekommen als die letztgenannte Partei. Dies sei jedoch nicht korrekt, da er als Kandidat der Republikaner vor einigen der erwähnten Parteien gelegen habe. Der Leseranwalt der Zeitung teilt mit, dass im Vorfeld der Wahl auch die Kandidaten der Republikaner vorgestellt worden seien. Die Zeitung müsse sich deshalb keine Defizite in der Berichterstattung vorwerfen lassen. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Tabellen und Grafiken nennt der Leseranwalt das knappe Zeitfenster, die Möglichkeiten der Technik und den nicht unendlichen Platzumfang, die die Redaktion zwingen, sich auf wesentliche Parteien und Parteikandidaten zu beschränken. Dass es dabei um Fehleinschätzungen wie im Fall des Beschwerdeführers kommen könne, sei nicht auszuschließen. Über die Auswahl nach Wahlchancen lasse sich trefflich diskutieren, doch liege auch die Auswahl im Ermessen der Redaktion. Der Vertreter der Zeitung schließt mit dem Hinweis, dass die Beschwerde für die Redaktion Anlass gewesen sei, ihre internen Richtlinien zur Wahlberichterstattung zu überarbeiten.

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Reisebüro-Inhaber unter Betrugsverdacht

Unter dem Titel „Urlaub endet am Flughafen“ berichtet eine Regionalzeitung über ein Reisebüro, dessen Inhaber Kunden betrogen haben soll. Die Polizei teilt lediglich mit, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Der Artikel ist mit einem Foto des Reisebüros illustriert, das nach Angaben der Redaktion einem Griechen gehört. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass in einem frühen Ermittlungsstadium wie in diesem Fall eine identifizierende Berichterstattung nicht in Ordnung sei. Bislang gebe es lediglich einen Verdacht gegen den Inhaber des Reisebüros. Auch sei der Hinweis auf seine Staatsangehörigkeit nicht erforderlich gewesen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Ziffer 13 des Pressekodex (Unschuldsvermutung) zurück. Im Beitrag werde deutlich, dass lediglich der Verdacht eines Betruges bestehe, der Betroffene aber nicht rechtskräftig verurteilt sei. Der Autor des Artikels habe, da mehrere Strafanzeigen von Geschädigten vorlägen, die Schwere des strafrechtlichen Vorwurfs und das Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung gegeneinander abgewogen. Er sei letztendlich zu der Überzeugung gelangt, dass das Interesse an der Berichterstattung überwiege. Die griechische Staatsangehörigkeit des Verdächtigen sei erwähnt worden, weil sie wegen der Begleitumstände des Falles von Bedeutung sei. Der Geschäftsmann lebe seit vielen Jahren in Deutschland. Er habe dann aber nach eigenen Angaben einen Landsmann kennengelernt, dem er „aus dem Bauch heraus“ vielleicht mehr vertraut habe, als das bei einer anderen Person der Fall gewesen wäre. Viele der mutmaßlich geschädigten Kunden seien ebenfalls Griechen gewesen. Der Autor habe vor der Veröffentlichung vergeblich versucht, mit dem Verdächtigen in Kontakt zu treten. Erst nach Erscheinen des Artikels habe sich der Mann bei ihm gemeldet. Das folgende Gespräch sei höflich und respektvoll gewesen. Auf der Basis dieses Treffens und des Gesprächsinhalts sei dann ein weiterer Artikel erschienen, den er – der stellvertretende Chefredakteur – seiner Stellungnahme beifüge.

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Minister-Aussagen ins Gegenteil verkehrt

Eine Wirtschaftszeitung berichtet über die ablehnende Haltung der rot-grünen Landesregierung beim Thema Gentechnik. Sie schreibt über den dortigen Umweltminister: „(…) ist sich der Kluft zwischen dem Wunsch der Gentechnikgegner und der Wirklichkeit des Grundgesetzes wohl bewusst. Er will nicht sagen, dass es künftig keine Förderung mehr für die Gentechnik gibt, wie die Koalitionäre eigentlich festlegten. `Die Forschungsfreiheit gilt´, bekräftigt er. (…) hält sogar Freisetzungsversuche gentechnisch veränderter Pflanzen für richtig – auch wenn solche Felder in Deutschland immer wieder zerstört wurden.“ Der Pressesprecher des Ministeriums ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Nach seiner Auffassung entspricht die Berichterstattung nicht den Ansprüchen an eine sorgfältige Recherche zu politischen Aussagen. Der Text gebe eine Äußerung des Ministers falsch wieder. Richtig sei, dass dieser Freisetzungsversuche ablehne. Er habe sich stets so geäußert. Diese Position sei zudem im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen festgeschrieben. Auch im übrigen Text des Artikels werde mehrfach deutlich ausgeführt, dass der Umweltminister Freisetzungsversuche ablehne. Gleichwohl berufe sich die Autorin auf eine im Mail- und SMS-Verkehr verkürzte Antwort des Ministers im Zusammenhang mit der Autorisierung des Textes. Diese habe sie offenbar falsch verstanden und so die Aussagen in das inhaltlich exakte Gegenteil verkehrt. Alle Versuche, sich mit der Autorin auf eine Richtigstellung zu einigen, seien gescheitert. Eine Gegendarstellung sei von der Redaktion abgelehnt worden. Die Rechtsabteilung des Verlages weist den Vorwurf zurück. Im Mail- und SMS-Verkehr zwischen der Autorin und dem Minister seien Missverständnisse aufgetreten. So habe der Minister geschrieben: „Freisetzungsversuche lehne ich“. Die Redakteurin habe zurückgemailt: „Es muss wohl heißen: ´Freisetzungsversuche lehne ich ab´“. Antwort des Ministers: „Nein, Freisetzungsversuche ist m. E. richtig“. Dies - so die Rechtsvertretung – habe nur dahingehend verstanden werden können, dass Freisetzungsversuche aus Sicht des Umweltministers rechtmäßig seien. Der Minister habe das Angebot, in einem Leserbrief die nach seiner Meinung fehlerhafte Darstellung zu korrigieren, ausgeschlagen. Eine dann folgende Gegendarstellung sei aus formalen Gründen abgelehnt worden.

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