Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Eins-zu-Eins-Wiedergabe suggeriert

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht mehrere Interviews, denen die Redaktion jeweils als Überschrift ein Zitat der Gesprächspartner voranstellt. Ein Leser stellt in seiner Beschwerde an den Presserat fest, dass in keinem der von ihm vorgelegten Interviews das angegebene Zitat tatsächlich so gesagt worden sei. In einigen Fällen seien die jeweiligen Aussagen nicht einmal durch den Text gedeckt. Die Zitat-Zeichen suggerierten dem Leser jedoch eine Eins-zu-Eins-Wiedergabe einer Äußerung des jeweiligen Gesprächspartners. Die Rechtsabteilung der Zeitung vertritt die Auffassung, dass es sich bei Überschriften aufgrund ihres zusammenfassenden Charakters um teilweise nicht justitiable Aussagen handele. Diesen müsse ein weiterer Deutungsraum zugestanden werden als dem im Text Gesagten. Presserechtlich sei die Angelegenheit geklärt. Auch die presseethischen Vorgaben seien eindeutig. Somit sei die Beschwerde unbegründet. In Ziffer 2 des Pressekodex heiße es, dass zur Veröffentlichung bestimmte Informationen wahrheitsgetreu wiederzugeben seien. In Richtlinie 2.4 sei festgehalten, dass ein Wortlautinterview auf jeden Fall journalistisch korrekt sei, wenn es das Gesagte richtig wiedergebe. Daher irre der Beschwerdeführer, wenn er verlange, dass mit Anführungszeichen gekennzeichnete Aussagen wortwörtlich in dem Interview wiederzufinden sein müssten. Richtlinie 2.4 verlange weder „Wortwörtlichkeit“ noch „Authentizität“ ausdrücklich. Wissenschaftliches Zitieren sei „außen vor“. Es sei dort vielmehr die Rede von „Sinn“ und „wahrheitsgetreu“. Bei der Setzung von Anführungszeichen gehe es vor allem um das Signal, dass der interviewende Journalist „dabei war“ und dass das Zitierte in der Überschrift vom Interviewten stamme.

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Zeitung unterstellt Körpergeruch

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Die Woche im Rückspiegel“. Über einen Stadtrat, der sich für den Erhalt von Weidenbäumen einsetzt und deshalb mehrere Tage lang auf einem Fest unterwegs war, wird die folgende Passage veröffentlicht: „Was uns dabei auffiel: G. G. (die Redaktion nennt den kompletten Namen) hat jeden Tag dasselbe Aktions-T-Shirt getragen. Hoffentlich hat er es wenigstens nachts ausgezogen. Wie gut, dass wir ihm bei seiner schweißtreibenden Unterschriftensammelaktion nicht zu nahegekommen sind. So sind wir an einem Naserümpfen wohl gerade noch einmal vorbeigeschrammt.“ Ein Nutzer des Online-Auftritts sieht eine Herabwürdigung und Ehrverletzung des namentlich genannten Politikers. Der Autor stelle ohne jeglichen Beleg in den Raum, dass der Stadtrat möglicherweise sein T-Shirt nicht gewechselt und daher einen starken Körpergeruch verbreitet habe. Die Chefredaktion stellt fest, dass es sich bei dem kritisierten Beitrag um eine Glosse gehandelt habe. Dem Wesen der Glosse entspreche es, dass der Autor Begebenheiten und Beobachtungen aufgreife und pointiert, humorvoll und durchaus „hyperbolisch“ (auf Deutsch: „Im Ausdruck übertreibend“) formuliere. Dabei mache man auch nicht vor heimischen Kommunalpolitikern halt. Eine Diskreditierung des betroffenen Ratsmitgliedes habe dem Autor ferngelegen.

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Im Bildtext zwei Bücher verwechselt

„Rabbiner lehnt Kompromisse bei Beschneidungen ab“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Nachrichtenagentur die Zusammenfassung eines Gesprächs zum Thema Beschneidung. Hintergrund ist das Kölner Beschneidungsurteil. Der Rabbiner, mit dem die Agentur gesprochen hat, will Jungen trotz einer Strafanzeige auch künftig ohne Betäubung beschneiden. Zwei Stunden nach dem Textbeitrag veröffentlicht die Agentur ein Bild unter der Überschrift „Brit Mila – jüdische Beschneidung“. Der Bildtext lautet: „Beschneidungsbesteck, ein Messer und ein Vorhautschutz, liegen am (…) in den Räumen der israelitischen Kultusgemeinde in (…) auf einem hebräischen Alten Testament.“ Ein Leser des Agenturbeitrages kritisiert einen Fehler im Bildtext. Auf dem Bild sei eindeutig ein jüdisches Gebetbuch zu erkennen. Trotzdem sei es von der Redaktion als hebräisches Altes Testament bezeichnet worden. Im Text werde dem Rabbiner unterstellt, er sei gegen jegliche Betäubung bei der Beschneidung. Damit verunglimpfe die Agentur das Judentum. Die Rechtsabteilung der Agentur weist die Unterstellung zurück, das Judentum zu verunglimpfen. Im Text werde nicht behauptet, der Rabbiner sei gegen jegliche Betäubung. Es werde gesagt, dass er an seiner bisherigen Praxis festhalten wolle, Kleinkinder (nicht ältere Kinder) ohne Betäubung zu beschneiden. Es gehe also um keine grundsätzliche Ablehnung der Betäubung. Im Text stehe auch diese Passage: „(…) führt nach eigenen Angaben bis zu 30 Beschneidungen im Jahr an Kleinkindern durch und zieht auf Wunsch auch einen Arzt hinzu.“ Zum Foto: Hier gibt die Rechtsabteilung dem Beschwerdeführer Recht. Es handele sich um ein Gebetbuch und nicht um das hebräische Alte Testament“. Die Agentur habe den Fehler umgehend korrigiert.

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„Diese Darstellung geht zu weit“

Auf der Titelseite einer satirischen Zeitschrift ist ein Bild von Bundeskanzlerin Merkel abgedruckt. Überschrift: „Wann ist der Mensch hirntot?“. Das Foto ist bearbeitet. Merkels Augen sind verdreht, Speichel tropft ihr aus dem Mundwinkel. Dahinter ist die abnehmende Linie eines Elektrokardiogramms (EKG) zu sehen. Ein Leser der Zeitschrift bezeichnet in seiner Beschwerde an den Presserat die Darstellung als ekelerregend. Sie sei mit dem Amt der Bundeskanzlerin nicht vereinbar. Er hält die Pressefreiheit für ein wichtiges Gut. Diese Veröffentlichung gehe aber zu weit. Der Beschwerdeführer sieht den Pressekodex in mehreren Punkten verletzt.

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Suizid unter einer Straßenbahn

Ein Mann (49) lässt sich in Suizid-Absicht von einer Straßenbahn überfahren. Sein Kopf wird dabei abgetrennt und liegt neben den Gleisen. Die örtliche Zeitung berichtet über das tragische Geschehen. Sie zitiert einen Hauptkommissar. Danach habe sich der Mann unter das vierte Drehgestell der Straßenbahn gelegt. Beim Anfahren sei der Kopf abgetrennt worden. Ein Leser der Zeitung sieht die gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötungen verletzt. Bei Suizid sei öffentliches Interesse nicht berührt. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Redaktion verzichte üblicherweise auf die Berichterstattung über Selbsttötungen, es sei denn, dass sie sich in der Öffentlichkeit abspielten oder Dritte zu Schaden kämen. Im vorliegenden Fall jedoch sei das Ereignis in aller Öffentlichkeit an einer viel frequentierten Straßenbahnhaltestelle in einem belebten Stadtteil von vielen Menschen beobachtet worden. Danach hätten umfangreiche Bergungsarbeiten begonnen. Der Vorfall habe auch weithin spürbare Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr gehabt. Vor diesem Hintergrund habe sich die Redaktion zur Berichterstattung entschlossen. Diese sei nicht identifizierend gewesen. Die Zeitung habe auch nicht über ein mögliches Motiv des Mannes spekuliert, sondern sich auf die Wiedergabe einer Aussage der Polizei beschränkt. Einen vergleichbaren Fall habe es in der Stadt noch nicht gegeben.

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Persönlichkeitsrechte über den Tod hinaus

Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Die Geheimnisse meines toten Nachbarn“. Es geht um Vorkommnisse bei der Entrümpelung einer Wohnung, in der der Nachbar des Autors gelebt hatte. Mit 66 Jahren sei der Mann, dessen Name genannt wird, an einem Herzinfarkt gestorben. Er sei Elektromeister von Beruf, aber seit vielen Jahren arbeitslos gewesen. In einem Haus an einem Flussufer habe der Nachbar allein auf 170 Quadratmeter gewohnt. Ein Zimmer habe er an eine Studentin vermietet. Der Autor beschreibt seinen früheren Nachbarn als unsympathisch und mürrisch. Dieser habe immer nur Streit gesucht. Der Nachlassverwalter habe den Eigentümern des Hauses die Räumung der Wohnung überantwortet. Darin habe man muffig riechende Wäsche, Modellbauten von Panzern, U-Booten und Kampfhubschraubern, eine entkernte Fliegerbombe, Pornofilme, Sprengstoff und Bücher über Krieg und Kriegsgeräte gefunden. Auf der Kamera des Toten seien Nacktaufnahmen von ihm im Zimmer und im Bett der Untermieterin gespeichert gewesen. Der Autor nennt unappetitliche Details und spricht von Fotos, die vor nichts haltmachten und die keine Scham und keinen Respekt erkennen ließen. Der Computer des Toten habe Nacktaufnahmen enthalten, die an öffentlichen Orten entstanden seien. Eine der Aufnahmen, die den Nachbarn nackt von hinten im Halbprofil an der Eingangstür zum Haus zeigten, ist dem Artikel beigestellt. Das Gesicht des Mannes ist nicht zu erkennen. Der Autor des Beitrages berichtet auch, in der Wohnung habe ein Bild der Eltern des Toten gehangen. Es sei auf dem Pergament einer Thora-Rolle gemalt worden. Der Vater des Toten sei im Krieg als Kriegswerkmeister in der Ukraine eingesetzt gewesen. Ein Leser der Zeitung sieht die Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 des Pressekodex des Verstorbenen verletzt. Die Berichterstattung stehe in keinem Verhältnis zu den Funden in der Wohnung. Die Privatsphäre sei auch nach dem Tod zu wahren. Dies nicht zu tun, weil mit einer juristischen Gegenwehr durch Angehörige nicht zu rechnen sei, hält der Beschwerdeführer für besonders verwerflich. Ein leitender Redakteur der Zeitung berichtet in seiner Stellungnahme von mehreren Diskussionen innerhalb der Redaktion im Vorfeld der Veröffentlichung. Den Toten zu anonymisieren, sei nicht erforderlich gewesen, da er so oder so leicht zu identifizieren gewesen sei. Die Umstände des Ereignisses – Funde in der Wohnung, Dateien mit kinderpornografischen und exhibitionistischen Inhalten auf der Speicherkarte der Kamera etc. – erweckten ein hohes öffentliches Interesse. Das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen trete hier hinter das Interesse an einer genauen, sachgemäßen und daher auch identifizierenden Darstellung zurück. Auch der Autor äußert sich zu der Beschwerde. Der Name des Verstorbenen sei ein Jahr zuvor schon von anderen Medien genannt worden. In einer öffentlichen Ausstellung des jüdisch-galizischen Museums in Krakau vom Oktober 2012 über die geschändeten Thora-Rollen würden ebenfalls der vollständige Name des Vaters des Toten und sein genauer Wohnort genannt.

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Video durfte nicht erneut gezeigt werden

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Aktenzeichen XY sendet 30-Minuten-Special“ über einen Entführungsfall mit tödlichem Ende. Die Familie der entführten Frau habe an den oder die Täter mit einem Video appelliert, die Entführte freizulassen. Deren Ehemann nahm sich das Leben, nachdem er vom Tod seiner Frau erfahren hatte. Das Video wurde auch in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ gezeigt. Die Zeitung veröffentlicht zwei Videos. Bei dem vom Beschwerdeführer kritisierten Film mit dem Titel „So flehte die Familie der entführten Maria Bögerl damals die Täter an“ handelt es sich um den Appell der Angehörigen an den oder die Täter. Es zeigt den Ehemann und die beiden Kinder der Entführten, wie sie mit schmerzverzerrten Gesichtern und unter Tränen um die Freilassung der Frau flehen. Der Film wurde veröffentlicht, nachdem bekannt geworden war, dass die Frau bereits tot war. Ein weiteres Video, das mit „Die Chronik der Entführung“ betitelt ist, enthält ein Standbild aus dem ersten Film. Darin werden der Tathergang und die Fahndungsmaßnahmen der Polizei beschrieben. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der Artikel verstoße gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte), weil in diesem Zusammenhang noch einmal das Video gezeigt werde, in dem die Familie um das Leben der Ehefrau und Mutter bittet. Dies sei vor allem auch deshalb unzulässig, weil der Vater aus dem Leben geschieden war, nachdem er vom Tod seiner Frau erfahren habe. Aus Sicht der Rechtsabteilung der Zeitung ist der Beitrag schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Familie aus freien Stücken an die Öffentlichkeit gegangen sei, um sich für die entführte Frau und Mutter einzusetzen. Die auf der Hand liegende Einwilligung zur Veröffentlichung sei auch nicht widerrufen worden. Es komme hinzu, dass der dramatische Videoappell zentraler Bestandteil der Entwicklung im Fall Bögerl sei, der bis heute nicht habe aufgeklärt werden können. So wie die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ das Video der Familie zu Fahndungszwecken veröffentlicht habe, habe die Zeitung in ihrer Online-Ausgabe aus gleichem Anlass und mit gleichem Ziel das Video noch einmal zeigen dürfen, ohne dass dabei die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletzt worden wären.

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Zeitung zeigt Arm eines Toten

In der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung wird über einen Verkehrsunfall berichtet. Ein Motorradfahrer war mit einem Bus zusammengestoßen und gestorben. Die Zeitung illustriert den Vorgang mit einer Fotostrecke. Auf einem von sieben Bildern ist ein Arm des Toten zu sehen, der nur unzureichend mit einem Tuch bedeckt ist. Ein Nutzer der Online-Ausgabe hält die Fotostrecke für einen eklatanten Verstoß gegen den Pressekodex. Er konzentriert sich bei seiner Beschwerde auf das Foto, das einen Arm des Verunglückten zeigt. Der Chefredakteur der Zeitung entschuldigt sich für die Veröffentlichung. In dieser Form hätte sein Blatt nicht über den Unfall berichten dürfen. Normalerweise prüfe das Online-Team seiner Zeitung sehr genau, ob Veröffentlichungen sich mit den presseethischen Grundsätzen vereinbaren lassen. Im vorliegenden Fall seien die Fotos „durchgerutscht“. Sie seien sofort gelöscht worden. Der Chefredakteur berichtet, er habe die Redaktion noch einmal eindringlich auf die Einhaltung presseethischer Standards hingewiesen.

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Eine Hochzeit mit Hindernissen

Unter der Überschrift „Liebe Leser“ veröffentlicht die Lokalausgabe einer Regionalzeitung gedruckt und online eine Glosse. Darin geht es um eine Hochzeit mit Hindernissen. Zuerst sei das Hochzeitsauto liegengeblieben, weil kein Benzin im Tank gewesen sei. Dann sei mit dem Wagen eine rote Ampel überfahren worden. Schließlich habe das frischgebackene Ehepaar in seiner Hochzeitsnacht das Zimmer mit anderen Gästen der Familienfeier teilen müssen. Trotz intensiver Vorbereitung der Hochzeit sei so einiges schiefgegangen. Die Zeitung nennt die jungen Eheleute sowie deren Väter mit vollem Namen. Die Hochzeiter beschweren sich beim Presserat. Sie sehen durch die Nennung ihrer Namen und die identifizierende Darstellung der beiden Väter ihre und deren Persönlichkeitsrechte verletzt. Der Chefredakteur der Regionalzeitung, zu der auch die Lokalausgabe gehört, stellt fest, dass der Redaktion ein Fehler unterlaufen sei. Er habe die Beteiligten schriftlich um Entschuldigung gebeten.

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Ermittlungen in Rumänien nicht erwähnt

Online und gedruckt berichtet eine Regionalzeitung über einen jungen Mann, der offenbar ein Handy gestohlen und danach Kosten in Höhe von mehr als 300.000 Euro für die bestohlene Eigentümerin, eine Kirchengemeinde, verursacht hat. Die Zeitung spricht in den Überschriften ihrer Beiträge „vom folgenschweren Handy-Klau“ aus einer Kirche. Der mutmaßliche Dieb wird als „der Rumäne“ und „21-jähriger Rumäne“ bezeichnet. An gleicher Stelle war am Tag davor ein Bericht mit der Überschrift „Tschechischer Drogenhändler narrt deutsche Richter“ erschienen. Darin wurde von einem angeblichen Drogenhändler berichtet, der im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Deutschland Drogen geschmuggelt haben soll. Ein Leser der Zeitung hält beide Veröffentlichungen nicht mit den presseethischen Grundsätzen des Pressekodex vereinbar. Bereits in der Vorprüfung kommt der Presserat zu dem Schluss, dass der Beitrag über den Drogenhändler kein Anlass für eine Beschwerde ist. Hier geht es um Schmuggel im Grenzgebiet. Die Erwähnung der Nationalität des mutmaßlichen Drogenhändlers hat hier einen sachlichen Bezug, wie er in der Richtlinie 12.1 gefordert wird. Die Chefredaktion der Zeitung wurde deshalb gebeten, sich in ihrer Stellungnahme auf den Artikel „Handy-Klau“ zu beschränken. Der Chefredakteur beruft sich auch in diesem Fall auf einen Sachzusammenhang zwischen der Tat und der Nationalität des mutmaßlichen Täters. Er ist der Ansicht, dass die steigenden Kriminalitätszahlen im Verbreitungsgebiet der Zeitung (es grenzt an Tschechien und Polen) seit der Grenzöffnung im Rahmen des Schengen-Prozesses den Hinweis auf die Herkunft des mutmaßlichen Diebes rechtfertigen. Der Fall habe für erhebliches Aufsehen gesorgt. Der Täter sei in der Kirchengemeinde mit Foto gesucht worden. Außerdem sei eine internationale Fahndung in Rumänien gelaufen. Die bloße Nennung der Herkunft sei keine Diskriminierung einer ganzen Nation. (2012)

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