Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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7055 Entscheidungen
„Baby wird von einem Ast erschlagen" titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet über einen Sturm in New York, bei dem ein Ast von einem Baum abbrach und eine Mutter mit ihrem Baby traf. Beide wurden verletzt. Die Mutter überlebte, das Baby starb. Beide und auch der trauernde Vater werden mit vollem Namen genannt. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto von Mutter und Kind, das aus einem Internetportal stammt. Ein Nutzer der Ausgabe meint, die identifizierende Berichterstattung über die Familie verstoße gegen deren Persönlichkeitsrechte. Zum Foto meint die Rechtsabteilung der Zeitung, dass die Redaktion es aus dem Internet entnommen habe, sei ein Verstoß gegen den Pressekodex. Indem das Foto von der verletzten Mutter für jedermann sichtbar ins Internet gestellt worden sei, habe man die Persönlichkeitsrechte der Familie nur noch eingeschränkt berücksichtigen müssen. Die Mutter des getöteten Kindes habe sich mit der Einstellung des Fotos in ein öffentlich einsehbares Profil bereits der Persönlichkeitsrechte entledigt. Die Rechtsabteilung bezieht sich zudem auf die Tatsache, dass das Foto eine in New York lebende Frau zeige, die den Nutzern des Internetportals in Deutschland wohl nie begegnen werde. Der mit Ziffer 8 bezweckte Schutz der Privatsphäre sei daher in diesem Fall nur in geringem Maße tangiert. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Wie ich Kirsten Heisig erlebte" über die Berliner Jugendrichterin, die sich das Leben nahm. Im Rahmen dieses Nachrufs veröffentlicht der Autor die SMS, die Frau Heisig zuletzt an eine ihrer Töchter geschrieben haben soll: „Ich mache bei euch alles falsch". Ein Nutzer des Internetauftritts sieht die Persönlichkeitsrechte der verstorbenen Richterin (Autorin des Buches „Das Ende der Geduld“) verletzt. Der SMS-Inhalt könne nur aus den Ermittlungsakten stammen. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Frau Heisig sei eine der profiliertesten Jugendrichterinnen und weit über Fachkreise hinaus bekannt gewesen. Ihr Tod habe die Menschen tief berührt. Allgemein sei nach den Gründen gefragt worden. Ihre letzten Äußerungen – von der Redaktion wiedergegeben – seien Beleg dafür, dass es private Gründe gegeben haben könnte. Hierin eine Missachtung des sozialen Wert- und Achtungsanspruches des Menschen Heisig zu sehen, sei geradezu abwegig. Es liege auch kein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht der Richterin vor. Der Chefredakteur weist auch den Vorwurf zurück, die Redaktion habe auf unlautere Weise Kenntnis vom Inhalt der SMS erhalten. Sie sei vielmehr von dritter Seite über die Suizidgründe informiert worden. Dies sei journalistischer Alltag und nicht zu beanstanden. (2010)
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Eine Regionalzeitung befasst sich in ihrer Online-Ausgabe mit einem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt. Darin geht es um Ungereimtheiten bei der Errichtung eines Konferenzzentrums (WCCB), das die Stadt bei einem Unternehmen in Auftrag gegeben hatte. Die Zeitung veröffentlicht online eine Kopie des Berichts. Darin werden Namen von Mitarbeitern der Stadtverwaltung Bonn genannt und Auszüge aus E-Mails wiedergegeben, die im Zusammenhang mit dem WCCB-Projekt verfasst worden waren. Ein Nutzer der Online-Ausgabe kritisiert einen Verstoß gegen den Datenschutz wegen der Wiedergabe von personenbezogenen Angaben. An deren Veröffentlichung bestehe kein öffentliches Interesse. Der Verlag stellt fest, dass das WCCB-Projekt, das zu 80 Prozent fertig ist, nicht weitergebaut wird, weil sich sowohl der Investor als auch der Generalunternehmer in Insolvenz befänden. Mehrere Personen seien einige Wochen lang in Untersuchungshaft gewesen. Gegen maßgebliche, in das Projekt involvierte Mitarbeiter, darunter auch die frühere Oberbürgermeisterin und der städtische WCCB-Projektleiter, werde offiziell wegen des Verdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall ermittelt. Der fragliche Bericht des Rechnungsprüfungsamtes sei vom Oberbürgermeister an die 80 Stadtverordneten übergeben worden. Die Übergabe sei mit der Bitte um Vertraulichkeit verbunden gewesen. Der Verlag habe den auch ihm vorliegenden Bericht nach reiflicher Überlegung und nach Absprache mit Rechtsberatern komplett ins Netz gestellt. Die Zeitung wende sich mit der Veröffentlichung des vollständigen Berichts gegen das Vorhaben des Bonner Oberbürgermeisters, der Öffentlichkeit nur eine abgespeckte Version zugänglich zu machen. Der Verlag hält es für unzulässig, den Bericht zu verändern. Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch auf den vollständigen Bericht. Die Zeitung teilt mit, dass die Namen der Beteiligten schon vor der Veröffentlichung allseits bekannt gewesen seien. Daher greife Richtlinie 8.1 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte/Nennung von Namen) nicht. Auch Richtlinie 13.1 des Pressekodex sei nicht verletzt. Die Veröffentlichung habe keinen Medienpranger bewirkt. (2010)
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Eine Boulevardzeitung stimmt ihre Leser auf das WM-Viertelfinalspiel Deutschland-Argentinien ein, indem sie auf der Titelseite die Schlagzeile bringt: „Adios, Diego! Dein Messi kriegt heute auf die Fressi!“ Mehrere Leser beschweren sich. Einige sehen in der Schlagzeile einen Gewaltaufruf gegen einen ausländischen Fußballspieler. Die anderen Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass die Aufmachung dem Ansehen Deutschlands und dem der Presse schade. Sie sei eine persönliche Beleidigung eines Argentiniers und lasse jeglichen Respekt vor einem der weltbesten Fußballer vermissen. Was wohl als Scherz gemeint gewesen sei, könne sowohl als sprachlich als auch inhaltlich nur als voll daneben bezeichnet werden. Die Leser sehen die Ziffern 1, 9, 10, 11 und 12 des Pressekodex verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages antwortet auf die Beschwerden mit dem Hinweis, die beanstandete Schlagzeile habe einen satirischen Charakter. Auf dem Fußballplatz habe sich im Lauf der Zeit eine eigene, raue Sprache entwickelt, die durch die Schlagzeile wiedergegeben werde. Fußballer würden auf dem Platz auch sagen: „Die hauen wir weg!“ oder „Die schießen wir ab!“ Dies mit einem Aufruf zur Gewalt gleichzusetzen, sei abwegig. Der argentinische Fußballstar Lionel Messi werde durch die Überschrift nicht in seiner Würde verletzt noch auf sonstige Weise herabgewürdigt. Es handele sich um ein Wortspiel, das für den Durchschnittsleser als solches erkennbar sei. Sinn der Titelzeile sei es, in einem Gleichklang von Seitenhieb und Augenzwinkern die besondere sportliche Rivalität zwischen Deutschland und Argentinien zum Ausdruck zu bringen. (2010)
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Unter der Überschrift „Das Todes-Protokoll“ veröffentlicht eine Boulevardzeitung ein Foto, das mehrere Menschen während der Massenpanik bei der Duisburger Loveparade zeigt. Auch die Online-Ausgabe druckt das Bild ab. Einige Personen sind so dargestellt, dass sie zumindest für einen gewissen Nutzerkreis identifizierbar sind. Insgesamt liegen dem Presserat 29 Beschwerden zu diesem Foto vor. Die Beschwerdeführer monieren eine unangemessen sensationelle Darstellung und verweisen auf die Ziffer 11, Richtlinien 11.1 und 11.3 des Pressekodex. Sterbende und leidende Menschen würden gezeigt, ihre Würde herabgesetzt. Dies verletze auch Ziffer 1. Die Bilder dürften auch nicht auf der Titelseite gezeigt werden, da sie dadurch auch kleinen Kindern zugänglich gemacht würden. Die Beschwerdeführer weisen auch auf die Hinterbliebenen hin, die unter Umständen ihre Angehörigen im Leid sähen. Die Rechtsabteilung des Verlags antwortet. Die Tragödie von Duisburg sei einer der schwersten Unglücksfälle dieses Jahrzehnts in Deutschland gewesen. Die Presse habe bei Geschehnissen von besonderem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Die auf dem kritisierten Bild zu sehenden Menschen seien keine sterbenden oder erstickenden Personen. Die Redaktion habe bewusst auf den Abdruck derartiger Fotos verzichtet. Auf den Abbildungen würden Menschen nicht systematisch öffentlich herabgewürdigt. Auch ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte liege nicht vor. Das Titelfoto sei aufgrund der herausragenden Bedeutung presseethisch nicht zu beanstanden. Dies ergebe die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. Diese Abwägung gehe eindeutig zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Schließlich habe die Redaktion darauf geachtet, dass das Titelfoto keine negative Wirkung auf Kinder und Jugendliche habe. Die Darstellung gehe nicht über das erträgliche Maß dessen hinaus, was Kinder in der Öffentlichkeit oder durch das Fernsehen bereits täglich sähen. (2010)
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„Trauerrede für jeden Anlass" titelt ein Satiremagazin in seiner Online-Ausgabe. Hintergrund sind die gefallenen deutschen Soldaten in Afghanistan. Das Magazin zeigt eine Maske, mit der man durch Anklicken von potenziellen Antworten eine Trauerrede erstellen kann. Am Anfang des Beitrags ist ein Foto zu sehen, auf dem Verteidigungsminister zu Guttenberg vor dem Sarg eines getöteten deutschen Soldaten steht. Ein großformatiges Foto dieses Gefallenen ist im Hintergrund deutlich zu erkennen. Ein Pfeil mit der Aufschrift „Auf keinen Fall lachen!“ zeigt auf zu Guttenberg. Ein anderer Pfeil zeigt auf die neben dem Sarg stehenden Soldaten. Seine Aufschrift: „Noch nicht tote Kameraden". Ein weiterer Pfeil zeigt auf den Soldatenhelm, der auf dem Sarg liegt. Seine Aufschrift: „Toter Kamerad“. Aus dem Inhalt der Maske einige Bespiele: „Wir stehen hier voller…" entweder „Schmerz“, „Wu" oder „Bier". Die Auswahl kann durch Anklicken getroffen werden. Ein weiteres Beispiel ist der um eine Zahl zu ergänzende Satz, man habe erst vor einigen Tagen erschüttert Abschied genommen von x „treuen Kameraden", „tapferen Kameraden" oder „etwas zu langsamen Kameraden". In diesem Duktus geht es über mehrere Seiten weiter. Ein Leser des Blattes kritisiert den Beitrag als Verletzung der Ziffer 1 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde). Der Verlust von Menschenleben in Afghanistan sei schon schlimm genug. Die Würde der toten Soldaten müsse geschützt werden. Daher sollte eine solche Satire verboten und gerügt werden. Die Redaktion des Satiremagazins nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner. Sie hatten den Mann, der sich schützend vor eine Gruppe von Kindern gestellt hatte, auf einem S-Bahnsteig in München-Solln totgeschlagen. Der Beitrag ist illustriert mit zwei ungepixelten Fotos der 18- und 19-jährigen Angeklagten. Der Beschwerdeführer – Nutzer des Internetauftritts – sieht durch den ungepixelten Abdruck der Bilder die Persönlichkeitsrechte der Angeklagten verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlags beruft sich auf besondere Umstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex. Der Fall Dominik Brunner habe in besonderer Weise das Interesse der Öffentlichkeit erlangt. Hier sei eine Person zum Opfer geworden, die offenbar die Absicht hatte, anderen, die bedroht gewesen seien, zu helfen. Brunners Tod sei daher besonders tragisch und – verglichen mit der Motivation der Täter – besonders sinnlos gewesen. Artikel und Fotos seien am fünften Prozesstag veröffentlicht worden. Schon am ersten Tag hätten die mutmaßlichen Mörder ein Geständnis abgelegt. Das habe sie zu relativen Personen der Zeitgeschichte gemacht mit der Folge, dass identifizierend über sie berichtet werden durfte. Bei diesem letzten Argument bezieht sich die Rechtsvertretung auf frühere Presseratsentscheidungen. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht nach der Loveparade-Katastrophe von Duisburg immer wieder Fotostrecken, auf denen Menschen in Panik zu sehen sind. Es sind Bilder von abgedeckten Leichen und von Verletzten dabei. Insbesondere die Strecke „Die Bilder des Todesdramas – Panik am Eingang"hat zu Beschwerden geführt. Insgesamt 179 Nutzer des Online-Portals wandten sich an den Presserat. Fast alle Beschwerdeführer kritisieren Fotos, die notdürftig abgedeckte Leichen zeigen. In einigen Fällen sind Details zu erkennen, so etwa eine besonders auffällige Uhr. In anderen Fällen werden Menschen gezeigt, die in Panik sind und nach Luft ringen. Hierin erkennen die Beschwerdeführer Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 11 (Sensationsberichterstattung und Jugendschutz) des Pressekodex. Sie sehen eine unangemessen sensationelle Darstellung sowie einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Einige Beschwerdeführer nennen die Ziffer 9 als Beschwerdegrund, da die Ehre von Menschen verletzt worden sei. Auch einige Bildtexte erzeugen bei Lesern Widerspruch, so etwa diese: „Die Leiche eines jungen Ravers liegt abgedeckt im Müll", „Ein Foto, das Gänsehaut vermittelt – zwei Tote am Haupteingang" oder „Die Hand im Tode verkrampft. Auch dieser Mann wurde bei der Panik vermutlich zerquetscht". Die Rechtsabteilung des Verlags nimmt Stellung. Bei Geschehnissen von besonderem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung habe die Presse eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Dies bedeute für den Journalisten immer wieder eine schwierige Gratwanderung zwischen zurückhaltender und nicht zu drastischer, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. In ihrer umfangreichen Stellungnahme geht die Rechtsvertretung des Verlags auf die einzelnen Vorwürfe der Beschwerdeführer ein. Fazit: Der Zeitung sei presseethisch kein Vorwurf zu machen. Auch beim zentralen Punkt der einzelnen Beschwerden – die Abbildung leidender Menschen – ist sich der Verlag keines Fehlverhaltens bewusst. Auf den Fotos würden die abgebildeten Personen weder systematisch öffentlich herabgewürdigt, noch sei mit ihnen in unerträglicher Weise umgegangen worden. Die Zeitung habe vielmehr ein Ereignis von überragendem öffentlichem Interesse dokumentiert. Dieses sei grausam und in der Betrachtung unangenehm. Jedoch gelte, dass nicht die Darstellung, sondern die ihr zu Grunde liegende Realität brutal sei. In diesem Kontext Angst und Panik darzustellen, kollidiere nicht mit der Menschenwürde der abgebildeten Personen. Die Fotos dokumentierten auf einzigartige Weise die dramatischen Momente, die authentische Informationen über das Geschehen beinhalteten. Keine der dargestellten Personen sei in irgendeiner Weise herabgewürdigt oder aus voyeuristischen Zwecken zum bloßen Objekt degradiert worden. Ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen liege nicht vor. Die Bilder seien aufgrund der herausragenden Bedeutung presseethisch nicht zu beanstanden. Dies ergebe die gemäß Richtlinie 8.1, Absatz 1, Satz 3, vorzunehmende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsinteresse der Betroffenen. (2010)
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Unter der Überschrift „Warum ist der Fahrer einfach losgefahren?" berichtet eine Boulevardzeitung über den tödlichen Unfall eines dreijährigen Kindes. Mit Hilfe einer Zeichnung wird der Moment des Unfalls gezeigt: Der Kopf des Kindes liegt unter einem Reifen des gerade abfahrenden Busses. Drei andere Kinder laufen rufend und winkend hinter dem Fahrzeug her. Der Untertitel der Zeichnung lautet: „Mohammed von Bus überrollt. Warum ist der Fahrer einfach losgefahren? Der Moment des schrecklichen Unfalls, wie ihn der (…)-Zeichner sieht". Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass der Bericht den Eindruck erwecke, dass der Busfahrer den Unfall verschuldet habe. Die Illustration zeige den Moment des Unfalls. Sie sei sensationslüstern und menschenverachtend. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der Bericht den Busfahrer nicht vorverurteile. Auch sei die Illustration nicht sensationell im Sinne der Ziffer 11 des Pressekodex. Mit der als Frage formulierten Überschrift sei keine Schuldzuweisung an den Busfahrer verbunden. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei auch nicht festzustellen, da von einer Herabwürdigung des Opfers zum bloßen Objekt nicht gesprochen werden könne. Die Illustration erscheine auf den ersten Blick als Zeichnung. Der getötete Junge sei auf ihr nicht zu erkennen. (2010)
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht gedruckt und online eine Fotostrecke mit einigen der Opfer der Loveparade-Tragödie von Duisburg. Dargestellt sind die jungen Leute mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen, Alter, häufig auch mit Hinweisen auf ihren Beruf, Wohnort und weiteren Details zu ihrem Leben. Dazu liegen dem Presserat 13 Beschwerden vor. Sie alle richten sich gegen die Darstellung der Opfer in identifizierender Weise. Alle sehen die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen verletzt. Einige der Beschwerden richten sich auch dagegen, dass die Zeitung die Fotos offensichtlich aus Facebook und anderen sozialen Netzwerken herauskopiert hat und dies ohne Einwilligung der Hinterbliebenen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück, gegen presseethische Grundsätze verstoßen zu haben. Zwar hätten die Opfer von Unglücksfällen einen Anspruch auf besonderen Schutz ihres Namens, doch könnten Ausnahmen bei Personen der Zeitgeschichte oder in Fällen mit besonderen Begleitumständen gerechtfertigt sein. Die Tragödie von Duisburg sei jedoch der schwerste und aufsehenerregendste Unglücksfall dieses Jahrzehnts in Deutschland. Dieser sei von besonderem öffentlichem Interesse geprägt. Im vorliegenden Fall seien die Abbildungen der Opfer angemessen und zurückhaltend gestaltet. (2010)
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