Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7053 Entscheidungen

Opfer-Anspruch auf Schutz des Namens

Unter der Überschrift „Loveparade – Die Opfer klagen an" veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Großstadt-Zeitung Fotos, auf denen einige Opfer der Massenpanik von Duisburg zu sehen sind. In fast allen Fällen werden Vorname, abgekürzter Nachname sowie das Alter mitgeteilt. Ein Nutzer der Ausgabe sieht einen Verstoß gegen die Richtlinie 8.1 (Persönlichkeitsrechte, hier Nennung von Namen/Abbildungen) des Pressekodex, da die Opfer mit Namen und Bildern in einer Fotogalerie gezeigt würden. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung antwortet auf die Beschwerde. Die zentrale Frage im Zusammenhang mit der Katastrophe von Duisburg sei gewesen, wie es zu dem Unglück habe kommen können und wer dafür verantwortlich sei. Nach Auffassung der Redaktion sei es geboten, den Opfern, die möglicherweise durch behördliches Fehlverhalten ihr Leben verloren hätten, ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Folgerichtig habe die Zeitung ihren Bericht mit der Überschrift „Loveparade – Die Opfer klagen an“ versehen. Vor der Veröffentlichung hätten die Redakteure die Art ihrer Berichterstattung reiflich überlegt und abgewogen. Letztlich seien sie zu dem Ergebnis gekommen, dass man mit dieser Berichterstattung auch den Opfern gerecht werde und diese dadurch nicht nur eine Zahl in der Todesstatistik seien. Von Sensationsberichterstattung könne keine Rede sein. Zum Schutz der Familienangehörigen habe die Redaktion die Namen der Toten abgekürzt. (2010)

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Der Vergleich mit Winnenden greift nicht

„Wer büßt für ihren Tod?" titelt eine Boulevardzeitung und veröffentlicht mehrere Fotos der Opfer der Duisburger Loveparade-Tragödie. Dargestellt sind die jungen Menschen mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen, Alter, häufig auch mit Hinweisen auf ihren Beruf, Wohnort und kurzen weiteren Details zu ihrem Leben. Die Veröffentlichung zieht fünf Beschwerden nach sich. Alle richten sich gegen die Darstellung der Opfer mit Details, die sie identifizierbar machen. Ihre Persönlichkeitsrechte seien verletzt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung macht besondere Begleitumstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, geltend, die die Berichterstattung in dieser Form rechtfertigten. Im Falle der Opferfotos von Winnenden habe der Presserat die besonderen Begleitumstände anerkannt. Dies müsse auch in diesem Fall gelten. Die Bilder seien weder zur Illustration einer Geschichte noch als sensationelles Element zweckentfremdet. Sie dokumentierten vielmehr in sachlich zurückhaltender Weise das Ausmaß der Tragödie und mache die Leser betroffen. (2010)

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„Ich bin hundert Prozent risikobereit"

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht einen Artikel über den Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller. Am Ende des Beitrags, der zwei Tage nach der Katastrophe von Duisburg erscheint, wird eine Aussage Schallers aus dem Jahr 2009 („Ich bin hundert Prozent risikobereit") wiedergegeben. Dann die redaktionelle Feststellung: „Diesen Wagemut mussten jetzt 19 Menschen mit dem Tod bezahlen“. Eine Leserin der Zeitung ist der Auffassung, dass ein altes Zitat in aktuellem Zusammenhang gesetzt und sinnentfremdet verwendet wird. Die Darstellung sei ehrverletzend und vorverurteilend. Die Chefredaktion stellt fest, dass die Autorin des kritisierten Beitrages an keiner Stelle einen konkreten Verdacht äußert. Wiederholt betone sie, dass die Veröffentlichung ein Hintergrundbericht über die Person Schallers sei. Die Schlussfolgerung am Ende des Beitrages sei so plakativ und losgelöst von dem Veranstalter selbst gezogen worden, dass sie keine Vorverurteilung darstelle. Es handele sich um eine zugegeben zugespitzte Formulierung, die den Zusammenhang zwischen Kommerz und Menschenleben aufzeige. Sie beziehe sich aber nicht auf den Betroffenen persönlich. Insofern liege weder eine unrechtmäßige Verdachtsberichterstattung noch eine Ehrverletzung vor. Gleichwohl sehe man die Lesart der Beschwerdeführerin als ernst zu nehmendes Interpretationsrisiko an. Daher erkläre sich die Redaktion dazu bereit, die letzte Passage aus dem noch abrufbaren Internetangebot der Zeitung zu entfernen. Die Autorin des Artikels teilt in einer separaten Stellungnahme mit, dass sie versucht habe, ein Bild des Loveparade-Veranstalters zu zeichnen. Viele Informationen stammten aus dem Jahr 2009. So auch das zitierte Interview aus einer Wirtschaftszeitung. Aus dem Text gehe eindeutig hervor, dass es sich bei den verwendeten Texten um Archivmaterial handele. Sie habe den Veranstalter nicht beschuldigt oder als Täter bezeichnet. Einzig im letzten Satz nehme sie konkret Bezug auf die Ereignisse von Duisburg. Die Äußerung Schallers, er sei zu hundert Prozent risikobereit und die Neuauflage der Loveparade ein „Himmelfahrtskommando“, lege den Schluss nahe, er könne bewusst Risiken in Kauf genommen haben und so eine Mitverantwortung tragen. (2010)

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Menschen, die um ihr Leben kämpfen

„Der Augenblick, als die Katastrophe begann" – so überschreibt die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke über die Katastrophe von Duisburg im Verlauf der Loveparade. Auf den Fotos sind – teilweise durch einen Kreis hervorgehoben – Menschen zu sehen, die sich während der Massenpanik auf dem Veranstaltungsgelände befanden. Weitere Fotos zeigen, wie Menschen über Zäune klettern. Der Presserat setzt sich mit drei Beschwerden auseinander. Nutzer der Ausgabe beklagen, dass es unerträglich sei, um ihr Leben kämpfende Menschen darzustellen. Diese hätten genug Schreckliches erlitten und müssten nicht durch die Darstellung ihres Leides erneut daran erinnert werden. Die Beschwerdeführer stellen vor allem Verstöße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 1 (Menschenwürde) des Pressekodex fest. Sie beanstanden die Erkennbarkeit der Menschen und vermuten die Verletzung der Menschenwürde der Abgebildeten, insbesondere jener im Todeskampf. Die Fotostrecke wird als sensationslüstern und ohne jeglichen Respekt vor den Opfern der Tragödie angesehen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist – wie in anderen ähnlich gelagerten Fällen – auf die umfassende Chronistenpflicht der Presse hin. Sie verweist im Fall Duisburg auf ein Ereignis von besonderer zeitgeschichtlicher Bedeutung. Auch hier stellt der Verlag fest, dass die abgebildeten Personen nicht systematisch öffentlich herabgewürdigt würden. Die Aufnahmen dokumentierten einen dramatischen Moment, der authentische Informationen über ein Ereignis enthalte. Auch ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten liege nicht vor. In diesem Fall habe das öffentliche Informationsinteresse diese Rechte überwogen. (2010)

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Das Sterben einer jungen Frau geschildert

„Anna (25) stirbt vier Tage nach der Parade in Klinik" - so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Beitrag über das 21. Opfer der Duisburger Loveparade-Katastrophe. Es handelt sich um Anna K. aus Heiligenhaus in NRW. Die Zeitung schreibt weiter, dass die Mutter eines Vierjährigen mit ihrem Lebensgefährten zur Loveparade gefahren sei. Freunde werden zitiert, die berichten, die Frau sei kein Raver-Fan gewesen, doch habe sie sich auf die Party gefreut. Ein Arzt wird zitiert, wie Menschen, die unter anderen fallenden Menschen liegen, zu Tode kommen: „Dabei wurde die Atmung minutenlang unterbrochen. Ihr Hirn bekam zu wenig Sauerstoff. Außerdem hatte sie schlimme Organverletzungen." Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto, das Anna K. ungepixelt zeigt, sowie Fotos weiterer Opfer und anderer Szenen von der Massenpanik. Ein Nutzer des Online-Auftritts kritisiert, dass unter dem Deckmantel der Anteilnahme die Persönlichkeitsrechte der Panik-Opfer verletzt worden seien. Ihre Bilder seien ungefragt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Zudem seien die Fotos der Opfer vermutlich aus Internetplattformen wie Facebook und StudiVZ „zusammengeklaut“ worden. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht keinen presseethischen Verstoß durch die Veröffentlichung der Fotos der Opfer. Zwar hätten die Opfer von Unglücksfällen einen Anspruch auf besonderen Schutz ihres Namens. Eine Ausnahme könne jedoch bei Personen der Zeitgeschichte oder bei besonderen Begleitumständen gerechtfertigt sein. Ein solcher besonderer Begleitumstand sei im vorliegenden Fall eindeutig gegeben. Die Fotos seien angemessen und zurückhaltend gestaltet. Dies gelte sowohl für die gedruckte Ausgabe als auch für den Online-Auftritt. Die kritisierten Fotos dokumentierten vielmehr in sachlich zurückhaltender Weise die Katastrophe. (2010)

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Furchtbare Realität kann gezeigt werden

„Diese verfluchte Todes-Treppe" – damit überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke, auf der insbesondere die Szenerie um die schmale Nottreppe auf dem Areal der Duisburger Loveparade zu erkennen ist. Einige der Opfer, die sich gerade in höchster Not retten oder gerettet werden, werden gezeigt. Vor allem die Rettung einer Frau wird minutiös dargestellt. Ihr Gesicht ist lediglich auf einem der sieben Fotos gepixelt. Der Beschwerdeführer – ein Nutzer des Internetportals – sieht Menschen, die um ihr Leben kämpfen, zur Schau gestellt und damit in ihrer Menschenwürde verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Veröffentlichung dokumentiere ein Ereignis von überragendem öffentlichem Interesse. Dies sei grausam, doch gelte, dass nicht die Darstellung, sondern die ihr zugrunde liegende Realität brutal sei. Auf den Fotos würden die abgebildeten Personen weder systematisch öffentlich herabgewürdigt noch gehe die Zeitung mit ihnen in unerträglicher Weise um. Die Fotostrecke gebe mit Hilfe zahlreicher Aufnahmen lediglich wahrheitsgetreu die Situation vor Ort wieder. Es werde gezeigt, inwiefern eine kleine, unscheinbare Treppe zum einzigen Ausweg und zur schrecklichen Todesfalle zugleich für viele Menschen geworden sei. (2010)

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Täter von München als „Mörder" bezeichnet

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozessauftakt gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner, der an einer Münchner S-Bahn-Station von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt worden war. In der Überschrift und im Text ist von „Mördern" die Rede. Der Beschwerdeführer – ein Nutzer des Internetportals – hält die Bezeichnung „Mörder“ für eine Vorverurteilung nach Ziffer 13 des Pressekodex. Dem widerspricht die Rechtsabteilung der Zeitung. Der Pressekodex sei nicht verletzt worden; die Berichterstattung sei frei von Vorurteilen. Nach Richtlinie 13.1 dürfe die Presse eine Person als Täter bezeichnen, wenn diese die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. Dominik Brunner sei von den Tätern auf dem S-Bahnsteig in München-Solln zusammengeschlagen und tödlich verletzt worden. Außerdem sei die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich seien. Das Landgericht München werde zwar erst demnächst entscheiden, ob es sich bei der Tat zumindest in einem Fall um Mord oder nicht doch um Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge gehandelt habe. Für den Durchschnittsleser, der juristischer Laie sei, gehe es jedoch darum, dass ein Mensch getötet worden sei, gleich auf welche Art und Weise. Der Leser sei mit den Begriffen des Mordes und des Totschlags im juristischen Sinne nicht vertraut. Die Masse der Bevölkerung bringe den Begriff des Mörders mit dem bewusst herbeigeführten oder in Kauf genommenen Tod einer Person in Verbindung. Die Berichterstattung erfolge insgesamt nach den anerkannten Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung. Der Autor habe die vollen Namen der Täter nicht genannt und auch sonst auf eine identifizierbare Berichterstattung verzichtet. (2010)

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Der „Wunderheiler" steht noch am Anfang

Im Magazin einer überregionalen Zeitung erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „Der Wunderheiler“. Der leitende Wissenschaftsredakteur beschäftigt sich darin mit einem Professor und einer von diesem entwickelten Salbe. Mit deren Hilfe sollen Haut- und Knochenverletzungen geheilt worden sein. Beispiele werden genannt. Am Ende des Artikels steht diese Passage: „Früher hätte man diesen Mann einen Wunderheiler genannt: Augustinus Bader, Professor für Zelltechnologie, ist gerade dabei, die Medizin zu revolutionieren.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert eine unangemessen sensationelle Darstellung im Sinne der Ziffer 14 des Pressekodex. Als Beleg dafür nennt er einen Artikel aus dem „Laborjournal“, in dem der Professor und der Autor der Veröffentlichung heftig kritisiert werden. Der „Laborjournal“-Autor teilt mit, der Zeitungsbericht enthalte falsche und fragwürdige Darstellungen. Dies hätten Recherchen – unter anderem bei dem Professor selbst – ergeben. Der Autor des Magazin-Beitrages habe sich auf Rückrufbitten nicht gemeldet. Dieser teilt mit, dass er in dem Artikel wiederholt schreibe, dass die Therapie zwar vielversprechend klinge und der Professor durchaus spektakuläre Einzelergebnisse vorzuweisen habe, aber dennoch ziemlich am Anfang stehe. Er schreibe beispielsweise: „Kann man wirklich von einem Wunder sprechen?“ Weiterhin gebe er Zweifel wieder, die der Professor selbst geäußert habe. (2010)

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Wiedergegebene Fakten doppelt recherchiert

Unter der Überschrift „Gerichtsvollzieher wirft diese junge Mutter aus Wohnung" (Unterzeile: „Weil die ARGE ein halbes Jahr keine Miete zahlte") berichtet eine Boulevardzeitung über eine allein erziehende Mutter, deren Wohnung wegen Mietrückstand zwangsgeräumt wurde. Die Betroffene gibt – wie im Beitrag dargestellt – der ARGE Arbeit und Grundsicherung die Schuld für ihre Situation, da diese ein halbes Jahr lang die Miete nicht überwiesen habe. Deren stellvertretende Geschäftsführerin wird am Ende des Artikels mit der Feststellung zitiert, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass die Schuld bei der ARGE liege. Man werde den Fall prüfen. Sie tritt in diesem Fall als Beschwerdeführerin auf und kritisiert die oben zitierte Unterzeile. Sie sei falsch. Man habe der Redakteurin der Zeitung den Sachverhalt anders erläutert. Sie habe diesen nicht richtig wiedergegeben. Auch das am Ende des Artikels verwendete Zitat sei so nicht gefallen. Vielmehr habe die stellvertretende ARGE-Geschäftsführerin gesagt, dass nach Prüfung des Vorgangs kein schuldhaftes Verhalten der ARGE festgestellt worden sei. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält daran fest, dass die in der Unterzeile enthaltene Information, die ARGE habe ein halbes Jahr lang die Miete nicht überwiesen, der Redakteurin so von der Mieterin mitgeteilt worden sei. Darauf habe sie sich allerdings nicht verlassen, sondern beim Vermieter nachgefragt, worauf hin ihr der Sachverhalt mündlich bestätigt worden sei. Somit sei sie den Anforderungen der Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) nachgekommen. Auch sei das Zitat nicht falsch wiedergegeben worden. (2010)

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Einer Lehrerin despotisches Verhalten bescheinigt

Eine Regionalzeitung berichtet in der gedruckten Ausgabe und online unter der Überschrift „Mobbing an der (…)-Schule" über Vorwürfe, denen sich eine Mathematiklehrerin ausgesetzt sieht. Hinter den Vorwürfen stehe eine Elterninitiative. Ein Beauftragter des zuständigen Kultusministeriums sei mit dem Fall befasst. Die Redaktion berichtet, dass sie viele Stellungnahmen von Schülern und Eltern erreicht hätten. Der Lehrerin werde ein despotisches Verhalten bescheinigt. Es gebe auch Stellungnahmen, die die Lehrerin in Schutz nähmen. Die Zeitung kommentiert. Sie fordert, das Schulamt müsse den Fall ernst nehmen. Sie warnt aber auch vor Vorverurteilung. Die betroffene Lehrerin sieht Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Die Überschrift des Artikels enthält nach ihrer Auffassung einen nicht bestätigten Vorwurf. Ein Fragezeichen wäre erforderlich gewesen. Sie wirft der Redaktion unzureichende Recherche vor. Ihre eigenen Nachforschungen hätten ergeben, dass sich der im Artikel erwähnte „große Block“ auf die Dienstaufsichtsbeschwerden aller Schulen bezogen habe. Ihre Schule sei lediglich von drei Beschwerden betroffen. Zum Kommentar meint die Lehrerin, hier wäre eine kritische Recherche bei der Schülermitverantwortung, beim Elternbeirat etc. erforderlich gewesen. Dies seien die ersten Ansprechpartner. Stattdessen werde im Kommentar das Eingreifen des Schulamts gefordert. Insgesamt hält die Frau die Berichterstattung für rufschädigend. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet, zu Beginn des ganzen Vorgangs habe die Elterninitiative zu einem Pressegespräch eingeladen. Ergebnis: Der bearbeitende Redakteur habe das Gespräch mit der Schule gesucht. Ihm sei bedeutet worden, dass weder der Schulleiter noch die betreffende Lehrerin sich zu den Vorwürfen äußern wollten. Den Vorwurf mangelnder Recherche weist die Zeitung zurück. Die Zeitung habe mit dem Beauftragten des Ministeriums gesprochen und nach der Zahl der Beschwerden gefragt. Der habe darauf keine Antwort geben wollen, doch pauschal mitgeteilt, er habe einen großen Block zu bearbeiten. So habe es der Redakteur geschrieben. Dabei sei nicht zum Ausdruck gekommen, dass sich diese Aussage auf alle Schulen beziehe. Die Redaktion habe beide Seiten zu Wort kommen lassen, sodass der Vorwurf von Einseitigkeit und mangelnder Recherche nicht zutreffen könne. (2010)

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