Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Winnenden nicht mit Duisburg gleichzusetzen

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Die Geschichten der Toten“ einen Beitrag über einige der Loveparade-Besucher, die bei der Massenpanik in Duisburg ums Leben kamen. Es werden jeweils Vorname, abgekürzter Nachname und Alter genannt. Die Zeitung berichtet auch Details aus dem Leben der Opfer und zeigt Porträtfotos der Getöteten. Die bildliche Darstellung veranlasst einen Leser des Blattes zur Beschwerde wegen Verstößen gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Rechtsabteilung des Verlages erkennt in der Veröffentlichung der Fotos keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Sie sieht in diesem Fall die besonderen Begleitumstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, als gegeben an und beruft sich auf die Spruchpraxis des Presserats bei Beschwerdeverfahren im Fall Winnenden. Damals waren die besonderen Begleitumstände anerkannt worden. (2010)

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„Eine völlig irrelevante Beschreibung"

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Todesopfer der Loveparade“ die Geschichte zweier junger Menschen aus dem Verbreitungsgebiet. Sie werden mit Vornamen und abgekürztem Familiennamen genannt. Ihr Wohnort sowie weitere Details aus ihrem Leben, wie Ausbildungsplatz und Schulbildung werden veröffentlicht. Es wird beschrieben, wie der 18-jährige Dennis zur Loveparade gefahren ist und die Familie seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm hatte. Polizisten hätten der alleinerziehenden Mutter am Sonntagnachmittag die Nachricht überbracht, dass ihr Sohn ums Leben gekommen sei. Sie habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und stehe unter ärztlicher Betreuung. Eine Personenbeschreibung des Opfers wird wiedergegeben: „Etwa 1,90 Meter groß, kurze dunkelbraune Haare. Keine besonderen Auffälligkeiten. Außer, dass er für sein Alter auffallend schlechte Zähne hat.“ Auch über die 19-jährige Marie-Anjelina wird ausführlich berichtet. Auch hier wurden Details darüber veröffentlicht, wie die Mutter der Verstorbenen auf die schreckliche Nachricht reagiert habe. Eine Leserin der Zeitung moniert eine unsachliche und völlig irrelevante Beschreibung in einigen Teilen der Berichterstattung. Das Detail der schlechten Zähne von Dennis degradiere das Opfer. Der ungewöhnliche Vorname von Marie-Anjelina offenbart bei der Google-Suche auf einfachste Weise deren Identität. Insgesamt scheine es, als sei der psychische Ausnahmezustand der Angehörigen ausgenutzt worden, um die Sensationslust der Leser zu bedienen. Der Chefredakteur berichtet in seiner Reaktion von einem Gespräch mit der Beschwerdeführerin, das erfolglos geblieben sei. Zur Passage über die schlechten Zähne eines der Opfer berichtet er, die Aussage stamme von einem Freund des Toten, der auch so zitiert worden sei. Herabwürdigendes sei dabei nicht zu erkennen. Er weist auch den Vorwurf an die Redaktion zurück, sie habe identifizierend über die Opfer berichtet. Die Beschwerdeführerin informierte den Presserat über das Gespräch mit der Redaktion. Sie habe die Beschwerde nicht zurückgezogen, da sie mit dem Ergebnis des Treffens nicht zufrieden gewesen sei. (2010)

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Gedrucktes Ergebnis macht „fassungslos“

Eine Sonntagszeitung berichtet über die Sendung „Germanys Next Topmodel“. Zum Bericht ist ein Foto gestellt, auf dem zwei Bewerberinnen zu sehen sind, die Bewerbungsformulare in die Kamera halten. Darauf sind persönliche Daten zu erkennen. Ein Leser des Blattes kritisiert, dies verstoße gegen die Persönlichkeitsrechte der Mädchen. Der zuständige Ressortleiter der Zeitung bemerkt, dass tatsächlich auf dem abgedruckten Bild die Namen und Telefonnummern der beiden Bewerberinnen zu erkennen sind. Das Foto sei so von einer Agentur verbreitet worden. Die Crux in diesem Fall sei, dass am Bildschirm die Daten nicht zu erkennen gewesen seien, wohl aber in der gedruckten Zeitung. Der Autor des Beitrages und er – der Ressortleiter – seien nach dem Erscheinen des Artikels „fassungslos“ gewesen. Mehrere Leser hätten auf den Lapsus hingewiesen. Die Zeitung habe Kontakt zu den auf dem Foto abgebildeten jungen Damen aufgenommen und sich entschuldigt. Diese hätten sich weit weniger verärgert gezeigt als etliche Unbeteiligte. Sie hätten auch keine weiteren Schritte in Erwägung gezogen. Der Ressortleiter habe die Sache nunmehr als abgeschlossen betrachtet. (2009)

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Angabe der Adresse war ein Irrtum

Eine Regionalzeitung veröffentlicht den Leserbrief „Schulhof geschlossen - Privileg für eine Minderheit" mit der vollständigen Adresse der Einsenderin. Diese stellt einen Verstoß gegen den Datenschutz fest und sieht presseethische Grundsätze verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung der Adresse um ein Versehen der Redaktion gehandelt habe. Üblicherweise würde Richtlinie 2.6 des Pressekodex von der Redaktion konsequent befolgt. Im Verlauf von fünf Telefongesprächen habe die Redaktion versucht, die Beschwerdeführerin um Entschuldigung zu bitten. Auch der Datenschutzbeauftragte sei eingeschaltet worden. (2010)

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Ex-Bundespräsident übel beleidigt

Zum Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler äußert sich eine Satirezeitschrift in einem Kommentar unter der Überschrift „Warum jetzt?" Köhler wird in dem Beitrag u. a. als „Pottsau" und „Pissflinte" beschimpft. Ein Leser des Blattes sieht in der Veröffentlichung eine Schmähkritik. Horst Köhler werde in übelster Form beleidigt. Die Zeitschrift nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (2010)

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Pfarrer unter dem Verdacht der Untreue

Eine Boulevardzeitung berichtet über den Vorwurf gegen einen Pfarrer, eine Million Euro veruntreut zu haben. Der Mann wird namentlich genannt und mit einem Porträt-Foto präsentiert. Zwei Leser der Zeitung meinen, das Bild des Pfarrers sei urheberrechtswidrig verwendet worden. Seine Veröffentlichung ohne Verfremdung verstoße überdies gegen das Persönlichkeitsrecht des Pfarrers. Außerdem gebe sich der Autor zu Unrecht als Fotograf aus. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei lediglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet gewesen. Die Veröffentlichung stehe mit den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen im Einklang, stellt die Rechtsvertretung der Zeitung fest. An dem Vorgang bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Pfarrer bekleide ein öffentliches Priesteramt, weshalb die Ausnahmevorschrift der Richtlinie 8.1, Absatz 4, anzuwenden sei. Zu den veröffentlichten Bildern erläutert der Verlag, dass das Foto der Kirche vom Redakteur aufgenommen worden sei. Lediglich das Bild des Pfarrers stamme nicht von der Redaktion. Die Beschriftung sei daher nicht korrekt. Dafür entschuldige sich die Zeitung. Der Verlag habe eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die dem Betroffenen zur Last gelegte Straftat der Untreue bzw. Veruntreuung und Unterschlagung stehe auch in dem erforderlichen Zusammenhang mit dem besonderen Amt, das der Pfarrer bekleide. Sollte sich nämlich der Tatverdacht bestätigen, wäre es dem geistlichen Oberhaupt einer kleinen Gemeinde allein aufgrund seiner Stellung als Pfarrer möglich gewesen, das auf seinem Konto sichergestellte Geld in Höhe von rund einer Million Euro zu erlangen. Die Berichterstattung stehe daher im Einklang mit der Richtlinie 8.1, Absatz 5, des Pressekodex und rechtfertige den Vorrang des öffentlichen Informationsinteresses. (2010)

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Pater 33 Jahre nach Missbrauch abberufen

In einer Regionalzeitung erscheint ein Bericht unter der Überschrift „Missbrauchs-Vorwurf gegen Leiter eines Jugendhauses". Dieser – ein Pater - sei des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und darauf hin von seinem Orden abberufen worden. In der Zeitung erinnert sich ein Christian B., der zitiert wird und dessen Namen die Redaktion verfremdet hat. Er schildert ein Geschehen aus dem Jahr 1977. „Christian B." bezeichnet sich selbst als „minder schweren Fall“. Ihm sei allerdings daran gelegen, dass der Pater sich bei ihm entschuldige. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Jugendhauses, in dem der Beschuldigte wohnt. Der Beschwerdeführer, selbst Journalist, meint, die Recherche widerlegen zu können und wirft der Zeitung vor, die Angaben des anonymen Informanten nicht überprüft zu haben. Die Identifizierung des Beschuldigten sei möglich, obwohl die Tat längst verjährt sei. Bei den Anschuldigungen handele es sich um eine Vorverurteilung. Ungeniert spekuliere die Zeitung über weitere, schlimmere Tatbestände. Sie betreibe eine wilde Hetzjagd. Die journalistische Herangehensweise sei unfair, unprofessionell und effektheischend. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass der Fall inzwischen so weit abgeschlossen sei, als der Orden entschieden habe, den Pater nicht mehr zur Beetreuung von Jugendlichen einzusetzen. Der Geistliche habe „solche Spiele“ zugegeben. Es gebe nichts richtig zu stellen. Es habe in der Redaktion eine sorgfältige Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten gegeben. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege eindeutig. (2010)

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Tod Kohls „in allernächster Zukunft"

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht einen Kommentar, in dem sich der Autor sehr kritisch mit der Rolle des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl und seinen Verdiensten um die deutsche Einheit auseinandersetzt. Im Beitrag heißt es: „Dennoch ist es heute Konsens, den Dicken aus der Pfalz als den Vater der deutschen Wiedervereinigung zu sehen. Wenn er, was in allernächster Zeit erwartet wird, stirbt, wird es lange keine Chance mehr geben, dieses Etikett anzuzweifeln". Eine Leserin beschwert sich über diesen Teil des Kommentars. Sie sieht einen Verstoß gegen die Menschenwürde sowie gegen die Persönlichkeitsrechte von Helmut Kohl. Es sei unangemessen, mit dem Tod einer lebenden Person der Zeitgeschichte zu spekulieren. Nach Auffassung des Justitiariats der Zeitung handelt es sich bei Helmut Kohl um eine absolute Person der Zeitgeschichte, an deren Gesundheitszustand ein öffentliches Interesse bestehe. Der Altbundeskanzler selbst habe sich zu seinem Zustand öffentlich geäußert. Der Artikel benenne keine näheren Umstände, sondern deute allenfalls an, dass bald mit dem Tod Kohls zu rechnen sei. Dass ein Mensch sterbe und dass dies bei einem schwer kranken Mann von mittlerweile 80 Jahren eher früher als später der Fall sein werde, entspreche der Lebenserfahrung und statistischer Wahrscheinlichkeit. Den Vorwurf, gegen presseethische Grundsätze verstoßen zu haben, weist das Justitiariat zurück. (2009)

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Einsenderwunsch ist zu respektieren

Ein Leser schickt an die Redaktion einer Regionallzeitung eine Zuschrift zur Veröffentlichung. Im Anschreiben bittet er darum, den Leserbrief unverändert zu bringen. Falls die Redaktion die Zuschrift bearbeiten wolle, so solle sie ihn gar nicht publizieren oder die Änderungen mit ihm absprechen. Die Zeitung druckt das Schreiben in verkürzter Form und ohne Rücksprache ab. Der Leser kritisiert, dass die Zeitung gegen seinen ausdrücklichen Willen den Brief gekürzt und dennoch gebracht habe. Die Redaktionsleiterin teilt mit, dass die Regeln für die Veröffentlichung von Leserbriefen einfach seien und in jeder Leserbriefspalte abgedruckt würden. Dem Beschwerdeführer sei dies bekannt, da er sich häufig mit Leserbriefen zu Wort melde. Dabei bediene er sich einer Sprache, die nicht immer zum Abdruck geeignet sei. Das sei auch diesmal der Grund für die Kürzung gewesen. Bemerkenswert sei, dass der Einsender nicht die inhaltliche Kürzung kritisiere, sondern moniere, dass der Brief gegen seinen ausdrücklichen Willen überhaupt verändert worden sei. (2010)

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Leserbrief und Redaktionsgeheimnis

Der Beschwerdeführer in diesem Fall schreibt einen kritischen Leserbrief an eine Regionalzeitung. Darin äußert er die Vermutung, dass der Artikel „Lokalreporter ausgeschlossen“ von einem Anzeigenkunden „bestellt“ worden sei. Der Leserbrief erscheint nicht, der Anzeigenkunde jedoch wird über den Inhalt der Einsendung informiert. Der Leser beschwert sich darüber, dass es die Zeitung an der erforderlichen Vertraulichkeit habe mangeln lassen. Die Redaktion teilt mit, der Brief sei nicht veröffentlicht worden, weil er falsche Behauptungen enthalte. Der Beschwerdeführer habe den Brief unter seinem Namen eingeschickt, so dass er kein Informant sei, der Schutz beanspruchen könne. Vielmehr sei die Redaktion gehalten, negative Behauptungen über Einzelpersonen in einem Leserbrief vor einer Veröffentlichung zu überprüfen. So verlange es das Landespressegesetz. Die Redaktion habe dem Angegriffenen den Brief ohne Namen und Absender zur Kenntnis gegeben. Sofort habe dieser trotzdem erkannt, wer ihn anschwärzen wolle. (2010)

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