Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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7053 Entscheidungen
Eine Air France-Maschine stürzt auf dem Flug von Rio nach Paris in den Atlantik. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet mit Fotos, Vornamen und abgekürzten Nachnamen sowie zum Teil Kurzvorstellungen über die deutschen Opfer. Ein Nutzer legt Beschwerde ein. Er finde die öffentliche Zurschaustellung und Nennung der Toten der Air-France-Katastrophe abstoßend und respektlos. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung wegen des außerordentlich hohen öffentlichen Informationsbedürfnisses für gerechtfertigt. „In der Regel“ sei die Presse gehalten, eine identifizierende Darstellung der Opfer zu unterlassen. Der Absturz im Atlantik sei jedoch kein Regelfall gewesen. Es habe sich um die schlimmste Flugzeugkatastrophe der jüngsten Vergangenheit gehandelt. 28 der Toten waren Deutsche. Deshalb habe das Unglück für deutsche Leser eine besondere Relevanz gehabt. Alle deutschen Medien hätten über mehrere Tage hinweg über den Absturz, das ungewisse Schicksal der Passagiere und insbesondere über Trauer und Anteilnahme in der deutschen Öffentlichkeit berichtet. Diese besonderen Begleitumstände rechtfertigten die Berichterstattung als eine Ausnahme von der in Ziffer 8.1 des Pressekodex festgehaltenen Regel. (2009)
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In einer Zuckerfabrik bricht ein Feuer aus. Die örtliche Ausgabe der Regionalzeitung berichtet über den Einsatz der Feuerwehr. Ein Foto zeigt zwei Wehrmänner in Unterhosen bei der Dekontamination. Der stellvertretende Ortsbrandmeister sieht in dem Unterhosenbild eine entwürdigende Darstellung. Die beiden Männer seien identifizierbar und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion sich für die Veröffentlichung des Bildes entschieden habe, nachdem die beiden fotografierten Wehrmänner ausdrücklich zugestimmt hätten. Es seien keine anzüglichen Bildmotive zu sehen. Das Bild dokumentiere die Dekontamination, die auch zu einem Feuerwehreinsatz gehöre. Der Autor des Artikels bestätigt diese Aussage. Noch vor dem Fotografieren habe er die beiden Männer gefragt, ob es ihnen recht wäre, wenn er ein Foto in dieser Situation von ihnen machte. Keiner von beiden habe etwas dagegen eingewendet. Nach Eingang der Beschwerde beim Presserat habe er – der Autor – mit dem Beschwerdeführer gesprochen. Dabei habe sich herausgestellt, dass der eigentliche Auslöser für die Beschwerde nicht das Foto, sondern ein eher anzüglicher Kommentar eines Lesers in der Online-Ausgabe gewesen sei. (2009)
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„Ankläger ermittelt gegen Ex-Feuerwehr-Chefs“ titelt eine Regionalzeitung. Gegen zwei frühere Vorsitzende einer Landes-Jugendfeuerwehr wird wegen des Verdachts der Unterschlagung bzw. Untreue ermittelt. Einer der beiden, der in diesem Fall als Beschwerdeführer auftritt, hatte den Vorsitz während der 80er Jahre inne und war danach hauptamtlicher Bildungsreferent bei der Jugendfeuerwehr. Die Zeitung nennt die Namen beider Männer. Der Beschwerdeführer sieht sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Es bestehe kein Interesse der Öffentlichkeit an seinem Namen und seiner Person. Die Redaktion hat nach Auskunft ihres Chefredakteurs im Vorfeld der Berichterstattung über Für und Wider der Namensnennung diskutiert. Sie habe sich dann für die Nennung entschieden, da den Ermittlungen ernstzunehmende Indizien zugrunde lagen. Die Staatsanwaltschaft habe konkrete Angaben gemacht und der Beschwerdeführer sei vom Landesfeuerwehrverband von seinen Aufgaben entbunden worden. Dieser Verband sei so bedeutend, dass im Fall von Unterschlagungsvorwürfen gegen leitende Mitarbeiter berichtet werden müsse. Die Beschuldigten hätten eine so herausgehobene Stellung innegehabt, dass sich eine Namensnennung nicht habe vermeiden lassen. Eine identifizierende Berichterstattung hätte sich in jedem Fall ergeben. Eine Berichterstattung ohne Namensnennung hätte dazu geführt, dass nicht belastete frühere Vorsitzende mit den Vorwürfen in Verbindung gebracht worden wären. Die Redaktion habe bei ihrer Berichterstattung auf eine sachlich-faire Darstellung geachtet. Auf Fotos des Beschwerdeführers sei bewusst verzichtet worden. Er habe auch Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen zu äußern. In Gesprächen mit der Redaktion habe er die Vorwürfe nicht bestritten. Überschrift und Unterzeile ließen keinen Zweifel darüber, dass über Ermittlungen berichtet werde. Somit sei auch eine Vorverurteilung nicht gegeben. (2009)
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In einer überregionalen Zeitung erscheint die Rezension eines Buches, in dem Wolfgang Welsch sein Leben in der DDR und seinen Widerstand gegen das Regime beschreibt. Der Autor der Rezension wird in dem Buch als ehemaliger Präsident des Gesamtdeutschen Instituts erwähnt und deutlich kritisiert. Die Rechtsvertretung des Buchautors beschwert sich beim Presserat darüber, dass der Autor der Rezension über ein Buch schreibe, in dem er selbst erwähnt und kritisiert werde. Er könne deshalb das Buch nicht unbeeinflusst von persönlichen Beweggründen kritisch bewerten. Der Leser werde über diese Konstellation nicht informiert. Das sei ein Verstoß gegen die Präambel und die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex. Laut Geschäftsführung und Justiziariat der Zeitung stützt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf das Argument, dass die Rezension eines Buches nicht von einer Person verfasst werden dürfe, die selbst in dem Buch kritisiert werde. Damit offenbare er ein seltsames Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit. Selbstverständlich müsse es jedermann im Hinblick auf Artikel 5 des Grundgesetzes unbenommen sein, sich publizistisch mit Kritik auseinandersetzen, der er in einem Buch ausgesetzt sei – und zwar auch in Form einer Rezension, bei der es sich um ein Werturteil handele. Schon aus diesem Grund sei ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht ersichtlich. (2009)
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Ein kommunalpolitisches Thema ist Gegenstand der Berichterstattung in einer Lokalzeitung. Ein Bürgermeister sieht sich dem Vorwurf der Unterschlagung ausgesetzt und äußert sich gegenüber der Zeitung. Quelle der Vorwürfe ist die örtliche SPD-Fraktion. Ein Vertreter dieser Fraktion legt Beschwerde gegen die Berichterstattung ein. Er sieht eine falsche und ehrverletzende Darstellung. Es könne keine Rede davon sein, dass seine Fraktion dem Bürgermeister Unterschlagung vorgeworfen habe. Die Zeitung mache sich die falschen Tatsachenbehauptungen zueigen. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass die Aussagen bzw. Vorwürfe, auf die sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen beziehe, in den Berichten jeweils deutlich als Zitate des Bürgermeisters gekennzeichnet seien. Es handele sich nicht um Vorwürfe der Redaktion. Auch die Autorin kommt zu Wort. Sie teilt mit, dass sie ausschließlich den Bürgermeister zitiert habe. Sie mache sich dessen Sicht der Dinge keineswegs zueigen. Es gehe um unterschiedliche Sichtweisen – kreative Kassenführung und Missachtung der Gemeindevertretung von Seiten der SPD und Verleumdung und Unterschlagung von Seiten des Bürgermeisters -, die beide dargestellt worden seien. Der Bürgermeister habe nie gesagt, dass bei der SPD von Unterschlagung oder Verleumdung die Rede sei. Das habe sie aber auch nicht geschrieben. (2009)
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Auf der Internetplattform einer Regionalzeitung sind diverse Forenbeiträge zu lesen, die sich alle mit einem Thema beschäftigen. Es geht um Stellungnahmen zu dem Beitrag „Gelsenkirchen will Parteitag von Pro NRW verhindern“. Ein Leser kritisiert die wiederholte Löschung von Foreneinträgen, die sich auf Artikel zum Thema im weitesten Sinne beziehen. Im vorliegenden Fall seien mehr als 80 Beiträge vom Server genommen worden. Und dies ohne jeden Kommentar. Im Vorgehen der Online-Ausgabe der Zeitung sehe er einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit. Die Freiheit der Presse scheine darin zu bestehen, Meinungen nach Belieben auch im Nachhinein zu unterdrücken. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermag weder einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht noch gegen die Meinungsfreiheit zu erkennen. Den Nutzern würden umfassende Kommentar-Möglichkeiten eröffnet. Allerdings behalte sich die Zeitung auch in ihrer Online-Ausgabe vor, das Portal insgesamt oder Teile davon jederzeit zu beenden. In den Allgemeinen Nutzungsbedingungen sei festgehalten, dass der Nutzer kein Recht auf Veröffentlichung habe. Der kritisierte Beitrag sei von diversen Nutzern kommentiert worden. Leider habe es auch etliche zu beanstandende Kommentare gegeben, die dann gelöscht worden seien. Ein Beispiel von vielen: „Da kann man mal sehen, wo die richtigen Faschisten sitzen. In der CDU, SPD, Grünen und FDP. Immer die gleiche Soße, die andere als ´rechts´ beschimpft, sich selber aber benimmt wie Hitler zu seinen besten Zeiten. Bei solchen Gelegenheiten kann man die Fratze der Linken und Gutmenschen besonders schön sehen“. Angesichts der Vielzahl solcher und noch schlimmerer Kommentare habe man sich entschlossen, die Kommentarfunktion zu diesem Artikel zu deaktivieren. (2009)
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Der mutmaßliche Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist Thema mehrerer Beiträge in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Er wird unter anderem als „NS-Verbrecher“, „Kriegsverbrecher“ und „KZ-Bestie“ bezeichnet. Ein Nutzer des Internet-Auftritts bezeichnet diese Bezeichnungen als vorverurteilend nach Ziffer 13 des Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Veröffentlichungen keineswegs für derart unausgewogen und/oder vorverurteilend, wie der Beschwerdeführer glauben machen wolle. So heiße es in einem Beitrag wörtlich: „John Demjanjuk wird Beihilfe zum Mord an 29.000 Juden vorgeworfen. In München soll ihm bald der Prozess gemacht werden“. Auch in anderen Veröffentlichungen werde deutlich gemacht, dass die Vorwürfe gegen Demjanjuk nicht bewiesen seien. An anderer Stelle ist die Rede von einem „mutmaßlichen Massenmörder und KZ-Aufseher“. In der Gesamtbetrachtung könne also keine Rede davon sein, dass die Online-Ausgabe den mutmaßlichen KZ-Mörder vorverurteile. (2009)
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In einer Boulevardzeitung erscheint ein kurzer Beitrag über das Verhalten der Fans des Handballclubs THW Kiel bei der Einwechslung eines krebskranken Spielers des Hamburger SV. Es wird mitgeteilt, dass die Fanclubs „Zebrasprotten“ und „Schwarz-Weiß“ Wert auf die Feststellung legten, dass sie den kranken Spieler bei seiner Einwechslung mit Applaus gefeiert hätten. Dies habe die Mehrheit der Anhängerschar des THW Kiel allerdings nicht getan, fügt die Redaktion hinzu. Drei Beschwerdeführer bezeichnen die redaktionelle Aussage als falsch. Der Autor des Beitrages wolle gegen den THW Kiel und seine Anhänger Stimmung machen. In der Vortags-Ausgabe sei eine ähnliche Behauptung nach Leserprotest gelöscht worden. Nun sei wieder ein solcher Kommentar gebracht worden. Lesermeinungen dazu würden abgeblockt. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, der Autor des Beitrages sei bei dem fraglichen Spiel anwesend gewesen und habe wahrheitsgemäß berichtet, dass Kieler Fans bei der Einwechslung nicht geklatscht hätten. Nach dem Anruf eines Mitgliedes eines Kieler Fanclubs sei die Nachricht dahingehend korrigiert worden, dass laut eigenen Angaben sehr wohl Kieler Fans applaudiert hätten. Die meisten jedoch – dabei bleibt die Redaktion – hätten keine Hand gerührt. Es könne sein, dass die drei Beschwerdeführer geklatscht hätten. Dies sei jedoch untergegangen. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift „Marktlücke“ über einen Rechtsanwalt, der als „in der Region einziger Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz“ bezeichnet wird. Sein Tätigkeitsbereich wird vorgestellt. Er kommt selbst zu Wort und äußert sich zu seiner Auftragslage. Ein anderes Anwaltsbüro sieht einen Fall von Schleichwerbung. Der Bericht sei außerdem schlecht recherchiert, da sich auch andere Anwälte in der Region mit gewerblichem Rechtsschutz befassten. Der Redaktionsleiter der Zeitung spricht von einem begründeten öffentlichen Interesse an der Berichterstattung. Der im Bericht vorgestellte Anwalt sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung und auch noch darüber hinaus tatsächlich der erste und einzige Fachanwalt für das neue Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes gewesen und besetze damit eine Marktlücke. Der Redaktion hätten entsprechende Aussagen der regionalen IHK und des OLG vorgelegen. Interessant sei der beschriebene Anwalt außerdem gewesen, weil er einen Lehrauftrag einer Fachhochschule für IT-Recht habe und dort Vorlesungen vor nur zwei Studenten halte. Der Redaktionsleiter schließt mit dem Hinweis, dass sich womöglich auch andere Anwälte im Rahmen ihrer Tätigkeit mit dem gewerblichen Rechtsschutz befassten. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe es allerdings niemanden am Ort gegeben, der sich nach einem Lehrgang und einer Prüfung „Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz“ habe nennen dürfen. (2009)
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Unter der Überschrift „Sieben Verletzte bei Brand in Uni – Verpuffung im Chemielabor“ berichtet eine Regionalzeitung in der Druck- und in der Online-Ausgabe über einen Unfall. Zum Beitrag gehören drei Bilder. Zwei davon zeigen das Gebäude, eines einen Verletzten, der gerade auf einer Trage abtransportiert wird. Über dieses Foto beschwert sich ein Leser. Es zeige einen schwer verletzten Doktoranden. Die Abbildung verletze dessen Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Nennung von Namen/Abbildungen). Zudem sieht er bei dieser Art der Berichterstattung die Richtlinie 11.3 tangiert. In dieser ist der Umgang mit Unglücksfällen und Katastrophen geregelt. Der Redaktionsleiter der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Der verletzte Doktorand sei nicht zu identifizieren. Insofern liege auch kein Verstoß gegen Richtlinie 11.3 vor. (2009)
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