Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Funkmast strahlt in Wohnungen

Unter den Überschriften „80 Prozent weniger Strahlung“ und „Strahlen-Qualen“ berichtet eine Regionalzeitung über die Senkung der Strahlenbelastung in einer Wohnung. Diese liegt im Einflussbereich eines Mobilfunkmastes. Die Redaktion berichtet über den Erfolg einer Intervention der Stadt bei den Netzbetreibern. In der Berichterstattung heißt es – einmal im Rahmen des Zitats eines Bürgermeisters, einmal in einer redaktionellen Feststellung – dass in dem fraglichen Haus eine Strahlung von 14 Milliwatt aufgetreten sei, jedoch nur zehn Milliwatt erlaubt seien. Ein Leser der Zeitung teilt mit, dass der Grenzwert von zehn Milliwatt frei erfunden sei. Die Redaktion sei ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen und habe sich zudem die Aussage des zitierten Bürgermeisters zueigen gemacht. Er vermutet einen Zusammenhang zwischen der nach seiner Meinung wahrheitswidrigen Berichterstattung und der Veröffentlichung einer Anzeige, die von der Stadt in Auftrag gegeben worden sei. Der Beschwerdeführer sieht sich selbst als Hausbesitzer in seiner Ehre verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, es sei unbestritten, dass die Strahlung der Mobilfunkantenne durch technische Eingriffe des Betreibers von 14 auf drei Milliwatt reduziert werden konnte. Der im Artikel erwähnte Grenzwert in Milliwatt pro Quadratmeter gebe die so genannte Leistungsflussdichte wieder, das heißt den Wert, der die Strahlenbelastung, bezogen auf die durchstrahlte Fläche, misst. Die Festlegung dieses Grenzwertes, auf den sich die Autorin beziehe, sei eine Besonderheit der Stadt. Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Zeitung den von ihr genannten Grenzwert frei erfunden habe. Tatsache sei, dass in den kritisierten Artikeln der städtische Wert der Leistungsflussdichte mit zehn Milliwatt angegeben worden sei. Korrekt sei der Wert von einem Milliwatt pro Quadratmeter gewesen. Dieser bedauerliche Fehler sei in der Zeitung korrigiert worden. An keiner Stelle, so die Rechtsabteilung, habe die Zeitung die Behauptung aufgestellt, dass der gesetzliche Grenzwert nicht eingehalten worden sei. Den Vorwurf, die Zeitung habe gegen den Trennungsgrundsatz verstoßen, weist die Zeitung entschieden zurück. Die Anzeige der Stadt sei optisch klar abgegrenzt vom redaktionellen Teil und stehe in keinerlei Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Strahlung des Mobilfunkmastes. Auch den Vorwurf der Ehrverletzung weist die Zeitung zurück. Er müsse es als Lokalpolitiker hinnehmen, dass sich die Presse kritisch mit seinen geschäftlichen Aktivitäten als Privatmann auseinandersetzt. (2009)

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Ein Überfall, der keiner war

In der Schweiz sollen drei Männer einer schwangeren brasilianischen Frau Schnittwunden zugefügt haben, worauf sie ihre Zwillinge verloren habe. Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung informiert unter der Überschrift „Brutaler Übergriff auf Schwangere“ über entsprechende Berichte brasilianischer Medien. Ein Nutzer der Online-Ausgabe teilt mit, die Meldung habe sich schon einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als unwahr herausgestellt. Die Frau habe die Tat erfunden und sich die Wunden selbst zugefügt. Schwanger sei sie überhaupt nicht gewesen. Die Zeitung habe trotz seiner Aufforderung keine Berichtigung gebracht. Die Online-Redaktion äußert sich nicht zu der Beschwerde. (2009)

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Persönlichkeitsrechte posthum verletzt

Eine Air France-Maschine stürzt auf dem Flug von Rio nach Paris in den Atlantik. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet mit Fotos, Vornamen und abgekürzten Nachnamen sowie zum Teil Kurzvorstellungen über die deutschen Opfer. Ein Nutzer legt Beschwerde ein. Er finde die öffentliche Zurschaustellung und Nennung der Toten der Air-France-Katastrophe abstoßend und respektlos. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Berichterstattung wegen des außerordentlich hohen öffentlichen Informationsbedürfnisses für gerechtfertigt. „In der Regel“ sei die Presse gehalten, eine identifizierende Darstellung der Opfer zu unterlassen. Der Absturz im Atlantik sei jedoch kein Regelfall gewesen. Es habe sich um die schlimmste Flugzeugkatastrophe der jüngsten Vergangenheit gehandelt. 28 der Toten waren Deutsche. Deshalb habe das Unglück für deutsche Leser eine besondere Relevanz gehabt. Alle deutschen Medien hätten über mehrere Tage hinweg über den Absturz, das ungewisse Schicksal der Passagiere und insbesondere über Trauer und Anteilnahme in der deutschen Öffentlichkeit berichtet. Diese besonderen Begleitumstände rechtfertigten die Berichterstattung als eine Ausnahme von der in Ziffer 8.1 des Pressekodex festgehaltenen Regel. (2009)

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Feuerwehrmänner in Unterhosen

In einer Zuckerfabrik bricht ein Feuer aus. Die örtliche Ausgabe der Regionalzeitung berichtet über den Einsatz der Feuerwehr. Ein Foto zeigt zwei Wehrmänner in Unterhosen bei der Dekontamination. Der stellvertretende Ortsbrandmeister sieht in dem Unterhosenbild eine entwürdigende Darstellung. Die beiden Männer seien identifizierbar und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion sich für die Veröffentlichung des Bildes entschieden habe, nachdem die beiden fotografierten Wehrmänner ausdrücklich zugestimmt hätten. Es seien keine anzüglichen Bildmotive zu sehen. Das Bild dokumentiere die Dekontamination, die auch zu einem Feuerwehreinsatz gehöre. Der Autor des Artikels bestätigt diese Aussage. Noch vor dem Fotografieren habe er die beiden Männer gefragt, ob es ihnen recht wäre, wenn er ein Foto in dieser Situation von ihnen machte. Keiner von beiden habe etwas dagegen eingewendet. Nach Eingang der Beschwerde beim Presserat habe er – der Autor – mit dem Beschwerdeführer gesprochen. Dabei habe sich herausgestellt, dass der eigentliche Auslöser für die Beschwerde nicht das Foto, sondern ein eher anzüglicher Kommentar eines Lesers in der Online-Ausgabe gewesen sei. (2009)

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Namensnennung war nicht gerechtfertigt

„Ankläger ermittelt gegen Ex-Feuerwehr-Chefs“ titelt eine Regionalzeitung. Gegen zwei frühere Vorsitzende einer Landes-Jugendfeuerwehr wird wegen des Verdachts der Unterschlagung bzw. Untreue ermittelt. Einer der beiden, der in diesem Fall als Beschwerdeführer auftritt, hatte den Vorsitz während der 80er Jahre inne und war danach hauptamtlicher Bildungsreferent bei der Jugendfeuerwehr. Die Zeitung nennt die Namen beider Männer. Der Beschwerdeführer sieht sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Es bestehe kein Interesse der Öffentlichkeit an seinem Namen und seiner Person. Die Redaktion hat nach Auskunft ihres Chefredakteurs im Vorfeld der Berichterstattung über Für und Wider der Namensnennung diskutiert. Sie habe sich dann für die Nennung entschieden, da den Ermittlungen ernstzunehmende Indizien zugrunde lagen. Die Staatsanwaltschaft habe konkrete Angaben gemacht und der Beschwerdeführer sei vom Landesfeuerwehrverband von seinen Aufgaben entbunden worden. Dieser Verband sei so bedeutend, dass im Fall von Unterschlagungsvorwürfen gegen leitende Mitarbeiter berichtet werden müsse. Die Beschuldigten hätten eine so herausgehobene Stellung innegehabt, dass sich eine Namensnennung nicht habe vermeiden lassen. Eine identifizierende Berichterstattung hätte sich in jedem Fall ergeben. Eine Berichterstattung ohne Namensnennung hätte dazu geführt, dass nicht belastete frühere Vorsitzende mit den Vorwürfen in Verbindung gebracht worden wären. Die Redaktion habe bei ihrer Berichterstattung auf eine sachlich-faire Darstellung geachtet. Auf Fotos des Beschwerdeführers sei bewusst verzichtet worden. Er habe auch Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen zu äußern. In Gesprächen mit der Redaktion habe er die Vorwürfe nicht bestritten. Überschrift und Unterzeile ließen keinen Zweifel darüber, dass über Ermittlungen berichtet werde. Somit sei auch eine Vorverurteilung nicht gegeben. (2009)

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Redaktion frei in der Wahl ihrer Autoren

In einer überregionalen Zeitung erscheint die Rezension eines Buches, in dem Wolfgang Welsch sein Leben in der DDR und seinen Widerstand gegen das Regime beschreibt. Der Autor der Rezension wird in dem Buch als ehemaliger Präsident des Gesamtdeutschen Instituts erwähnt und deutlich kritisiert. Die Rechtsvertretung des Buchautors beschwert sich beim Presserat darüber, dass der Autor der Rezension über ein Buch schreibe, in dem er selbst erwähnt und kritisiert werde. Er könne deshalb das Buch nicht unbeeinflusst von persönlichen Beweggründen kritisch bewerten. Der Leser werde über diese Konstellation nicht informiert. Das sei ein Verstoß gegen die Präambel und die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex. Laut Geschäftsführung und Justiziariat der Zeitung stützt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf das Argument, dass die Rezension eines Buches nicht von einer Person verfasst werden dürfe, die selbst in dem Buch kritisiert werde. Damit offenbare er ein seltsames Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit. Selbstverständlich müsse es jedermann im Hinblick auf Artikel 5 des Grundgesetzes unbenommen sein, sich publizistisch mit Kritik auseinandersetzen, der er in einem Buch ausgesetzt sei – und zwar auch in Form einer Rezension, bei der es sich um ein Werturteil handele. Schon aus diesem Grund sei ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht ersichtlich. (2009)

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Vorwurf der Unterschlagung erhoben?

Ein kommunalpolitisches Thema ist Gegenstand der Berichterstattung in einer Lokalzeitung. Ein Bürgermeister sieht sich dem Vorwurf der Unterschlagung ausgesetzt und äußert sich gegenüber der Zeitung. Quelle der Vorwürfe ist die örtliche SPD-Fraktion. Ein Vertreter dieser Fraktion legt Beschwerde gegen die Berichterstattung ein. Er sieht eine falsche und ehrverletzende Darstellung. Es könne keine Rede davon sein, dass seine Fraktion dem Bürgermeister Unterschlagung vorgeworfen habe. Die Zeitung mache sich die falschen Tatsachenbehauptungen zueigen. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass die Aussagen bzw. Vorwürfe, auf die sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen beziehe, in den Berichten jeweils deutlich als Zitate des Bürgermeisters gekennzeichnet seien. Es handele sich nicht um Vorwürfe der Redaktion. Auch die Autorin kommt zu Wort. Sie teilt mit, dass sie ausschließlich den Bürgermeister zitiert habe. Sie mache sich dessen Sicht der Dinge keineswegs zueigen. Es gehe um unterschiedliche Sichtweisen – kreative Kassenführung und Missachtung der Gemeindevertretung von Seiten der SPD und Verleumdung und Unterschlagung von Seiten des Bürgermeisters -, die beide dargestellt worden seien. Der Bürgermeister habe nie gesagt, dass bei der SPD von Unterschlagung oder Verleumdung die Rede sei. Das habe sie aber auch nicht geschrieben. (2009)

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Vorwurf: Meinungen werden unterdrückt

Auf der Internetplattform einer Regionalzeitung sind diverse Forenbeiträge zu lesen, die sich alle mit einem Thema beschäftigen. Es geht um Stellungnahmen zu dem Beitrag „Gelsenkirchen will Parteitag von Pro NRW verhindern“. Ein Leser kritisiert die wiederholte Löschung von Foreneinträgen, die sich auf Artikel zum Thema im weitesten Sinne beziehen. Im vorliegenden Fall seien mehr als 80 Beiträge vom Server genommen worden. Und dies ohne jeden Kommentar. Im Vorgehen der Online-Ausgabe der Zeitung sehe er einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit. Die Freiheit der Presse scheine darin zu bestehen, Meinungen nach Belieben auch im Nachhinein zu unterdrücken. Die Rechtsabteilung der Zeitung vermag weder einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht noch gegen die Meinungsfreiheit zu erkennen. Den Nutzern würden umfassende Kommentar-Möglichkeiten eröffnet. Allerdings behalte sich die Zeitung auch in ihrer Online-Ausgabe vor, das Portal insgesamt oder Teile davon jederzeit zu beenden. In den Allgemeinen Nutzungsbedingungen sei festgehalten, dass der Nutzer kein Recht auf Veröffentlichung habe. Der kritisierte Beitrag sei von diversen Nutzern kommentiert worden. Leider habe es auch etliche zu beanstandende Kommentare gegeben, die dann gelöscht worden seien. Ein Beispiel von vielen: „Da kann man mal sehen, wo die richtigen Faschisten sitzen. In der CDU, SPD, Grünen und FDP. Immer die gleiche Soße, die andere als ´rechts´ beschimpft, sich selber aber benimmt wie Hitler zu seinen besten Zeiten. Bei solchen Gelegenheiten kann man die Fratze der Linken und Gutmenschen besonders schön sehen“. Angesichts der Vielzahl solcher und noch schlimmerer Kommentare habe man sich entschlossen, die Kommentarfunktion zu diesem Artikel zu deaktivieren. (2009)

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Als wäre Demjanjuk schon verurteilt

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist Thema mehrerer Beiträge in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Er wird unter anderem als „NS-Verbrecher“, „Kriegsverbrecher“ und „KZ-Bestie“ bezeichnet. Ein Nutzer des Internet-Auftritts bezeichnet diese Bezeichnungen als vorverurteilend nach Ziffer 13 des Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Veröffentlichungen keineswegs für derart unausgewogen und/oder vorverurteilend, wie der Beschwerdeführer glauben machen wolle. So heiße es in einem Beitrag wörtlich: „John Demjanjuk wird Beihilfe zum Mord an 29.000 Juden vorgeworfen. In München soll ihm bald der Prozess gemacht werden“. Auch in anderen Veröffentlichungen werde deutlich gemacht, dass die Vorwürfe gegen Demjanjuk nicht bewiesen seien. An anderer Stelle ist die Rede von einem „mutmaßlichen Massenmörder und KZ-Aufseher“. In der Gesamtbetrachtung könne also keine Rede davon sein, dass die Online-Ausgabe den mutmaßlichen KZ-Mörder vorverurteile. (2009)

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Klatschten nur drei Beschwerdeführer?

In einer Boulevardzeitung erscheint ein kurzer Beitrag über das Verhalten der Fans des Handballclubs THW Kiel bei der Einwechslung eines krebskranken Spielers des Hamburger SV. Es wird mitgeteilt, dass die Fanclubs „Zebrasprotten“ und „Schwarz-Weiß“ Wert auf die Feststellung legten, dass sie den kranken Spieler bei seiner Einwechslung mit Applaus gefeiert hätten. Dies habe die Mehrheit der Anhängerschar des THW Kiel allerdings nicht getan, fügt die Redaktion hinzu. Drei Beschwerdeführer bezeichnen die redaktionelle Aussage als falsch. Der Autor des Beitrages wolle gegen den THW Kiel und seine Anhänger Stimmung machen. In der Vortags-Ausgabe sei eine ähnliche Behauptung nach Leserprotest gelöscht worden. Nun sei wieder ein solcher Kommentar gebracht worden. Lesermeinungen dazu würden abgeblockt. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, der Autor des Beitrages sei bei dem fraglichen Spiel anwesend gewesen und habe wahrheitsgemäß berichtet, dass Kieler Fans bei der Einwechslung nicht geklatscht hätten. Nach dem Anruf eines Mitgliedes eines Kieler Fanclubs sei die Nachricht dahingehend korrigiert worden, dass laut eigenen Angaben sehr wohl Kieler Fans applaudiert hätten. Die meisten jedoch – dabei bleibt die Redaktion – hätten keine Hand gerührt. Es könne sein, dass die drei Beschwerdeführer geklatscht hätten. Dies sei jedoch untergegangen. (2009)

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