Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7053 Entscheidungen

Zitat ist schlichtweg eine Beleidigung

„Täter und Opfer“ – so ist ein Leserbrief überschrieben, dessen Einsender sich zur Diskussion über die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, äußert. Er berichtet von der Begegnung mit einem Herrn W. R. auf dem Marktplatz der oberschlesischen Stadt Beuthen. W. R. wird mit den Worten zitiert: „Sagen Sie bitte allen Deutschen, dass wir Schlesier und Oberschlesier möchten, dass das geplante Zentrum für Flucht, Vertreibung und Versöhnung gebaut wird. Nur so kann die Welt erfahren, welche Schweinehunde die Polen sind!“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die abgedruckte Leserbrief-Passage die polnische Bevölkerung beleidige. Die Redaktion habe es versäumt, diese Sätze aus dem Leserbrief herauszunehmen. Die Textstelle greife die Menschenwürde der Polen an. Daran ändere es nichts, dass die Meinung von einem Dritten geäußert worden sei. Die Zeitung habe hier ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung empfindet die „Aufgeregtheit des Beschwerdeführers“, der bekennender Antifa-Aktivist sei, als völlig übertrieben. In dem Brief werde kein Volk per se diffamiert. Vielmehr werde in dem Brief eine Begegnung während einer Reise zitiert, die in einer gewissen emotionalen Äußerung münde. Es seien, und das mache die andauernde Debatte um Erika Steinbach und das geplante Dokumentationszentrum deutlich, in der Folge des Weltkrieges und der Nazi-Diktatur Dinge passiert, die diese Debatte noch immer so schwierig machten. Die Geschichte sei noch nicht genügend aufgearbeitet. Viele der bei uns in Deutschland lebenden Flüchtlinge machten keinen Hehl daraus, dass ihnen ihrer Meinung nach durch die sie verdrängenden Polen ein persönliches Unrecht widerfahren sei, von dem der heutige polnische Staat nichts wissen wolle. Dass sich eine derartige Verbitterung auch in einer Wertung in einem Leserbrief niederschlage, sei nachvollziehbar. Leserbriefe mit extremen oder beleidigenden Inhalten veröffentliche die Redaktion nicht, sondern lehne sie begründet ab. Im Übrigen habe sich außer dem Beschwerdeführer niemand an der emotionalen Äußerung gestört. (2009)

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„Der Putz fällt von den Wänden“

Ein Nachrichtenmagazin berichtet in seiner Online-Ausgabe unter der Überschrift „Dann regiert hier der Rotstift!“ über die Folgen der Wirtschaftskrise für die Kommunen in Deutschland. Näher beleuchtet werden zwei Städte. Über den Zustand von Straßen und Büroräumen der Stadtverwaltung in einer der Städte heißt es in dem Bericht: „Die Straßen sind marode, kaum eine ist in den letzten sechs Jahren erneuert worden. Wer durch den Ort fährt, erlebt ein ewiges Auf und Ab – so viele Schlaglöcher gibt es. Stadtmitarbeiter berichten von Wänden in ihren Büros, von denen der Putz herunterfällt, aber wegen Geldmangels nicht erneuert werden kann. Weil das Geld fehlt, musste die Stadt bereits mehrere Mitarbeiter aus ihrer Bücherei entlassen“. Der Bürgermeister der Stadt ist mit Aussagen und Schilderungen nicht einverstanden. Die Anfrage des Autors habe wegen der Tiefe der Fragen und der Details nicht von der Pressestelle beantwortet werden können. Da die Stadt in der Vergangenheit von Journalisten häufig falsch zitiert worden sei, habe sich er, der Bürgermeister, entschlossen, nur einem autorisierten Wortlaut-Interview zuzustimmen. Dies sei dem Reporter per E-Mail mitgeteilt worden. In dem Beitrag sei dann geschrieben worden, dass es aus der Pressestelle geheißen habe: „Dazu kann ich nichts sagen“. Dies sei so nicht richtig, meint der Bürgermeister. Falsch sei auch die Aussage, die Stadt habe Bücherei-Mitarbeiter entlassen müssen. Richtig sei, dass eine freiwerdende Stelle nicht mehr besetzt worden sei. Auch die Schlagloch-Informationen seien ebenso falsch, wie die Passage, wonach in den städtischen Büros der Putz von den Wänden falle. Die Rechtsabteilung des Nachrichtenmagazins bescheinigt der Redaktion eine saubere Recherche. Die im Einzelnen angegriffenen Äußerungen seien durch angegebene Quellen belegt. Insbesondere sei dem Pressesprecher der Stadt mehrmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, ohne dass dieser darauf reagiert habe. Die in dem Beitrag genannten Behauptungen seien zutreffend. Beleg sei unter anderem ein Beitrag, den der Stadtkämmerer Jahre zuvor geschrieben habe. Auch darin seien diese Tatsachen genannt worden. (2009)

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Werbung für eine Firma nicht klar erkennbar

Einer Zeitschrift ist im August 2009 ein Booklet beigelegt, in dem es um Soja geht. Das Impressum der 16seitigen Beilage nennt die verantwortliche Redakteurin und enthält den Hinweis auf die „freundliche Unterstützung von Alpro soya“. Die Beilage enthält 14 Abbildungen von Alpro soya-Produkten und ein Interview mit einer Mitarbeiterin des Unternehmens. Auf der letzten Seite steht ein Link zur Homepage der Firma mit Telefonnummer, unter der Unternehmensbroschüren bezogen werden können. Für einen Leser erweckt das Booklet den Eindruck einer redaktionellen Beilage. Es sei nicht als Werbung gekennzeichnet und wie die übliche Zeitschrift gestaltet. Aufgrund der Produktnennungen liege Schleichwerbung vor. Die Geschäftsführung des Verlages der Zeitschrift zeigt sich von der Beschwerde überrascht, sei man doch davon ausgegangen, die Leser über den Charakter der Beilage nicht im Unklaren gelassen zu haben. Der Hinweis im Impressum stelle eindeutig klar, dass dieses Unternehmen die Sonderausgabe finanziert habe. Diese Vorgehensweise sei in der Branche durchaus üblich. Auch die namentliche Erwähnung einer Mitarbeiterin des Unternehmens zeige, dass man nichts verheimlichen wolle. Im Übrigen weiche die Gestaltung von der üblichen Zeitschrift schon durch das kleine Format deutlich ab. (2009)

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Auseinandersetzung um Wölfe und Lügen

Eine Boulevardzeitung und ihre Online-Ausgabe berichten unter der Überschrift „Angst vorm lieben Wolf? – wie Lausitzer Kindern jetzt das Raubtier schöngeredet wird“ über die bevorstehende 1. Wolfskonferenz in Rietschen. Die Redaktion setzt sich in dem Beitrag kritisch mit dem Programm der Konferenz auseinander. Kritische Geister zur Wolfsansiedlung in Sachsen seien ausgegrenzt. Die Zeitung bringt einen zweiten Beitrag unter der Überschrift „Wolfs-Lüge“, der sich mit der bevorstehenden Vorstellung eines Konzeptes des Sächsischen Forstministers, den „Wolfsmanagementplan“. Die Redaktion zitiert aus einem 42-seitigen Entwurf des Planes. Dieser entlarve die unter anderem vom Wolfsbüro verkündete Lüge, dass in der sächsischen Oberlausitz nur rund 35 Wölfe leben würden. Laut „Wolfsmanagementplan“, lebten in der Oberlausitz „nachweislich über 80 Wolfswelpen“. Die Projektleiterin des Kontaktbüros „Wolfsregion Lausitz“ hält die Berichterstattung für falsch. Es werde suggeriert, dass die Schüler einseitig und verharmlosend über den Wolf informiert würden. Richtig sei aber, dass alle Informationen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierten und insbesondere auf das Konfliktpotential ausgewogen eingegangen werde. Der berichtende Redakteur habe mit keinem Beteiligten gesprochen. Die Projektleiterin beklagt ferner den indirekten Vorwurf, sie habe gelogen. Dass 80 Wölfe im Laufe der Jahre geboren und dennoch nicht mehr als 35 Wölfe in der Lausitz lebten, sei keine Lüge. Es sei vielmehr eine Tatsache, die durch ein wissenschaftliches Wolfsmonitoring ermittelt worden sei. Die in dem Blatt dargestellte These, dass die seit 2002 geborenen Wölfe (mindestens 80), nach wie vor alle in der Lausitz leben würden, widerspreche nicht nur dem Ergebnis der Wolfsforschung, sondern auch der Biologie des Wolfes. Jungwölfe würden meist im Alter von 10 bis 21 Monaten das elterliche Rudel verlassen, um eine eigene Familie in einem eigenen Territorium zu gründen. Dies hätte der Redakteur wissen müssen, nachdem ihm der Wolfsmanagementplan vorgelegen habe. Der Vorwurf der „Wolfslüge“ sei somit falsch. Die Rechtsabteilung der Zeitung bezeichnet das Wort „schöngeredet“ als Wertung der geplanten Veranstaltung, die von der Meinungsfreiheit gedeckt werde. Sie beruhe auf umfangreicher Faktenrecherche, nicht allein auf der Pressemitteilung des Tierparks. Die Auslegung der Beschwerdeführerin, dass ihr mit der Bezeichnung „Wolfs-Lüge“ auch persönlich eine Lüge unterstellt werde, sei abwegig. Es handele sich hier um eine zulässige Meinungsäußerung. (2009)

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Redaktionelle Werbung für ein Modegetränk

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Die Aperol-Sprizz-Welle rollt durchs Land“. In der Veröffentlichung geht es um ein neues Modegetränk, eine Mischung aus einem Likör der Marke Aperol mit Weißwein oder Prosecco. Dem Artikel beigestellt ist ein Werbe-Foto von Campari Deutschland, das ein Glas mit einem deutlich erkennbaren Schriftzug „Aperol“ zeigt. Autor des Beitrags ist der Chef einer Münchner Bar. Das teilt die Redaktion am Ende des Artikels mit. Ein Nutzer des Internetauftritts sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für Aperol. Sie enthalte werbende Formulierungen. Auch verfolge der Autor in seiner Eigenschaft als Barchef mit dem Hinweis auf das Getränk eigene Interessen. Die Chefredaktion teilt mit, der Online-Beitrag habe zunächst in der Printausgabe gestanden und sei dort Teil einer umfassenden Berichterstattung über Sommergetränke gewesen. Bei Diskussionen im bearbeitenden Ressort habe sich herausgestellt, dass sich das zunächst in der Münchner Szene beheimatete Getränk auch in Berlin durchgesetzt und später dann bundesweit ausgebreitet habe. Der Ressortleiter habe daraufhin beim Oberkellner eines Münchner Lokals angerufen und diesen um einen Beitrag über das Modegetränk gebeten. Der habe abgesagt. Daraufhin habe der Ressortleiter den Barmann angesprochen, der den kritisierten Beitrag geschrieben habe. Es sei im Übrigen nicht verwunderlich, dass das Getränk im Gastbeitrag positiv bewertet worden sei, da „In-Getränke“ in der Regel gut schmeckten. (2009)

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Untersuchungshäftling als „Fettwanst“ bezeichnet

„Fettwanst jammert in der U-Haft-Zelle“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über ein Ehepaar, dessen drei Monate altes Baby verhungert ist, da die Eltern dem Kind offenbar nichts zu essen gegeben haben. Der Vater, der in Untersuchungshaft sitzt, wird mit dem Kind auf einem Foto abgebildet und als „Fettwanst“ tituliert. Ein Nutzer der Online-Ausgabe vertritt die Auffassung, dass die Bezeichnung „Fettwanst“ die Menschenwürde des Mannes verletzt. Gleichzeitig liege eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Mannes vor, da er auf dem Foto nicht unkenntlich gemacht worden und damit identifizierbar sei. Die Abteilung Verlagsrecht der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der Begriff „Fettwanst“ nicht gegen presseethische Grundsätze verstoße. Der beleibte Täter, der die Tat gestanden habe, habe sein Kind verhungern lassen. Skurril und erschreckend an der Tat sei es, dass aufgrund der Körpermasse des Vaters darauf zu schließen sei, dass es in der Familie nicht an Lebensmitteln gemangelt habe. Hauptintention der Schlagzeile sei es gewesen, den Lesern eben diesen Widerspruch mitzuteilen. Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht erkennbar, da die Bildveröffentlichung ohne Verfremdung bei einem volljährigen Straftäter, der die Tat gestanden habe, je nach Abwägungsergebnis zulässig sei. Allerdings habe man das Bild des Betreffenden bereits vor geraumer Zeit aus dem Netz genommen. (2009)

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Grausame Tatumstände ausführlich geschildert

Ein Ehepaar wird wegen des Mordes an seiner acht Monate alten Tochter verurteilt. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Fall unter der Überschrift „Lebenslang für Killer-Mutter“ und schildert die Misshandlungen ausführlich. Eine Nutzerin stößt sich an der detaillierten Darstellung. Sie hält die Art der Berichterstattung für unangemessen. Demgegenüber hält die Rechtsvertretung der Boulevardzeitung die Berichterstattung für sachlich und nicht unangemessen sensationell. Die Redaktion habe berichtet, was dem Elternpaar von der Anklage vorgeworfen wurde und weswegen es vom Gericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden war. Damit ein Gericht die besondere Schwere der Schuld feststelle, bedürfe es eines besonders verwerflichen Tatgeschehens. Eben dieses sei in dem Artikel geschildert worden. Die Darstellung sei grausam, doch dies nur deshalb, weil ihr eine schreckliche Realität zugrunde liege. Die Schilderung der Tatumstände diene nicht der Unterhaltung, sondern ausschließlich der Information der Öffentlichkeit. (2009)

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Kreuz mit dem Namen eines Winnenden-Opfers

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung berichtet unter der Überschrift „Verletzte Lehrer schützen Schüler vor Amokläufer“ über das Verhalten der Lehrer beim Amoklauf von Winnenden. Lehrer sollen trotz eigener Verletzungen versucht haben, die Kinder zu schützen. Außerdem befasst sich der Autor mit der psychologischen Betreuung der Schüler. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke mit 13 Bildern, die Trauerszenen vor der Albertville-Realschule sowie Eindrücke von der Beerdigung des ersten Opfers auf dem Waldfriedhof von Winnenden wiedergeben. Das siebte Bild der Fotostrecke zeigt ein Holzkreuz, auf dem der Name eines der Opfer zu lesen ist. Als Quelle ist eine Nachrichtenagentur vermerkt. Grundlage ist die Beschwerde eines Lesers (BK2-65/09), der die Veröffentlichung der Fotos von der Beerdigung der Opfer des Amoklaufs kritisiert. Er sieht hier eine Verletzung der Ziffer 8, Richtlinie 8.1 des Pressekodex (Persönlichkeitsrecht sowie Nennung von Namen). Da das Foto mit dem Holzkreuz von einer Agentur stammt, leitet der Presserat selbst ein Beschwerdeverfahren gegen diese ein. Nach Auffassung der Chefredaktion der Agentur ist ein wesentlicher Bestandteil kollektiver Trauer deren Öffentlichkeit. Ein Grabmal mit Kränzen und Gebinden von Menschen, die sich den Opfern verbunden fühlten, stelle sogar gezielt Öffentlichkeit her. Das kritisierte Bild erfülle also den tieferen Zweck solcher Bekundungen und verstoße nicht etwa gegen die Pietät. Dies sei auch der Grund, warum das Bild an die Kunden geliefert worden sei. Laut Chefredaktion wurden Trauernde bei den Aufnahmen nicht gestört. Während der Trauerfeier seien Mitarbeiter der Agentur – dem Wunsch der Angehörigen folgend – selbstverständlich nicht auf dem Friedhof gewesen. Das kritisierte Bild sei erkennbar nach der Trauerfeier aufgenommen worden. (2009)

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Angeklagter muss Namensnennung nicht hinnehmen

Eine Lokalzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über das bevorstehende Berufungsverfahren gegen einen Mann, der unter dem Vorwurf räuberischer Erpressung vor Gericht steht. In einem ersten Verfahren war er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Als Zeuge - so berichtet die Zeitung – sei ein Propst geladen, von dem der Angeklagte über einen längeren Zeitraum viel Geld bekommen habe. Der Angeklagte beschwert sich – vertreten durch einen Anwalt – darüber, dass die Zeitung seinen vollen Namen veröffentlicht hat. Damit sei er nicht einverstanden. Die Chefredaktion der Zeitung meint, sich an den Pressekodex gehalten zu haben. Hierfür sprächen die Umstände, die zu dem Verfahren geführt hätten. Diese Umstände verschweige der Angeklagte, so dass die Zeitung darauf näher hätte eingehen müssen. Betroffen von den strafrechtlich relevanten Handlungen des Beschwerdeführers sei auch eine Kirchengemeinde, deren Kuratorium und der Gemeindepfarrer gewesen. Der Fall habe erhebliches Aufsehen und Interesse im Verbreitungsgebiet der Zeitung erregt. Die Namen der Beteiligten seien allgemein bekannt gewesen. Namen dürften dann genannt werden, wenn privates Verhalten öffentliches Interesse berühre. Dies sei hier der Fall. Unstrittig sei – so die Chefredaktion – weiterhin der Tatvorwurf. Dieser sei von dem Angeklagten zugegeben worden. Mit seinem Rechtsmittel erstrebe er keinen Freispruch, sondern eine Bewährungsstrafe. (2009)

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First-Class-Flug: „Ich will hier leben“

„Mein erster Flug in der First Class“ – unter dieser Überschrift lässt eine Sonntagszeitung einen Redakteur über einen Flug von Singapur nach Deutschland berichten. Der Autor schwärmt vom Ambiente und vom Service der Airline. Vier Fotos illustrieren den Beitrag. Am Ende des Artikels folgen Hinweise auf das Streckenangebot von Singapur Airlines sowie Preisbeispiele und ein Verweis auf die Homepage der Fluggesellschaft. Ein Leser der Zeitung vermutet, dass für die Berichterstattung bezahlt wurde. Gleichzeitig kritisiert er Schleichwerbung und die Verwendung von PR-Material. Die Chefredaktion der Zeitung glaubt, dass der Beitrag durch öffentliches Interesse gedeckt sei. Der Artikel sei Teil einer Serie unter dem Motto „Mein erstes Mal“. Konzept der Reihe sei es, dass ein Autor in Ich-Form eine besondere Urlaubserfahrung schildere. Bislang seien Beiträge über die erste Kreuzfahrt, den ersten Klosterurlaub, die erste Bergbesteigung und eben den ersten First-Class-Flug erschienen. Ziel sei es dabei gewesen, dem Leser mit den Berichten individuelle und subjektiv geschriebene Einblicke in Reiseerfahrungen zu geben, die er so vielleicht nie gehabt habe bzw. vielleicht nie haben werde. Der Erfahrungsbericht befähige den Leser zum Mitreden, ohne dass er sich je ein First-Class-Ticket gekauft hätte. Die Wahl der Airline sei nicht willkürlich gewesen. Man habe eine Gesellschaft gesucht, die ein besonders luxuriöses First-Class-Produkt anbiete. Auf zwei Airlines sei die Redaktion zugegangen, und Singapur Airlines habe am schnellsten reagiert. Die Airline habe die Kosten des Fluges übernommen. Dies sei in der Reiseberichterstattung nicht unüblich. Bewusst habe man einen kritischen Kollegen auf die Reise geschickt, von dem man habe erwarten können, dass er negative Erfahrungen – so es sie denn gegeben hätte – auch geschildert hätte. (2009)

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