Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Das Foto eines Amokläufers veröffentlicht

In ihrem Online-Auftritt beschäftigt sich eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „18-Jähriger stürmt Gymnasium mit Molotow-Cocktails“ mit dem Amoklauf des Schülers Georg R. am Ansbacher Gymnasium Carolinum. Der junge Mann war in die Schule gestürmt und hatte mehrere Schüler verletzt, darunter drei von ihnen schwer. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke mit 33 Bildern. Auf dem ersten Bild ist „Der Amokläufer Georg R.“ zu sehen. Eine Nutzerin der Online-Ausgabe sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffer 8, Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Sie begründet ihre Beschwerde beim Presserat damit, dass der Täter identifizierend dargestellt werde. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert mit dem großen öffentlichen Interesse, das der Ansbacher Vorfall gefunden habe. Das Interesse sei so groß gewesen, weil der Amoklauf von Winnenden erst wenige Monate zurückgelegen hatte. Auch der vielfache Mord an einer Erfurter Schule sei in der Erinnerung der Menschen noch sehr präsent gewesen. Der Meinung, dass über den Ansbacher Amokläufer identifizierend berichtet werden durfte, seien offensichtlich auch andere Medien gewesen. Den Interessen des Täters habe die Redaktion dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass sie den Namen abgekürzt habe. Die Berichterstattung habe nicht der Sensationslust gedient. Es sei einfach darum gegangen, über einen Vorfall sachlich zu berichten, der bundesweit für Aufsehen gesorgt habe. (2009)

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Drohung mit Amoklauf war nicht ernst gemeint

Eine in einer Großstadt erscheinende Tageszeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über die Amokdrohung eines Jugendlichen. Der soll in einem Internet-Chatroom gesagt haben, dass er die Lehrer an seiner Schule töten wolle. Als die Polizei erfahren habe, dass die Eltern von Jonas T. ein traditionsreiches Waffengeschäft in der Stadt betrieben, sei sie mit einem Durchsuchungsbefehl im Privathaus der Familie angerückt. Bei der Durchsuchung habe sich herausgestellt, dass die Drohung des Jungen nicht ernst gemeint war. Die Beschwerdeführerin und Mutter des Jungen, sieht Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Es gebe in der von der Zeitung beschriebenen Gegend nur ein bundesweit bekanntes Waffengeschäft und das sei das Ihre. Auch die Abkürzung Jonas T. reiche nicht aus, ihren Sohn zu anonymisieren. Der richtige Wohnort werde ebenfalls genannt. Durch Nennung dieser Einzelheiten sei ihr Sohn identifizierbar. Die Amok-Drohung, über die die Zeitung berichtet habe, sei in Wirklichkeit ein dummer „Talk“ zwischen zwei 14-Jährigen gewesen. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren eingestellt. Die Beschwerdeführerin sieht ihren Sohn an einen „Medien-Pranger“ gestellt. Er habe seine Freunde an der Schule verloren; Eltern würden ihre Kinder nicht mehr zum Unterricht schicken. Bis heute habe sich niemand bei der Familie für die Berichterstattung entschuldigt. Im Gegensatz zur Mutter spricht der Redaktionsdirektor der Zeitung von der Androhung eines Schulmassakers. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Polizei sei bei jeder Meldung über Attentatsverabredungen im Internet in höchstem Maße alarmiert. Wenn sich dann auch noch herausstelle, dass die Familie eines Jungen, der einen Amoklauf ankündige, ein Waffengeschäft besitze, müsse jedem klar sein, dass möglicherweise Lebensgefahr für viele Menschen bestehe. Die Chefredaktion verwahrt sich gegen den Vorwurf einer sensationellen Berichterstattung. Die Redaktion habe nicht falsch berichtet. Insoweit gebe es auch keinen Grund für eine Entschuldigung. Dessen ungeachtet respektiere die Redaktion alle Belange des Jugendschutzes und werde deshalb alle Hinweise entfernen, die zu einer Identifizierung des Jungen führen könnten. Den gesamten Artikel werde man jedoch nicht aus dem Netz entfernen, auch nicht den Hinweis auf das Waffengeschäft. Vor allem durch diese Präzisierung sei die Polizei so alarmiert gewesen. (2009)

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Großer Ärger im Freiluftmuseum

Eine Lokalzeitung berichtet über mehrere Wochen hinweg über den umstrittenen Führungswechsel in der Führungsspitze des örtlichen Freiluftmuseums. Die Redaktion berichtet, dass die Kündigung des Museumsleiters in der Öffentlichkeit hohe Wellen geschlagen habe. Dieser hatte zuvor an den Landrat geschrieben und bei dieser Gelegenheit auf Missstände im Museum aufmerksam gemacht. Im Fokus seiner Kritik stand die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Einrichtung. In einem späteren Artikel berichtet die Zeitung über eine Unterschriftenaktion von hundert Bürgern gegen die Kündigung des Museumsleiters. Im Verlauf einer Kreistagssitzung

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Forum-Beiträge nach Lust und Laune gelöscht?

Eine Regionalzeitung gibt den Lesern ihrer Online-Ausgabe die Möglichkeit, Beiträge zu kommentieren oder über diese mit anderen Lesern zu diskutieren. In dem Forum finden sich auch bestimmte Regeln, die die Redaktion für die Nutzer aufgestellt hat. Mehrere Beschwerdeführer aus dem Nutzerkreis kritisieren, dass die Redaktion Foreneinträge zuweilen löscht. Dabei handele es sich oftmals um Beiträge, die sich kritisch mit der redaktionellen Berichterstattung auseinandersetzten. Einer der Beschwerdeführer kritisiert, dass Forenteilnehmer von der Redaktion grundlos verwarnt oder gesperrt würden. Für ihn sei klar, dass er sich an die Spielregeln halten müsse. Das Eingreifen der Redaktion sei jedoch in vielen Fällen unangemessen. Ein anderer Nutzer wirft der Redaktion vor, die freie Meinungsäußerung in dem Forum erheblich einzuschränken. Er habe den Eindruck, dass Berichte nach Lust und Laune gelöscht würden. Übten Nutzer Kritik am Verhalten der Redaktion, erhielten sie eine Verwarnung und bei wiederholter Kritik eine Sperre. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung, teilt mit, die Redaktion habe mit der Löschung der Beiträge auf die rechtlichen Vorgaben zur Forenhaftung reagiert. Die unter Pseudonym eingestellten Inhalte seien in Teilen herabsetzend, ehrverletzend, beleidigend, ausländerfeindlich und rassistisch gewesen. Andere seien inhaltlich nicht nachvollziehbar oder ihre Inhalte nicht belegbar gewesen. Einige Nutzer hätten sich in herabsetzender Weise auch mit der Arbeit der Online-Redaktion auseinandergesetzt. In ihren „Netiquetten“ – Spielregeln für das Online-Forum – habe die Online-Redaktion festgehalten, dass die Zeitung als Betreiber des Forums auf derartige Verhaltensweisen mit Streichung oder Sperre reagiere. (2009)

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Auszüge aus dem Vernehmungsprotokoll

Unter der Überschrift „Die Vergewaltigungs-Akte Polanski“ berichtet eine Boulevardzeitung über den drohenden Prozess gegen den Regisseur Roman Polanski wegen Kindesmissbrauch. In dem Beitrag werden Auszüge aus dem damaligen Vernehmungsprotokoll mit dem 13-jährigen Opfer veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung der detaillierten Auszüge aus dem Vernehmungsprotokoll den Pressekodex verletzt. Er hält den Beitrag für pornografisch unter dem Deckmantel erforderlicher „Leserinformation“. Vor allem im Hinblick auf Menschen mit Perversionen hält er die Veröffentlichung für gefährlich. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung geht es dem Beschwerdeführer mehr um eine generelle Beschimpfung der Redaktion und des Presserates als um die sachliche Beanstandung etwaiger Verstöße. Der Star-Regisseur selbst habe den Missbrauch des Mädchens selbst in Interviews zugegeben. Dies sei zu berücksichtigen, wenn es um die presseethische Bewertung der Veröffentlichung gehe. Gegenstand der Berichterstattung sei exakt das, was bereits in der Überschrift erwähnt werde: „Ein Auszug aus der Vergewaltigungsakte Polanski“. Wiedergegeben würde das Protokoll der richterlichen Vernehmung des Vergewaltigungsopfers. Die Rechtsvertretung erinnert an zahlreiche Veröffentlichungen in anderen Zeitungen und Zeitschriften. Daran habe ein überragendes öffentliches Interesse bestanden. Die Berichterstattung sei nicht reißerisch, sondern gebe sachlich die Aussagen wieder, die das Opfer zu Protokoll gegeben habe. Die vollständigen Protokolle seien im Internet abrufbar. (2009)

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Indizien reichten für Verurteilung nicht aus

Sowohl Opfer als auch Täter identifizierbar

„Stieftochter missbraucht“ titelt eine Lokalzeitung auf ihrer Titelseite. Im Innern des Blattes wird über den Prozess gegen einen 35-Jährigen berichtet, gegen den wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes vor dem Jugendschöffengericht verhandelt wurde. Der Angeklagte tritt, vertreten durch seinen Anwalt, als Beschwerdeführer auf. Er sei identifizierbar dargestellt und dadurch in der Öffentlichkeit erkennbar. An dieser erkennbaren Darstellung gebe es kein öffentliches Interesse. Im Artikel sei nicht nur sein genaues Alter angegeben worden, sondern auch, dass er mit seiner Ehefrau, der Mutter des missbrauchten Kindes aus erster Ehe, ein gemeinsames Kind habe. Die Zeitung berichte auch, dass das missbrauchte Kind nicht mehr in dem Haushalt lebe. Hierdurch werde sein Persönlichkeitsrecht und das der Ehefrau und der Kinder verletzt. Die Redaktion widerspricht dem Vorwurf der Persönlichkeitsverletzung. Sie habe über eine öffentliche Gerichtsverhandlung angemessen berichtet. Der Autor habe geschrieben, dass sich das Kind in einer Pflegefamilie „in einer anderen Gemeinde im südlichen Landkreis (…)“ aufhalte. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei weder mit Beruf noch Alter noch anderen Merkmalen identifizierbar gemacht worden. Nach Rücksprache mit dem Justitiar der Zeitung habe sich der Autor entschieden, die Heimatgemeinde des Täters zu nennen. Diese sei eine Großgemeinde mit 23 Ortsteilen und fast 7000 Einwohnern. Insofern sei der Angeklagte nicht identifizierbar. Beruf, Arbeitsstelle und Ähnliches seien bewusst nicht genannt worden, um eine Identifizierung zu vermeiden. (2009)

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Harte Kritik am Kreisbrandmeister

Der 60-jährige Wirt eines brennenden Lokals wird gefesselt aufgefunden. Die Online-Ausgabe der regionalen Zeitung berichtet, dass eine Mordkommission eingerichtet worden sei, um den Vorfall aufzuklären. Der Kreisbrandmeister und seine Feuerwehrkollegen befreien den Wirt aus seiner bedrohlichen Lage. In dem zum Artikel gehörenden Internet-Forum erscheint ein Beitrag von „ZF“ mit dem folgenden Wortlaut: „Ich bin etwas erschrocken: Was unser lieber Herr KBM (Kreisbrandmeister, d. Red.) da ´mal wieder´ abgezogen hat, das ist so langsam nicht mehr tragbar. Er bringt nicht nur sich, sondern zeitweise auch andere Personen in Gefahr. Ein KBM sollte es eigentlich wissen. Wenn Herr (…) Held spielen will, dann soll er wieder in die Reihe treten und seinen Posten an den Nagel hängen. Vielleicht ist es Zeit für einen ´Wachwechsel´. Was muss noch alles passieren, bevor man dem Herrn KBM die ´Macht´ entzieht? Ich bin selber Führungskraft und kriege bei solchen Einsätzen das kalte Grauen. Wenn ich sehe, wie meine ´Kollegen´ sich aufführen oder einen Einsatz führen. Man sollte die Ausbildung erweitern und solche ´Eskapaden´ von unserem KBM aufzeigen und endlich abstellen. Es ist an der Zeit. Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr.“ Beschwerdeführer ist der angegriffene Kreisbrandmeister. Er sieht die zitierte Passage als üble Nachrede und Verleumdung. Die Angriffe entbehrten jeglicher Grundlage. Seine Bitte an die Redaktion, ihm den Namen des Schreibers mitzuteilen, sei abschlägig beschieden worden. ZF treibe schon seit langem unter wechselnden Namensabkürzungen sein Unwesen gegen die Feuerwehren der Gegend. Laut Meinung des Chefredakteurs argumentiert der Kreisbrandmeister nicht logisch. Wenn er den Autor des Textes nicht kenne, könne er folgerichtig nicht wissen, ob es sich bei diesem und anderen Schreibern um ein und denselben Verfasser handele. Der oben zitierte Kommentar sei aus seiner – des Chefredakteurs – Sicht keine üble Nachrede. Er sei lediglich die Meinungsäußerung eines Nutzers der Online-Ausgabe. Der Chefredakteur schließt seine Stellungnahme mit der Anmerkung, dass die Online-Redaktion tagsüber regelmäßig die Kommentierungen zu Artikeln prüfe und diejenigen lösche, in denen Personen beleidigt oder verunglimpft würden. In diesem Fall habe dazu kein Anlass bestanden. (2009)

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Sexuelle Orientierung für Sachbezug irrelevant

„Schwules Paar soll alte Leute bestohlen haben“ titelt eine Regionalzeitung über eine Gerichtsverhandlung wegen Betruges. Angeklagt sind zwei Männer, die miteinander verheiratet sind. Im Bericht wird das Vorgehen der beiden mutmaßlichen Täter erläutert und beschrieben, wie sie ältere Menschen um Geld betrogen haben sollen. Ein Leser der Zeitung sieht in der nach seiner Meinung reißerischen Darstellung der sexuellen Orientierung der beiden Angeklagten einen Verstoß gegen die Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. Der Hinweis trage nicht zum Verständnis des geschilderten Sachverhalts bei. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beziehung der beiden Angeklagten zueinander für relevant, da die Ehe auch bei einem heterosexuellen Paar benannt worden wäre. Dies etwa in der Art: „Ehepaar soll alte Leute bestohlen haben“. Im Kern wäre also ein heterosexuelles nicht anders als ein homosexuelles Paar behandelt worden. Im Übrigen habe einer der Angeklagten von sich aus auf seine HIV-Erkrankung hingewiesen. Dies könne es zwar auch bei heterosexuellen Paaren geben. Belegt sei aber auch, dass diese Krankheit in homosexuellen Beziehungen häufiger auftrete. (2009)

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Anzeigen geben Anlass zur Missdeutung

Eine Zeitschrift für Währungsfragen veröffentlicht in einer Ausgabe zwei Beiträge unter den Überschriften „Hoher Zins und viel Flexibilität“ sowie „Kleiner Leitzins = günstiges Baugeld?“. Die Veröffentlichungen sind redaktionell gestaltet und beschäftigen sich mit den Themen „Tagesgeldkonten“ bzw. „Euribor-Darlehen“. Der erste Beitrag ist mit „Ein Service der ING DiBa für (…)-Leser“ überschrieben. Im Text wird mehrfach und ausschließlich auf ING DiBa hingewiesen. Der zweite Beitrag ist mit dem Hinweis „Ein Service der Interhyp für (…)-Leser“ gekennzeichnet. Am Ende des Beitrages steht ein Hinweis auf die Website und ein Info-Telefon der Interhyp. Ein Leser der Zeitschrift vermutet, dass es sich bei den Veröffentlichungen um Anzeigen handele, die für den Leser nicht als solche zu erkennen seien. Die Geschäftsführung des Verlages vertritt die Auffassung, dass die Kennzeichnung der Beiträge so eindeutig sei, dass eine Vermischung von redaktionellem und werblichem Inhalt nicht vorliege. Die von der Redaktion geübte Praxis sei im Übrigen Branchenstandard. (2009)

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